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Historische Vergleiche: Leben wir in einer "DDR 2.0"?

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Ungelesen 02.08.19, 23:52   #1
BLACKY74
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Standard Historische Vergleiche: Leben wir in einer "DDR 2.0"?

Zitat:

"Es fühlt sich schon wieder so an wie 1989" - das meint beispielsweise AfD-Spitzenpolitiker Höcke. Rechte Publizisten warnen vor einer neuen Diktatur. Sind die heutigen Verhältnisse tatsächlich mit der DDR vergleichbar?

Von Patrick Gensing und Konstantin Kumpfmüller, ARD-faktenfinder


"Es fühlt sich schon wieder so an wie in der DDR", verkündet AfD-Spitzenpolitiker Björn Höcke bei einer Wahlkampfrede. Dafür "haben wir nicht die friedliche Revolution gemacht", sagt Höcke, der aus Westfalen stammt, am Rhein zur Schule ging, in Hessen studierte und dort als Lehrer gearbeitet hat. Eine neue DDR wollten "wir" nicht erleben, so Höcke.

Zitat:

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"Neue Wende" als zentrales Wahlkampfthema


Von "wir" redet beim Wahlkampfauftakt der AfD in Cottbus auch Andreas Kalbitz, der ebenfalls aus dem Westen kommt und seit 2017 Landesvorsitzender der Partei in Brandenburg ist: "Wir sind nicht 1989 in diesen Prozess eingetreten und die Menschen sind nicht auf die Straße gegangen, um das geliefert zu bekommen, was wir jetzt hier erdulden müssen."

Kalbitz' Brandenburger AfD hat die "neue Wende" zum zentralen Wahlkampfthema erkoren. Eine eigene Kampagnenseite wirbt mit "Werde Bürgerrechtler" für Stimmen für die AfD. Auf der Seite heißt es: "Es gibt weder eine Gleichheit der Lebensverhältnisse in West und Ost noch wirkliche Meinungsfreiheit. Wer heute "anders" denkt, wird genauso unterdrückt, wie es einst die Stasi tat."

Auch die Thüringer AfD wirbt für die Landtagswahl mit "Vollende die Wende" und "Wende 2.0". Sachsens Landeschef Jörg Urban sagte im Bezug auf die Nichtzulassung eines Teiles der AfD-Listenkandidaten: "Während man in der DDR noch dreist die Wahlergebnisse fälschte, sorgt man jetzt schon im Vorfeld dafür, dass der Wählerwille nicht umgesetzt werden kann."


Unter der Parole "Vollende die Wende" läuft ein Countdown bis zur Landtagswahl in Brandenburg am 01.09.2019.

Die AfD als "Neues Forum"?


AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen sprach anlässlich der Überprüfung von Verfassungsschutz-Mitarbeitern von "Stasi-Methoden". Alexander Gauland bezeichnete andere Parteien als "Blockparteien" und "Nationale Front".

In seiner Eröffnungsrede des AfD-Parteitags in Augsburg 2018 fühlte sich Gauland "an die letzten Monate der DDR erinnert" - eine Zeit, die er als Chef der hessischen Staatskanzlei erlebte. Er wolle die SED-Diktatur keineswegs bagatellisieren. Vergleichen sei aber nicht gleichsetzen und so fuhr er fort: "Wie damals besteht das Regime aus einer kleinen Gruppe von Parteifunktionären, einer Art Politbüro, und wieder steht ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Blockparteifunktionären, Journalisten, TV-Moderatoren, Kirchenfunktionären, Künstlern, Lehrern, Professoren, Kabarettisten und anderen Engagierten hinter der Staatsführung und bekämpft die Opposition."

Die Rolle seiner Partei in dieser Analogie definiert Gauland so: "Die einzige Oppositionspartei AfD ist sozusagen das aktuelle Neue Forum."


Deutliche Unterschiede


Der Deutung der Bundesrepublik als einer "neuen DDR" müsse widersprochen werden, findet der Historiker Patrice Poutrus von der Universität Erfurt. Dort forscht er aktuell zu Erinnerungen an die Alltags- und Herrschaftswirklichkeit in der SED-Diktatur.

Die gegenwärtigen ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Lebensumstände seien deutlich verschieden zu denen im SED-Staat, [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. So hatten Wahlen in der DDR eine völlig andere Funktion als heute. "Die Entscheidung über die Ausübung der Macht, durch die Staatspartei SED, war getroffen und sollte nie zur Disposition gestellt werden."

Zitat:

Wendebilanz
"Wir sind keine Verlierer"

30 Jahre nach dem Mauerfall hängt der Osten Deutschlands wirtschaftlich immer noch dem Westen hinterher. | [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
Wahlen in der DDR hätten der Mobilisierung zugunsten des SED-Staates gedient. Wer ihnen demonstrativ fernblieb, musste mit drakonischen Maßnahmen rechnen, erklärt Poutrus. "Bei allen Mängeln und Widersprüchen, die das Wahlsystem in der Bundesrepublik aufweist, wer diesen deutlichen Unterschied nicht erkennen mag, muss sich fragen lassen, ob sie oder er letztlich nicht doch selbst ein Wahlsystem präferiert, dass dem des SED-Staates ähnlich wäre."

Stasi nicht an Verfassung gebunden


Auch einer Gleichsetzung des Verfassungsschutzes mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) widerspricht der Historiker. Das MfS sei - im Gegensatz zum Verfassungsschutz - nicht an eine festgeschriebene Verfassung und deren Grundsätze gebunden gewesen. Weder musste es sich öffentlicher Kritik aussetzen noch parlamentarischen Gremien gegenüber berichten.

Zitat:

Unvergessenes Unrecht

Die Stasi-Unterlagenbehörde soll mit dem Bundesarchiv zusammengeführt werden. Viele Opfer und ihre Kinder kämpfen noch um Rehabilitierung. Für sie geht es um viel. | [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
"Dass AfD-Kader aber in dieser Weise gegen vorhandene Regularien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung polemisieren und zugleich sich auch nicht am Normenkatalog des Grundgesetzes, insbesondere Artikel 1 GG, messen lassen wollen, zeigt nach meiner Meinung, wie weit das Personal dieser Partei von einer Anerkennung der Verfassungsordnung der Bundesrepublik entfernt ist und wie wenig ihre Politik auf eine Sicherung beziehungsweise den Ausbau demokratischer Verhältnisse ausgerichtet ist."


"Billige Propagandalüge"


Ilko-Sascha Kowalczuk sieht in den DDR-Vergleichen der AfD gezielte geschichtspolitische Verzerrungen. Kowalczuk ist Historiker und Projektleiter in der Abteilung Bildung und Forschung beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Dem ARD-faktenfinder sagte er: "Das politische Parteisystem der DDR mit dem in der Bundesrepublik auf eine Stufe zu stellen, ist weder historisch noch politisch ansatzweise angemessen. Es ist eine billige Propagandalüge."

Auf eine solche Idee kämen wahrscheinlich nur Menschen, die entweder nicht in der SED-Diktatur lebten - wie Höcke, Gauland oder andere Führungskräfte der AfD - oder Personen, die in der DDR lebten und diese weder damals noch heute als Diktatur anerkannten, so Kowalczuk: "Die grundlegenden Menschenrechte waren in der DDR keine Realität, die Revolution von 1989 hat sie zu dieser werden lassen. In der Bundesrepublik werden sie garantiert, deshalb kann übrigens unter anderem auch die AfD politisch agieren."


DDR-Bürger auf dem Gelände der westdeutschen Botschaft in Prag.


Eine Frau geht an der Ruine des "VEB Lehrmittel" im sächsischen Meissen vorbei.

Die AfD-Geschichtspolitik bezüglich des SED-Staates sei eine Verharmlosung auch dieser Diktatur. Zielstrebig benutze die AfD symbolische Begriffe der Revolution von 1989, "um genau das zu untergraben beziehungsweise perspektivisch abbauen beziehungsweise vernichten zu wollen, wofür die Revolution von 1989 und die Bürgerrechtler von 1989 stehen und angetreten waren: Die Errichtung einer Offenen Gesellschaft".

Zitat:

Video
Jahresrückblick 1989 - DDR-Jubiläum von Protesten begleitet

13.11.2010 | [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
Quelle:[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

Zitat:

DDR-Vergleiche
"Gleichsetzung ist Bauernfängerei"

Der Berliner Historiker Patrice Poutrus weist die Behauptung zurück, die heutigen Verhältnisse seien ähnlich wie die in der DDR. Gleichsetzungen seien Bauernfängerei, so Poutrus im Interview.

ARD-faktenfinder: Inwieweit ähneln die derzeitigen Verhältnisse denen in der DDR, wo gibt es Unterschiede?

Patrice Poutrus: Die gegenwärtigen Verhältnisse in Ostdeutschland sind deutlich verschieden zu denen im SED-Staat. Dies gilt für die politische Ordnung der Bundesrepublik, aber ebenso und wenn nicht noch viel spürbarer für die ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Lebensumstände hierzulande. Diese rasanten Veränderungen haben viele Ostdeutsche als Zumutung und Überforderung empfunden und nicht wenige hegen deshalb einen Groll gegen die aktuellen Verhältnisse. Das trübt offenbar das Urteil über die untergegangene DDR und die Gründe für diesen Untergang, der ja maßgeblich von den Ostdeutschen herbeigeführt wurde. Das ermöglicht paradoxerweise zugleich eine krude Romantisierung der tatsächlichen Verhältnisse im SED-Staat.

Es geht also auch hier nicht um einen auf Fakten beruhenden systematischen Vergleich mit überwundenen Verhältnissen, sondern um eine willkürliche - gefühlte - Bezugnahme auf eine Geschichte, die es in der Vergangenheit so nicht gab. Die von namhaften AfD-Kadern aufgestellte Behauptung, wir würden heute in einer Diktatur leben, dient meiner Meinung nach der Legitimierung der antidemokratischen Ziele dieser Leute - und dieser Behauptung muss deshalb deutlich widersprochen werden.

Zitat:

Zur Person
Patrice Poutrus ist Historiker und lehrt an der Uni Erfurt. Er forscht zur DDR-Geschichte, Flucht und Vertreibung sowie Migration.
ARD-faktenfinder: Lassen sich die Wahlen in der DDR mit denen in der Bundesrepublik vergleichen?

Poutrus: Grundsätzlich kann eigentlich alles miteinander verglichen werden, wenn nicht eine willkürliche Gleichsetzung betrieben wird. Wenn also tatsächlich verglichen wird, dann werden die Unterschiede des Wahlsystems und Bedeutung von Wahlen im politischen System der DDR gegenüber der Bundesrepublik schnell deutlich. In der DDR gab es zwar regelmäßig Wahlen, diese dienten aber der nicht Entscheidung über die legitime und begrenzte Machtausübung für den Wahlsieger. Was auch bedeutete, dass es keine konkurrierenden Parteien und Kandidaten gab und geben sollte. Die Entscheidung über die Ausübung der Macht, durch die Staatspartei SED, war getroffen und sollte nie zur Disposition gestellt werden.


Die Kommunalwahl im Mai 1989 war ein Auslöser der friedlichen Revolution: Die Bürgerrechtsbewegung nutzt sie, um auf die fehlende Wahlfreiheit aufmerksam zu machen. Viele nannten das Wählen "Zettelfalten", denn zur Wahl stand eine Einheitsliste.

Dennoch waren die Wahlen nicht ohne Funktion in diesem System. Sie dienten der plebiszitären Mobilisierung "des Volkes" zugunsten des SED-Staates. Anhänger und Mitläufer demonstrierten so regelmäßig ihre Loyalität gegenüber dem SED-Staat. Skeptiker und Gegner dieses Systems wurden beispielsweise durch das demonstrative Fernbleiben von der Abstimmung erkennbar und mussten mit drakonischen Maßnahmen rechnen.

"Bauernfängerei"


ARD-faktenfinder: Sehen Sie Ähnlichkeiten beim Vorgehen der Stasi und der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD oder beim Vorgehen gegen Hatespeech?

Poutrus: Bei aller persönlichen Skepsis gegenüber den Zielen und Methoden des Verfassungsschutzes und vor allem der tatsächlichen Verfassungstreue mancher seiner Mitarbeiter, ist diese Gleichsetzung von VS und MfS/Stasi schlicht irreführend bzw. Bauernfängerei. Das MfS war in seiner Zielsetzung, seiner Zusammensetzung und seinen Methoden nicht an eine festgeschriebene Verfassung und deren Grundsätze gebunden und musste sich weder öffentlicher Kritik aussetzen, noch war es parlamentarischen Gremien gegenüber berichtspflichtig.

Dass AfD-Kader aber in dieser Weise gegen vorhandene Regularien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung polemisieren und zugleich sich auch nicht am Normenkatalog des Grundgesetzes, insbesondere Artikel 1, messen lassen wollen, zeigt nach meiner Meinung, wie weit das Personal dieser Partei von einer Anerkennung der Verfassungsordnung der Bundesrepublik entfernt ist - und wie wenig ihre Politik auf eine Sicherung bzw. den Ausbau demokratischer Verhältnisse ausgerichtet ist. Vielmehr steht zu erwarten, dass diese Behauptungen dazu dienen werden, gegenüber politischen Gegnern - Stichwort Volksverräter - so vorzugehen, wie es das MfS tat. Das Argument wäre dann aber: Das machen doch alle so.

ARD-faktenfinder:
Verschiedene AfD-Politiker verorten sich in der Tradition von DDR-Bürgerrechtlern - zurecht?


Tausende von Demonstranten versammeln sich am 13. November 1989 auf dem Karl-Marx-Platz in Leipzig zu einer friedlichen Demonstration.

Poutrus: Die DDR-Bürgerrechtler waren vor 1989 sicher keine einheitliche Gruppierung und nach meiner Wahrnehmung liegen die gegenwärtigen politischen Positionen dieser wesentlichen Akteure in der friedlichen Revolution heute auch nicht näher beieinander. Das finde ich nicht weiter verwunderlich und deshalb wäre aber genau zu fragen, auf wen und welche Aussagen hier von der AfD Bezug genommen werden soll und auch wann das war.

Umgekehrt vertritt die AfD in ihrer Programmatik und in den öffentlichen Stellungnahmen ihres Personals oft genug Positionen, die mit autoritärem Staatsverständnis und national-chauvinistischer Interessenpolitik bezeichnet werden können. Die daraus abgeleiteten Forderungen nach einem auszubauenden Überwachungs- und Polizeistaat und der Verfolgung von politischen Gegnern - wieder Stichwort Volksfeinde -, ethnische Homogenität des Staatsvolkes bzw. Aberkennung von Bürger- und Menschenrechten für vermeintlich Gemeinschaftsfremde, können gut und gerne als die Idee von einer DDR 2.0 angesehen werden. Dass einige ehemalige DDR-Bürgerrechtlerinnen und -Bürgrechtler dies zumindest für legitim halten, finde ich tragisch.

Das Interview führte Patrick Gensing, tagesschau.de.
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Die folgenden 4 Mitglieder haben sich bei BLACKY74 bedankt:
MunichEast (03.08.19), pauli8 (03.08.19), Uwe Farz (03.08.19), Wornat1959 (03.08.19)
 


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