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Warum aus #NieMehrCDU #NichtMehrEU werden könnte

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Ungelesen 01.03.19, 10:04   #1
kendiman
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Standard Warum aus #NieMehrCDU #NichtMehrEU werden könnte

Zitat:
Warum aus #NieMehrCDU #NichtMehrEU werden könnte

Der Streit um die EU-Urheberrechtsreform ist für viele Europaabgeordnete ein Kampf zwischen der europäischen Kultur und den "barbarischen" IT-Konzernen aus den USA. Viele junge Menschen können das nicht nachvollziehen und sehen ihre Interessen und ihre eigene Kultur völlig ignoriert.



Selbst internetaffine Europaabgeordnete können in der hitzigen Debatte um Uploadfilter und Leistungsschutzrecht noch überrascht werden. "Ok. Wait. What? Ihr habt meine Rede zu Artikel13, Artikel11, Uploadfilter, MobGate und Artikel13Demo 637.000-mal angeschaut? Das ist verrückt. Danke für euren Support, bots!", twitterte der SPD-Politiker Tiemo Wölken am vergangenen Samstag hoch erfreut. Dass seine fünfminütige Rede im EU-Rechtsausschuss inzwischen fast 800.000-mal angeklickt wurde, macht deutlich, wie stark die Youtuber-Szene bei diesem Thema mobilisieren kann. Würde das Europaparlament Ende März der Reform endgültig zustimmen, könnte das die etablierten Parteien bei den Europawahlen im Mai vor allem bei jungen Wählern viele Stimmen kosten. Ein wahrer Kulturkampf ist entbrannt.

Doch nicht nur Wölkens Rede aus der Ausschusssitzung ist sehenswert. Die anderthalbstündige Debatte (Video ab 10:54) zeigte beispielhaft, warum die Verständigung zwischen den Positionen so schwierig ist und Kompromisse kaum zu finden sind. Der Graben verläuft nicht nur zwischen den sogenannten Digital Natives wie Julia Reda von den Piraten und den Internetausdruckern wie Axel Voss von der CDU. Vor allem die französischen Abgeordneten wollen das Urheberrecht dazu nutzen, um die europäische Kultur gegen eine Übermacht der US-IT-Konzerne zu verteidigen. Der französische Front-National-Politiker Gilles Lebreton sprach von einem "Titanenkampf" zwischen den europäischen Urhebern und den GAFA, wie die US-Konzerne kurz genannt werden.

Die barbarischen IT-Konzerne

Doch er hat auch liberale und sozialistische Abgeordnete aus Frankreich auf seiner Seite. Die Franzosen verhalten sich derzeit wie Asterix und Obelix, die ihre gallische Kultur gegen die Invasoren verteidigen müssen. Nur dass die Feinde dieses Mal aus Übersee kommen und nicht SPQR in ihrem Banner stehen haben, sondern GAFA. "Das sind Barbaren", sagte der liberale Abgeordnete Jean-Marie Cavada, "sie verdienen ihr Geld mit Kinderpornografie, Kriminalität und dem Leugnen von Völkermord". Minutenlang wettert er gegen die Gratiskultur im Netz, die man den Jugendlichen wieder abgewöhnen müsse. Jede Kritik an der Reform interpretieren die Franzosen als Verrat an der europäischen Kultur.

Schon die Verwendung des Schlagwortes GAFA zeigt das Unverständnis vieler Abgeordneter beim Thema Internet. Denn die vier Buchstaben stehen für die Firmen Google, Apple, Facebook und Amazon. Doch welche der Unternehmen sind eigentlich von der Urheberrechtsreform betroffen? Apple sicher am wenigsten. Zumal das Unternehmen mit dem Start von iTunes die Musikindustrie nach dem Napster-Schock wieder gerettet hat. Amazon ist als Onlinemarktplatz explizit von den Haftungsbestimmungen des Artikel 13 ausgenommen.

Womit verdienen Google und Facebook ihr Geld?

Bleiben also die "digitalen Gangster" von Facebook und Google. Vor allem von Googles Firmentochter Youtube erhoffen sich Kreative eine höhere Beteiligung an den Einnahmen. Die Suchmaschine selbst soll über das Leistungsschutzrecht die Medien finanzieren. Doch es spricht leider nicht für Verfechter der Urheberrechtsreform, wenn sie stattdessen den Kulturkampf ausrufen und die Auffassung vertreten, die Geschäftsmodelle aller US-Konzerne saugten die europäischen Urheber aus und machten die Presse kaputt. Was stört es europäische Künstler, wenn Amazon mehr Geld mit seinen Clouddiensten verdient und Apple mehr iPhones verkauft?

Hinzu kommt: Einer Studie der EU-Kommission zufolge beschränken sich die Einnahmeverluste durch Urheberrechtsverletzungen vor allem auf Blockbuster-Filme. Aber kommen diese Filme nicht meistens aus den bösen USA? Doch selbst die Motion Picture Association (MPA), die die großen Filmstudios vertritt, ist inzwischen gegen die Reform.

Hinter den Vorwürfen an die bösen GAFA steckt ein weiteres Missverständnis. Anders als von den Verfechtern von Uploadfiltern und Leistungsschutzrecht behauptet, verdienen Google und Facebook ihr Geld nicht mit den Inhalten von Künstlern, sondern mit dem Verkauf personalisierter Werbung auf der Basis von Nutzerdaten. Der IT-Journalist Torsten Kleinz formulierte das Problem wie folgt: "Die Urheberrechts-Lobbyisten sagen: Da Google, Facebook und Co. von Informationen leben, kommen sie ohne unsere Infos nicht aus. Wir sitzen am längeren Hebel. Wie bei Amazon und New York City stellt sich heraus: nein." Die Einnahmen von Google sind laut Kleinz nicht so hoch, "weil sie so perfekt die besten journalistischen Produkte integriert haben, sondern weil Leute nach Bluetooth-Kopfhörern googeln und Kopfhörerhersteller die Gelegenheit ergreifen, dort zu annoncieren". Eine Pauschalabgabe für Online-Plattformen würde dieses Geschäftsmodell eher widerspiegeln als ein Lizenzierungszwang mit Uploadfilterpflicht.

Die Hybris der EU-Institutionen

Vor allem den Medien könnte es mehr helfen, wenn es Google und Facebook erschwert würde, mit ihren vielen unlauteren Methoden die Nutzer immer besser auszuforschen. Der datengetriebene Überwachungskapitalismus sollte gerade nach Ansicht der internetaffinen Nutzer viel stärker reguliert werden. Jedoch nicht mit Hilfe des Urheberrechts, sondern mit einem konsequent angewandten Datenschutz und Wettbewerbsrecht. Zudem sollten die Steuerschlupflöcher für die GAFA geschlossen werden. Doch viele Medien stören sich am exzessiven Nutzertracking gar nicht und befürchten eher, dass sie selbst durch die E-Privacy-Verordnung im Vergleich zu Google und Facebook ins Hintertreffen geraten.

Was die Debatte ebenfalls erschwert, ist die Hybris der EU-Institutionen, ein Gesetz formulieren zu können, dass a) nur die großen reichen Konzerne betrifft, b) keine Nachteile für die europäische IT-Wirtschaft hat und c) sich technisch und rechtlich überhaupt umsetzen lässt. Der SPD-Abgeordnete Wölken kritisierte in seiner vielgesehenen Rede: "Wir sagen hier immer, die jungen Leute lassen sich von Google instrumentalisieren. Aber Google will doch Uploadfilter, weil sie die Technik haben und sie verkaufen können." Genauso zielführend wäre es, wenn in den USA die strengen Tempolimits auf den Highways aufgehoben würden, um die US-Autoindustrie vor der deutschen Konkurrenz zu schützen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber warnte daher vor einem Oligopol weniger Anbieter wie Google oder Facebook, wenn die Uploadfilter tatsächlich beschlossen werden sollten.

Keine fehlerhaften Algorithmen, bitte

Ebenso wie beim Leistungsschutzrecht in Deutschland könnten daher die neuen Regelungen dazu führen, dass erstens nur Google davon profitiert, zweitens keine zusätzlichen Einnahmen für die Urheber und Verwerter generiert werden und drittens kleine europäische Anbieter ihr Angebot einschränken. Ganz abgesehen davon, dass selbst Youtube nicht in der Lage sein wird, mit seinen Filtern zulässige Nutzungen von geschütztem Material zu erkennen. Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn Youtube zusätzliche Lizenzen mit dem Geld bezahlen würde, das sie europäischen Anbietern für schlecht funktionierende Uploadfilter abknöpfen. Der Medienanwalt Christian Solmecke hat am Beispiel seiner Bilddatenbank Piqs.de sehr anschaulich erläutert, wie praxisfern die Pläne zu Artikel 13 sind. Er müsste sein Angebot schlicht dichtmachen, lautet sein Resümee.

Beispielhaft für die Ignoranz der Urheberrechtslobbyisten dazu ist ein Tweet der Verwertungsgesellschaft Gema, in dem es heißt: "Künstliche Intelligenz kann heute Gesichter erkennen, Vorlieben herausfiltern und sogar selbstständig einparken. Da sollte es ein leichtes sein, zwischen Original und Parodie zu unterscheiden." Oder die Antwort des CDU-Abgeordneten Joachim Pfeiffer auf Abgeordnetenwatch.de: "Wir erwarten von den Plattformen dabei allerdings auch, dass sie eben gerade keine fehleranfälligen Algorithmen einsetzen, sondern Software einsetzen, die zielgerichtet und präzise nur diesen Auftrag erfüllen."

Voss will keine Meinungsfreiheit garantieren

Genauso sinnvoll wäre es, per Gesetz den Einsatz autonomer Autos vorzuschreiben, obwohl die Technik noch gar nicht ausgereift ist. Doch hier werden billigend Eingriffe in die Meinungsfreiheit in Kauf genommen, um Rechtsverstöße schon vor ihrer Entstehung zu unterbinden. Ein Vorgehen, dass man sonst eher von totalitären Staaten gewöhnt ist. Axel Voss sagte dazu dem Handelsblatt lapidar: "Ich kann nicht dafür garantieren, dass die Maßnahmen, die Plattformen ergreifen um ihrer Haftung gerecht zu werden, hundertprozentig arbeiten und deshalb die Meinungsfreiheit auch mal eingegrenzt wird."

Zu guter Letzt wissen junge Internetnutzer im Gegensatz zu dem meisten Abgeordneten auch, dass sie urheberrechtlich geschützte Inhalte nicht bei Youtube, sondern auf Tauschbörsen oder bei illegalen Streaminganbietern finden. Doch die Nutzung illegaler Angebote oder Filesharing-Dienste, die zuletzt wieder zugenommen hat, wird von der Urheberrechtsreform gar nicht erfasst.

Starke Provokation für viele Internetnutzer

Kein Wunder, dass viele Internetnutzer die Argumente der Urheberrechtslobbyisten nicht überzeugend finden. Das eigentliche Problem: Sie nutzen das Internet im Gegensatz zu den meisten Abgeordneten intensiver und anders. Für sie stellt es wirklich eine Einschränkung dar, wenn Youtube viele Kanäle schließen würde oder ihre Inhalte beim Hochladen dem Uploadfilter zum Opfer fallen würden. Auch das Teilen von Artikeln, was durch das Leistungsschutzrecht stark eingeschränkt werden könnte, ist völlig normal.

Es ist daher eine starke Provokation für viele Internetnutzer gewesen, diese Kritik an den Plänen als Instrumentalisierung durch Google oder sogar als reine Bot-Aktion darzustellen. Letzteres zeigt vor allem das fehlende Verständnis für Protestformen im Netz. So beklagte der polnische Abgeordnete Tadeusz Zwiefka im Rechtsausschuss, dass er E-Mails mit identischem Inhalt bekommen habe. Das ist nicht verwunderlich, denn die Kampagne Saveyourinternet.eu stellt auf ihrer Seite vorbereitete Textbausteine zur Verfügung. Der CDU-Europaabgeordnete Sven Schulze witterte eine Google-Kampagne, weil viele Absender von Protestschreiben eine Gmail-Adresse hatten.

Parallelen zum Brexit-Referendum?

Noch deplatzierter war das Vorgehen der EU-Kommission, die in einem Blogbeitrag die Reformkritiker als "Mob" bezeichnete. Dabei schreckte die Kommission nicht davor zurück, Parallelen zum britischen Brexit-Referendum und anderen Wahlen zu ziehen, in denen "einfache einprägsame Slogans - egal wie unwahr oder unerfüllbar - dazu beitragen können, Herz, Verstand und Wähler zu gewinnen".

Eine Parallele zum Brexit gibt es in der Tat. Die Befürworter des EU-Austritts gehörten vor allem der Generation der über 50-Jährigen an, wie die genannten EU-Abgeordneten Voss (55), Cavada (79), Zwiefka (64) und Lebreton (60). Die Gegner der Urheberrechtsreform aus dem Rechtsausschuss wie Reda (32), Wölken (33) oder der Schwede Max Andersson (45) sind hingegen deutlich jünger. Auch die jungen Briten fühlten sich deutlich stärker mit Europa verbunden und lehnten den Brexit mehrheitlich ab.

Schlechter Eindruck von EU-Institutionen

Die jungen Internetnutzer, die über die Urheberrechtsreform möglicherweise erstmals mit dem komplexen EU-Gesetzgebungsverfahren konfrontiert werden, erhalten dabei einen desaströsen Eindruck von den politischen Institutionen: Von der EU-Kommission werden sie als "Mob" beschimpft und von etlichen Abgeordneten als Bots und verführte Jugendliche bezeichnet. Sie stellen fest, dass selbst Verhandlungsführer Voss nicht einmal grundlegende Elemente der Reform verstanden hat. Das Europaparlament wirbt inzwischen mit falschen Behauptungen für die Inhalte der Reform, obwohl noch gar nicht darüber abgestimmt wurde.

Auf nationaler Ebene müssen sie registrieren, dass quer durch alle Parteien die Netzpolitiker die Pläne ablehnen, die Bundesregierung aber trotz anderslautenden Koalitionsvertrags auf EU-Ebene die Uploadfilter durchgewunken hat. Der schwedische Europaabgeordnete Andersson, der sich selbst als eurospektisch bezeichnet, bedankte sich daher im Rechtsausschuss ironisch bei Voss "für all seine harte Arbeit, mit der er der Welt und der Jugend der EU gezeigt hat, dass die EU demokratisch dysfunktional, arrogant und im Griff der Unternehmen ist. Danke, sie erledigen meinen Job."

Europawahlen als Drohkulisse

Auch viele Medien fallen als kritisches Korrektiv aus, weil sie trotz schlechter Erfahrungen in Deutschland auf Einnahmen durch ein europäisches Leistungsschutzrecht spekulieren und mit Artikel 12 einen Anspruch auf den Verlegeranteil der VG Wort zurückbekommen wollen, den sie durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs im April 2016 verloren haben. Selbst ihre Journalisten müssten sie nicht unbedingt an Einnahmen aus dem Leistungsschutzrecht beteiligen, so es diese jemals geben sollte, wenn sie vorher Total-Buyout-Verträge abgeschlossen haben.

Doch die Empörung im Netz würde die Parteien vermutlich nicht stören, wenn im kommenden Mai nicht die Europawahlen anstünden. "Ihr werdet euch noch wünschen, die Mails wären alle von Bots gekommen. (...) Die Quittung gibt's bei der Wahl", twitterte Reda. Anders als beim Brexit-Referendum, wo nur jeder Dritte zwischen 18 und 24 Jahren überhaupt wählen ging, könnte die Uploadfilter-Debatte durchaus viele junge Menschen motivieren, am 26. Mai 2019 ihren Protest auch an der Wahlurne auszudrücken. Zwar dürfte es nicht viele Wähler geben, die eine Partei wegen des Urheberrechts wählen, doch in diesem Jahr könnte es sein, dass mehrere Parteien wegen des Urheberrechts nicht gewählt werden.

CDU ärgert sich über #NieMehrCDU

Den Ärger der Internetnutzer könnten Union, SPD, FDP und Grüne zu spüren bekommen. Denn deren Europaabgeordnete hatten im vergangenen September vollständig (CDU/CSU), mehrheitlich (SPD) oder zumindest teilweise für Leistungsschutzrecht und Uploadfilter gestimmt (FDP, Grüne) (siehe Übersicht). Die Hashtags #NiewiederCDU oder #NieMehrCDU machen daher deutlich, welcher Partei vor allem die Pläne zu verdanken sind. Nicht ohne Resonanz: "Wenn dich CDU-Mitglieder per Email auffordern den Hashtag #NieMehrCDU unterm Video zu löschen, dann weiß man, man hätte ihn viel eher verwenden sollen. Daher #NieMehrCDU liebe CDU!", twitterte der Youtuber HerrNewstime, der sich derzeit besonders stark gegen die Reform engagiert. Selbst Florian Noell, Vorsitzender des deutschen Startup-Verbandes, schrieb auf Twitter: "Dass ich CDU-Mitglied bin, ist bekannt. Aber wusstet ihr schon, dass ich die CDU bei der Europawahl nicht wählen werde?"

Allerdings wollen die Unionsabgeordneten im Europaparlament bislang keinen Fußbreit nachgeben. Im Gegenteil. Nun wird behauptet: "Wir schaffen erstmals Rechtssicherheit für private User. Bisher können sie fürs Hochladen geschützter Werke abgemahnt werden, hierfür müssen dann die Plattformen geradestehen." Wer böswillig ist, könnte darin einen Aufruf an die Nutzer verstehen, ohne Rücksicht auf Konsequenzen geschütztes Material hochzuladen. Falls die Plattform zufällig keine Lizenz dafür hätte, müsste sie eben Abmahngebühren und Schadenersatz zahlen. Man könnte aber auch mit Julia Reda antworten: "Das ist übrigens glatt gelogen: Wenn eine Plattform keine Lizenz erworben hat, können nach Artikel13 Plattform UND User verklagt werden. Der User ist keineswegs von der Haftung befreit!"

Barley als Spitzenkandidatin

Doch nicht nur die Union, auch SPD, Grüne und FDP könnten den Ärger an der Wahlurne zu spüren bekommen. Trotz engagierter Gegner wie Tiemo Wölken gaben die Sozialdemokraten in der Debatte bislang keine gute Figur ab. Bundesjustizministerin Katarina Barley äußerte zwar mehrfach Bedenken und ließ sich sichtlich beeindruckt fast fünf Millionen Unterschriften gegen die Reform überreichen, stimmte am Ende aber zu, obwohl sie eine Zustimmung im EU-Ministerrat hätte problemlos verweigern können. Doch ausgerechnet Barley ist in diesem Jahr Spitzenkandidatin der SPD bei den Europawahlen. Juso-Chef Kevin Kühnert will daher Ende März einen Parteikonvent über das Thema abstimmen lassen.

Etwas vertrackt ist auch die Situation bei den Grünen. Deren Abgeordnete Helga Trüpel trommelt neben Voss mit am stärksten für die Reform und wird bis zur finalen Abstimmung Ende März sicher nicht ihre Meinung ändern. Zwar zeigt sie sich in der Debatte nach Ansicht des IT-Rechtsexperten Ulf Buermeyer "erschreckend ahnungslos", doch bei vielen Nutzern bleibt der Eindruck haften, dass auch die Grünen für Uploadfilter und Leistungsschutzrecht sind.

Trüpel ärgert die Grünen

Das Ärgerliche für die Grünen dabei: Trüpel tritt bei den Wahlen im Mai gar nicht mehr an. Die Auswirkungen der Abstimmung auf das Wahlergebnis können sie daher nicht treffen. Das gilt auch für die Abgeordneten Michael Cramer und Rebecca Harms, die im September ebenfalls für die Reform gestimmt hatten. Ihre Meinung geändert haben inzwischen Reinhard Bütikofer und der Agrarexperte Martin Häusling.

Beide treten im Mai auf einem aussichtsreichen Listenplatz wieder an und wollen nun gegen Uploadfilter stimmen. Dies entspricht zudem der Position des Europawahlprogramms (PDF). Darin fordern die Grünen neue Vergütungsmodelle, die eine "einfache und legale Onlinenutzung von geschützten Werken ermöglichen, wie zum Beispiel eine Pauschalabgabe für Onlineplattformen, die Inhalte kuratieren".

Lindner mischt sich ein

Bei der FDP hatten mit Nadja Hirsch und Gesine Meißner zwei von drei Abgeordneten gegen die Urheberrechtsreform gestimmt, wobei Meißner ihr Votum nachträglich korrigiert hatte. Nun hat sich auch Parteichef Christian Lindner in die Debatte eingeschaltet. "Als Verfechter der Meinungsfreiheit sind wir klar gegen Uploadfilter!", twitterte er am Mittwoch. Die Abgeordneten Wolf Klinz und Gesine Meißner treten im Mai nicht mehr an. Das Abstimmungsverhalten von Klinz ist derzeit offen.

Je nach Ausgang der Abstimmung Ende März könnte es aber passieren, dass sich der Frust der Internetnutzer nicht gegen die genannten Parteien, sondern allgemein gegen die EU entlädt. Aus dem Hashtag #NieMehrCDU könnte ein Hashtag #NichtMehrEU werden. Profitieren könnte davon in Deutschland beispielsweise eine Partei wie die AfD, die sogar einen Austritt Deutschlands aus der EU ins Spiel gebracht hat. Sollte das eintreten, hätten die französischen Abgeordneten und die Abgeordneten von CDU/CSU der europäischen Sache wirklich einen Bärendienst erwiesen und den Job der Euroskeptiker erledigt.

Protest auf die Straße tragen

Doch dazu muss es nicht kommen. Schließlich stellen die Abgeordneten aus Frankreich und diejenigen der Union nur 108 der 751 Parlamentarier aus 28 Staaten. Zudem können die Wähler genauer hinsehen und einer proeuropäischen Partei die Stimme geben, die mit großer Mehrheit oder einhellig die Pläne abgelehnt hat. Vielleicht fühlen sich viele Nutzer sogar motiviert, sich generell für Europapolitik mehr zu interessieren und sich dauerhaft für ihre Belange zu engagieren.

Zunächst könnten aber Proteste auf der Straße wie am kommenden Samstag in Berlin oder am 23. März 2019 in ganz Deutschland zeigen, dass hinter der Kritik nicht nur Bots oder instrumentalisierte Kinder stehen. Zehn- oder Hunderttausende Menschen auf der Straße könnten dem ein oder anderen Politiker durchaus zu denken geben. Vielleicht erhält dann sogar mal ein Abgeordneter der Union Hunderttausende Klicks auf Youtube für seine Rede.
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