Willkommen |
|
myGully |
|
Links |
|
Forum |
|
|
|
28.05.15, 15:52
|
#1
|
Legende
Registriert seit: Aug 2011
Ort: in der Wildnis
Beiträge: 15.519
Bedankt: 34.774
|
Autoindustrie will Fahrer aussperren
Zitat:
Benutzen, aber nicht besitzen?
Software ist aus vielen Geräten nicht mehr wegzudenken, und auch immer mehr Autos werden damit ausgerüstet - doch damit kommen ganz neue Probleme auf die Nutzer zu. Denn Software kann man üblicherweise nicht kaufen, es gibt nur ein Nutzungsrecht - und das zieht laut Herstellern einige Limitierungen beim Einsatz der Geräte nach sich.
Laut dem Autohersteller General Motors (GM) etwa gehört die Software, die in Autos mittlerweile zig Funktionen kontrolliert, nicht dem Autobesitzer, sondern GM selbst. „Wir sind der Meinung, dass die Software im Auto vom Besitzer lizenziert (sic) wird“, argumentierte ein GM-Anwalt laut einem Bericht der Website Autoblog.com bei einer Anhörung im Zuge der Revision des US-Urheberrechts Digital Millennium Copyright Act (DMCA) vor dem US-Copyright-Office.
Dabei geht es um grundlegende Software wie für die Motorsteuerung bis hin zu Sicherheits- und Unterhaltungssystemen, die von eigens gesicherten Chips (Trusted Platform Module, TPM) abgesichert werden. Diese TPMs schützen dabei laut GM die durchschnittlich 30 in einem Auto verbauten Steuergeräte vor Angriffen auf Daten (wie Ortungsdaten und Kontakte) von außen.
Nur die Hardware ist wirklich käuflich
GMs Argumentation bedeutet in weiterer Folge, dass ein Autokäufer die jeweilige Software zwar benutzen, aber nicht für seine speziellen Zwecke abändern darf. Wer ein Auto kauft, kauft also nur die Hardware wie Fenster, Türen und Schweinwerfer, ganz besitzen kann er es nach der Logik GMs aber nicht. Kritiker wie die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) argumentieren, dass damit Reparaturen oder Abänderungen abseits offizieller Werkstätten faktisch unmöglich sind, ohne gegen das Urheberrecht zu verstoßen. Zudem werde der Zugang zu notwendigen Dokumentationen erschwert.
Eine Modifikation an der Software könne die ganze Sicherheit des Autos gefährden, halten dem wiederum die Hersteller, aber auch die Generalanwältin des Copyright Office, entgegen. Käufer gebrauchter Autos müssten immer überprüfen, ob die Software im gewünschten Auto original ist oder modifiziert wurde, um bei einem Kauf etwa sicherzustellen, dass wichtige Funktionen wie die Airbags nicht deaktiviert wurden, stellt sich Jacqueline Charlesworth laut Autoblog.com auf die Seite der Hersteller.
Musikdiebstahl via Traktorsoftware?
Auch der Traktorhersteller John Deere will nicht, dass die Software seiner Fahrzeuge für alle so einfach zugänglich ist. Deere befürchtet laut einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem Copyright Office, dass die „Kreativität“ seiner Traktorsoftware missbraucht wird und sogar Musik über ein gehacktes Unterhaltungssystem seiner Traktoren unrechtmäßig kopiert werden könnte.
Auch andere Hersteller wollen Restriktionen
Nicht ganz so drastisch sehen das andere Autohersteller, doch auch sie wollen den Zugang zu ihrer Software verhindern, wie die Stellungnahmen der Auto Alliance mit Mitgliedern wie VW, BMW und Ford sowie der Association of Global Automakers zeigen. Ein restriktiver Zugang garantiere, dass Autohersteller und -zulieferer weiter in neue Software für mehr Sicherheit und mehr Umweltfreundlichkeit investieren würden, so die Autohersteller in ihren Stellungnahmen.
Sie sehen auch Überprüfungen der Software durch unabhängige Spezialisten nicht gefährdet, schon jetzt würden Industrie und Forscher bei der Verbesserung der Sicherheit von Autos zusammenarbeiten. Zudem könnten Sicherheitsforscher etwaige Lücken in der Autosoftware veröffentlichen, bevor sie diese den Autoherstellern kommuniziert haben, ohne für etwaige Folgen zu haften.
Kampf um Hoheit über Geräte
Das US Copyright Office will im Juli seine Entscheidung bekanntgeben, ob unter anderem Autosoftware vom Verbot der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen ausgenommen wird. Insgesamt 27 Punkte hat das US Copyright Office auf seiner Website für mögliche Ausnahmen angeführt, darunter auch das Entfernen von Nutzungsbeschränkungen (Jailbreaking) von „universellen mobilen Computern“ und Unlocking von Konsumentengeräten - auch zu diesen Punkten gibt es Stellungnahmen der Autofirmen.
Die breite Opposition der Autofirmen unterstreicht, wie wichtig die Autosoftware als integraler Bestandteil vieler Fahrzeuge bereits ist - und wie nervös die Firmen die Hoheit über die Geräte zu verteidigen versuchen. Schließlich geht es um eine Grundsatzentscheidung: Wie viele Rechte haben Konsumenten nach dem Erwerb an einem Gerät, und wie viel Macht haben die Hersteller über den Kauf hinaus?
Smarte Geräte verschärfen Fragestellung
Dieses Problem wird sich mit der steigenden Computerisierung von allen möglichen und unmöglichen Gegenständen auch des täglichen Alltags noch verschärfen. Zwar halten sich alternative Nutzungsmöglichkeiten etwa bei einer smarten Zahnbürste in Grenzen, bei teureren Geräten wie den derzeit immer beliebteren und teilweise sehr teuren Küchenmaschinen mit Kochfunktionen könnten zusätzliche Funktionen über Softwarehacks durchaus interessant sein.
Es gibt auch bereits Gegenbewegungen, wie etwa der Gründer des US-Reparaturnetzwerks iFixit, Kyle Wiens, in „Wired“ schreibt. Es gebe bereits Farmer in den USA, die gezielt ältere Geräte ohne Hightech kaufen, weil die Stehzeiten geringer sind - viele Farmer können die älteren Maschinen selbst reparieren und sparen so auch noch Geld. Für Autohersteller, für die auch Reparaturen mittlerweile ein wichtiger Bestandteil ihrer Umsätze sind, wohl eher ein Alptraum.
|
Quelle: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
Zitat:
Wie Firmen die Kunden austrichsen
Wie originell sind Anleitungen?
Mit dem Grad der Komplexität technischer Geräte nehmen auch die Schwierigkeiten zu, diese Geräte im Fall des Falles zu reparieren. Die dazu nötigen Anleitungen werden von vielen Firmen unter Verweis auf das Urheberrecht immer öfter unter Verschluss gehalten.
Früher sei es üblich gewesen, dass Produkte mit Bauplänen und Servicedokumentationen für Reparaturen ausgeliefert werden, so der Gründer des US-Reparaturnetzwerks iFixit, Kyle Wiens, gegenüber ORF.at. Doch im Laufe der Zeit habe das immer mehr abgenommen. IFixit, das sich darauf spezialisiert hat, Reparaturanleitungen und dazupassendes Reparaturwerkzeug im Netz anzubieten, müsse dabei sehr genau darauf achten, keine Dokumentationen der Hersteller online zu stellen, um nicht geklagt zu werden.
„Diese ständige Drohung schränkt sehr ein, was wir tatsächlich publizieren können“, so Wiens. Die verfügbaren Gratisanleitungen werden von der Community oder iFixit daher meist selbst verfasst. IFixit versteht sich als Vertreter einer Bewegung, die auf Reparatur statt Neukauf setzt. Dadurch würden einerseits Jobs gesichert und Ressourcen geschont, andererseits müsse jeder Nutzer das Recht haben, sein Gerät auch reparieren oder modifizieren zu können.
Reparaturstellen als Verkaufsabteilungen
Die Praxis, Reparaturanleitungen und Schaltpläne nicht zu veröffentlichen, gebe es auch im EU-Raum, so Sepp Eisenriegler, Geschäftsführer des Reparatur- und Servicezentrums R.U.S.Z - und das, obwohl es auf Basis von EU-Gesetzen und nationalen Normen durchaus die Verpflichtung gebe, Servicedokumentationen zu publizieren. Stattdessen würden oft nur noch bestimmte Servicestätten mit Informationen versorgt.
Diese seien aber „der verlängerte Arm der Verkaufsabteilung“ und daher nur bedingt daran interessiert, Geräte auch wirklich zu reparieren, ist Eisenriegler überzeugt. Kritiker bemängeln, dass die Hersteller auf diesem Weg auch den nachgelagerten Markt für Reparaturen für sich selbst absichern beziehungsweise den Reparaturmarkt „diktieren“.
Inhalt unterliegt nicht dem Urheberrecht
Laut Juristen ist das Urheberrecht bei Reparaturanleitungen nur bedingt anwendbar. Grundsätzlich ist zwischen Inhalt und Aufmachung zu unterscheiden. Der Inhalt, also die explizite Anleitung nach der Art „Stecken Sie Schraube B in Gewinde F“, kann demnach analog zu wissenschaftlichen Darstellungen nicht urheberrechtlich geschützt werden. Bei der Aufmachung, also den Formulierungen und etwaigen Illustrationen, kommt es auf den Grad der Originalität und damit der Kreativität des Werks an, ob dieses dem Urheberrecht unterliegt - wobei es hier durchaus entgegenlaufende Ansichten gibt.
Bildanleitungen Werke der bildenden Kunst?
Laut dem Rechtsanwalt Albrecht Haller kann die Formulierung und Gestaltung einer Anleitung zwar grundsätzlich originell sein, doch sei das Urheberrecht tatsächlich nur sehr selten anwendbar. Diese Auffassung vertritt auch sein Kollege Alfred Noll, wobei gerade kunstvoller ausgestaltete Anleitungen wie etwa jene von Ikea womöglich auch Werke der bildenden Kunst sein könnten, so Noll - das müsste im Fall des Falles aber ausjudiziert werden.
Für den Obersten Gerichtshof (OGH) ist die für den Urheberschutz unabdingbare Orginalität bei Reparaturanleitungen „eher auszuschließen“. Das Justizministerium wiederum ist der Ansicht, dass der Text einer Anleitung gar nicht „besonders“ kreativ sein muss, damit er schützbar ist - hier gebe es auch europarechtliche Vorgaben. Wie weit es tatsächlichen kreativen Spielraum gebe, sei aber im Einzelfall zu klären.
„Totschlagargument“ Urheberrecht
Eine Berufung auf das Urheberrecht kann laut Justizministerium allerdings schnell nach hinten losgehen: So könne aus kartellrechtlicher Sicht daraus der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung begründet werden. Laut Noll könnten Firmen ihrerseits mit dem Argument des unlauteren Wettbewerbs gegen online publizierte Anleitungen vorgehen. Viele Hersteller würden aber nur ungern von sich aus mit dem Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs argumentieren, weil dann jeder schnell hellhörig werde und genauer hinschaue.
Beim „Totschlagargument“ Urheberrecht würden „die Leute schnell die Finger davon lassen“, so Noll weiter. Das Urheberrecht werde oft vorgeschoben und missbraucht, meint auch Haller, auch wenn es gar nicht anwendbar sei. Mit dem Urheberrecht würden bestimmte Mindeststandards gezogen, auf die sich der Urheber berufen kann - er müsse aber nicht. „Ein Urheber kann jederzeit etwas ohne Einschränkungen für bestimmte Nutzungszwecke herausgeben, wenn er das will.“
Nutzer dürfen eigene Anleitungen online stellen
Laut den von ORF.at befragten Juristen kann ein Nutzer für eine selbst erstellte Reparaturanleitung auch auf Basis einer offiziellen, womöglich wegen ihrer Aufmachung urheberrechtlich geschützten Anleitung nicht juristisch verfolgt werden. Ein Nachbau ist also möglich. Es gebe allerdings keinen Anspruch, die nötigen Infos für eine Reparatur zu erhalten. Anspruch habe der Nutzer eines Geräts nur auf die für den üblichen Gebrauch notwendigen Informationen.
iFixit Reparatur-Anleitungen: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
Reparaturwerkstätten haben laut Judikatur durchaus ein Anrecht auch auf herstellereigene Infos wie die Bedeutung interner Fehlercodes. Mit Reparaturanleitungen und Servicedokumentationen haben sich die Gerichte bis dato noch nicht direkt beschäftigt - angesichts der aktuellen Debatte über die geplante Obsolesenz von Geräten, also die absichtliche Verringerung der Lebensdauer, bleibt abzuwarten, wie lange das so bleibt.
|
Quelle: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
|
|
|
Folgendes Mitglied bedankte sich bei TinyTimm:
|
|
Forumregeln
|
Du kannst keine neue Themen eröffnen
Du kannst keine Antworten verfassen
Du kannst keine Anhänge posten
Du kannst nicht deine Beiträge editieren
HTML-Code ist Aus.
|
|
|
Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 01:07 Uhr.
().
|