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11.03.23, 19:19
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Streuner
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Dissens zwischen Scholz und Baerbock
Zitat:
Ampel verzichtet auf nationalen Sicherheitsrat
Ein Sicherheitsrat sollte in Deutschlands erster »Nationaler Sicherheitsstrategie« verankert werden. Doch das Vorhaben ist nach SPIEGEL-Informationen gescheitert – Kanzler und Außenministerin konnten sich nicht einigen.
Von Matthias Gebauer und Marina Kormbaki
11.03.2023, 08.06 Uhr

Kanzler Scholz, Außenministerin Baerbock Foto: IMAGO/Florian Gaertner / IMAGO/photothek
Ob im Umgang mit China, bei den Waffenlieferungen für die Ukraine oder bei der Dauer des Bundeswehreinsatzes in Mali: Seit ihrem Amtsantritt war sich die Ampelregierung in zentralen außenpolitischen Fragen oft uneins. Ein neues Gremium nach dem Vorbild des Nationalen Sicherheitsrats in den USA sollte die Abstimmung zwischen Kanzleramt und Ministerien verbessern und in der ersten »Nationalen Sicherheitsstrategie« verankert werden, die seit rund einem Jahr unter Federführung des Auswärtigen Amts erarbeitet wird.
Doch jetzt steht fest: Deutschland wird keinen nationalen Sicherheitsrat bekommen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) konnten sich trotz monatelanger Verhandlungen nicht darüber einigen, wo das neue Gremium angesiedelt wird, wer es führt und wie es besetzt wird. Nach SPIEGEL-Informationen entschied man sich nun, das ganze Projekt nicht weiterzuverfolgen. Die Idee sei vom Tisch, hieß es aus den Kreisen der Verhandler.
Der Streit über ein neues sicherheitspolitisches Gremium beherrschte zuletzt die interne Diskussion zwischen Kanzleramt und Außenressort über die »Nationale Sicherheitsstrategie«. Zunächst waren beide Häuser übereingekommen, dass eine regelmäßig zu Sicherheitsfragen tagende, beschlussfähige Runde in Zeiten von Krieg und Krisen angebracht wäre. Allerdings sahen sowohl Kanzleramt als auch Außenressort die Zuständigkeit dafür bei sich.
Wer hat das Sagen in der Außenpolitik?
Der Konflikt birgt auch eine Machtfrage: Wer hat das Sagen in der deutschen Außenpolitik? Das Auswärtige Amt wollte keine weiteren Befugnisse ans Kanzleramt abgeben, wo ohnehin bereits die wichtigen Entscheidungen getroffen werden, etwa in der Europapolitik oder bei der Unterstützung der Ukraine.
Das Kanzleramt wiederum war dagegen, dem Auswärtigen Amt einen Kreis mit exekutiven Befugnissen zu unterstellen.
Die Signale aus den sorgsam abgeschirmten Verhandlungen waren in den vergangenen Wochen diffus. Mal hieß es, Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt wäre gern Koordinator des Sicherheitsrats geworden, die anderen Ministerien sollten lediglich zuarbeiten. Im Kanzleramt wurde dies zwar umgehend als Unsinn bezeichnet. Gleichwohl wurde beim Thema Sicherheitsrat von Beginn an vor allem um die Leitung des Gremiums gerungen.
Eine Führung der Runde durch das Kanzleramt kam für das Auswärtige Amt (AA) nicht infrage. Das Haus am Werderschen Markt leidet schon seit Jahren darunter, dass das Kanzleramt immer mehr außenpolitische Themen an sich zieht. Als formaler Grund wurde stets ins Feld geführt, Deutschland sei im Gegensatz zu den USA keine Präsidialdemokratie. Folglich verwies man im AA auf das geltende Ressortprinzip, wonach jedes Ministerium in eigener Verantwortung arbeite.
Im Kern aber ging es immer um die Frage der außenpolitischen Kompetenz. Sollte das Resultat der von Baerbock angestrengten »Nationalen Sicherheitsstrategie« ein neues außenpolitisches Machtzentrum im Kanzleramt sein, käme das einer Entmachtung Baerbocks und des Außenamts gleich, hieß es. Zudem gilt das Verhältnis zwischen dem Scholz-Vertrauten Schmidt und Baerbock als angespannt.
Die Außenministerin bevorzugte eine regelmäßig beratende Runde etwa auf Staatssekretärsebene mit rotierendem Vorsitz – je nach Lage: Mal wäre das Außenamt führend, mal das Verteidigungsministerium, mal das Innenressort. Doch das Kanzleramt winkte ab.
Die bisherigen Formate müssen genügen
Nun beschränkt man sich auf die vorhandenen sicherheitspolitischen Formate: Der Kanzler kann in heiklen Fällen das Sicherheitskabinett einberufen, mit den Ministerinnen und Minister der mit Sicherheitsfragen befassten Ressorts. Zudem tagt einmal die Woche die nachrichtendienstliche Lage. Das reiche aus, meint man nun im Kanzleramt. Im Außenamt ist man erleichtert, keine weiteren Kompetenzen abtreten zu müssen.
Weiter wie bisher – so lautet nun der Kompromiss. Vom Sicherheitsrat, der das wohl greifbare Ergebnis der »Nationalen Sicherheitsstrategie« gewesen wäre, wird darin nicht die Rede sein.
Das Dokument ist ein außenpolitisches Prestigeprojekt der Ampelkoalition. Sie will Deutschland damit in eine Reihe mit den USA, Großbritannien und Frankreich stellen, die schon lange solch ein Grundsatzpapier zur eigenen geopolitischen Verortung vorlegen.
Die deutsche Variante sollte längst fertig sein. Baerbock wollte die »Nationale Sicherheitsstrategie« im Vorfeld der Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar vorstellen. Doch der Dissens mit dem Kanzleramt durchkreuzte die Pläne der Grünenpolitikerin.
Kompromiss zu Verteidigungsausgaben
Die Bundesregierung stritt auch über die Ausgaben für Verteidigung: Soll das Nato-Ziel, jährlich zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, im Strategiepapier ausdrücklich erwähnt werden? Ja, darauf pochte man im Kanzleramt und im Verteidigungsressort. In Ordnung, hieß es aus dem Außenamt, aber dann müsse es auch ein Bekenntnis zu höheren Investitionen in Diplomatie, zivile und humanitäre Krisenbekämpfung geben.
Die Grünen hatten im Koalitionsvertrag verankert, die Ausgaben hierfür »im Maßstab eins-zu-eins wie die Ausgaben für Verteidigung steigen« zu lassen. Diese Verbindung gilt vielen in der Partei als Voraussetzung dafür, dass die Basis mehr Geld fürs Militär mitträgt.
Eine solch enge Kopplung der Ausgaben sieht der aktuelle, wie ein Staatsgeheimnis gehütete Entwurf zur Sicherheitsstrategie dem Vernehmen nach zwar nicht mehr vor. Aber der Passus zum Zwei-Prozent-Ziel greift einen erweiterten Sicherheitsbegriff auf, der Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit mit einschließt.
Der Kompromiss ist auch ein Zugeständnis an die FDP: Das Haus von Finanzminister Christian Lindner lehnte es ab, die Ausgaben für Diplomatie und Entwicklung an den Verteidigungsetat zu koppeln – zu teuer.
Die Unterhändler der sicherheitsrelevanten Ressorts wollen nun den Feinschliff am Dokument vornehmen, ehe es demnächst in die Ressortabstimmung mit allen Ministerien geht und Gespräche mit den Ländern geführt werden. Sie hatten zunächst gegen Baerbocks Pläne protestiert, Kompetenzen im Katastrophenschutz dem Bund zu übertragen. Inzwischen sei man auch hier einer Lösung nähergekommen, heißt es.
Auf einen neuen Veröffentlichungstermin der »Nationalen Sicherheitsstrategie« will man sich in der Regierung nicht festlegen. Bis zur Sommerpause werden man aber auf jeden Fall fertig sein, ist zu hören.
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