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Die Utopie einer Stadt ohne Stress: Was das Team Berlin autofrei wirklich will

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Ungelesen 03.05.21, 08:50   #1
Draalz
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Standard Die Utopie einer Stadt ohne Stress: Was das Team Berlin autofrei wirklich will

Zitat:
Verkehr

Die Utopie einer Stadt ohne Stress: Was das Team Berlin autofrei wirklich will

Autofahrern drohen große Einschränkungen. Doch unterm Strich werde Berlin gewinnen, so die Initiative. Meint sie das ernst? Und wie will sie den Plan umsetzen?

[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], 29.4.2021 - 09:49 Uhr


Suzanne Caroline de Carrasco
Lisa Buchmann kämpft gegen das Auto in Großstädten. Mit einem Volksentscheid will sie ihren Plan durchsetzen.

Berlin - Auf einer Bundesstraße picknicken? Warum nicht! Familien breiten Decken auf der Fahrbahn aus und öffnen Frischhaltedosen mit Apfelschnitzen, Kinder malen mit Kreide Blumen und Fahrräder auf die Straße. Ein Stück weiter wird Asphalttennis gespielt. Auf der von Autos befreiten Leipziger Straße besteht die größte Gefahr darin, von Knirpsen auf Rollern umgefahren zu werden. Und am lautesten ist der Liedermacher, der auf dem Mittelstreifen in die Saiten greift. Absperrungen haben die Ost-West-Magistrale in Mitte, durch die sonst täglich mehr als 70.000 Kraftfahrzeuge toben, in einen Ort der Ruhe verwandelt. Der motorisierte Verkehr muss sich in den umliegenden Vierteln andere Wege suchen.

Für den Start seiner Unterschriftensammlung hätte das Team „Volksentscheid Berlin autofrei“ keinen besseren Ort finden können. Jeden letzten Sonntag im Monat vermittelt die Leipziger Straße eine Ahnung davon, wie sich die Initiative das Zentrum der Hauptstadt des wichtigsten europäischen Industrielands von 2027 an vorstellt. Ihre radikale Vision vom größten autoreduzierten Bereich der Welt ist eine Vision mit Sprengkraft, die sich nicht nur gegen saumselige Verwaltungsleute und zaghafte Politiker wendet – sondern auch gegen die Mitbürger, die auf ihr Auto nicht verzichten wollen. Doch was wollen die Aktivisten genau?

„Es läuft gut“, sagt Manuel Wiemann. „Die Leute machen mit.“ An seiner strahlend blauen Weste ist der 28-Jährige unschwer als Mitglied des Teams zu erkennen. Mit einem Klemmbrett voller Listen läuft er zwischen Frisbee-Spielern, Radfahrern und Hunden umher. Auch er genießt den Schimmer der positiven Utopie, die für einen kurzen Moment auf der Leipziger Straße im Schatten von DDR-Hochhäusern auf Antrag von Anwohnern inszeniert wird. Ein freundliches Wunschbild ewiger Freizeit ohne den Druck, dem Lebensunterhalt hinterherhetzen zu müssen. Die Utopie einer entspannten Stadt ohne Lärm, Abgase und Stress. So, wie Berlin noch nie gewesen ist.

Picknick auf dem Asphalt

In der ersten Stufe der Volksabstimmung müssen Wiemann und seine Mitstreiter mindestens 20.000 Unterschriften sammeln, um beim Präsidenten des Abgeordnetenhauses einen Antrag auf Behandlung einer Volksinitiative stellen zu können. Es werden sehr viel mehr werden, davon gehen sie aus.


Suzanne Caroline de Carrasco
Lisa Buchmann und Manuel Wiemann, Sprecher des Teams Volksentscheid Berlin autofrei, mit ihren Fahrrädern an der Alten Jakobstraße.

Wahrscheinlich haben sie recht. Mag das Ziel auf manch einen auch wahnwitzig wirken: Berlin ist genau die richtige, wenn nicht sogar die einzige Stadt in Deutschland für Plebiszite wie dieses. Anderswo würde eine Initiative mit dem Ziel, den Autoverkehr innerhalb des S-Bahn-Rings um vier Fünftel zu verringern, auf dürren Boden fallen. In der Hauptstadt ist dagegen ein dicker Humus herangewachsen, der empfänglich für solche Forderungen ist. Hier gibt es mehr Menschen als anderswo, die dem Konzept Privatauto skeptisch gegenüber stehen – um es freundlich zu formulieren. Kaum eine große Stadt in der entwickelten Welt hat einen so geringen Motorisierungsgrad wie Berlin. Fast die Hälfte aller Haushalte hat kein eigenes Auto zur Verfügung.

Aber Berlin ist auch das: Die Zahl der Pkw, deren Kennzeichen mit dem dicken „B“ als Ortsmarke beginnt, hat längst die 1,2-Millionen-Marke überschritten. Während Corona BVG und S-Bahn geleert hat, ist auf den Berliner Straßen fast oder genauso viel los wie vor der Pandemie. Berlin ist keine Autostadt. Doch auch Berlin ist weit entfernt von „Car is Over“, wie es ein Besucher der autofreien Leipziger Straße hoffnungsfroh auf ein Transparent geschrieben hat.

Für den Sprecher einer Initiative, die den privaten Autoverkehr auf das unbedingt Notwendige reduzieren will, vertritt Manuel Wiemann zunächst einmal überraschende Ansichten. „Ich fahre gerne Auto“, sagt er. Und: „Ich bin groß geworden mit dem Auto als Selbstverständlichkeit.“ In der Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen, wo er schon mit 17 Jahren den Führerschein erwarb, seien die Menschen darauf angewiesen. Nach ein paar Semestern Volkswirtschaft und Philosophie reiste Wiemann zweieinhalb Jahre durch Deutschland, viel als Anhalter in Autos. Dann steuerte er einen Kastenwagen mehrere Tausend Kilometer über Land, um für eine politische Organisation zu werben, die sich mit Flucht und Migration befasst.

„Ich habe Verständnis dafür, dass viele Menschen Autos als etwas Tolles wahrnehmen“, sagt Wiemann. „Aber ich sehe keinen Sinn darin, in Großstädten wie Berlin Auto zu fahren.“

Er hatte immer schon den Eindruck, dass Autos in Berlin zu viel Platz wegnehmen. Bei einem Spaziergang mit einem Freund durch Mitte beschloss er, sich zu engagieren. „Er fragte mich: Was ließe sich mit diesen Straßen Schönes anstellen? Stell dir vor, hier gäbe es keine Autos! Das weckte meine Vorstellungskraft.“

Entsteht ein Bürokratiemonster?

Im Herbst 2019 setzte er sich mit etwas mehr als einem Dutzend anderer Menschen an einen runden Holztisch. Beim Gründungstreffen des Teams „Volksentscheid Berlin autofrei“ traf Manuel Wiemann, der beruflich Kampagnen gegen falsche Kennzeichnungen von Lebensmitteln organisiert, unter anderem auf Stadtplaner, Radfahrer, Mitglieder von Eltern- und Stadtteilinitiativen. Die Menschen am Tisch waren ungeduldig. Sie sind es immer noch, sagt Wiemann heute. Sie wollen nicht mehr darauf warten, dass Senat und Bezirke mit vielen Einzelmaßnahmen endlich in die Puschen kommen. „Wir wollen größer denken. Wir wollen uns nicht mit Klein-Klein aufhalten.“

In Berlin dauert es im Schnitt drei Jahre, bis ein Radfahr- oder ein Zebrastreifen auf die Straße gepinselt werden darf. In fast allen Bezirken wirkt die Verwaltung mit dem Fortschritt, den immer mehr Berliner verlangen, überfordert. Sie ist schlecht ausgestattet, in ein Dornendickicht von Vorschriften verstrickt, und der demotivierende Sparkurs unter Rot-Rot (die Koalition von SPD und Linken war von 2002 bis 2011 in Berlin an der Macht) wirkt bis heute nach. Mit den Grünen sei es aber nicht viel besser geworden, so die Kritik. „Wir haben heute einen rot-rot-grünen Senat, der sich die Verkehrswende auf die Fahnen schreibt“, sagt Manuel Wiemann. „In Berlin wurde 2018 ein Mobilitätsgesetz verabschiedet, das deutschlandweit einmalig ist.“ Doch auf den Straßen sei „fast nichts“ angekommen. Die Grünen seien immer mehr mit Regierungsambitionen beschäftigt. Darum nehme das Team die Sache selbst in die Hand, auf direktdemokratischem Weg und mit einem eigenen Gesetzentwurf.

Fast das gesamte vergangene Jahr über arbeiteten Juristinnen und Juristen an dem Berliner Gesetz für gemeinwohlorientierte Straßennutzung, wie sie es später nennen werden. Der Kniff: Per „Teileinziehung“ soll der Gemeingebrauch der Innenstadtstraßen, die dem Land Berlin gehören, eingeschränkt werden. Zwar dürften BVG-Busse, Taxis, Rettungswagen, Polizei- und Postautos, Müllwagen sowie andere öffentliche Fahrzeuge uneingeschränkt weiter durch die Umweltzone rollen. Pferdekutschen und E-Scooter ebenfalls, Fahrräder sowieso. Doch der private Autoverkehr würde künftig als Sondernutzung gelten. Ab 2027 sollen innerhalb des S-Bahn-Rings pro Person nur noch zwölf, später sechs private Fahrten pro Jahr zulässig sein – und auch nur dann, wenn schwere oder sperrige Gegenstände zu befördern sind oder ein sonst kaum erreichbares Urlaubs- oder Ausflugsziel angesteuert wird. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss Geldbußen von bis zu 100.000 Euro zahlen und darf bis zu fünf Jahre lang gar nicht mehr privat in der City fahren.

Für Berufstätige, die ohne Auto viel länger unterwegs wären als mit dem Auto oder für Frauen, die sich nachts nicht in die Bahn trauen, soll es Härtefallregelungen geben. Auch Wirtschaftsverkehr, Kranken- und Behindertenbeförderung wären weiterhin möglich, mit Erlaubnis. Mit rund 125.000 Verfahren dieser Art wird pro Jahr gerechnet, 85 Behördenmitarbeiter würden gebraucht. Fünf Millionen Euro Verwaltungskosten pro Jahr stünden 425 Millionen Euro Einsparungen gegenüber, etwa weil sich weniger Unfälle ereignen.

Das Team Jura hat ein Landesgesetz mit 18 Paragrafen entworfen, deren Inhalt viele Menschen als unglaublich provokant empfinden dürften. Den Autoverkehr im Zentrum größtenteils zu verbieten: So eine Initiative hat es in Berlin bisher nicht gegeben, und auch weltweit dürfte das Vorhaben einmalig sein. Die Volksentscheid-Leute bringen radikal anmutende Sonntagsreden, wie sie bei den Grünen und der Linken zu hören sind, auf den Punkt und zur letzten Konsequenz.

Klar, dass es heftige Kritik gibt. Ein „Bürokratiemonster“ würde entstehen, warnt Volker Krane vom ADAC Berlin-Brandenburg. „Die Initiative bedroht bürgerliche Freiheitsrechte.“ Das Gesetz sei „lebensfern“, die Einschränkung privater Fahrten „willkürlich und unverhältnismäßig“, meint der SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf. Selbst beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, kurz BUND, dominiert die Skepsis. Zwar gebe der Gesetzentwurf der Diskussion wichtige Impulse, so Geschäftsführer Tilmann Heuser. „Doch er dürfte rechtswidrig sein“, sagt er. Ein Maßnahmengesetz wie dieses unterliege hohen Anforderungen, Betroffene müssten beteiligt werden. Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin werde es kassieren.

Drängen junge weiße deutsche Akademiker anderen ihre Meinung auf?

Das kümmert das Volksentscheid-Team allerdings nicht. Es fühlt sich getragen von einer breiten Basis von Autoskeptikern. Inzwischen ist der aktive Kern auf rund einhundert Menschen gewachsen. Hinzu kommen rund 600 Menschen, die sich für die Unterschriftensammlung gemeldet haben. Die Aktivisten sind zwischen 20 und 50 Jahre alt, viele von ihnen haben eine Hochschule besucht. „Als Akademikerinnen und Akademiker haben wir das Privileg, Zeit für eine solche Initiative zu haben“, sagt Lisa Buchmann.

Die 30-Jährige stammt aus einem kleinen Ort in Süddeutschland, wo sie in einer Familie mit zwei Autos aufwuchs. „Als ich mit 18 den Führerschein machte, war das eine große Befreiung für mich. Plötzlich war ich unabhängig“, erzählt sie. „Doch als ich in die Stadt zog, stellte ich fest, dass ich dort kein Auto brauche.“ Heute arbeitet Buchmann als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Berlin. Auf sie sprang der Funke ausgerechnet an einem Ort über, an dem einst dem Autokult gehuldigt wurde. Im vergangenen September lud das Volksentscheid-Team Mobilitätsinitiativen in den ausgedienten Autoscooter hinter dem Haus der Statistik in Mitte ein.

Wo einst Kirmesbesucher in Elektrowägelchen rempelnd dem motorisierten Individualverkehr frönten, kamen rund drei Dutzend junge Menschen zusammen, um dessen Abschaffung vorzubereiten. An dem nach allen Seiten offenen und deshalb corona-kompatiblen Veranstaltungsort vertrat Lisa Buchmann den Purple Ride, die queerfeministische Fahrrad-Demo gegen Männlichkeitsklischees und für die Mobilitätswende.

„Ich war sofort total begeistert von der Idee“, erinnert sich die Umweltwissenschaftlerin. „Die Forderung des Teams, das Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings zum größten autoreduzierten Bereich der Welt zu machen, hat mir in Berlin schon lange gefehlt. Sie greift viel weiter, als nur einen neuen Radfahr- oder Zebrastreifen zu verlangen. Wir müssten nicht auf technologische Lösungen warten oder darauf, dass Verwaltungsleute tätig werden. Und wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Ausstoß an Treibhausgasen sinkt, und Berlin, unsere Stadt, wird lebenswert.“

Zwar sagen auch in Berlin viele Menschen, dass der Verkehr sie nervt. Doch ihr eigenes Auto möchten sie natürlich weiterhin nutzen, weiß Manuel Wiemann. „Es gibt eine riesige Kluft zwischen Zielen und Maßnahmen, die endlich aufgehoben werden muss“, analysiert er. „In den großen Städten muss die Autonutzung unattraktiv werden. Es muss unbequem sein, Auto zu fahren, sonst steigt niemand um.“


Suzanne Caroline de Carrasco
Lesen am Straßenrand, ungestört von Autos. An jedem letzten Sonntag im Monat wird ein großer Teil der Leipziger Straße in Mitte am Nachmittag zwei Stunden autofrei.

Kein Wunder, dass der Gegenwind zunimmt. Allerdings: „Weil es so ein emotionales Thema ist, schotten sich viele Menschen nach den ersten Sätzen ab und wollen sich nicht mehr damit befassen. Da wird zum Beispiel gefragt: ‚Wie soll der Krankenwagen durch die Stadt kommen?‘ Dabei dürften solche Fahrzeuge selbstverständlich weiterhin fahren“, so Buchmann. Handwerker und Lieferdienste kämen schneller als heute durch die Stadt, weil der Verkehr abnimmt.

„Wir müssen mehr kommunizieren, wie unser Konzept aussieht“, sagt Lisa Buchmann. „Wir müssen betonen, dass die Menschen, die aufs Auto angewiesen sind, weiterhin fahren dürfen.“ Und dass am Ende alle Berliner gewinnen: durch saubere Luft und weniger Unfälle. Straßen bekämen mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger. In dieser Hinsicht gehe es nicht um Verzicht. Ganz im Gegenteil.

Doch ist die Motivation, Auto zu fahren, nicht vielschichtiger, als es nur für den unbedingt notwendigen Verkehr zu nutzen? Ein Beispiel: Außerhalb der Ökoblase gilt ein möglichst großes Auto als Beweis dafür, dass ein sozialer Aufstieg begonnen hat. Viele Menschen denken so, unter ihnen zahlreiche Einwanderer und ihre Nachkommen. Bahnt sich mit der Volksabstimmung nicht auch ein Zusammenprall der Milieus und Kulturen an? Wollen junge weiße deutsche Akademiker Menschen anderer Herkunft und anderen Alters ihren Lebensstil verbieten? Möchten Sie ihnen die Freiheit nehmen?

Auch ein SPD-Stadtrat trägt sich in die Liste ein

Manuel Wiemann wendet sich gegen einen „falschen Freiheitsbegriff“, wie er sagt. „Wir müssen wegkommen von dem einseitigen Verständnis, dass Freiheit immer nur bedeutet: Freiheit hinter dem Lenkrad. Uns geht es um Freiheit für alle Menschen, sich ohne Gefahren bequem durch die Stadt zu bewegen“ – auch zu Fuß, per Rad, mit dem Rollator. „Was ist uns wichtiger: Autos als Statussymbole – oder dass Menschen von Autos getötet werden? Ist es wichtiger, dass Kinder allein zur Schule gehen können – oder dass Leute mit ihren Ferraris herumrasen? Das sind die Abwägungen, um die es geht“, so Wiemann.

Mit dem irrationalen Begriff vom Fahrvergnügen kann Lisa Buchmann nichts anfangen: „Genauso wenig, wie täglicher Schokoladekonsum gesund ist, ist es gesund, jeden Tag alle Strecken mit dem Auto zu fahren. Wenn wir immer nur das machen, was uns Spaß macht, dann würde unsere Welt noch viel mehr vor die Wand fahren.“ Schreckt diese vernunftbetonte Sichtweise nicht ab? „Die 20.000 Unterschriften in der ersten Stufe werden wir locker zusammenbekommen, die mehr als 175.000 fürs Volksbegehren auch“, entgegnet sie. „Wenn wir weiterhin so viel Zulauf bekommen, werden wir genug Leute haben, um an jeder Tür klingeln zu können.“ Für einen erfolgreichen Volksentscheid werden allerdings mehr als 613.000 Ja-Voten gebraucht.


Suzanne Caroline de Carrasco
Ein Nachmittag ohne Lärm und Abgase: Picknick auf der Leipziger Straße.

Zurück zur autofreien Leipziger Straße. Sie ist mittlerweile Schauplatz einer verkehrspolitischen Diskussion geworden. „Wir sind eine Millionenstadt und kein Dorf. Die Radfahrer sind viel schlimmer als die Autofahrer“, ruft eine Anwohnerin. „Wir können nicht ganz auf Autos verzichten“, sagt Ephraim Gothe, Stadtrat für Stadtentwicklung in Mitte, der im Lastenrad seine Tochter mitgebracht hat. Doch es müssten weniger werden, meint der SPD-Politiker. Er habe sich in die Liste des Volksentscheid-Teams eingetragen.

„Ich bin für einen radikalen Schnitt“, fordert Johanne Braun aus Mitte, Musikerin und Sängerin. „Der private Autoverkehr muss reduziert werden.“ Die 55-Jährige will sich in die Liste für die Volksabstimmung eintragen. „Warum ziehen die, die eine autofreie Stadt wollen, nicht nach Brandenburg?“, entgegnet Bernd Müller. Er ist mit dem Rad aus Prenzlauer Berg gekommen. Normalerweise fährt er Auto. Bahnen und Busse findet er eklig. Er werde nicht unterschreiben, sagt der 71-Jährige, der vor seinem Ruhestand im Qualitätsmanagement des TÜV tätig war. Doch zumindest verstehen kann er den radikalen Ansatz schon. „Manchmal muss man überziehen, damit man am Ende wenigstens etwas bekommt.“
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