[Melvin van Horne]

Moin,

Ich war nie lange da. Meist sollten nach der ersten Vernehmung meine Angaben überprüft werden. Wenn ich mich richtig erinnere, waren zwei Übernachtungen das längste. Ein Bekannter von mir ist abgehauen und sie meinten, ich hätte es vorher gewusst. Der erste Tag bestand fast komplett aus Vernehmungen.

Am zweiten Tag ist überhaupt nichts passiert. Keine Vernehmung nichts. Ich hab es nicht gewusst das er weg will. Geahnt ja, gewusst nein. Die Grübelei macht einen fast wahnsinnig. Wie soll ich beweisen das ich nichts wusste? Haben sie ihn oder ist er drüben? Ich hatte Angst sie hätten ihn erwischt, setzen ihn unter Druck und er erzählt in seiner Not was sie hören wollen um seinen Arsch halbwegs zu retten.

Heute ist es mir peinlich. Aber die Wahrheit ist, ich habe ihn in manchen Momenten gehasst. Als wäre er Schuld. Ich war in diesen Momenten wütender auf ihn als auf die Vernehmer. Die waren zum Teil richtig freundlich. Kumpeliger Typ. Fast wörtlich: Wir klären das fix und dann kannste nach Hause. Wenn wir uns beeilen hat die Kneipe noch auf. Kannste auf den Schreck erst mal einen trinken. Good Cop Bad Cop war mir da noch kein Begriff. Aber es war wirklich so, dass ich mich fast gefreut habe als ich nach einer Pause wieder ins Vernehmungszimmer gebracht wurde und der "Good Cop" sass am Tisch.

Die einzige (eher dürftige) Entschuldigung für solche Blödheit wäre mein Alter. Ich war 18.

Mein Mitgefühl und meine Hochachtung an all die, die das monatelang ertragen mussten und widerstehen konnten. Ich habe nichts verraten. Aber eine Heldentat wäre es nur gewesen, wenn ich etwas gewusst hätte.

Lest Euch die Beiträge hier im Forum durch und macht Euch bewusst, das da einer für ein auf die Wand gekritzeltes "Es lebe Dubček" drei Monate eingesperrt wurde.

Vielleicht sieht dann manches Problem das wir lauthals beklagen nicht mehr ganz so schlimm aus.