Rubbeln für mehr Leistung
Von Matthias Kremp
Rubbeln statt basteln: Wer seinen PC aufrüsten will soll künftig Gutscheine kaufen, statt an der Hardware zu schrauben. In einigen Ländern testet Intel Prozessoren, deren Leistung sich mit per Freischaltcode erhöhen lässt - gegen Zahlung von 50 Euro. Ein Test , der üble Nebenwirkungen haben könnte.
Der weltgrößte Chip-Produzent, Intel, will künftig auch nach dem Computerkauf noch am PC verdienen. Mit Gutscheinkarten sollen Kunden Funktionen freischalten, die dem Prozessor ihres Rechners mehr Leistung entlocken. Auf diese Weise, so das Argument des Herstellers, könne man problemlos nachrüsten, wenn man etwa nach dem Kauf eines PC oder Laptops feststellt, dass die Rechenkapazität des darin eingebauten Prozessors doch nicht ganz für die Aufgaben ausreicht, die an damit erfüllen will oder muss. 50 Euro kosten [
Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], die in amerikanischen Elektronik-Supermärkten aufgetaucht sind.
[
Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]: Statt zur Leistungssteigerung den Rechner aufzuschrauben und den Prozessor auszutauschen - was bei den meisten Notebooks ohnehin nicht möglich ist - geht man in den Computer-Laden und kauft sich eine Upgrade-Karte. Zurück vor dem Computer lädt man eine Upgrade-Software von Intel, rubbelt den Freischaltcode von der Gutscheinkarte frei und gibt ihn in die Software ein. Die gleicht den Code nun mit einer Online-Datenbank ab, prüft ob er gültig ist. Verläuft das alles ohne Probleme werden die zugekauften Funktionen freigeschaltet und der PC läuft nach dem nächsten Neustart schneller, wenigstens ein wenig.
Das Intel Prozessoren mit gesperrten Funktionen verkauft, ist nicht neu. Bislang allerdings haben Chip-Hersteller diese Praxis genutzt, um Chips verkaufen zu können, auf denen die betroffenen Bereiche beschädigt sind. Im Rahmen der normalen Produktion werden Prozessoren ausführlich getestet und würden als Ausschuss entsorgt werden müssen, wenn beispielsweise im Cache ein Fehler gefunden wird. Schaltet man die defekten Bereiche aber einfach ab und verkauft den Chip unter einer anderen Bezeichnung als Billigmodell, lässt sich mit dem defekten Chip sogar noch Geld verdienen.
Und plötzlich ist's ein anderer Chip
Und auch das bestimmte Funktionen vom Hersteller abgeschaltet werden, um einen Highend-Chip zur Billigversion umzumünzen, ist nicht neu. Auf diese Weise lassen sich ähnliche Prozessoren, die für verschiedene Marktsegmente gedacht sind, kostengünstig in ein und derselben Produktionsstraße fertigen. Dass man aber einen Prozessor anbietet, der sich gegen Gebühr in einen anderen verwandeln lässt, ist tat sächlich eine neue Strategie.
Wie viel Mehrleistung man auf diese Weise herauskitzeln kann, hat die niederländische Web-Seite [
Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] getestet. Die Spezialisten haben sich den einzigen Prozessor besorgt, mit dem ein solches Upgrade per Freischaltcode bisher möglich ist, den Pentium G6951. Nach durchlaufenem Upgrade-Prozess meldete sich der Chip als Pentium G6952 und verfügte gegenüber dem Zustand zuvor über vier statt drei Megabyte Cache und beherrschte zudem die Hyperthreading-Technik, die es ihm ermöglicht mehrere Aufgaben parallel abzuarbeiten.
Moderater Mehrwert
Der Geschwindigkeitszuwachs fiel allerdings, je nach verwendetem Testprogramm, sehr unterschiedlich aus. So zeigte die der sogenannten Whetstone-Test aus der Test-Software Sandra in einem Bereich mathematischer Funktionen mehr al eine Verdoppelung der Leistung an. Der Cinebench-Test jedoch, bei dem die gesamte Rechenkraft des Chips gefordert ist, kam auf eine moderate Seigerung von 5,27 Prozent gegenüber dem unmodifizierten Chip. Eine solche Geschwindigkeitssteigerung würde man im PC-Alltag kaum wahrnehmen.
Eine Chance das alles Auszuprobieren haben aber ohnehin nur vergleichsweise wenige Intel-Kunden, denn angeboten werden upgradefähige Systeme nur in den vier Testmärkten USA, Kanada, Spanien und in den Niederlanden. Erst wenn diese Versuche erfolgreich verlaufen, könnten vergleichbare Angebote weltweit, also auch in Deutschland, in die Läden kommen.
Vorsicht vor den Nachahmern
Ob das dann aber tatsächlich von Vorteil für PC-User ist, wird sich noch zeigen müssen. Abgesehen davon, dass die von Intel geforderten 50 Euro ein recht happiger Preis für den doch sehr moderaten Leistungszuwachs sind, steht zu befürchten, das es Computerfabrikanten jeder Couleur Intels Beispiel nachtun werden, sofern die aktuellen Versuche erfolgreich verlaufen.
Und so könnte Intels Idee womöglich dazu führen, das die PC der Zukunft nicht nur beim Kauf, sondern auch lange danach zu Groschengräbern werden. Sie wollen mehr Grafikleistung? 25 Euro bitte. Die Festplatte soll mit 7200 satt 5400 Umdrehungen rotieren? Das gibt es als Sonderangebot für nur 6,99 Euro, aber nur, wenn sie gleichzeitig die integrierte Webcam ihres Notebooks freischalten, für einmalig 19,99 Euro oder 4,99 pro Monat - Sie haben die Wahl.