Hier sieht man mal wieder deutlich dass man viele falsche Antworten bekommen kann, wenn man eine falsche Frage stellt. Die falsche Frage ist hier: Mann oder Frau?
Warum falsch? Weil (der Kürze halber nur ein Aspekt) z.B.: schon auf der biologischen Ebene die Einteilung in nur zwei Kategorien so ziemlich der gröbste Filter ist, den man benutzen kann.
Selbst unter Individuen desselben Geschlechts sind die geschlechtstypischen Merkmale auf molekularer Ebene sehr weit gestreut. Beispiel Hormone: es gibt zig Stoffe, deren Menge im Körper im Durchschnitt betrachtet eher dem einen oder anderen Geschlecht zugerechnet werden, die aber alle haben. Untersucht man einzelne Menschen, stellt man fest, dass es quer durch die Menge der Untersuchten alle möglichen Kombinationen von unterschiedlichen Konzentrationen dieser Stoffe gibt.
D.h. der ein oder andere Schwanzträger hat weniger als "männlich" bezeichnete Konzentrationen mancher Stoffe im Körper als die ein oder andere Muschiträgerin und umgekehrt. Das kann man so natürlich nicht in eine Geburtsurkunde eintragen, zumal es sich im Laufe des Lebens unter verschiedensten Einflüssen auch ändert.
Es macht daher keinen Sinn, sich freiwillig in irgendwelche Kisten einzusortieren, nur weil die primären Geschlechtsmerkmale eindeutig ausgeprägt sind, egal ob es der Staat, eine Organisation für Blabla-Rechte oder sonstwer für richtig hält.
Unter der Haut sind alle Individuen, denen daher auch grundsätzlich dieselben Rechte zustehen. Dafür kann man sich einsetzen, nicht für irgendeinen an Geschlechtern (oder sonstwie grob gestrickten Kategorien) orientierten Scheiß, der mehr Religion und Tradition (oder Kampf dagegen) ist, denn an der biologischen Realität orientiert.
Unter der Haut löst sich das Geschlecht in individuelle Konfigurationen auf. Und von kulturellen Prägungen, welches Geschlecht was wie macht oder darf war damit hier noch nicht mal die Rede.
Feminismus hat einen historischen Sinn, a) weil nach den gröbsten Kategorien als "Frauen" bezeichnete Menschen systematisch entmündigt und benachteiligt wurden und sich Spuren dieser Tradition immer noch in der Kultur finden und b) weil Menschen, die Menschen gebären, in Teilen andere konkrete Bedürfnisse haben, denen Rechnung zu tragen ist.
Für die Rechte von Männern einzutreten hat einen Sinn, weil der Feminismus die tradierte Entmündigung angreift, aber (bei manchen lautstarken Vertreterinnen) die zugrundeliegende falsche entweder/oder-Logik auch nicht überwindet.
Sich gegen beides und für gleiche Rechte aller einzusetzen hat aber den meisten Sinn, weil sich aus dem Recht des Einzelnen alles andere logisch ergibt.
Dann lässt man sich auch nicht aus emotionaler Betroffenheit in irgendwelche politischen Zusammenhänge reinziehen, die einem eigentlich wieder nur andere Ungerechtigkeiten als Patentlösung verkaufen wollen. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass diese Männerrechtler das Thema politisch genauso grob einordnen.
Und bevor man sich Blödsinn über "Gender Studies" erzählen lässt, sollte man auch mal eine Einführung in die Hand nehmen. Dann sieht man auch, das es da a) wie überall dümmere Leute gibt, die Blödsinn erzählen und schlauere Leute, die das nicht tun und b) das die von den Gender-Feinden benutzten Aussagen schlicht falsch oder so aus dem Zusammenhang gelöst sind, dass sie nur noch falsch zu verstehen sind oder die Meinung irgendwelcher Leute sind, die in der Praxis kaum eine Rolle spielen.
Wissenschaft ist nun mal herausfordernd, man muss erstmal die jeweilige Fachsprache übersetzen lernen, bevor man einen Text so verstehen kann, wie er gemeint ist. Untereinander werden bei Wissenschaftlern nämlich vor dem eigentlichen Aufsatz erstmal die Begriffe genau definiert, sodass es manchmal riesige Unterschiede in der Bedeutung eines Begriffs zum allgemeinen Sprachgebrauch oder der Verwendung desselben Begriffs bei einem anderen Autor gibt. (Das ist der Tatsache geschuldet, dass Wissenschaft denselben Sprachschatz wie alle benutzen muss, um damit Dinge zu beschreiben, die vorher nicht untersucht wurden.) Nur wenn man die Definition des Autors kennt, kann man ein Zitat verstehen, sonst nicht.
Wenn man das weiß, versteht man auch, dass aus dem Zusammenhang einer wissenschaftlichen Arbeit herausgelöste Zitate unter Umständen dem Laien völlig irrig erscheinen können, einfach aus der Tatsache heraus, dass der Fachfremde die Verwendung der Begriffe ohne die Definition zu kennen gar nicht richtig verstehen kann.
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