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19.11.14, 00:48
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#1
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erudite
Registriert seit: Sep 2008
Beiträge: 3.561
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Ehepaar muss sein Gartenidyll selbst zerstören - Duldung erloschen
Zitat:
Unterschleißheim - Norbert Fackler (44) steht breitbeinig und mit verschränkten Armen vor seinem Wochenend-Häuschen in der Kleingartensiedlung an der Badersfelder Straße in Riedmoos. Er blickt in den dunklen Himmer, während Richterin Cornelia Dürig-Friedl den Abriss des selbstgebauten Holzhauses für beschlossen erklärt. Facklers Ehefrau Birgit (47) ist da bereits ins Haus geflüchtet.
Birgit Fackler will nichts mehr hören von der Richterin, den Anwälten und den Vertretern der Stadt Unterschleißheim. Sie will nicht dabei sein, wenn diese erklären, warum Facklers ihr aus Holzbrettern gezimmertes Wochenend-Domizil werden „plattmachen müssen“. Man könnte meinen, Norbert Fackler habe sich beim Griff in den Kleiderschrank am Morgen auf den Anlass eingestellt: In schwarzer Jeans, schwarzem T-Shirt und schwarzer Kapuzenjacke steht er da. Was er an diesem Tag wird beerdigen müssen, ist sein Traum vom Wochenende im Grünen.
Schon bevor er die Hiobsbotschaft bekommt, ist Fackler angespannt beim richterlichen Augenscheintermin. Der Lkw-Fahrer rechnet mit dem Schlimmsten, er erwartet schon, dass er seine 60 Quadratmeter große Laube wird zurückbauen müssen zum ursprünglichen Bestand des Häuschens auf rund 16 Quadratmeter. Genauso war es einem Nachbarn eine Reihe hinter Facklers ergangen. Aber es kommt schlimmer: Das Holzhaus muss weg. Ganz und gar. „Der Bestand ist ersetzt und massiv erweitert worden“ erklärt Verwaltungsrichterin Dürig-Friedl die rigorose Entscheidung.
Die ursprüngliche Laube hätte die Gemeinde geduldet, „bis sie von selbst auseinandergefallen wäre“, sagt Thomas Stockerl, Referent von Bürgermeister Christoph Böck. Weil Fackler die Hütte aber renoviert hat, ist die Duldung erloschen und der Abriss nicht zu umgehen. Auch für die Richterin keine einfache Entscheidung. „Mir macht das keinen Spaß“, sagt Cornelia Dürig-Friedl. Trotzdem: Facklers Wochenendidyll liegt im Landschaftsschutzgebiet, noch dazu im Außenbereich. „Wenn wir hier nicht durchgreifen, machen wir uns unglaubwürdig“, erklärt Walter Schuster, Leiter der Bauabteilung im Landratsamt.
Denn auch den anderen Laubenbesitzern in der Reihe der Facklers droht der Abriss, sobald die Duldung erloschen ist. Auch hier werden Schuster und die Gemeinde rigoros vorgehen. Denn im Gegensatz zur südlichen Reihe, in der Facklers ihre Parzelle besitzen, steht die Reihe hinter ihnen seit den 60er Jahren unter Bestandsschutz.
Es ist 2009, als das Ehepaar Fackler das Grundstück in der Kleingartensiedlung kauft. Sie stecken viel hinein, vor allem Schweiß und Zeit, aber auch Geld: „Ingesamt etwa 50 000 Euro“, schätzt Fackler, der unter der Woche als Lkw-Fahrer auf Tour ist. Mit seiner Frau Brigit wohnt er in einer Mietswohnung in einem Plattenbau in Feldmoching. Tausende Autos rauschen täglich vor den Fenstern des Ehepaars vorüber. Idylle sieht anders aus. Als sie erfahren, dass in Riedmoos ein Grundstück zum Verkauf steht, schlagen Facklers sofort zu. Bis 2009 hatten sie drei Parzellen weiter vorne an der Straße gepachtet. „Aber was Eigenes zu haben, das ist schon was anderes“, sagt Norbert Fackler.
Eine Schaukel und einen Sandkasten baut der 44-Jährige für seine Enkelin in den Garten in Riedmoos, den Grillplatz friedet er mit grauen Steinen ein. Die niedrige Thujenhecke ist gepflegt, kleine Windräder stecken in der Erde, ein gelbes und ein rotes, die sich fröhlich drehen, sobald der Wind durch den Garten pfeift. Die hübschen Sträucher und Rosenbeete hat Birgit Fackler angelegt. Der Teich im Garten, in dem hölzerne Störche stehen und Fische schwimmen, macht die Garten-Idylle perfekt.
Das Teichwasser plätschert leise, als die Worte der Richterin auf Norbert Fackler herunterkrachen. „Sie haben Zeit bis zum 31. Oktober 2015. Bis dahin muss die Beseitigung vollzogen sein.“ Die Gemeinde habe Facklers eine Verlängerung zugestanden. „Wäre es nach mir gegangen, hätten Sie das Haus bereits im Juli abreißen müssen.“
Zum Hintergrund: In Unterschleißheim wimmelt es von Schwarzbauten in Kleingartensiedlungen. Schuster schätzt die Anzahl der Freizeitgärten in der Stadt auf gut 1000. Diese waren aus der Not heraus nach dem Krieg entstanden und kümmerten lange Zeit niemanden. Bis 2009: Da überplante die Stadt das Kleingartengebiet in Riedmoos und prüfte im Zuge dessen, welche Hütten städtebaulich vetretbar sind - alle anderen duldete sie weiterhin - und verfügte den Abriss sobald der Bestandsschutz erloschen ist. Dieser neuen Linie sind bereits eine Handvoll Häuser zum Opfer gefallen. 2012 hatte ein älteres Ehepaar deshalb sein Eigenheim verloren (wir berichteten). Nach dem Abriss zog es in eine Sozialwohnung.
„Den Naturschutz stärken und die Zersiedelung eindämmen“, erklärt Thomas Stockerl das Ziel der Stadt. „Wo kämen wir denn hin, wenn jeder seine Hütte irgendwo ins Grüne baute“, fragt der Referent des Bürgermeisters. „Mit Umweltschutz hat das nichts zu tun.“ Die Gartler im Regen stehen lassen, das wolle die Stadt nicht, versichert Stockerl: Seit ein paar Jahren bietet sie den „Abriss-Opfern“ deshalb eine Parzelle in einer offiziellen Kleingartenanlage in Riedmoos an. 330 Quadratmeter Grund für 21 000 Euro inklusive einer 16 Quadratmeter großen Laube. Ob das den meisten Gartlern zu teuer ist, nachdem sie den Abriss aus eigener Tasche bezahlen müssen? Die Nachfrage jedenfall hielt sich laut Stockerl bisher in Grenzen.
Für Norbert Fackler ist das Angebot der Stadt derzeit keine Option. „Wir haben unser gesamtes Erspartes in das Haus gesteckt.“ Auch einen Kredit muss das Ehepaar abbezahlen. Den Abriss werden sie selbst durchführen. Fackler steht in der kleinen Wohnküche, das Feuer im Holzofen knistert. „Ich kann einfach nicht verstehen, wen wir hier stören“, sagt er und vergräbt seine Hände tief in den Hosentaschen. „Das ist ein Teil unseres Lebens.“ Den müssen Facklers bis kommenden Herbst dem Erdboden gleich machen. Was ihnen bleibt, ist der Garten. „Aber ob wir dann noch herfahren werden, glaube ich nicht.“
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Dieser Leserbrief bringt es auf den Punkt:
Zitat:
Diese Gegend dort gilt bei Bauträgern und Investoren mittlerweile als Filetstück für die Vermarktung ihrer Hochglanz-Immobilien. Ein Schelm der in diesen Zusammenhang dabei etwas böses denkt.
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19.11.14, 07:29
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#2
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Banned
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Beiträge: 1.177
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JA JA und als nächstes wird dann die Pacht entzogen... aus ähnlich fadenscheinigen Argumenten. Und bis in 10 Jahren steht da n schickes Wohnhaus.
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Folgendes Mitglied bedankte sich bei kopierpapier:
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19.11.14, 08:14
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#3
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erudite
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Beiträge: 3.561
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Wenn man ein Pachtgrundstück hat, ist es schon irre genug mit den ganzen Genehmigungen. Das Ehepaar hat allerdings das Grundstück gekauft und statt Rückbau muss alles weg.
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19.11.14, 14:07
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#4
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erudite
Registriert seit: Sep 2008
Beiträge: 3.561
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Das ist schon klar.
Anstatt zurückbauen zu lassen, nimmt man gleich die Keule und alles muss weg. Man will die Leute da weg haben.
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19.11.14, 15:12
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#5
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Legende
Registriert seit: Aug 2011
Ort: in der Wildnis
Beiträge: 15.519
Bedankt: 34.774
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Ich wohne mitten in einem Landschaftsschutzgebiet und das Erste was mir bei 60 m2 einfällt ist Abwasser.
Das wird hier besonders stark im Auge behalten und überprüft. Da wird sogar der Durchmesser von Regenrinnen an Zubauten überprüft, und ob diese direkt in den Kanal geleitet werden.
Die Größe der Wohnfläche läßt auf Dauernutzung schließen, mit der entsprechenden Belastung für die Natur.
Wenn mir vor dem Anbau klar ist, das ich gegen die Vorschriften verstoße, muß mir auch klar sein, das ich das Risiko eines eventuellen Abrisses trage.
Und um das Ganze mal etwas zu versinnbildlichen. Wenn einer ein Stück Müll auf die Straße wirft fällt es nicht auf, wenn es alle tun, ersticken wir darin.
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Die folgenden 2 Mitglieder haben sich bei TinyTimm bedankt:
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19.11.14, 17:34
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#6
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Silent Running
Registriert seit: Feb 2010
Beiträge: 7.191
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Nur mal so ein Einzelbeispiel für Anbauten...vorher über die Genehmigungspflicht 1-2 mal nachdenken und schon klappt es auch ohne mit der Gemeinde.
Dann stellt man seine überdachte (Regenschutz), mit Jalousie (Sonnenschutz) versehene Pergola auf der Terrasse eben nicht freistehend auf, sondern „heftet“ sie an der Hauswand an und schon ist es genehmigungsfrei.
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20.11.14, 19:53
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#7
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erudite
Registriert seit: Sep 2008
Beiträge: 3.561
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Vieles hat aber auch mit Vetternwirtschaft zu tun u.ä.
Woher ich das weiß? Meine Tante hatte ein Grundstück (Pacht) mit Häuschen drauf. Sie musste alles genehmigen lassen, was sie neu machen ließ und wenn es um eine andere Tür ging, weil die alte ausgetauscht werden musste.
3 Grundstücke weiter gab es eine Familie, die war ganz dicke mit dem Typen, der die Genehmigungen erteilte. Die durften da Sachen aufstellen, anbauen etc, das wäre bei niemand anderem genehmigt worden. Ich möchte jetzt aber nicht ins Detail gehen.
Wegen dem Ehepaar: Wieso wurde ihnen eine andere Parzelle angeboten? Schon mal darüber nachgedacht?
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