Fast zwölf Prozent der Erwachsenen in Deutschland dürfen bei der Bundestagswahl nicht wählen, weil sie keinen deutschen Pass haben. Viele von ihnen sind hier geboren, zahlen Steuern. Was erwarten diese Menschen von der deutschen Politik?
Beispiel:
In gewisser Weise ist Hasibe Acar deutscher als viele Deutsche. Sie ist hier geboren. Aber sie hat Deutschland noch nie verlassen. Nie verlassen dürfen, denn Hasibe ist hier nur geduldet. Nicht reisen zu dürfen, ist da nur eine von vielen Einschränkungen. Alle drei Monate muss sie zum Amt und ihre Duldung verlängern. Ihre Mutter ist vor fast 30 Jahren aus dem Libanon nach Deutschland gekommen. Aber sie konnte ihre Herkunft nicht nachweisen. Deshalb blieb sie immer nur geduldet. Ihre Kinder in der Folge auch.
"Ich gehöre im Prinzip nicht dazu"
Hasibe ist vor 23 Jahren in Deutschland zur Welt gekommen. Seitdem lebt sie in ihrem Heimatland auf Abruf. Von Duldung zu Duldung. Mit der Schule auf Klassenfahrt nach Holland? Geht nicht. Langfristig planen? Geht nicht. Und wählen in dem einzigen Land, in dem sie je gelebt hat? Das geht auch nicht. "Ich würde sehr gerne wählen, um auch eine Entscheidung über die Stadt oder das Land zu haben", sagt sie. Aber: "Ich gehöre im Prinzip nicht dazu. Obwohl ich hier geboren bin und eigentlich auch eine Deutsche." Fast 160.000 Menschen leben wie Hasibe geduldet in Deutschland, etwa 40.000 davon länger als fünf Jahre. Sie sind Teil der Gesellschaft. Politik mitgestalten dürfen sie nicht.