Moin,
Wikipedia definiert Geschlecht mit dem Satz "Das biologische Geschlecht ist ein Merkmal, das die Fortpflanzungsfunktion eines Individuums, männlich oder weiblich, bei Tieren und Pflanzen bestimmt, die ihre Art durch geschlechtliche Fortpflanzung vermehren"
Es ist dabei unerheblich, ob diese Funktion "funktionsfähig" ist. Es geht nur um die entsprechenden Organe im jeweiligen Individuum. Die Frage ist nun, ob man Individuen die nicht über diese Fortpflanzungsfunktion verfügen ein zu "männlich" oder "weiblich" unterschiedliches Geschlecht zuordnet oder ob man sagt "Wenn es nicht männlich und nicht weiblich ist, dann hat es kein Geschlecht.
Intersexualität wird in der ICD 10 als Fehlbildung klassifiziert. Die Frage ist nun: Definiert eine Fehlbildung der Fortpflanzungsfunktion ein eigenes Geschlecht? Ich bin da unentschieden. Ein Vortrag, der diese Frage stellt und Antwortmöglichkeiten aufzeigt könnte helfen die Frage zu beantworten. Ob nun Frau Volllmer die richtige ist einen solchen Vortrag zu halten und ob nicht jeder Vortrag der in diesem Themenfeld Fragen stellt von einem Arbeitskreis kritisiert und in Folge dessen unterbunden wird, kann ich nur vermuten. Die Beissreflexe in diese Debatte sind doch recht heftig.
Etwas anderes wundert mich da wesentlich mehr. Folgt man der Definition von Geschlecht wie sie oben beschrieben ist, gibt es zwei biologische Geschlechter und Individuen, die keiner der beiden Geschlechter sicher zuzuordnen sind. Die Geschlechter von androgyn über MzF zu Pangender und all die anderen sind doch soziale Geschlechter die von den biologischen abzugrenzen sind. Die Behauptung es gäbe nur zwei biologische Geschlechter schliesst doch die Anerkennung von all den sozialen Geschlechtern nicht aus. Eine Transfrau hat ihrem biologischen Ursprung als Mann. Sie verfügte bei ihrer Geburt über all die nötigen Organe, um bei der Fortpflanzung die männliche Rolle des "Lieferanten" der Samenzelle einzunehmen. Gleichwohl sieht sie sich selbst als Frau und möchte entsprechend wahrgenommen werden. Meiner Meinung nach zu Recht.
Ob Frau Vollmer sich nun anderweitig transphob geäussert hat weiss ich nicht. Aber die Behauptung "es gibt nur zwei biologische Geschlechter" hat für mich mit Transphobie nichts zu tun. Das klingt mir in diesem Zusammenhang nach der Phobiekeule
Wir sind der kleine Teil der heutigen Generation, der zum ersten Mal seit Bestehen der Menschheit in einem solchen Luxus lebt, dass wir uns in größerem Rahmen um solche Themen kümmern können. Für die Generation meiner Großeltern stand für lange Jahre nicht die Frage: Fühle ich mich als Butch, als Femme oder doch eher als nicht binär? im Vordergrund. Da ging es eher um Fragen wie "Wo bekomme ich morgen was zu Essen für meine Kinder her?"
Diese Wandlung führt zu dem merkwürdigen Effekt, dass ein Thema das nur ganz ganz wenige von uns betrifft, mit einer Erbitterung diskutiert wird, als ginge es um zwei Drittel der Weltbevölkerung. Wir sollten uns diesen Luxus ab und an bewusst machen.
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Wenn Kik den Preis pro Shirt um einen Euro erhöht um seinen Mitarbeitern ein besseres Gehalt zu zahlen, dann finden wir das alle gut.
Und dann gehen wir zu Takko einkaufen ...
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