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10.01.21, 00:26
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#1
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Legende
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Mit dem Hundetraining in die Kinderstube
Zitat:
Die Eltern, die im Alltag nicht hin und wieder (oder öfters) an ihren Kindern verzweifeln, sind noch nicht gefunden. Die einen versuchen es nach schlechten Tagen mit gutem Willen – und lesen nach bei Jesper Juul und Co. Anderen macht das Fernsehen ein Angebot: Versuch es doch mit der Kindererziehung wie beim Hundetraining. Nach dem Modell „Super Nanny“ soll nun die Hundenummer für Durchsetzung sorgen. Eine Debatte über Erziehung und Moral ist nur eine Folge. Das Kinderleben ist offenbar nicht nur kein Ponyhof. Sondern auch kein Hundeleben.
Zwei Haushalte in Deutschland. In Chemnitz eine das Zähneputzen verweigernde Zweijährige, die brüllend ins Gitterbett gesetzt wird, wo sie unter keinen Umständen schlafen will; in Berlin eine Vierjährige, die das Geschwisterkind mit dem Spielzeugkochlöffel verfolgt und nach Aussage der Eltern unkontrollierbar ist – beide werden von einer Hundetrainerin mit Goodies versorgt und so auf Linie gebracht: So sieht das neue Lebenstrainingsformat aus, das die Kolleginnen und Kollegen von RTL lizenziert haben und seit einer Woche in die Welt bringen. Mit Erfolg auf jeden Fall beim allgemeinen Erregungslevel.
In „Train Your Baby Like a Dog – Die Hund-Kind-Methode“ werden, wie der Titel verrät, Erziehungsmethoden für Hunde auch an Kindern und Kleinkindern angewandt. Aurea Verebes, eine ausgebildete Hundetrainerin, selbst dreifache Mutter, schwört auch bei ihren eigenen Kindern auf die Methode: „Säugetiergehirne“ würden „gleich funktionieren“.
Probleme beim Vokabellernen? Einschlafprobleme? All das lasse sich mit Elementen des Klicker-Trainings beheben, sagte Verebes selbstbewusst. Die Methode aus der Hundeschule arbeitet mit Belohnungssystemen und soll bei Kindern, wie es heißt, „Wege aus der Negativspirale“ zeigen.
Petition und Beschwerden gegen die Landesmedienanstalt
Der Protest ließ nicht lange auf sich warten. Eine im Vorfeld lancierte Petition gegen die Reality-Show zählte 35.000 Unterschriften, der „Spiegel“ (Onlineausgabe) schriebt von 113 Beschwerden, die bisher bei der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM) eingegangen seien. Wurde der Skandal mit ins Kalkül genommen? Vorbild für die Soap ist immerhin die gleichnamige britische Produktion von 2019, die auf ähnliche Reaktionen stieß.
Die Stoßrichtung der Empörung: der Umstand, dass die Sendung auf die Entmenschlichung von Kindern setzt. Und, dass die Kinder aus benachteiligten Familien kommen. Man kokettiere mit der Ähnlichkeit von Kindern mit Tieren, wie auch der renommierte Hamburger Kinderpsychiater Michael Schulte-Markwort und der Strafrechtler Gerhard Strate im Vorfeld monierten.
Allein der Titel widerspreche „dem Menschenbild unserer Verfassung“ und stelle daher „ein unzulässiges Angebot“ dar, hielten die beiden in einem Brief vom 27. Dezember fest.
Kinder nicht konditionieren
Abseits des Tierframings samt Provokationsantrieb schlummert ein pädagogisches Problem, das gerade mal ansatzweise Richtung Verhaltenspsychologie deutet: Kinder mögen positiv bestärkt anstatt gescholten werden. Die Umprogrammierung von Kindern über Belohnungssysteme kultiviere das Gehorchen; nicht ebne es aber dem Weg zum selbstständigen Denken, monieren Experten.
Die Familienberaterin Sandra Teml-Jetter formulierte es im „Standard“-Interview so: „Das Kind sollte nicht nur konditioniert werden, sondern auch verstehen, was mit ihm gemacht wird und was genau man von ihm will.“
Öffentliche Kritik an der Sendung kam auch von der Ex-RTL-„Super Nanny“ Saalfrank: Sie rief sie zum Boykott von „Train Your Baby Like a Dog“ auf.
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10.01.21, 08:18
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#2
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Super Moderator
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Interessant.
Operante Konditionierung findet täglich, in allen Altersstrukturen in in allen möglichen Situationen statt.
Sie funktioniert überwiegend unbewusst. Ein Lernmodell, das uns über die Jahrtausende zu dem gemacht hat, was wir sind.
Hundetrainer können damit sehr viel bewirken. Wichtig dabei ist, dass man, auf der einen Seite, Ursachen von Fehlverhalten erkennt, auf der anderen Seite eben Wirkungen erziehlt durch konsequente Belohnung (positiv bestärken), oder durch konsequentes Auslassen von Bestrafung (negative Bestärkung).
Die Übergänge sind da teilweise fliessend. Wichtig ist das Erkennen der Kausalität eines Verhaltens und das erfordert Erfahrung.
Ich hatte mal eine Begegnung mit einem Professor für Arbeitspsychologie. Sehr aufschlussreich.
Zu schnelles Fahren ist z.B. ein Verhalten, das die eigene Sicherheit und die anderer gefährdet.
Beispiel: Ich fahre jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit durch ein Dorf, in dem nur 50 km/h erlaubt sind. Ich fahre stets mit 70 km/h da durch, weil es ja nicht kontrolliert wird.
Ergo ist das nacht einiger Zeit ein Besitzstand, von dem ich meine, dass er mir nicht mehr abzusprechen ist.
Hier greift dann das Lernmodell negative Bestärkung. Nach Studien des Professors ist das übrigens das effektivste Lernmodel, das bei Menschen wirkt.
Der Professor hielt übrigens die Schilder an der Autobahn (Rasen tötet) für unzweckmässig, weil sie ja, von oben genanntem Beispiel abgeleitet, dazu führen, dass diejenigen, die es lesen, unbewusst denken: Mir wird nichts passieren, ist es ja noch nie.
In oben genanntem Artikel lese ich nur eine konkrete Aussage, die weiterführend ist und zwar die von Frau Teml-Jetter.
Sie bringt es, meiner Meinung nach, auf den Punkt. Erziehung muss auch im Bewussten passieren.
Operante Konditionierung, und die schliesst auch die klassische mit ein, findet überwiegend im Unbewussten statt, und nicht nur bei Säugetieren.
Ich denke, Erziehung lebt vor allem durch Konsequenz und sollte, soweit es möglich ist, transparent sein.
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10.01.21, 09:11
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#3
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Zitat:
In Chemnitz eine das Zähneputzen verweigernde Zweijährige, die brüllend ins Gitterbett gesetzt wird, wo sie unter keinen Umständen schlafen will [...]
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Kleines Zickchen!
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