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Zurück in die Steinzeit

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Ungelesen 11.08.21, 15:59   #1
pauli8
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Standard Zurück in die Steinzeit

Zitat:


Faia-Brava-Reservat in Nordportugal

Zurück in die Steinzeit

Ana Berliner hat einen Traum: das Côa-Tal im Norden Portugals in die Wildnis der Steinzeitjäger zurückzuverwandeln. Wölfe, Wildpferde und Luchse sind schon wieder da.

Von Winfried Schumacher • 11.08.2021, 10.56 Uhr

Die Zeitreise beginnt am Fuß des Burgbergs von Castelo Melhor. Die beleuchteten Mauern der mittelalterlichen Festung verschwinden hinter knorrigen Ölbäumen. Ana Berliner biegt mit ihrem Geländewagen in einen Feldweg ein. In der Dämmerung ist nur Ginstergestrüpp zwischen alten Steinmauern zu erkennen. Irgendwann hält die Biologin.

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Zikaden zirpen. Tief unten im Tal spiegelt sich der helle Abendhimmel in einem Fluss. »Wären da nicht die Felsbilder«, sagt Berliner, »das alles läge jetzt unter Wasser.«

Das Côa-Tal im Nordosten Portugals birgt seit Abertausenden von Jahren ein Geheimnis. Niemand weiß, wie alt genau die mysteriösen Steinritzungen von Hunderten hier längst ausgestorbenen Tierarten sind. Und niemand kann mit Sicherheit sagen, warum die Menschen der Altsteinzeit sie hier mit beeindruckender Kunstfertigkeit und in rätselhafter Dichte hinterließen.

Mitte der Neunzigerjahre sollte ein Staudamm das wilde Wasser des Côa nutzbar machen. Die Pläne lagen schon bereit, die ersten Arbeiten hatten begonnen. Ein Archäologe aber machte Wissenschaftler und die Presse auf die wenig bekannten Petroglyphen aufmerksam. Ein französischer Prähistoriker erkannte das Côa-Tal als »die größte Freiluftstätte mit paläolithischer Kunst in Europa, wenn nicht in der Welt«. Mit dem Slogan »Die Felsbilder können nicht schwimmen!« forderten Demonstranten den Baustopp. Am Ende lenkte die Regierung ein.

Wildpferde und Steinböcke aus der Steinzeit

»Was diesen Ort so besonders macht, ist, dass sich Natur und Kunst hier so nahe sind«, sagt Berliner. Als die 47-Jährige den Motor ihres Geländewagens abstellt, ist bis auf das nächtliche Zikadenkonzert und das leise Glucksen des Flusses nichts zu hören. Mit der Taschenlampe führt Berliner durch die Dunkelheit. Am westlichen Ufer des Côa türmen sich riesige Granitfelsen. Nichts lässt erahnen, dass sich hier in der Finsternis Portugals ältestes Unesco-Welterbe verbirgt.

Die Biologin klettert über einige Steinbrocken. Mit einem Schwenk der Taschenlampe erleuchtet sie eine Felsplatte. Aus zunächst unscheinbar wirkenden Einkerbungen und Linien scheint ein Wildpferd zu erwachen, das in all seiner Schlichtheit mit Eleganz im Stein verewigt wurde. Es ist umgeben von Steinböcken, deren Glieder sich mit dem Pferd überschneiden. Wir sind extra in der Dunkelheit gekommen, bei Tageslicht sind die flachen Ritzungen kaum zu sehen.



Petroglyphen im Côa-Tal: Erst im Taschenlampenlicht erkennbar
Foto: Win Schumacher / Weltwege.de

»Was sie wohl veranlasst hat, die Tiere gerade hier und immer wieder auf denselben Felsen zu hinterlassen?«, fragt Berliner. Waren es Jagdskizzen, die Wissen für kommende Generationen weitergeben sollten? Enthalten sie geheime Botschaften? War es Kunst, um der Kunst willen? Oder waren die Felsen Kultorte, Kulisse für Fruchtbarkeitsriten und schamanische Ekstase?
Keine der von Steinzeitforschern erwogenen Hypothesen kann mit Sicherheit belegt werden. Auch das genaue Alter ist nicht eindeutig feststellbar, Experten gehen jedoch davon aus, dass einige der Gravuren aus der Altsteinzeit stammen und um die 30.000 Jahre alt sind.

Verlassene Flächen für Naturschutz aufgekauft

»Die Bilder haben auch für uns heute eine Botschaft«, sagt Aldina Regalo vom Museu do Côa. »Die Menschen des Paläolithikums nahmen sich nur das, was sie zum Überleben brauchten.« Die 65-Jährige führt nach der pandemiebedingten Schließung des hochmodernen Museums wieder Touristengruppen durch die Ausstellung.

Auf einem Hügel an der Mündung des Côa in den Douro wird das Erbe der Steinzeitkünstler mit architektonischer Wucht und raffinierter Lichttechnik in Szene gesetzt. »Wir haben den Kontakt zur Natur verloren, verlernt, das Leben zu spüren wie sie«, sagt Regalo, nachdem sie eine Tierdarstellung nach der anderen erläutert hat. »Aber gerade das Virus sollte uns zum Nachdenken bringen. Wir müssen wieder zu einer Einheit mit der Natur finden.«

Auch für Ana Berliner waren die Felsbilder ein Ansporn, der Natur etwas zurückzugeben, was der Mensch ihr schon vor Jahrtausenden genommen hat. Als die Lissabonner Biologin 1996 zum ersten Mal ins Côa-Tal kam, um über Gänsegeier zu forschen, entdeckte sie einen Rückzugsort für seltene Tiere, wie er in Portugal einzigartig ist. Habichtsadler, Schwarzstorch und Fischotter hatten hier einen fast unberührten Lebensraum gefunden.

Gemeinsam mit anderen Biologen und Umweltschützern entstand die Idee, Flächen der stark von Landflucht betroffenen Region aufzukaufen und ganz der Natur zu überlassen. »Es war bei den Kaufverhandlungen sicher hilfreich, dass mein Mann der Neffe des Priesters war«, erzählt Berliner.

Auch er ist Biologe und forschte, als sie sich kennenlernten, über Schmutzgeier.
Heute ist das 860 Hektar große Faia-Brava-Reservat Portugals größtes privat geführtes Schutzgebiet und eines von acht Modellregionen der »Rewilding Europe«-Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, einige der artenreichsten Naturlandschaften des Kontinents in echte Wildnisgebiete umzuwandeln. Zudem ist das Reservat Herzstück der Natura 2000-Schutzgebiete entlang der nördlichen spanisch-portugiesischen Grenze.

Garrano-Pferde und Sayaguesa-Rinder

»Zunächst ging es vor allem um seltene Vögel«, sagt Marco Ferraz, »doch bald wurde klar, dass hier ein ganzes Ökosystem erhalten ist, wie man es sonst kaum noch findet.« Der 41-Jährige steht auf einer Anhöhe hoch über dem Oberlauf des Côa und blickt über Macchia-Gestrüpp, wilde Pistazien, Korkeichen und Ölbäume. Unten im Tal bahnt sich das Flüsschen in einer dunklen Schlangenlinie zwischen steilen Klippen seinen Weg durch die Wildnis.

Mit einem Fernrohr hält er nach seltenen Raubvögeln Ausschau und entdeckt ein paar Gänsegeier. »Sie sind hier völlig ungestört«, sagt er, »fast überall sonst in Europa sind sie inzwischen ausgerottet.« Ferraz hat seine Karriere als Biotechnologie-Ingenieur aufgegeben, um mehr Zeit in der Natur seiner Heimat zu verbringen. Jetzt führt er Besucher und Schulklassen durch das Reservat. »Es ist mir ein besonderes Anliegen, das junge Menschen mehr über die Natur erfahren.«
»Wir hoffen auf Spenden, um noch mehr Land für den Naturschutz aufkaufen zu können«, sagt Ana Berliner.

Ihr Traum, das Côa-Tal in die Wildnis zurückzuverwandeln, wie sie einst vor Jahrtausenden die Steinzeitjäger sahen, wird nach und nach Realität: Heute leben wieder etwa 50 Wildpferde in Faia Brava. Die urtümlichen Garranos gehen auf eine nordportugiesische Rasse zurück. Sie sind in der Lage, auch unter harschen Bedingungen ohne Hilfe des Menschen zu überleben. »Sie wissen auch, sich bei Wolfsangriffen zu verteidigen und ihre Fohlen zu schützen«, sagt Berliner.

Wie die Wildpferde kommen auch die alten iberischen Sayaguesa- und Maronesa-Rassen, die im Reservat leben, ganz ohne den Menschen aus. Mit ihrem bulligen Körperbau und ihren spitzen, nach vorne strebenden Hörnern ähneln sie verblüffend den ausgestorbenen Auerochsen, die die Künstler einst auf den Felsen im Tal verewigten. »Die Herden sorgen dafür, dass das Land nicht verbuscht und offen bleibt – ein natürlicher Lebensraum für viele Arten«, erklärt Berliner.

Die Wölfe kommen

Die Naturschützer um Ana Berliner hoffen, dass nach und nach auch durch natürliche Zuwanderung wieder einst hier heimische Arten zurückkehren. Rothirsche, Wölfe und selbst die stark bedrohten Pardelluchse wurden in letzter Zeit im Umkreis des Schutzgebiets nachgewiesen. »Irgendwann könnten wir auch Iberische Steinböcke wieder ansiedeln«, sagt Berliner. Die Tiere, die heute nur noch in einigen entlegenen Regionen Spaniens vorkommen, waren bei den Künstlern der Steinzeit ein besonders beliebtes Motiv.

Sollten sie eines Tages wieder die Klippen über dem Côa erobern, würden sie gewiss auch Wölfe ins Tal locken. Die Geier dürften sich freuen. Und ein einst unterbrochener Kreislauf würde sich schließen. »Der Mensch hat nur Zukunft, wenn er lernt, dass er Teil der Natur ist«, sagt Berliner. Es klingt wie eine Botschaft, wie sie vielleicht auch die Steinzeitkünstler des Côa-Tals mit ihren fantastischen Felsbildern der Nachwelt hinterlassen wollten.
Quelle:

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