Willkommen |
|
|
myGully |
|
|
Links |
|
|
Forum |
|
|
|
|
 |
29.01.19, 16:58
|
#1
|
|
Silent Running
Registriert seit: Feb 2010
Beiträge: 7.121
Bedankt: 22.395
|
Ein Plädoyer für die faule Frau
Zitat:
Ein Plädoyer für die faule Frau
Für die häusliche Harmonie sollen Frauen verantwortlich sein – der von Marie Kondo ausgelöste Aufräum-Hype passt dazu. Unsere Kolumnistin fordert einen Gegentrend: die faule Frau.
Mareice Kaiser

Eine Feindin des Patriarchats mit grauer Strickjacke in ihrer natürlichen Umgebung. Illustration: Elif Kücük / ze.tt
29. Januar 2019
Rachel ist Mutter von zwei Kindern und überfordert von der Hausarbeit. „Ich bin zu chaotisch“, seufzt sie selbstkritisch in die Kamera der Netflix-Serie Aufräumen mit Marie Kondo. In der nächsten Kameraeinstellung rechtfertigt sie sich vor ihrem Mann Kevin dafür, eine Haushaltshilfe für die Wäsche engagiert zu haben. Kevin ist der Meinung, Rachel würde das auch alleine schaffen. Warum sie das alleine schaffen soll, wird nicht thematisiert. Warum sie das überhaupt alles schaffen muss, auch nicht. Ich kenne keine Studie, aus der hervorgeht, dass aus Kindern schlechte Erwachsene werden, wenn sie nicht in einem minimalistisch aufgeräumten Elternhaus aufgewachsen sind.
Marie Kondo klingelt an der Tür von Rachel und Kevin. Akkurat gekleidet und perfekt geschminkt strahlt sie die Eltern und ihre zwei Kinder an. Sie ist gekommen, um sie zu retten. Vor allem, um Rachel zu retten. Und, um ihr zu zeigen: Du schaffst das. Während sie ihre Tricks für ein aufgeräumtes Haus verrät, performt sie ein Lächeln, das mir schon vom Zuschauen Wangenkrämpfe macht. Dass diese Frau über Legosteine stolpert, kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Marie Kondo erzählt, wie sie ihre Kinder in die Aufräumarbeiten einbezieht. Alles scheint ganz leicht.
Zurück zur überforderten Rachel. Sie möchte endlich in die Schablone der perfekten Frau und Mutter passen. Haushalt und die Kinder im Griff, gut aussehend und dabei total entspannt. Klar, ihr Mann hilft nach der Arbeit auch gern mal. Aber offenbar liegt es an Rachel, ob sie dem Bild einer perfekten Familie entsprechen oder nicht. Ich schaue mir das eine Folge lang an und fühle mich zurückversetzt in die 1950er Jahre. Fehlt nur noch eine geblümte Schürze für Rachel. Am Ende lächeln alle, Marie Kondo streicht ihren ohnehin faltenlosen Rock glatt und geht. Aufgeräumte Bude gleich glückliches Familienleben, das ist die Gleichung, die Marie Kondo mit ihrem Lächeln besiegelt.
„Irgendein Ziel muss man haben und ansteuern – der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?“ fragt die Autorin Elke Heidenreich, und ich möchte ihr vom Sofa eines mittelmäßig aufgeräumten Wohnzimmer zurufen: Ja, genau! Am Ende unseres Lebens werden wir vermutlich nicht sagen: Ach, hätte ich doch mal ein bisschen mehr aufgeräumt. Ich habe auch noch nie von Kindern gehört, die am Sterbebett ihrer Eltern vorwurfsvoll seufzen: Ach Mutti, es war immer so chaotisch bei uns.
Faulsein ist wunderschön
Stattdessen habe ich heute morgen das Geschirr auf dem Frühstückstisch stehen lassen, neben den unbeantworteten Briefen der vergangenen Woche. Mein Kind und ich haben uns an die Hände genommen, sind die Treppe heruntergehüpft und haben „Faulsein ist wunderschön / denn die Arbeit hat noch Zeit / Wenn die Sonne scheint / und die Blumen blühen / ist die Welt so schön und weit“ gesungen. Ja, okay, ein paar Zeilen weiter wird das Pipi Langstrumpf-Lied dann auch problematisch. Denn natürlich backt die Mutter den Kuchen. Könnte man vielleicht noch ein bisschen anpassen, die Strophe. Aber das Lied ist ein Anfang, und ich bin froh, dass mein Kind es mit Inbrunst singt.
"Statt der strahlenden, fleißigen, für Harmonie sorgenden Frau wird es Zeit für einen Gegentrend: Die faule Frau.
Von Leistungsdruck, Schönheitsidealen und Perfektionswahn sind wir überall umgeben. Marie Kondo ist die logische Schlussfolgerung für unser Zuhause: Eine Frau, die so strahlt wie ihr weißes Jäckchen. Ich habe keine Lust auf Strahlen und auch nicht auf ein weißes Jäckchen. Stattdessen möchte ich mit grauer Strickjacke und ungewaschenen Haaren auf dem Sofa abhängen, in einem Wohnzimmer, das aussieht wie ein Wohnzimmer, in dem Menschen leben. In einer Wohnung, der man ansehen darf, dass dort ein Kind zu Hause ist.
Statt der strahlenden, fleißigen, für Harmonie sorgenden Frau wird es Zeit für einen Gegentrend: Die faule Frau. Denn faule Frauen sind die Feindinnen des Patriarchats.
Bereits 2015 appellierte Katrin Gottschalk, mittlerweile Chefredakteurin der taz: „Seid faul, Frauen!“ und führte als Beispiel den isländischen Frauenstreik an, bei dem am 24. Oktober 1975 die isländischen Frauen ihre Erwerbs- und Care-Arbeit niederlegten. „Das Telefonnetz des Landes brach zusammen, Schulen blieben geschlossen, Hemden ungebügelt.“
"Faule Frauen sind die Feindinnen des Patriarchats.
Vier Jahre später hatte Island die erste weibliche Präsidentin. Und auch heute ist das Land Vorreiterin in Sachen Gleichberechtigung. In diesem Jahr soll auch in Deutschland gestreikt werden. Ein Bündnis von Organisationen und Einzelpersonen ruft zum Streik am 8. März, dem Internationalen Frauentag, nach isländischem Beispiel auf: „Wenn wir die Arbeit niederlegen, steht die Welt still“, heißt es auf der Webseite. Der Streik in Island hat bewiesen, dass ein Tag etwas bewegen kann. Wichtiger finde ich allerdings, dass Faulsein Einzug in den Alltag von Frauen hält.
Weniger weiße Jäckchen, mehr Strickjacken. Das Geschirr einfach mal stehen lassen, das Kinderzimmer Chaos sein lassen. Nicht jeden Kuchen für Kita- und Geburtstagsfeste selbst backen – außer, es sparkt joy. Den Vibrator bedienen statt die Waschmaschine. Einfach mal auf dem Sofa liegen, Nichtstun. Mal zehn Minuten länger im Bett kuscheln und zu spät kommen. Gütig sein mit sich selbst. Es muss ja nicht unbedingt gleich die ganze Welt zusammenbrechen (nur das Patriarchat). Aber ein Nein darf unser eigener Perfektionismus ruhig ab und zu mal hören (natürlich nur von uns selbst).
Vielleicht verändern sich dann auch unsere Komplimente. Kein „Oh, wow, hier ist es ja aufgeräumt“ mehr, sondern „Oh, schön, hier sieht es nach Leben aus.“ Oder: „Gemütliche Strickjacke.“
Mareice Kaiser

Journalistin, (Buch-)Autorin, Redakteurin, Kolumnistin. Beobachterin: Wolken und Menschen. Mag Musik, Blumen, Empathie und Empörung. Schreibt über Inklusion, Gerechtigkeit, Familie und Politik.
Erreichbar per E-Mail unter [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], via Twitter unter@mareicares und bei Instagram unter mareicares.
|
Quelle:
[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
|
|
|
|
Die folgenden 2 Mitglieder haben sich bei pauli8 bedankt:
|
|
29.01.19, 17:47
|
#2
|
|
Banned
Registriert seit: Aug 2017
Beiträge: 123
Bedankt: 219
|
Frauen können ruhig mal faul sein, ebenso wie Männer. Wieso aber vieles, was Frauen laut der Mehrheit feministischer Kolumnisten "tun sollten", immer als Kampf gegen das ach so böse und unterdrückende Patriarchat hervorgestellt wird, erschließt sich mir nicht.
|
|
|
29.01.19, 18:05
|
#3
|
|
Chuck Norris sein Vater
Registriert seit: Apr 2009
Beiträge: 5.023
Bedankt: 12.654
|
Moin,
von mir aus kann Frau Kaiser bei sich das Geschirr stehen lassen. In der gewonnenen Zeit kann sie auch gerne faul sein. Oder sie kann sich überlegen wie blöde und einer Journalistin unwürdig der Satz "Nicht jeden Kuchen für Kita- und Geburtstagsfeste selbst backen – außer, es sparkt joy." ist.
Wenn sie meint das sie mit dem vermüllen ihrer Bude das Patriarchat (was immer sie dafür hält) zum Einsturz bringt. Nur zu. Wenn es ihr guttut sei es ihr gegönnt. Es schadet ja niemandem.
__________________
Wenn Kik den Preis pro Shirt um einen Euro erhöht um seinen Mitarbeitern ein besseres Gehalt zu zahlen, dann finden wir das alle gut.
Und dann gehen wir zu Takko einkaufen ...
|
|
|
|
Folgendes Mitglied bedankte sich bei Melvin van Horne:
|
|
29.01.19, 19:45
|
#4
|
|
Silent Running
Registriert seit: Feb 2010
Beiträge: 7.121
Bedankt: 22.395
|
Es ist eigentlich schade, dass man im "Schnellschuss" Mareice Kaiser beurteilt, ohne wenigstens ein paar Informationen über sie im Net einzuholen.
Da würde ihr Buch auffallen "ALLES INKLUSIVE" - "Aus dem Leben mit meiner behinderten Tochter"
[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
Zitat:
»96 Prozent aller Kinder kommen gesund zur Welt. Meine Tochter gehört zu den anderen vier Prozent.« Ein Buch, das mitnimmt – in einen außergewöhnlichen Familienalltag.
Elternwerden hatte sich Mareice Kaiser anders vorgestellt: Ihre erste Tochter kommt durch einen seltenen Chromosomenfehler mehrfach behindert zur Welt. Das Wochenbett verbringen sie im Krankenhaus, statt zur Krabbelgruppe gehen sie zum Kinderarzt.
Mareice Kaiser erzählt von der Unplanbarkeit des Lebens, vom Alltag zwischen Krankenhaus und Kita, von ungewollten Rechtfertigungen, dummen Sprüchen, stereotypen Rollenverteilungen, bürokratischem Irrsinn und schwierigen Gewissensfragen.
Es ist die Geschichte einer jungen Mutter, die mehr sein will als die Pflegekraft für ihre behinderte Tochter. »Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der mein Kind die Kita verlassen muss, weil es zu behindert ist.
Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der ich dankbar dafür sein muss, wenn jemand mein Kind betreut, weil ich arbeiten möchte. Ich möchte nicht immer auf Glück angewiesen sein.
Wie soll sich was verändern, wenn niemand kämpft?«
Fragen, die uns alle angehen.
|
Zitat:
|
>Alles inklusive< ist das erste Buch der Berliner Autorin. Ein wichtiger, moderner und kämpferischer Beitrag zu den aktuellen Debatten um Inklusion, Pränataldiagnostik und Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter besonderen Bedingungen – und die Liebeserklärung einer Mutter an ihre Tochter.
|
Pressestimmen zu dem Buch: (auch im obigen Link)
Zitat:
»Trotzdem ist ›Alles inklusive‹ eine Ode an das unplanbare Leben – persönliche Liebeserklärung und politische Streitschrift gleichermaßen.«
Christine Tragler, Der Standard, 19.01.2017
»Mareice Kaisers Buch ist zweifellos wichtig und gesellschaftsrelevant, weil es über Behinderungen und behindernde Gesellschaften berichtet.«
Pinkstinks, 16.11.2016
»Ein poetisches, ein krasses, ein wichtiges [Buch].«
Nido, 18.11.2016
»[…] Mareice Kaiser bloggte über ihr Leben mit zwei Kindern mit und ohne Behinderung. Ihr erstes Buch erzählt davon auf ebenso berührende wie politische Weise.«
Missy Magazine, 18.11.2016
»Das Buch zu lesen ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle [...]. Dieses Buch hinterlässt einen guten Eindruck.«
Funkhaus Europa, 24.11.2016
»es ist wahrlich alles drin in diesem Buch. An Emotionen. An Stimmungen. An Leben.«
Isabell Wohlfahrt, Berliner Zeitung, 02.12.2016
»Ein Nachdenk-Buch auch für Nicht-Eltern, das anregt über Werte nachzudenken. […] Es ist aber auch ein schönes Buch, weil es von Fürsorge und Liebe erzählt.«
Yvonne Holl, Vorwärts, 21.12.2016
»Es ist nicht nur ein lebensbejahendes, trauriges, sondern auch ein politisches Buch.«
Stuttgarter Zeitung, 11.03.2017
|
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das Geschirr und eine peinliche Ordnung in der Wohnung dann eher nebensächlich sind.
.
Man sollte also nicht unbedingt von der eigenen Situation ausgehen und der Vorstellung wie eine Wohnung auszusehen hat.
|
|
|
|
Die folgenden 2 Mitglieder haben sich bei pauli8 bedankt:
|
|
29.01.19, 23:54
|
#5
|
|
Chuck Norris sein Vater
Registriert seit: Apr 2009
Beiträge: 5.023
Bedankt: 12.654
|
Moin,
Journalisten die meiner Meinung diese Berufsbezeichnung halbwegs verdienen schreiben keine derart sprachverstümmelnden Sätze wie den oben zitierten.
Journalisten die meiner Meinung diese Berufsbezeichnung halbwegs verdienen sind in der Lage sich in ihren Artikeln und Kolumnen so auszudrücken das man sie versteht. Und zwar ohne große Recherche über ihre Lebens-, Wohn-, Finanz-, und Familienverhältnisse über von ihr erlittene Schicksalsschläge und was weiss ich noch alles einzuholen. Und auch ohne erst ihre sämtlichen anderen Publikationen zu lesen.
Wenn ich die Kolumne blöde finde, dann ändert sich das nicht, wenn sie davor hundert Bücher geschrieben hat die mich begeistern.
Natürlich gehe ich von der eigenen Situation aus wenn ich beurteile wie meine Wohnung auszusehen hat. Wovon denn sonst? Soll ich hier alles vermüllen weil Frau Keiser das für sich als richtig empfindet? Sehe ich aus wie eine Wetterfahne? So, wie Bap das in "Wellenreiter" beschreibt? "“Wie ein Wetterfähnchen drehst du dich im Wind, woher der grad weht ist dir egal, die Hauptsach ist es ist der neueste Wind…”
Und warum soll ich nur die Ratschläge von Frau Keiser befolgen. Speziell die Sache mit dem Vibrator hat für mich nur begrenzten Reiz.
Es gibt ja noch mehr Leute die mir erklären wie ich leben soll. Sucht man bei Amazon nach "Ratgeber Lebenshilfe" gibt es mehr als 70.000 Ergebnissen oder Vorschläge. Hoffentlich erwartet niemand das ich die alle befolge.
Und zum guten Schluss soll Frau Keiser noch einen Tipp aus meiner Singlezeit bekommen.
__________________
Wenn Kik den Preis pro Shirt um einen Euro erhöht um seinen Mitarbeitern ein besseres Gehalt zu zahlen, dann finden wir das alle gut.
Und dann gehen wir zu Takko einkaufen ...
|
|
|
Forumregeln
|
Du kannst keine neue Themen eröffnen
Du kannst keine Antworten verfassen
Du kannst keine Anhänge posten
Du kannst nicht deine Beiträge editieren
HTML-Code ist Aus.
|
|
|
Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 12:08 Uhr.
().
|