Trauzeugenaffäre - Lobbycontrol
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Wie saubere Bewerbungsverfahren in der Politik funktionieren könnten
Ein Staatssekretär im Wirtschaftsministerium hat wegen Interessenkonflikten sein Amt verloren – doch die nächste Befangenheitsaffäre kommt bestimmt. Die Organisation Lobbycontrol macht Vorschläge, wie sich dem besser vorbeugen ließe.
20.05.2023, 12.44 Uhr • aus DER SPIEGEL 21/2023
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Staatssekretär Graichen, Minister Habeck: Compliance-Regeln prüfen Foto: John MacDougall / AFP
Nach dem Rausschmiss von Energiestaatssekretär Patrick Graichen aus dem Bundeswirtschaftsministerium fordert die Organisation Lobbycontrol strengere Strukturen, um Interessenkonflikten in Bundesministerien vorzubeugen. »Die gegenwärtigen Mechanismen sind nicht ausreichend«, schreibt der Kölner Verein in einem Eckpunktepapier.
Man empfehle die Einrichtung einer Transparenzbehörde, die bei Hinweisen auf regelwidriges Verhalten unabhängig ermittle. Hochrangige politische Entscheidungsträger sollten direkt bei Antritt ihres Dienstes denkbare Interessenkonflikte an ein solches Gremium melden.
Vorbild für den Vorschlag sei die Hohe Behörde für die Transparenz des öffentlichen Lebens in Frankreich. Auch auf EU-Ebene sei ein unabhängiges Ethikorgan im Gespräch.
Auswahlverfahren für politisch wichtige Posten sollten ebenfalls überarbeitet werden, fordert Lobbycontrol. Jurymitglieder müssten aktiv zu möglichen privaten Interessen befragt werden und persönliche Verbindungen zu Kandidaten standardmäßig offenlegen müssen.
Ein möglicher Weg wäre das Ausfüllen spezieller Fragebögen. In Teilen der Privatwirtschaft ist das längst üblich, ebenso wie Compliance-Trainings von Führungskräften. Die Bundesregierung setzt dagegen bisher weitgehend auf Selbstkontrolle. Auch konkrete Strafen bei Regelverstößen sind kaum definiert.
Staatssekretär Graichen hatte mitgeholfen, seinen Trauzeugen Michael Schäfer zum Geschäftsführer der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur zu machen. Er legte das Verhältnis erst offen, als im politischen Berlin schon Gerüchte darüber zirkulierten.
Das Wirtschaftsministerium hatte dem SPIEGEL Anfang Mai geschrieben, man wolle die Compliance-Verfahren überprüfen. Auf der Pressekonferenz zu Graichens Demission sagte Habeck nun, man wolle das innerhalb der Bundesregierung besprechen. Die Einführung entsprechender Fragebögen halte er persönlich für sinnvoll.
ssu
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