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TinyTimm 21.05.18 20:19

Warum das Tote Meer der Haut guttut
 
Zitat:

Das Tote Meer ist ein beliebtes Ziel für Menschen mit Hauterkrankungen. Die Kombination aus Salzwasser, Schlamm und Sonne wirkt günstig, und der Aufenthalt fern der Heimat hilft der gestressten Seele. Eine Reportage von einem der größten Salzseen der Erde.

Nach Privathäusern sucht man im Kurort En Bokek am Toten Meer, rund 90 Autominuten südlich von Jerusalem gelegen, vergeblich. Zahlreiche Hotels reihen sich inmitten der Negev-Wüste am Rand der Toten Meeres aneinander. Schließlich gilt der Salzsee zwischen Israel, Jordanien und dem palästinensischen Westjordanland bereits seit der Antike als beliebte Kurstätte für Patientinnen und Patienten aus zahlreichen Ländern.

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Das Deutsche Medizinische Zentrum am Toten Meer

Das salzige Wasser, der mineralhaltige schwarze Schlamm und die besonderen klimatischen Bedingungen rund 450 Meter unter dem Meeresspiegel führen bei Menschen mit entzündlichen Hauterkrankungen, Gelenks- oder Lungenleiden zu einer deutlichen Linderung der Beschwerden.

Klassiker Psoriasis


Die Schuppenflechte gilt dabei als gängigste Diagnose, wenn es um einen Kuraufenthalt am Toten Meer geht. Wurde die Psoriasis früher jedoch noch als reines Hautleiden gesehen, spricht man heute von einer Systemerkrankung, die mit entzündlichen Prozessen in den Gelenken und Gefäßen einhergeht.

Rund ein Drittel der Betroffenen ist von der Psoriasis-Arthritis betroffen, die auch starke rheumatische Schmerzen im Bewegungsapparat verursachen kann. „Diese Patienten bräuchten eigentlich zwei Kurorte – einen für die Haut und einen für die Gelenke“, erklärt Marco Harari, israelischer Arzt mit französischen Wurzeln, der das Deutsche Medizinische Zentrum (DMZ) leitet, eine Klinik am südlichen Ende des Toten Meeres. Mit der Kombination aus natürlicher Licht- und Balneotherapie lassen sich beide Spielarten der Krankheit behandeln.

„Totes-Meer-Nachbau“ vs. „Original“

Tatsächlich lassen sich mit der UVB-Schmalband-Lichttherapie (311nm) bei Schuppenflechte oder Neurodermitis in den heimischen Krankenanstalten gute Heilungserfolge erzielen. So ging auch die Zahl der Kuraufenthalte für Österreicher am Toten Meer in den vergangenen Jahren etwas zurück. Nicht zuletzt aus Kosteneffizienzgründen der Krankenkassen. Warum in die Ferne schweifen, zumal man auch Salze und Schlamm aus dem Toten Meer importieren und in einer heimischen Kuranstalt verabreichen kann?

Mittlerweile hat die Kur am Salzsee wieder eine Renaissance erfahren. Zum einen wurde die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in vielen Fällen von einem Monat auf drei oder gar zwei Wochen reduziert. Zum anderen scheint die Remissionszeit deutlich länger zu sein als bei den Rehabilitationsmaßnahmen im Heimatland, wie Marco Harari zu berichten weiß.

Follow-up-Studien mit Patientinnen und Patienten aus Deutschland und Österreich konnten zeigen, dass der Effekt am Toten Meer ähnlich gut, jedoch deutlich nachhaltiger ist. „Während die Remissionsraten bei einer reinen UVB-Therapie bei drei bis vier Monaten liegen, geht es den Betroffenen nach einem Reha-Aufenthalt in Israel im Schnitt sechs bis neun Monate besser“, erklärt der Arzt. Eine Zeit, in der auch die Dosis der teuren entzündungshemmenden Medikamente reduziert werden könne.

Sonne, Salzwasser und Schlamm

Der Salzgehalt im Toten Meer liegt mit etwa 30 Prozent rund zehnmal höher als jener im Mittelmeer, sodass auch Nichtschwimmer durch den Auftrieb nicht untergehen können. Ganz gefahrlos ist das Bad jedoch nicht, denn bereits ein Schluck vom salzig-ätzend schmeckenden Wasser kann mitunter lebensbedrohlich sein. Auch bei offenen Stellen an der entzündeten Haut ist der Kontakt mit dem Wasser kontraindiziert.

Das Vorhandensein heißer magnesiumhaltiger Quellen und der hohe Bromgehalt in der trockenen, heißen und salzdurchtränkten Luft dürften sich ebenfalls günstig auf die chronisch entzündlichen Prozesse in Haut und Gelenken auswirken.

Zudem ist die Sonnenstrahlung filtriert. Rund sieben Prozent weniger UVA-Strahlung und 15 Prozent weniger UVB-Licht gelangen auf die Oberfläche. Der UVB-Bereich liegt bei rund 300 Nanometer und entspricht damit dem für Hauterkrankungen empfohlenen kurzwelligen Spektrum.

Gerade die Kombination aus diesen besonderen natürlichen Gegebenheiten mache die Heilkraft aus und lasse sich, so Marco Harari, anderorts auf künstlichem Weg nur schwer nachahmen. Hinzukommt, dass durch die Lage mehr als 400 Meter unter dem Meeresspiegel der Sauerstoffpartialdruck am Toten Meer deutlich höher ist. Damit profitieren auch Personen mit Lungenerkrankungen. COPD-Patienten in fortgeschrittenem Stadium sind sogar in der Lage, zeitweise ganz ohne Sauerstoffflasche in den Tiefen der Negev-Wüste am Toten Meer zu spazieren.

Indikationsspektrum erweitert

Mittlerweile hat sich das Indikationsspektrum auf eine ganze Reihe von Erkrankungen ausgeweitet. Neben der Psoriasis Arthritis und der Neurodermitis werden hier auch Patienten mit Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew), rheumatoider Arthritis oder Fibromyalgie behandelt. Die Behandlungsergebnisse werden von der Ben Gurion-Universität wissenschaftlich begleitet.

Auch bei zwei überaus therapieresistenten Autoimmunerkrankungen zeigen sich Erfolge: Bei der als Vitiligo bekannten behandlungsresistenten Weißfleckenkrankheit der Haut wurden in einer retrospektiven Studie vor einigen Jahren über 400 Personen untersucht. Klima und Sonne scheinen auch hier einen positiven Effekt zu haben, bei einem Großteil der Patienten kam es zumindest teilweise zu einer Repigmentierung der entfärbten Hautareale.

Bei der, mitunter zur Blindheit führenden Uveitis, konnte das Team um Marco Harari vor allem durch die Kombination der Therapieformen Verbesserungen beobachten.

Kuraufenthalt ist Arbeit

Obwohl der Erholungseffekt sicher auch eine Rolle bei der Genesung spielt, zumal sich die entzündlichen Hauterkrankungen bekannter Weise bei Stress verschlimmern, dürfe man den Aufenthalt am Toten Meer jedoch nicht bloß als Urlaub sehen, so Harari.

„Es ist oft sehr beschwerlich für unsere Patienten, die Anwendungen durchzuführen, mehrere Stunden bei 40 Grad Außentemperatur in der prallen Sonne, zwei- bis dreimal täglich ein Bad im Toten Meer. Das geht für viele an die Substanz.“ Drei bis sechs Liter Wasser müssen zudem pro Tag getrunken werden. Ein Grund, warum bei Patientinnen und Patienten mit Nierenerkrankungen Vorsicht geboten ist.

Tod des Toten Meeres?


Das natürliche Heilbad scheint jedoch ein nicht ganz natürliches Ablaufdatum zu haben, denn pro Jahr sinkt der Spiegel des Toten Meeres um rund einen Meter ab. Industrielle Gewinnung von Mineralien durch Verdampfen von Wasser, sowie das Abpumpen von Süßwasser aus dem Jordan trocknen den Salzsee aus. So befindet sich der, vor wenigen Jahrzehnten noch direkt am nördlichen Teil des Toten Meeres gelegene Kurort Ein Gedi mittlerweile mehrere Hundert Meter vom Ufer entfernt.

Israel, Jordanien und die palästinensischen Autonomiegebiete haben sich darauf geeinigt, mit dem Bau eines „Friedenskanals“ vom Roten Meer dem weiteren Austrocknen und damit dem vorzeitigen Ende des Naturwunders entgegenzuwirken. Der südliche Teil, in dem sich auch die DMZ Klinik befindet sei nicht von der Austrocknung bedroht, beruhigt Marco Harari, der seinen Arbeitsplatz zumindest in den kommenden Jahre nicht gefährdet sieht.
Quelle: [Link nur für registrierte und freigeschaltete Mitglieder sichtbar. Jetzt registrieren...]

Avantasia 21.05.18 20:33

ich hab das Thema mal in die Science/Wissenschaft verschoben.
Hat ja null mit Politik zu tun! ;)


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