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Melvin van Horne 13.04.14 16:36

Moin,

Bj. 1966.

In meiner Schule hat einer keine Jugendweihe bekommen weil er sich geweigert hat der DSF beizutreten. Der war FDJ ler und alles. Aber DSF ging ihm gegen den Strich. Und so war er draussen. Bis zum letzten Tag stand das Angebot. Eine Unterschrift und Du bist dabei.

Er hat sich gedacht "Was soll der Geiz? Feier gibt es, Kohle gibt es, Geschenke gibt es. Alles was ich einbüsse ist "Der Sozialismus, Deine Welt" und der Auftritt in blöden Klamotten im Theater.

Der "Zwang" war nicht in Stein gemeißelt. Es gab auch viele Fälle die die Voraussetzungen eigentlich nicht erfüllten und trotzdem ihr Ziel erreichen konnten. Aber es gab diesen subtilen Druck.

So stand in der Zulassungsordnung der Satz das "neben dem Nachweis der Hochschulreife eine "aktive Mitwirkung an der Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft und die Bereitschaft zur aktiven Verteidigung des Sozialismus" beim Bewerber vorhanden sein müssen". Was das im einzelnen bedeutet war reine Auslegungssache. Man kann den Teil "Bereitschaft zur aktiven Verteidigung des Sozialismus" interpretieren als "Muss drei Jahre dienen" oder als "alles ausser Totalverweigerer".

An dieser Stelle kam bei mir damals etwas was viele Bürger der ehemaligen DDR kennen dürften. Die Macht der kleinen Funktionäre. Mein "Kaderleiter" hat das klipp und klar gesagt. "Nach all den Problemen die es beim Wehrkreiskommando gab, ist eine mindestens zweijährige aktive SED Mitgliedschaft Voraussetzung für eine Delegierung zum Studium". Nach der Wende habe ich den Akten entnommen das das seine eigene Entscheidung war. Die Fachschule hätte mich sofort genommen. Denen war das Wurst.

Der erste Anlauf zum Studium war im Wehrkreiskommando steckengeblieben. Damals kamen in der DDR Computer in immer mehr Betriebe. Informatiker wurden händeringend gesucht. Ich hatte damals einen ZX 81 zu hause und konnte etwas, was man mit gutem Willen "Programmieren" nennen konnte. So war ich der Einäugige unter den blinden.
Ich sollte also dann doch eine Ausbildung (Fernstudium) bekommen. Alle anderen Voraussetzungen waren vorhanden. Alle Schritte des Ausbildungsplans waren festgelegt und zum Teil schon abgearbeitet. Selbst das Wehrkreiskommando hatte zugesagt das ich im August (nach nicht einmal 18 Monaten) entlassen werden könne um im September studieren zu können. Es fehlte nur noch eine (seine) Unterschrift auf dem Delegierungsbogen und die Sache wäre losgegangen. Und weil er mich erst in der Partei und dann im Hörsaal sehen wollte hat er nicht unterschrieben. Ende der Veranstaltung.

Ich kann also behaupten das ich nicht studieren konnte weil ich nicht in die Partei eingetreten bin. Aber war das eine Massnahme des Staates? Immerhin hat sich der Kaderleiter als ein Vertreter des Staates gesehen. Oder war das nur die Furzidee eines Funktionärsarschlochs? War das eine "politische Massnahme" oder konnte der mich einfach nicht leiden? Ich weiss es nicht.


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