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02.09.20, 17:32
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Klimawandel - Bittere Pointe am Polarkreis
Zitat:
Klimawandel
Bittere Pointe am Polarkreis
Gäbe es die Pandemie nicht, wir würden mit Schrecken auf das Wetter dieses Jahres schauen.
Ein Kommentar von Stefan Schmitt
2. September 2020 DIE ZEIT Nr. 37/2020, 3. September 2020
Die Schlagzeilen des Jahres? Voller Corona, Corona, Corona. Leider kann man sich heute bereits ziemlich gut ausmalen, was den Rückblick auf das Jahr 2020 dominieren wird. Ebenso augenfällig ist, was dabei kaum Beachtung findet. Dabei wäre der zurückliegende Sommer auch ganz ohne Pandemie keineswegs normal gewesen. Er war katastrophal.
Im Frühjahr meldeten australische Forscher, dass die Korallen im Weltnaturerbe Great Barrier Reef zum dritten Mal binnen fünf Jahren von einer großen Bleiche betroffen seien, und diesmal war eine größere Fläche davon betroffen als je zuvor beobachtet. Um sich zu erholen, braucht ein Riff rund 15 Jahre – und das ohne neue Unterwasser-Hitzewelle.
Dass aber Hitzewellen wiederkehren werden, nicht nur vor der australischen Küste, sondern überall, und zwar häufiger und heftiger als bislang, dafür steht das Jahr 2020.
Dieses Jahr liegt im Vergleich der globalen Durchschnittstemperatur bis einschließlich Juli nur eine Nachkommawinzigkeit hinter der bisherigen Höchstmarke von 2016. Bereits jetzt, Anfang September, scheint es unumgänglich, dass 2020 in den Top Fünf der wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen landen wird. Noch frappierender ist: Während vor fünf Jahren das natürliche Wetterphänomen El Niño kräftig zu den Rekordtemperaturen beitrug, ist 2020 ganz ohne El Niño so heiß.
Mehr denn je ist die Hitze dieses Jahres menschengemacht, oder sollte man besser sagen: eindeutiger auf den menschlichen Beitrag zurückzuführen.
Nirgends wird das momentan deutlicher und in keiner Weltgegend springen die Folgen stärker ins Auge als nördlich des Polarkreises. Der Temperaturanstieg in der Arktis ist mehr als doppelt so stark wie im globalen Mittel – diese Abstraktion ist seit Jahren bekannt.
Jetzt sehen wir, was sie konkret bedeutet: Schon der Winter war jenseits des 66. Breitengrads wärmer als im langjährigen Mittel, im Frühling und Sommer wich das Thermometer dann noch stärker ab, eine Hitzewelle erfasste Sibirien. Außergewöhnlich ausgedehnte Brände loderten dort, und es verbrannte Torf, der eigentlich dauerhaft gefroren sein sollte (Permafrost). Im Juni maßen russische Meteorologen in der Stadt Werchojansk 38 Grad Celsius. Das wäre die höchste je nördlich des Polarkreises aufgezeichnete Temperatur. Bislang, was für eine Pointe!, stand der Name Werchojansk für den tiefsten je auf besiedeltem Gebiet gemessenen Wert (–67,8 °C im Jahr 1892).
Meteorologen des Projekts World Weather Attribution haben ausgerechnet: Eine solche Hitzewelle ist durch die Emissionen des Menschen um das 600-Fache wahrscheinlicher geworden – ohne wäre sie "so gut wie unmöglich".
Die Brände setzen natürlich zusätzliches CO₂ frei (und die tauenden Böden Methan), was seinerseits den Klimawandel verstärkt. Ein Teufelskreis! Genauso heizt sich das dunkle Wasser des arktischen Ozeans stärker auf, wenn weniger helles Meereis die Sonnenstrahlen reflektiert. Und aktuell registrieren Forscher dort die zweitkleinste je verzeichnete Meereisfläche. Auch hier gilt: Wenn Mitte September die Eis-Ausdehnung ihr jahreszeitliches Minimum erreicht, könnte sich ein neuer trauriger Rekord einstellen.
Womit wir bei unserer eigenen Wahrnehmung wären. Würden Wetter******* überhaupt noch unsere Aufmerksamkeit wecken, selbst ohne Corona, Trump und Co.? Oder längst nicht mehr, weil wir uns an die Ausnahme als neuen Normalzustand gewöhnt habe? Das wäre fatal, jetzt, in den letzten Jahren, in denen die Menschheit noch gegensteuern kann. Denn stillschweigend zu resignieren heißt zu akzeptieren: dass die heißen Jahre von heute rückblickend wohl recht kühl wirken werden.
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