Verschanzter Systemkritiker festgenommen
Bei einer Kontrolle des Jugendamts sind Donnerstagabend in Obritz (Bezirk Hollabrunn) zwei Beamte mit Pfefferspray attackiert worden. Ein 54-jähriger Systemkritiker hatte sich zuvor mit mehreren unbekannten Kindern in einem Weinkeller verschanzt.
Bewohnern der kleinen Katastralgemeinde Obritz hatten sich zuletzt immer wieder über einen ihnen unbekannten Mann beschwert, der in der örtlichen Kellergasse offenbar wohnen dürfte. „Vor allem die Überwachungskameras vor dem Keller haben gestört, außerdem haben Bewohner manchmal Kinderstimmen im Keller gehört, und sobald sie sich genähert haben, war es still“, erzählte Vizebürgermeister Erich Greil gegenüber noe.ORF.at.
Die Gemeinde hielt deshalb am Donnerstagnachmittag mit einem Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn Nachschau. Obwohl sie Kinderstimmen im Keller hörten, wollte sie der 54-Jährige nicht hineinlassen, stattdessen attackierte er die beiden mit Pfefferspray und verletzte sie. Während die Sozialarbeiter die Polizei verständigten, verbarrikadierte sich der Mann mit den Kindern im Keller.
Identitäten noch unklar
Über Anordnung der Staatsanwaltschaft Korneuburg wurde der Keller geöffnet und durchsucht. Dabei entdeckten die Beamten neben dem 54-Jährigen auch seine 40-jährige Lebensgefährtin und fünf Kinder im Alter von fünf, vier, drei und zwei Jahren sowie sieben Monaten. Die Kinder waren nicht eingesperrt, sagte der Hollabrunner Bezirkshauptmann Karl-Josef Weiss. Aber mehrere Schusswaffen wurden gefunden. Der Mann wurde Donnerstagabend vorläufig festgenommen, mittlerweile aber wieder auf freien Fuß gesetzt, weil laut Staatsanwaltschaft keine Kindeswohlgefährdung bestanden habe.
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In der Kellergasse soll der 54-Jährige mehrere Objekte über eine englische Firma gekauft haben
Die Kinder, deren Identitäten laut Polizei noch unklar sind, wurden in die Obhut des Jugendamts übergeben. Nun prüfe die Jugendschutzbehörde das Umfeld der Kinder. Das sei laut Bezirkshauptmannschaft ein laufendes Verfahren, wenn dieses zu Ende sei, würde entschieden, ob die Kinder wieder zu den mutmaßlichen Eltern zurückkommen. Die Behörde hatte vor dem Polizeieinsatz am Donnerstag noch keinen Kontakt zur Familie.
Nach Angaben des Paares sollen die Kinder in England geboren sein. Auch die Elternschaft werde überprüft. Den Aussagen des Mannes zufolge sollen es seine eigenen Kinder sein. Laut Polizei ist jedoch niemand von ihnen in Österreich gemeldet, der Mann dürfte nur den Keller besitzen. Deshalb sei auch die Identitätsfeststellung schwierig. Wie die bisherigen Ermittlungen ergaben, dürfte der 54-Jährige aus dem Systemkritikermilieu stammen, er wurde wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt. Bei dem Mann dürfte es sich um einen „Reichsbürger“ handeln. Polizeisprecher Stefan Loidl sagte gegenüber noe.ORF.at, dass der Mann aus der rechten Szene komme.
Kellerkauf über englische Firma
Laut dem Vizebürgermeister hat der Mann nicht nur einen, sondern schon vier oder fünf Keller in Obritz gekauft. „Er hat mir einmal erzählt, er hat zehn Kinder, und er will für jedes Kind einen Keller haben.“ Die Kaufverträge liegen derzeit bei der Gemeinde. Weil der Kauf nicht privat, sondern über eine englische Firma lief, muss die Gemeinde diesen nämlich zustimmen.
Bei den bisherigen Gesprächen sei der 54-Jährige dem Vizebürgermeister „normal“ und „sehr gescheit“ vorgekommen. Laut eigenen Angaben stamme er aus dem Mostviertel, die letzten zehn Jahre habe er in Deutschland und England gelebt. Auch mit dem Bürgermeister gab es vor etwa zwei Wochen ein gemeinsames Gespräch, bei dem man den 54-Jährigen auch auf die Kinder angesprochen hatte. Damals meinte dieser nur, dass die Kinder noch nicht schulpflichtig seien und er deshalb überall mit ihnen wohne könne, erzählte Bürgermeister Josef Fürnkranz (ÖVP).
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