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Ungelesen 10.05.21, 13:22   #1
Uwe Farz
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Standard Wissenschaft ist keine Demokratie

Zitat:
Mai Thi Nguyen-Kim: "Wissenschaft ist keine Demokratie"

Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim ist im Netz viel Hass ausgesetzt. Im Gespräch sagt sie, was gegen Verschwörungstheoretiker und Fake News hilft.


Interview: Linda Tutmann

Diese Woche hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Woche der Meinungsfreiheit ausgerufen – um auf die Rechte der Presse Aufmerksam zu machen. Mit Sorgen werden die jüngsten Entwicklungen in Deutschland beobachtet. Durch die Pandemie hat sich die Situation deutlich verschärft: Journalistinnen und Journalisten sind immer wieder starken Anfeindungen ausgesetzt – oft im Rahmen von Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen. Dies führte dazu, dass das Netzwerk Reporter ohne Grenzen Deutschland in seinem Pressefreiheitsranking herabstufte.

Die Wissenschaftsjournalistin und Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim gehört gerade bei der jungen Zielgruppe zu den erfolgreichsten Journalistinnen in Deutschland: Ihren YouTube-Kanal maiLab haben 1,28 Millionen Userinnen und User abonniert, letztes Jahr wurde sie vom "Medium Magazin" zur Journalistin des Jahres gewählt und mit dem Grimme Online-Award ausgezeichnet. Im März erschien ihr neustes Buch: "Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit: Wahr, falsch, plausibel – die größten Streitfragen wissenschaftlich geprüft". Bei maiLab geht sie in kurzen Videos wissenschaftlichen Phänomenen und Mythen nach oder beantwortet Fragen wie: Wie gefährlich ist AstraZeneca oder wie schädlich ist Süßstoff? Auch sie wird immer wieder von Verschwörungstheoretikern bedroht. Was die Zukunft der Presse angeht, ist die Journalistin aber grundsätzlich optimistisch. Vor der App TikTok müssten sich die traditionellen Medien jedenfalls nicht fürchten, sagt sie.

ZEIT ONLINE: Reporter ohne Grenzen hat Deutschland vor kurzem innerhalb des Pressefreiheitsrankings herabgestuft – von Platz elf auf Platz 13. Die Lage beschreibt die Organisation nur noch als "zufriedenstellend". Überrascht Sie das?

Mai Thi Nguyen-Kim: Nein, nicht wirklich. Aber es macht mich wütend und traurig. Diejenigen, die von unterdrückter Medienfreiheit und Manipulation faseln, sind die, die dann Journalistinnen und Journalisten bedrohen.

ZEIT ONLINE: Haben Sie das selbst erlebt?

Mai Thi Nguyen-Kim: Im Netz kursieren die verrücktesten Theorien über mich: Ich wäre die persönliche Einflüsterin von Angela Merkel. Oder ich wäre von Bill Gates bezahlt oder ich würde persönlich vom Impfstoff profitieren. Die Anonymität im Internet schützt die Angreifer. Letztendlich ist es schwierig einzuschätzen, wie groß die Bedrohung tatsächlich ist. Ich möchte hier keine Details erzählen, nur so viel: Ich gehe nirgendwo mehr hin, ohne persönliche Security.

ZEIT ONLINE: Sind Sie als Frau mit Migrationshintergrund noch mal mehr im Fokus?

Mai Thi Nguyen-Kim: Natürlich steckt in einigen Kommentaren etwas rassistisches oder sexistisches. Tatsächlich scheint es da meist besonders zu stören, dass ich eine Frau bin, weniger der Migrationshintergrund. Mein Eindruck: Von einer Frau wollen sich manche Männer nichts erklären lassen. Schon gar keine Naturwissenschaften.

ZEIT ONLINE: Was kann man tun, um die Pressefreiheit zu schützen?

Mai Thi Nguyen-Kim: Wir müssten eigentlich schon in der Schule lernen, wie bestimmte mediale Mechanismen funktionieren. Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, kann ich mich nicht erinnern, dass wir etwas zur Presse- oder Meinungsfreiheit gelernt hätten.

ZEIT ONLINE: Sie waren selbst vor zwei Wochen – im Rahmen der Aktion "Journalismus macht Schule" –, in einer 10. Klasse und haben mit den Schülerinnen und Schülern über ihre Arbeit gesprochen. Was hat Sie bei dem Treffen mit den Jugendlichen besonders beeindruckt?

Mai Thi Nguyen-Kim: Wie offen und differenziert sie auf Themen wie beispielsweise Rassismus oder Sexismus schauen. Als Schülerin habe ich mich vor allem für Naturwissenschaften interessiert, dann vielleicht noch für die nächste Party oder irgendeinen Jungen. Das Internet eröffnet Jugendlichen Welten – man sollte sie nicht unterschätzen.

ZEIT ONLINE: In einer Studie der dpa und der Hamburger Behörde für Kultur und Medien gaben über die Hälfte der Jugendlichen an, es nicht für wichtig halten, sich über traditionelle Medien zu informieren. Ist das auch Ihr Eindruck?

Mai Thi Nguyen-Kim: Ich denke ja. Es wird immer weniger gelesen. Auch deshalb bin ich froh, dass ich mit meinen Videos bei YouTube bin – auch um diese Jugendlichen zu erreichen.

ZEIT ONLINE: Wie erklären Sie sich diese Verschiebung?

Mai Thi Nguyen-Kim: Ich kann nur vermuten, dass es komfortabler ist, sich von einem Video berieseln zu lassen. Der große Vorteil bewegter Bilder ist auch, dass man in diesen Formaten leichten Humor und Unterhaltung mit Wissensvermittlung verbinden kann. Mir liegt das und ich glaube, es spricht die Jugendlichen an – und darauf kommt es ja an.

ZEIT ONLINE: Es ist also nicht alles schlechter?

Mai Thi Nguyen-Kim: Nein! Man darf nicht vergessen: Früher haben sich die Jugendlichen ja auch unterhalten lassen: Ich habe viel MTV geschaut – dort gab es nur Musikvideos. Abends saß man dann vielleicht noch vor der Tagesschau. Heute gucken sich Jugendliche vielleicht lustige Wettbewerbe auf YouTube an und danach noch ein Video von mir. Wissensvermittlung und Unterhaltung findet auf einer Plattform statt. Wenn wir unsere Kommentare auswerten, hören wir oft, dass jemand nur zufällig bei uns gelandet ist – und eigentlich kein Wissensvideo gesucht hatte. So hat er aber unseren Kanal kennengelernt und kommt hoffentlich wieder. Gleichzeitig ist diese Offenheit des Netzes natürlich auch gefährlich, weil viele Falschinformationen kursieren.

ZEIT ONLINE: Was brauchen Jugendliche, um diese Inhalte einordnen zu können – wie kann man ihre Medienkompetenz erhöhen?

Mai Thi Nguyen-Kim: Zum einen sollte man die Grundlagen der Erkenntnistheorie verstanden haben.

ZEIT ONLINE: Können Sie ein Beispiel nennen?

Mai Thi Nguyen-Kim: Meine liebste Denkfalle ist die Annahme, dass alles Natürliche gesünder und milder wäre als etwas Chemisches, Synthetisches. Außerdem sollte man erkennen können, wann bestimmte Argumente stark verkürzt werden und wann jemand vielleicht kein Interesse an einer echten Diskussion hat.

ZEIT ONLINE: Was wäre sonst noch wichtig?

Mai Thi Nguyen-Kim: Allgemeinbildung! Ich kann das besonders bei den Naturwissenschaften sagen – hier ist sie katastrophal. Je mehr man googeln kann, desto mehr muss man wissen. Gerade Verschwörungstheoretiker sind extrem kreativ, ihre Theorie mit falschen Fakten zu untermauern, dass ein Laie womöglich denkt: Wow, so gut hat mir das noch nie jemand erklärt. Es gibt ja tatsächlich Menschen, die nicht an den Treibhauseffekt glauben, dabei ist das reine Grundlagenphysik. Da brauchen wir mehr Basiswissen, um solchen Theorien und Annahmen sofort etwas entgegenhalten zu können.

ZEIT ONLINE: In der Studie der dpa und der Hamburger Behörde für Kultur und Medien gaben die Schülerinnen und Schüler an, dass ihnen bei den journalistischen Nachrichten oft der Bezug zu ihrem Alltag fehlt. Müssen auch wir Journalistinnen und Journalisten uns einen Vorwurf machen – dass wir die Jugendlichen nicht gut genug ansprechen?

Mai Thi Nguyen-Kim: Ich glaube, der traditionelle Journalismus hat ein Arroganzproblem – sie setzen für viele ihrer Inhalte und auch für ihre Sprache eine gewisse Bildung voraus, von der sich viele Jugendliche nicht abgeholt fühlen. Ein Beispiel ist Rezo. Auch bei der Diskussion um ihn schwingt immer eine gewisse akademische Arroganz mit. Wenn Rezo "worken" sagt in seinem Video statt arbeiten, dann erreicht er damit seine Zielgruppe – und das zählt. Die beste Sprache ist die, die ankommt. Über die neuen Medien wird bei den traditionellen öfter mal die Nase gerümpft, aber man sollte sich zumindest der Diskussion stellen: Was bedeutet Journalismus in der Zukunft?

ZEIT ONLINE: Heißt das: Irgendwann sind wir nur noch bei TikTok – und verabschieden uns von der Zeitung?

Mai Thi Nguyen-Kim: Nein, das glaube ich nicht. Es wird eben nicht mehr nur Radio, Fernsehen und Zeitung geben, alles wird sich stärker ausdifferenzieren. Trotzdem hat geschriebene Information nochmal andere Stärken als ein Video.

ZEIT ONLINE: TikTok-Formate sind oft nur 60 Sekunden lang, mal ehrlich: Da lässt sich doch kein komplexer Sachverhalt erklären wie beispielsweise das Infektionsschutzgesetz oder das Ehegattensplitting.

Mai Thi Nguyen-Kim: Nein, natürlich nicht. Ich stelle mir Wissenschaftsvermittlung wie eine Zwiebel vor: Innen, im Kern, sind die wissenschaftlichen Studien, die Originale, die nur für eine kleine Auswahl zugänglich sind. TikTok ist eine äußere Schicht der Zwiebel: Das Format ist sehr oberflächlich, aber es erreicht dafür sehr viele – und es führt die Nutzer an eine Thematik heran. Es ist total gut, dass es auch Wissenschaftlerinnen auf TikTok gibt. Jede Zwiebelschicht hat ihre Berechtigung.

ZEIT ONLINE: Sie erklären in Ihren Videos ziemlich beeindruckend sehr komplexe Sachverhalte: Hatten Sie irgendwann einmal das Gefühl: Das Thema können wir nicht machen, das ist zu kompliziert? Oder auch: Dass Sie nach der Sendung gesagt haben, da sind wir zu weit gegangen, das hat nicht funktioniert.

Mai Thi Nguyen-Kim: Wir haben natürlich bei manchen Recherchen gemerkt, dass wir selber kein klares Fazit ziehen können, zum Beispiel bei dem Thema Antidepressiva. Aber natürlich können wir über das Thema dann ein maiLab-Video machen – und erklären, warum zum Beispiel die Studienlage nicht eindeutig ist. Heute wird das ja leider ausgespielt – als wäre Wissenschaft verhandelbar. Aber Wissenschaft ist keine Demokratie. Das einzige, was zählt, ist die Stärke der Evidenz. In einem Video können wir dann aber auch genau das thematisieren und erklären, wie Wissenschaft funktioniert und warum Evidenz nicht immer stark genug ist, um ein Fazit zu ziehen. Es ist frustrierend, wie Wissenschaft zurzeit manchmal zur Kontroverse gemacht wird, das entspricht nicht der Realität.

ZEIT ONLINE: Viele Eltern machen sich gerade große Sorgen, weil ihre Kinder in der Pandemie in die Welt der sozialen Netzwerke abtauchen. Sie selber sind letztes Jahr Mutter geworden. Machen Sie sich darüber Gedanken, wie die Medienwelt aussieht, wenn ihre Tochter 16 ist?

Mai Thi Nguyen-Kim: Man kann die Entwicklung nicht aufhalten – und ich denke, Aufklärung ist das beste Mittel, um seine Kinder zu schützen. Ich habe mir neulich auch TikTok installiert, einfach um es zu verstehen. Wenn meine Tochter heute 16 wäre, könnte ich ihr viel erklären: Zum Beispiel, dass ihr Schminkvideos angezeigt werden, nicht unbedingt, weil sie sich dafür interessiert, sondern allein, weil der Algorithmus sie als Frau in diese Schublade steckt. Ich hoffe, ich kann ihr in 16 Jahren noch genauso viel erklären.
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Ungelesen 10.05.21, 14:57   #2
csesraven
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Nein, nicht wirklich. Aber es macht mich wütend und traurig. Diejenigen, die von unterdrückter Medienfreiheit und Manipulation faseln, sind die, die dann Journalistinnen und Journalisten bedrohen.
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