[TinyTimm]

Mit Bluttests können werdende Eltern feststellen, ob ihr Kind mit Behinderungen auf die Welt kommen könnte. Mehr als 100 Abgeordnete wollen jetzt im Bundestag darüber debattieren, wie weit diese Tests gehen dürfen.

Mehr als 100 Bundestagsabgeordnete dringen auf eine grundlegende Klärung ethischer und gesetzgeberischer Fragen bei Bluttests für Schwangere, etwa auf ein Down-Syndrom des Kindes. Dafür wollen sie eine offene Debatte im Bundestag Anfang kommenden Jahres.

Sollen Kassen die Tests bezahlen?

Hintergrund ist auch eine Prüfung des Gemeinsamen Bundesausschusses des Gesundheitswesens, in welchen Fällen die gesetzlichen Kassen solche Tests künftig bezahlen könnten. Dessen Vorsitzender Josef Hecken hatte selbst eine ethische Debatte gefordert, weil das Gremium nur eine medizinische Bewertung der Tests vornimmt.

Den Anstoß für die Debatte gaben zehn Parlamentarier von Union, SPD, Grünen, Linken und FDP in einem gemeinsamen Papier. Menschen mit Down-Syndrom würden mit ihrer Sicht auf ihr Leben und diese Tests bisher zu wenig in die Diskussion einbezogen, heißt es darin.

"Trisomie-Test erst der Anfang"

Die Fortschritte der genetischen Diagnose erforderten gesellschaftliche Antworten, wie mit den Erkenntnissen umzugehen sei, sagte der CDU-Abgeordnete Rudolf Henke bei der Vorstellung einer fraktionsübergreifenden Initiative. Die Trisomie-Tests seien nur der Anfang. Aus medizinischer Sicht sei wenig dagegen einzuwenden, sie einzusetzen. Aber es werde weitere Gentests geben, warnte er.

Die Grünen-Abgeordnete Corinna Rüffer sagte, statt durch immer mehr Tests den Anschein zu erwecken, man habe es unter Kontrolle, was für ein Kind man bekomme, gehe es um Wertschätzung von Vielfalt. Dagmar Schmidt von der SPD erklärte, Eltern sollten nie in Gefahr geraten, sich für die Geburt eines Kindes rechtfertigen zu müssen.

Die Linke-Abgeordnete Kathrin Vogler befürchtet, die Kassenzulassung für die Bluttests könnte zum "Türöffner" werden für zahlreiche weitere Tests auf Erbkrankheiten. Man müsse zu einer gesetzlichen Regelung kommen, die die Diskriminierung von behinderten Menschen verhindere. Noch sei eine gesellschaftliche Debatte möglich. "Wir sollten das Zeitfenster nutzen." Der FDP-Abgeordnete Jens Beeck betonte, diese Diskussion solle dann auch in die gesamte Gesellschaft getragen werden.

Grundlegende ethische Frage

Zu den Abgeordneten, die den Vorstoß unterstützen, gehören auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek, die Staatsministerinnen Monika Grütters und Annette Widmann-Mauz, Ex-Unionsfraktionsvorsitzender Volker Kauder sowie Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) begrüßten die Initiative aus der Mitte des Bundestages. "Das Parlament ist der richtige Ort, um über diese grundlegende ethische Frage zu entscheiden", sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz.

Schmidt: Tests nur in Risikofällen

Auch die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt wirbt für eine Debatte. "Wollen wir, dass bei allen schwangeren Frauen ein Bluttest auf Down-Syndrom des Kindes gemacht wird?", fragte die SPD-Abgeordnete, die auch Vorsitzende der Bundesvereinigung Lebenshilfe ist.

Würden die Tests als Reihenuntersuchung eingeführt, "wäre das ein Signal, dass Down-Syndrom vermieden werden sollte". Menschen mit Down-Syndrom würden sich zu Recht abgewertet fühlen. Der Test sollte allenfalls in Risikofällen gemacht werden. Dazu bedürfe es aber umfassender Beratung der Paare durch Ärzte.

Ethikrat zeigt Verständnis für Eltern

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, sprach sich dafür aus, dass die Blutuntersuchung künftig von den Krankenkassen bezahlt wird. Man müsse akzeptieren, dass Eltern Klarheit über den Gesundheitszustand ihre Kindes haben wollten, sagte Dabrock dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Die Bluttests gibt es in Deutschland schon seit 2012. Seitdem lässt sich anhand einer Blutprobe der Schwangeren feststellen, ob das Kind wahrscheinlich mit Down-Syndrom zur Welt kommt. Bis dahin war dies nur über eine Fruchtwasseruntersuchung möglich, bei der ein Risiko für Fehlgeburten besteht. Bislang müssen werdende Eltern den Test selbst bezahlen.

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[betaalpha]

Ich kann es nachvollziehen, dass man als werdende Eltern wissen möchte, was auf einem zukommen könnte. Nur, es ist ein könnte. Es könnte auch anders.
Lebensfreude entwickeln im Prinzip alle Lebewesen, ob mit einer Krankheit/Behinderung oder sozusagen normal. Der betreuende Aufwand ist wohl ein Unterschied.
Was ich sehr schade finden würde, wäre, wenn eine Entscheidung auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Gründen basieren würde. Wenn das Kapital also vor dem Menschen kommt, dann stimmt in meinen Augen etwas nicht mit der Gesellschaft.

[Destiny]

Bei vielen kommen wohl gesellschaftliche Gründe als Hauptpunkt, wenn die Frau abtreibt, sofern das Kind Gefahr läuft mit Trisomie21 oder anderen schweren Behinderungen auf die Welt kommen sollte. Die Gesellschaft grenzt solche Menschen aus. Diese Menschen sind nicht erwünscht. LEIDER!

[Mokgor]

Jedes Leben ist doch lebenswert, egal welche Behinderungen oder Defekte man hat.
Auch wenn Menschen mit Down-Syndrom geboren werden ändert das daran doch nichts. Es ist zwa eine Belastung für die Eltern/Familie aber kein Grund, diesem Menschen das Leben zu verweigern.
Auch bedeutet Down-Syndrom nicht, dass die Betroffenen ein Leben lang auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen sind.
Auch mit Down-Syndrom kann man selbstständig und alleine leben.

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[Nomoran]

Als wir damals vor der Frage standen eine Fruchtwasseruntersuchung durchführen zu lassen, haben uns aber dagegen entschieden, da es durch diese Untersuchung zu einer Früh bzw. Fehlgeburt kommen konnte.

Wenn es heute durch einen Bluttest festgestellt werden kann, ist das doch umso besser für die Eltern.
Sicherlich stellt sich die ethische Frage aber ich könnte mir nicht vorstellen solch ein Kind durch das Leben zu begleiten. Es sollte eine freiwillige Sache sein wo die Eltern für sich entscheiden können ob Test oder kein Test.

[Destiny]

Zitat von Mokgor

Auch mit Down-Syndrom kann man selbstständig und alleine leben.

Ja, kann man, wenn man an der eher leichten Form von Trisomie 21 leidet. Aber es gibt auch die schweren Fälle, wo Pflege quasi ein Leben lang ist bzw. die Menschen, die die schwere Form von Trisomie 21 haben, nicht selbständig leben können. Deshalb will man vorher... aussortieren

[Wornat1959]

Es ist ein sehr schwieriges Thema. Der Schutz des Lebens - ganz egal wie behindert - ist oberstes Gebot. Das sagt mir meine eigene moralische Richtinstanz, mein Gewissen. Dazu brauch ich keine weiteren Gesetze. Wer sind wir denn darüber richten zu wollen, wieviel Lebenfreude solche Menschen in ihrem Leben haben. Ich mag nicht Gott spielen und alleine die Möglichkeit das es so sein könnte reicht hier für mich völlig aus.

Und dennoch ist die Entscheidung überhaupt nicht klar und eindeutig in diesem Fall. Ich hab trotzdem ein grosses innerliches Dilemma.

Hier geht es erstmal um Krankheiten bzw- Behinderungen. Wenn die Mutter, bzw. auch die Eltern als Paar, wirklich mit der Situation nicht klar kommen würden, wäre dem Neugeborenen wohl wenig geholfen, würde es dort aufwachsen. Aber jetzt kommt die entscheidene Frage für mich - kann man es der Mutter zumuten trotzdem das Kind auszutragen um es danach zur Adoption freizugeben oder das Kind in ein entsprechendes ausgestattets Heim zu bringen? Sie wissen jetzt durch so ein dämliches "technisches" Hilfmittel Bescheid, was ihre Situation unter Umständen sehr "negativ verändert".
Ich kann für mich selber diese Frage nur mit ja beantorten. Zumindest dann wenn es das Leben der Mutter nicht gefährdet (vielleicht gibt es weitere Gründe, ich will das nicht ausschliessen). Aber darf ich mein Denken wirklich in so einer extrem tiefgreifenden persönlichen Frage den Eltern (der Mutter) "aufzwingen"? Soll ich die Eltern würden sie sich jetzt gegen das Kind entscheiden danach "verdammen"? Hier kann ich einfach nur zu einem "Nein" kommen. So schwer es mir auch fällt ... es fühlt sich für mich nur "falsch" an.

Das eigentliche Problem ist hier klar der Bluttest - diesen kann ich für normale Schwangerschaften nur ablehnen. Dabei wird (ausser in Risikosituationen für Eltern) nichts gewonnen aber ein Leben "vernichtet". Der gehört in meinen Augen deswegen verboten. Dazu fällt mir nur ein: "Und führe uns nicht in Versuchung ..." - denn genau so ein Mittel ist das für mich.
Warum ist es "wichtig" vorher alles künstlich zu dramatisieren? Die Eltern lernen ihr Kind eventuell nach der Geburt trotzdem noch anzunehmen ohne sich Monate vorher schon "verrückt" zu machen.

Noch grösser wird das Dilemma für mich in dem Fall, der vom Thema hier nicht direkt erfasst wird. Eine Frau wird vergewaltigt und geschwängert, sie hat Hassgefühle auf das Wesen in ihrem Bauch. Kann man so jemandem aufzwingen das Kind zu bekommen?
Ich habe hier selber große Zweifel und stehe auf der Seite der Mutter die als moralische Instanz, vor ihrem eigenen Gewissen das ganze austragen muss. Sicher besteht hier die gleiche Möglichkeit mit Adoption oder Heim, aber hier hatte die Mutter keine Chance der Situation, ihrem eigenen innerlichen Dilemma, auszuweichen. Hier muss sie 9 Monate eine Erinnerung an ihre eigene vor allem tiefe seelische Verletzung mit sich tragen.

Der Staat hat hier klar die richtige Entscheidung getroffen - die Gesetzeslage sagt eindeutig aus das eine Abtreibung dann sogar ohne eine Beratung straffrei bleibt ([ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]).