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26.01.25, 21:13
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#1
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SoundmalSo
Registriert seit: Oct 2017
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Bedankt: 1.072
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Das echte, das einzig wahre Ragù alla Bolognese
Zitat:
Als Anna Maria di Monari von der Trattoria Anna Maria in der Altstadt von Bologna mich begrüßt, schlägt mir eine herbe Freundlichkeit entgegen. Sie ist eher klein, trägt eine Perlenkette, einen dreiviertellangen schwarzen Rock und eine weiße Schürze. Trotz ihrer fünfundsiebzig Jahre wirkt sie wie eine rüstige Sechzigjährige. Sie steht nicht mehr jeden Tag in der Küche, dafür hat sie ihre Leute. Die sind wie ihre Familie, erklärt sie stolz. Die kleine Trattoria mit knapp achtzig Sitzplätzen, wirkt gemütlich, man fühlt sich fast wie in einem überdimensionalen Wohnzimmer. An den Wänden hängen signierte Fotos von Gästen mit Lobeshymnen auf das Essen. Selbst wenn man hier alleine säße, würde einem dank der gefühlten fünfhundert Bilder nicht langweilig. In Italien wird bekanntlich gerne gegessen, und hier geht‘s richtig, richtig opulent zu: Tortelloni burro e salvia, Lasagne al forno, Fegato alla veneta (Leber venezianische Art), Bistecca ai ferri (das berühmte Fiorentina-Steak).
Hier ist alles kulinarische Handwerkskunst, davon kann ich ausgehen. Anna Maria wird heute für mich eine Ausnahme machen und selbst in die Küche gehen, um mir die echte Bolognese zu zeigen. Aber vorher schickt sie mich mit einem Einkaufszettel schräg gegenüber in die Metzgerei. Das Schaufenster ist dekoriert mit Parmesan-Laiben, Pomodori pelati in der Dose, frischen Nudeln in aufwendigen Verpackungen, und über meinem Kopf baumeln Parmaschinken von der Decke. Walter, der schon in die Jahre gekommene Metzgermeister, beliefert Anna Maria immer schon mit Fleisch. Alles hier ist frisch und kommt von Bauern aus der Region. Walter wolft zwei Kilo Schweinefleisch und drei Kilo Rind. Und ein großes Stück Pancetta, ungeräuchert, der hat mehr Fett als der geräucherte. Macht dann insgesamt 93 Euro für die Hauptzutaten für meine erste selbstgekochte original Bologneser Sauce.
Zehn Minuten lang kontrolliert Anna Maria schweigend das Hackfleisch, bis sie ihr Okay gibt: Die Qualität ist gut und das Schweinefleisch hat den richtigen Fettanteil. Dann darf ich neben ihr an den Herd. Sie redet nicht viel.
Drei Türen führen von der Küche ins Restaurant, und die sind immer offen: Show-Küche auf italienisch. Ein überdimensionaler Gasherd bildet das Herz der Küche. Die riesigen Aluminiumtöpfe sehen aus, als stammten sie aus dem letzten Jahrhundert. Die blonde, groß gewachsene Simonetta und zwei asiatisch aussehende Männer schwingen die Kochlöffel. Alle sind bereits seit mehr als fünfundzwanzig Jahren in der Trattoria beschäftigt.
Ich versuche zunächst, die weißen Zwiebeln klein zu schneiden. Anna Maria haut mir dabei nicht gerade sanft auf den Rücken: »Steh gerade, sonst kriegst du Rückenschmerzen!«, sagt sie. Die Arbeitsfläche ist eher auf Anna Marias geschätzte ein Meter zweiundfünfzig eingerichtet, da tue ich mich, knapp zwei Köpfe größer, schwer, gerade zu stehen. Die Zwiebeln würfelt man genau so: Zuerst längs, und dann noch mal quer schneiden. So tritt, sagt Anna Maria, das Zwiebelaroma aus. Nachdem auch Karotten und Sellerie möglichst klein gehackt wurden, zerkleinert Anna Maria ziemlich viel von der ungeräucherten, sehr fetten Pancetta.
»Kein Olivenöl!«, sagt sie. Das versaue durch den starken Olivengeschmack sonst die Bolognese.
Auch wenn mein Italienisch eher rudimentär ist, das meiste verstehe ich auch ohne Übersetzerin. »Primo!«, sagt sie und kippt fast einen halben Liter geschmacksneutrales Pflanzenöl in den fünfzig Liter fassenden Topf. »Kein Olivenöl!«, sagt sie. Das versaue durch den starken Olivengeschmack sonst die Bolognese. Besonderen Wert legt Anna Maria auf ihren Holzkochlöffel, den hat sie von ihrer Großmutter geerbt. Ein scharfkantiger Löffel würde das Aluminium vom Topf kratzen, und das wäre schlecht für die Sauce. Nach dem Öl kommen zwei gute Handvoll vom groben Meersalz dazu. Feines Salz, sagt sie, würde zu schnell bitter. Dann eine gute Prise gemahlener schwarzer Pfeffer dazu und das Ganze bei großer Hitze kurz anrösten und immer rühren dabei, sonst brennt es an. Als Nächstes brät sie die Pancetta an, so lange, bis das Fett schön ausgelassen ist. Dabei erzählt sie mir, dass ich viel zu dünn sei und überhaupt mehr fetten Speck essen müsse. Nur dicke Menschen seien nach ihrer Meinung glücklich. Und »Fett«, da lacht sie mich das erste Mal seit einer Stunde herzlich an, »macht glücklich! Essen muss der Mensch, und zwar gutes, reichhaltiges Essen. Das ist das Problem heute, warum so viele Menschen missmutig sind. Sie essen nicht richtig. Fett ist nicht nur Geschmacksträger, fettes Essen macht happy und sorgt für gute Laune«, erklärt sie resolut.
Das ist dann wohl auch der Grund warum die Stadt Bologna auch bekannt ist als La grassa, die Fette. Hier isst man reichhaltig. Dennoch, auf meinem Spaziergang in die Altstadt zur Trattoria Anna Maria sah ich nur hübsche, ausnehmend schlanke Menschen. Männer wie Frauen. Irgendwie scheint die kalorienhaltige, fette Küche die Menschen nicht dick zu machen.
Die richtige Reihenfolge macht das perfekte Ragù alla Bolognese. Nachdem der Speck sein Fett verteilt hat, was man daran erkennt, dass er glasig wird, kommen die Zwiebeln dazu. Dann der Sellerie und erst nach fünf Minuten die Karotten. Das Schweinefleisch hat einen höheren Fettanteil und muss darum als Nächstes rein. Dann erst gibt Anna Maria das Rinderhack dazu. Verhältnis zwei zu drei. Ganz schön viel Fleisch und Fett, aber klar, habe ich gelernt: Fett macht gute Laune! Nachdem alles schön durchgebraten ist, nimmt Anna Maria auch keine Pelati aus der Dose, sondern zwei riesige Esslöffel Tomatenmark. Mit einem Liter warmem Wasser angerührt geht das in den Topf. Später kommt noch ein halber Liter Vollmilch dazu.
Anna Maria gibt mir den Holzlöffel: Rühren, aber immer im Uhrzeigersinn! In Italien wird in jeder Küche im Uhrzeigersinn gerührt. Basta! Das soll ich jetzt die nächsten drei Stunden machen und immer mal wieder einen Schuss von der Vollmilch dazugeben. Die macht das Gericht cremig und bindet alle Geschmackskomponenten auf den Punkt. Apropos, gibt’s noch Gewürze wie Knoblauch dazu? Auf diese Frage hin fliege ich fast aus der Küche: »Knoblauch?! Niemals!« Dieser Frau widerspricht man nicht!
Ihren ersten Mann hat Anna Maria im Alter von dreißig Jahren verlassen. Den zweiten wollte sie nicht heiraten, so konnte sie besser machen, was sie wollte, erklärt sie mir lachend. Dass sie selbst ihr eigenes Restaurant führt, war Zufall. Ursprünglich war sie in einer kleinen Trattoria an einem Tennisplatz als Kellnerin beschäftigt. Da gab’s auf der Speisekarte eigentlich nur Kleinigkeiten wie diese Panini mit Schinken und Käse. Das war Anna Maria zu fade, also kochte sie sich kurzerhand nebenbei ihre kleinen Köstlichkeiten wie das Ragù alla Bolognese. Dabei haben sie die Gäste beobachtet und sich beschwert: Sie würde so leckere Sachen essen, und die wollten sie auch! Irgendwann kamen die Gäste nur noch wegen ihres Ragùs.
Nachdem die Sauce über zwei Stunden auf leichter Gasflamme vor sich hingeblubbert hat, von mir immer wieder im Uhrzeigersinn gerührt, sagt Anna Maria nach einem scharfen Blick in den Topf: »Finito!«, und macht dabei diese typisch italienische Geste mit der Hand. Woran sie das erkennt? An dem Öl, dass sich oberhalb der Sauce absetzt.
Niemals Spaghetti Bolognese bestellen in Italien. Die perfekte Nudel für das weltberühmte Ragù alla Bolognese sind Tagliatelle
»Hinsetzen!«, sagt sie und holt die Pasta aus dem Korb. Spaghetti sind hier genauso verpönt wie der Knoblauch. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz: Niemals Spaghetti Bolognese bestellen in Italien. Die perfekte Nudel für das weltberühmte Ragù alla Bolognese sind Tagliatelle. Die frischen, zarten, goldgelben Tagliatelle-Nester seiht Anna Maria nach ihrem Zeitgefühl im kochenden Wasser kurz ab und schwenkt sie dann zusammen mit zwei Kellen von der Bologneser Sauce in einer kleinen Alupfanne. Mit viel Liebe zum Detail mischt sie akkurat jede Portion mit der Nudel und der Sauce. Anrichten, servieren, Fertig!
Das echte, das einzig wahre Ragù alla Bolognese
für 4 Personen
300 g gehacktes Rindfleisch
200 g gehacktes Schweinefleisch
100 g Pancetta
50 ml Vollmilch
1 weiße Zwiebel
1 Selleriestange
2 gelbe Karotten
30 g Tomatenmark
2 El neutrales O?l
grobes Meersalz
gemahlener schwarzer Pfeffer
warmes Wasser
Das O?l mit einer Prise Salz in einem ausreichend großen Topf erhitzen. Die Pancetta kleinschneiden und glasig andu?nsten.
Zwiebeln, Sellerie und Karotten wu?rfeln. Zuna?chste die Zwiebeln und den Sellerie zugeben und mitdu?nsten, nach einigen Minuten die Karotten zugeben.
Das Schweinefleisch anbraten.
Das Rindfleisch zugeben und anbraten.
Tomatenmark, Wasser und einen Schuss Milch zugeben und bei sehr kleiner Flamme mindestens zwei Stunden ko?cheln lassen. Gelegentlich umru?hren und etwas Milch zugeben.
Mit Tagliatelle servieren.
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Netzfund,ich denke das dürfte nicht nur für mich Interessant sen 
mal neugierig was Kuchenschef dazu sagt
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der Kopf tut weh
die Füße Stinken
höchste Zeit ein Bier zu Trinken
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Die folgenden 2 Mitglieder haben sich bei uexe bedankt:
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10.02.25, 14:26
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#2
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Erfahrenes Mitglied
Registriert seit: Sep 2011
Beiträge: 533
Bedankt: 438
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Lieber Verfasser des Beitrages:
Ja es handelt sich um ein Originalrezept, und ja so wurde es gemacht, auf solchen Herden, entweder Holz oder Gas, und in Aluminiumtöpfen. Und ja da sollte man Holzlöffel nehmen-Beschichtung.
Wiederum hat diese erfahrene Frau auch in vielem Recht, nicht nur die Verwendung des Pflanzenöls (Sonnenblumenöl, Maiskeimöl).
Das auch das Fleisch Rind, wie Schwein auch mit Panchetta, auch einen gewissen Fettgehalt von 25% haben muss, um auch eine tolle Sauce zu erhalten.
Auch hier wieder fügt die Frau richtig an, das wir zwar alles Fett verdammen, aber meistens viele versteckte, industrielle Fette, und viel verarbeitete Fette zu uns nehmen.
Auch das die Norditaliener Tomatenmark nehmen, da in vielen Regionen, die frischen Tomaten, oder die in Dosen auch teuerer sind, was man heute durch Dosen-Pelati ersetzen kann.
Auch hier wiederum achte ich bei der Sauce auf die Erntezeit, also August, hier sind die Tomaten reif, besonders aromatisch, und wenig Regen.
Das einzige was man sagen muss, das man mit dem modernen Kochgeschirr und Töpfen von heute besser, energieeffizienter kochen kann, wie auch die Kochzeit der Sauce verkürzen kann, das aber auch nur durch die Töpfe und den Herd.
Die Zugabe von Milch wiederum wird viel in alten Rezepten, allerdings nur in norditalienischen Büchern immer wieder bei Ragu Bolognese erwähnt bis in die Neuzeit.
Allerdings im Süden wird dann halt eher Olivenöl und keine Milch verwendet-zwecks Verfügbarkeit.
Auch das die traditionellen Nudeln mit Ragu Bolognese um die Region Bologna, Tagliatelle, also mittelfeine Eier-Nudeln sind. Auch das wiederum ist richtig.
Aber auch hier noch eine kleine Anmerkung, es haben sich Spaghetti halt durchgesetzt, da sie ohne Ei hergestellt werden, und einerseits billiger und leichter verfügbar waren, aber auch weil Eiernudeln vorher nicht industriell gemacht wurden.
Somit halt sich halt leichter die Spaghetti eingebürgert.
Also auch wo regionale Unterschiede spürbar sind, wie im Norden Butter, im Süden keine nur Olivenöl. Aber auch Norden Panchetta, oder Mitte Schweinebacke. Das sind so kleine Unterschiede und regionale Unterschiede und Feinheiten, die sich durch Gewohnheiten so eingebürgert haben.
Und auch das Fett schön auslaufen kann, und bei mittlerer Temperatur schön Geschmack in die Sauce geht. Auch das ist wieder vorteilhaft für das Schmoren. Die Sauce wird nicht gekocht, sondern wirklich langsam geschmort. Und das gibt den Geschmack, das reduzieren, und das langsame Garen.
Und auch bei Olivenöl gibt es schwächere fruchtige und stärkere. Es ist immer ratsam hier ein ziemlich ausgeglichenes zu nehmen um für die warme und kalte Küche hier eine gute Lösung hat.
Das Ragu Bolognese ist auch im alten Kochbuch der Medicis vorhanden, und auch so überliefert. Wie auch wieder in den 1990 iger Jahren von Heyne aufgelegt, Belege, Kochbuch auch zeigen.
Bologna ist eine sehr ländliche Küche, mit vielen regionalen Rezepten aber auch mit vielen Gerichten, die weltberühmt sind.
Und die italienische Küche hat auch die französische beeinflusst, sie war mit Gewürzen, moderner, geschmackvoller und hatte schon bevor eine Medici an den Königshof an Frankreich verheiratet wurde, mehr Raffinessen und Klasse.
Leider auch heute bei Nudeln werden viele billig angeboten, aber Pasta traditionell mit Bronze gepresst hat einfach mehr Saugkraft und du hast ein schönes al dente.
Aber auch die Bindung mit Ragu und Pesto ist einfach schöner.
Danke für den herzlichen Beitrag, und schöne Impressionen-man kann nur gratulieren.
mfg
kuchenchef
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