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Gruppe "NWO": Internet-Trolle "wollen Menschen kaputtmachen"

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Ungelesen 18.04.24, 08:21   #1
ziesell
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Standard Gruppe "NWO": Internet-Trolle "wollen Menschen kaputtmachen"

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Gruppe "NWO": Internet-Trolle "wollen Menschen kaputtmachen"

Eine Gruppe von Internet-Trollen begeht seit Jahren organisiert Angriffe auf Live-Streamer - mit falschen Notrufen. Das belegen Recherchen von Kontraste und Spiegel. Ein Datensatz zeigt: Die Gruppe "NWO" macht auch Jagd auf Politiker.



Die Warnung geht per Funk ein. Als die Rundfahrt durch den Hamburger Hafen endet, wartet auf Lola bereits ein Großaufgebot der Polizei. "Es ist natürlich ein komisches Gefühl, wenn man an eine Wand gestellt wird und um einen herum 20 bis 30 Polizisten", sagt Lola im Interview mit dem ARD-Politikmagazin Kontraste und dem Spiegel. Unter dem Namen "quiteLola" streamt die 31-Jährige aus ihrem Alltag. Mehr als 100.000 Follower hat sie auf der Plattform Twitch.

Lola hat keinen Messerangriff auf den Schiffsführer geplant, wie ein Unbekannter es der Polizei an jenem Tag gemeldet haben soll. Sie wurde "geswattet" - so nennt man es, wenn Polizei und auch Feuerwehr durch falsche Notrufe absichtlich zu Unschuldigen geschickt werden. Die Täter melden ein Gasleck, eine Messerstecherei oder eine Bombe. Das Phänomen stammt aus den USA und leitet sich von den Swat-Teams ab, schwer bewaffneten Polizeieinheiten. In den USA sind durch sogenannte Swattings bereits mehrere Menschen gestorben.

75.000 interne Chatnachrichten

Eine gemeinsame Recherche von Kontraste und Spiegel zeigt nun, dass hinter den Angriffen in Deutschland ein System steckt. Seit Jahren organisiert eine Gruppierung aus Internet-Trollen derartige Swattings. Sie nennt sich "NWO" (New World Order).

Ein riesiger Datensatz ermöglicht nun erstmals einen Einblick in ihr Innerstes. Insgesamt liegen den Redaktionen mehr als 75.000 interne Chatnachrichten sowie Tonaufnahmen von Gesprächen aus unterschiedlichen Quellen und einem Zeitraum von rund sechs Jahren vor.

Angriffe auf zahlreiche Politiker

Im September 2023 wurde bekannt, dass per Notruf zahlreiche Vorfälle bei Landespolitikerinnen und Politikern gemeldet worden waren. Eine Kontraste und dem Spiegel vorliegende Tonaufzeichnung deutet darauf hin, dass die "NWO" für die Serie verantwortlich ist. Darin planen zwei Personen die Angriffe, zudem sprechen sie über Listen, die sie erstellt haben wollen.

Zwei Dateien mit Namen "LTRLP.txt" und "LTNS.txt" enthalten Namen und auch Privatanschriften von insgesamt 77 Personen. Fast alle gehören aktuellen oder ehemaligen Landtagsabgeordneten aus Niedersachsen und Rheinland-Pfalz an. Zehn der stichprobenartig Angefragten bestätigen, damals geswattet worden zu sein.

Unter den Betroffenen ist auch die rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Lisa-Marie Jeckel (Freie Wähler). Sie habe die Situation als "beängstigend" empfunden, sagt sie im Interview. Polizei- und Feuerwehrwagen seien vor ihrem Haus in einem Dorf im Taunus vorgefahren.

"Es ist wie eine Art Treibjagd"

Seit Jahren kommt es in Deutschland zu solchen Einsätzen, die Fälle scheinen zuzunehmen. Die Angreifer setzen die Polizei als Waffe ein. Die Täter wollten Menschen regelrecht kaputtmachen, sagt die Cyberpsychologin Catarina Katzer. Ziel sei es, selbst Kontrolle und Macht auszuüben. "Es ist eigentlich wie eine Art Treibjagd oder eine Spirale. Es wird immer schlimmer und immer schlimmer und gibt kein Halten mehr." Die Betroffenen könnten dadurch Traumata entwickeln.

Das "Institut für Sicherheit und Datenanalyse im Streaming" (ISDS) hat seit Februar 2022 laut eigenen Angaben 1.048 Streamer auf Twitch gezählt, die im Visier der "NWO" gelandet seien. Das ISDS setzt sich gegen sogenannte "Hateraids" ein, auf Deutsch "Hassangriffe". 132 Twitch-Streamer seien im untersuchten Zeitraum von Swattings betroffen gewesen, teilweise mehrfach. Dazu kommt die Dunkelziffer.

Drei bis vier Angriffe pro Woche - über Jahre

Die Täter sitzen vor dem Bildschirm und versuchen live zuzuschauen, wie die Polizei eintrifft. "Das ist ja nichts anderes, als würde man jetzt den Fernseher anschalten und 'Auf Streife' schauen“, sagt ein junger Mann, der selbst der "NWO" angehörte.

Erstmals gibt der Insider ein Interview über die Aktivitäten der Gruppierung. Vor der Kamera versteckt er sich hinter Schal und Sonnenbrille, aus Angst vor seinen ehemaligen Mitstreitern und vor Strafverfolgung. Sein Name und auch ein Teil seiner Taten sind den Redaktionen bekannt.

Er habe drei oder vier Swatting-Versuche begangen - pro Woche und über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren. "Man hat Spaß daran, wenn die Leute sauer auf einen sind, aber man nicht schnappbar ist. Nicht fassbar. Das ist ja nichts anderes, als würde man jetzt den Fernseher anschalten, auf 'RTLZWEI' 'Auf Streife' schauen. Das ist genau das Gleiche, nur das man diesen Extrabonus hat, das man steuern kann", sagt er.

Datenabfragen im Fahndungssystem der Polizei

Wie die Täter der "NWO" im Einzelnen an die Adressen gekommen sind, ist unbekannt. Dem Insider zufolge greifen sie auch indirekt auf das polizeiliche Fahndungssystem POLAS zu. Dazu riefen sie mit gefälschter Telefonnummer bei einer Polizeidienststelle an und gäben sich als Kollegen aus. Ihre Ausrede: Sie könnten selbst gerade nicht auf die Daten zugreifen, benötigten sie aber dringend.

Kontraste und Spiegel liegen mehrere Tonaufnahmen vor, in denen "NWO"-Mitglieder behaupten, POLAS-Daten abgefragt zu haben. In einem Fall hatte ein Angreifer gar seinen Anruf bei einem Polizeirevier im Schwarzwald aufgezeichnet. "N'Abend, Oskar Schöttle hier", meldet er sich, und behauptet, er sei ein Kollege aus Potsdam, der die Identität einer Frau feststellen müsse. Der Beamte zeigt sich hilfsbereit und nennt ihm anstandslos die Adresse und diverse Vorstrafen des Opfers.

Das zuständige Polizeipräsidium bestätigt auf Anfrage eine "unzulässige Datenübermittlung". Telefonische Anfragen würden grundsätzlich nur im Rahmen eines Rückrufs nach Prüfung der Erreichbarkeit der angefragten Stelle beantwortet. Diese Sicherheitsvorgabe sei im genannten Fall jedoch nicht befolgt worden. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Gruppe steckt offenbar hinter Bombendrohungen

Auch für die Serie von Bombendrohungen im Oktober und November, die sich vor allem gegen öffentliche Einrichtungen wie Schulen richtete, sind Angehörige der "NWO" laut Recherchen von Kontraste und Spiegel offenbar verantwortlich.

Zwei Tatverdächtige, 19 und 30 Jahre alt, hat die Polizei gefasst, ein dritter ist noch immer nicht identifiziert. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe ordnet ihnen 33 Verfahren zu. Sie ermittelt wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten.

Man müsse es kritisch sehen, dass diese Gruppierung noch nicht überführt werden konnte, sagt der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler. Wenn Ermittlungsergebnisse zeigten, dass eine Gruppierung zur längerfristigen Verabredung von Straftaten zusammenarbeite, "dann spricht alles erst mal für einen Anfangsverdacht einer kriminellen Vereinigung".

Eine solche Einstufung würde Sicherheitsbehörden umfangreichere Möglichkeiten verschaffen, gegen die Gruppierung zu ermitteln. Im Hinblick auf Swattings kann es Fiedler zufolge zudem sinnvoll sein, "einen spezialisierten Paragraphen oder eine Änderung eines bestehenden Paragraphen in die Waagschale zu werfen".


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