[Nelso]

Wer hätte gedacht, dass das grantige Mediziner-Genie „Dr. House“ aus der gleichnamigen Fernsehserie in Sachen Dreistigkeit noch etwas von echten Ärzten lernen kann? Ein Chirurg in einem Krankenhaus in der Stadt Sion ist sich seines medizinischen Handwerks so sicher, dass er offenbar während einer Operation den Fernseher laufen ließ und sich ein Fußballspiel anschaute. Außerdem soll der Arzt seine Arbeit für eine Stehparty unterbrochen haben.

Während der Fußball-Weltmeisterschaft wollte ein Chirurg aus der Schweiz trotz Arbeit offenbar kein Spiel verpassen. Nach Berichten der Schweizer Tageszeitung „Blick“ wird dem Mediziner unterstellt, während einer Operation am 17. Juni 2010 nebenbei das WM-Spiel Frankreich gegen Mexiko verfolgt zu haben. „Das ist jenseits von Gut und Böse“, zitiert die Website der Zeitung Philippe Morel, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Chirurgie. Der Operationssaal sei ein Arbeitsort an dem es ruhig sein müsse und höchste Konzentration erforderlich sei, so Morel.

Außerdem, so berichtet das Blatt, habe der Arzt während seiner Arbeit am 26. Mai dieses Jahres sein Operationsbesteck plötzlich zur Seite gelegt, um sich eben mal bei einer kleinen Feier Gaumenfreuden und Geplauder hinzugeben: „Unten findet ein Apéro [Anm. der Redaktion: kleine Stehparty] statt, ich werde mir ein Gläschen genehmigen“, soll der Chirurg seinen assistierenden Ärzten und Krankenschwestern mitgeteilt haben. Danach blieb der Mann der Operation eine halbe Stunde lang fern.

Laut Berichten der „Aargauer Zeitung“ soll ein Mitarbeiter die Vorkommnisse bei seinen Vorgesetzten gemeldet haben. Diese ermahnten den Arzt daraufhin angeblich lediglich per Weisung, dass Fußballschauen während Operationen „nicht angebracht“ sei. Sonst bleiben die Vorfälle offenbar ohne Konsequenzen. „Zum Glück ist dem Patienten, der während des Fußballspiels operiert wurde, nichts passiert“, zitiert die Zeitung Vincent Castagna, Direktor des Spitalzentrums Mittelwallis. Man habe ein ernstes Gespräch mit dem Chirurgen geführt und „Weisungen für alle Spitäler erlassen.“

Scharf kritisiert wurden die Vorkommnisse dagegen von Philippe Morel: „Es ist normal, dass ein Chirurg bei längeren Operationen eine Pause macht. Beispielsweise, um auf die Toilette zu gehen, etwas zu trinken oder sich zu stärken“, wird der Genfer Chirurgieprofessor von „Blick.ch“ zitiert. „Doch der Unterbruch sollte nie länger als zehn Minuten dauern. Und den Operations-Trakt verlässt man erst recht nicht.“ Und die „Aargauer Zeitung“ ließ er wissen: „Wenn einer meiner Chirurgen hier in Genf während einer Operation Fußball schauen oder sich entfernen würde, hätte er nicht einmal Zeit, seinen Kittel auszuziehen, er würde sofort rausfliegen. Es geht um den Respekt vor dem Patienten. Diese Vorfälle sind schlicht surreal.“

Der Chirurg, dem die Vorwürfe gemacht werden, hat sich bislang noch nicht zu den Geschehnissen geäußert. Es heißt, er sei bis zum 25. Oktober abwesend.

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