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Ungelesen 18.09.19, 19:27   #1
pauli8
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Standard ]Kiyaks Deutschstunde / Herbert Grönemeyer - Aufstehen für alle, die es nicht können

Zitat:
Kiyaks Deutschstunde / Herbert Grönemeyer
Aufstehen für alle, die es nicht können

Eine Kolumne von Mely Kiyak



Applaus für Herbert Grönemeyer. Und dann? Den Leuten muss klar werden, dass sie selbst gegen rechts handeln müssen: beim Arzt, in der Schule, im Buchladen, im Tonstudio.

18. September 2019, 14:11 Uhr

Ach, guck! Grönemeyers Appell während seines Konzertes, sich als Gesellschaft mit dem Rechtsextremismus nicht abzufinden, mache also "ein wenig Angst" und erinnere im Tonfall an einen "Redner vor 1945". Das kommentiert nicht irgendwer, sondern Bernd Stegemann. Das Mastermind hinter Sahra Wagenknechts Aufstehen-Bewegung, deren Ziel es ist, den deutschen Nationalismus von links mehrheitsfähig zu machen.

Vom Musiker Herbert Grönemeyer und seiner Haltung gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenhass, die sich weder in Inhalt noch Form in den vergangenen Jahrzehnten auch nur einen Deut geändert hat, zum direkten Vergleich mit Joseph Goebbels' Sportpalastrede dauerte es bloß ein paar Tweets.

Anschließend Riesendiskussion. Sprach Grönemeyer nicht zu laut, zu falsch, zu dies, zu das? Das geht schon eine ganze Weile so. Dass man in Fräulein-Rottenmeier-Manier Demokraten mahnt, wenn sie sich dem Rechtsextremismus widmen, es s’il vous plaît mit abgespreiztem kleinem Finger und abgetupften Mundwinkeln zu tun.

Da man an dieser Stelle vor einiger Zeit versprach, dem Gedächtnis von jetzt an bis zur Machtergreifung kontinuierlich auf die Sprünge zu helfen: Joseph Goebbels war ein deutscher Faschist, der für die Novemberpogrome, Deportation und Vernichtung von Millionen Menschen persönlich verantwortlich ist. Herbert Grönemeyer, so wird auf Twitter herumanalysiert, habe rumgeschrien wie ein Massenmörder der NSDAP. Das macht Bernd Stegemann Angst. Ihm, der sich im Feld der Theatralik von Berufs wegen gut auskennt. Schließlich war er Jahrzehnte Dramaturg unter anderem am Berliner Ensemble, Bertolt Brecht ist längst Dürüm – was der sich seit #aufstehen schon im Sarg dreht! Und alles nur, weil ein einzelner Mensch sein Mandat als Musiker wahrnahm und in die Kulisse aus historischer Demenz und politischer Skrupellosigkeit rief, die Demokratie nicht aufzugeben.

Sollte Twitter in Deutschland irgendwann abgestellt werden und nur noch Sportpalast-Facebook und Sportpalast-News.com & Co herrschen, kann man noch einmal mit den Goebbelsvergleichern zusammensitzen und darüber plaudern, ob Grönemeyer der Vorbote des Faschismus war. Das war der "Lasst Herbert in Ruhe!"-Teil.

Jetzt kommt der "Herbert, so funktioniert das nicht!"-Teil: Was heißt das eigentlich genau, wenn Grönemeyer fordert, "keinen Millimeter nach rechts" zuzulassen? Was bedeutet es, wenn Menschen, die in der Öffentlichkeit sprechen, in der Appellform zum Widerstand ermutigen möchten?

Es betrifft doch nicht nur Grönemeyer, sondern alle öffentlichen Sprecher, die wie in Empowerment-Workshops der Menge zurufen, dass jetzt höchste Zeit zum Handeln sei, und all die anderen Sätze, die halt so gesagt werden. Was passiert nach dem Applaus? Gehen die Fans, Leser, Zuhörer oder Zuschauer gestärkt nach Hause und trägt die Stimmung des jubelnden Publikums? Trägt der Mut so weit, sich dem Ressentiment am nächsten Tag entgegenzustellen?

Im Lehrerzimmer, im Labor bei den Kollegen, im Pausenraum der Fabrik, wenn wieder einer gegen Muslime ekelt, sich wieder als Koranexeget und Prophetendeuter aufspielt, oder einer den Kampf der Transgender-Bewegung mit einem Toilettenwitz zu diskreditieren versucht. Schafft es der Grönemeyer-Fan, aufzustehen, Einspruch zu erheben und zu rufen: "Keinen Millimeter nach rechts, du Propagandapinsel!"? Meistens ist es doch so: Die Leute jubeln, und das war es dann. Aber so funktioniert das nicht.

Jeder, der auftritt, liest, etwas vorträgt, der sich die Mühe macht, sich in den politischen Diskurs mit seiner Kunst oder seiner Expertise einzumischen, kennt den Teil, wenn ins "Publikum geöffnet" wird und die berühmte Frage kommt: "Was kann ich konkret tun? Ich bin eine Privatperson. Ich fühle mich ohnmächtig.

" Es gibt darauf nur eine Antwort: Wo Menschen in Freiheit zusammenleben, gibt es keine Machtlosigkeit. Der Mensch ist groß im Sprechen, aber mächtig in seinem Handeln. Egal, ob es sich um eine Sprechstundenhilfe oder Buchhandelskauffrau handelt. Überall kann und muss man aufstehen und sich seinem Vorgesetzten oder den Kollegen entgegenstellen und sagen: "Hey Arzt, was soll das heißen, 'Wir behandeln keine Flüchtlinge'? Nimm das Schild von der Praxistür runter oder ich gehe!" Man kann als Buchhändlerin im Intranet des Buchhandels Franchiseunternehmen eine Mail schreiben und sagen: "Wir verkaufen immer noch Sarrazins Deutschland schafft sich ab, dieses rassistische und in seiner Albernheit unübertroffen schlecht geschriebene und dilettantisch gedachte Machwerk?
Da draußen brennen die Ausländerheime, und dieses Buch steht noch im Regal? Entweder es verschwindet, oder ich gehe!" Man kann als Lehrer im Lehrerzimmer sagen: "Kein einziges Wort mehr gegen die türkischen Kinder. Kollegen, macht endlich eure Arbeit oder schult um."

Meistens steht man allein da

Vor allem die Appelle der Politiker, ob sie von Manuela Schwesig oder Michael Kretschmer kommen (meist handelt es sich um eine Variante von "klare Kante gegen rechts") sind ein hilfloser Ausdruck, dass sie ihren Handelsspielraum nicht nutzen. Warum stellt sich der deutsche Außenminister Heiko Maas auf Twitter an Grönemeyers Seite, um ihn vor dem Vorwurf der Demagogie zu schützen? Warum stellten er oder Manuela Schwesig, die damals noch Familienministerin war, sich nicht bedingungslos an die Seite der Flüchtlinge, indem sie – das ist wirklich nur ein Beispiel – der Aussetzung des Familiennachzugs, die vor allem Syrer und ihre Familien betraf, ihre Zustimmung verweigerten? Auch das ist Widerstand: seine Politiker darauf festzunageln, nicht auf Twitter zu kämpfen, sondern im Parlament.

Kein Mensch kann die ganze Welt verändern, aber jeder seine Welt. Jenen Teil, in dem er lebt. Wenn Musiker sich das Label mit Hip-Hoppern teilen, die antisemitische Texte veröffentlichen, dann müssen sie laut und hörbar Einspruch erheben.

Wenn eine Kolumnistin den Kollegen und dessen Meinung für untolerierbar hält, muss sie laut und hörbar Einspruch erheben. Wenn im Verlag ein Autor mitbekommt, dass ein verkapptes Antimuslimbuch verlegt wird, dann aufstehen und Einspruch erheben. Wenn ein Politiker das Anwanzen an rechtsextremistische Positionen seiner Partei satthat, muss er laut werden.
Der hörbare Protest ist auch deshalb wichtig, weil er die Nichtöffentlichkeit dazu ermutigt, es in der Familie, auf dem Spielplatz oder in der Schlange vor der Kasse auch zu tun. Das Schwanken der Demokratie ist kein Resultat des Handelns "da oben", es liegt daran, dass der Zusammenhalt zwischen Nachbarn und Kollegen bricht.

Alle, die den Weg des stetigen Einspruchs gegen die Demokratieverwahrlosung gehen, wissen: Die Zahl derjenigen, die mit einem gemeinsam aufstehen und Einspruch erheben, bleibt klein. Meistens steht man allein da und muss mit der peinlichen Stille umgehen. Und wenn man sich von der Intervention erholt hat, passiert es eben doch, dass einem einer zuflüstert: "Entschuldige, dass ich nicht mit dir zusammen aufstand. Mich verließ der Mut." Da muss man großzügig bleiben. Das ist nun einmal so. Es gibt die Starken und die Verzagten. Auch das ist Zusammenhalt. Für diejenigen mit aufzustehen, die es nicht können.
Quelle:
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