Türkisches Gericht spricht alle Angeklagten im Gezi-Prozess frei
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Regierungskritische Demonstrationen
Türkisches Gericht spricht alle Angeklagten im Gezi-Prozess frei
Ein türkisches Gericht hat den Intellektuellen Osman Kavala und 15 weitere Angeklagte von allen Vorwürfen freigesprochen. Die Richter in Silivri ordneten laut Beobachtern Kavalas Freilassung aus der Haft an.
18.02.2020, 13:13 Uhr
Kulturmäzen Osman Kavala: Gericht sieht keine "ausreichenden Beweise" Wiktor Dabkowski/ picture alliance/dpa
In dem Aufsehen erregenden Prozess gegen den prominenten Kulturmäzen Osman Kavala und 15 weitere Bürgerrechtsaktivisten hat ein türkisches Gericht die Angeklagten überraschend freigesprochen. Es lägen keine "ausreichenden Beweise" für die Schuld der Anklagten vor, erklärte der Richter am Gericht von Silivri bei Istanbul. Die Richter am Hochsicherheitsgefängnis Silivri ordneten nach Angaben von Beobachtern zudem Kavalas Entlassung an, der seit mehr als zwei Jahren in Untersuchungshaft sitzt.
Den Aktivisten war vorgeworfen worden, die Gezi-Proteste im Sommer 2013 organisiert und so den "Umsturz" der Regierung angestrebt zu haben. Damals hatten Aktivisten zunächst gegen die Bebauung des Gezi-Parks im Zentrum Istanbuls demonstriert. Die Aktion weitete sich aus zu landesweiten Demonstrationen gegen die autoritäre Politik des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der ließ die Gezi-Proteste brutal niederschlagen.
Kavala, der mit zahlreichen deutschen Institutionen zusammenarbeitet, war im November 2017 inhaftiert worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) forderte im Dezember Kavalas Freilassung. Die Türkei setzte das Urteil zunächst jedoch nicht um.
Die Staatsanwaltschaft forderte lebenslange Haft unter erschwerten Bedingungen für Kavala, die Architektin Mücella Yapici und Yigit Aksakoglu - Experte für frühkindliche Entwicklung. Für weitere Angeklagte verlangte sie lange Haftstrafen.
Am Dienstag wurde in Istanbul zudem ein Urteil im Prozess gegen den deutschen Menschenrechtler Peter Steudtner und zehn weitere Angeklagte erwartet.