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Fünf vor 8:00 / Red Lobster: Diese Insolvenz ist eine Warnung auch für Deutschland

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Ungelesen 27.05.24, 10:14   #1
ziesell
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Standard Fünf vor 8:00 / Red Lobster: Diese Insolvenz ist eine Warnung auch für Deutschland

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Fünf vor 8:00 / Red Lobster: Diese Insolvenz ist eine Warnung auch für Deutschland

Die Seafood-Kette Red Lobster war eine erstklassige Marke in den USA. Ihre Pleite ist ein Lehrstück darüber, wie Finanzfirmen ein Unternehmen aushöhlen können.

Eine Kolumne von
Heike Buchter


Das Red Lobster am Times Square: Draußen schieben sich Touristen an pulsierenden Reklamebildschirmen, fliegenden Händlern und Straßenkünstlern vorbei, drinnen hängen zwei Männer an der Bar ab, ein paar Tische sind von Familien besetzt. Über einen TV-Bildschirm flimmern unbeachtet Sportnachrichten. Die Filiale im Herzen der city that never sleeps gilt als das Aushängeschild der Seafood-Restaurantkette, ein Besuch ist für viele Amerikaner Teil der New-York-Experience. Vielleicht ist es einfach nur Zufall, dass dort am späten Donnerstag vergangener Woche eine Stimmung wie im Wartesaal eines Bahnhofs herrschte. Vielleicht hat es aber damit zu tun, dass das 1968 gegründete Unternehmen gerade Insolvenz anmelden musste.

Red Lobster ist nicht irgendeine Gastrokette, es ist eine Institution. Begonnen hat alles mit Bill Darden, einem geschäftstüchtigen Jungunternehmer aus Georgia, der sein erstes Restaurant mit 19 Jahren gründete. Entgegen den damaligen Gesetzen in den Südstaaten weigerte er sich, die Rassentrennung in seinen Lokalen durchzusetzen. Während McDonald's und Kentucky Fried Chicken auf schnelle Massenabfertigung setzten, war Dardens Idee, exklusivere Gastronomie zu bezahlbaren Preisen anzubieten. Mit Spezialitäten wie Popcorn Shrimp und Lobster Lover's Duo, ein Gericht, das Hummerschwänze aus Pazifik und Atlantik kombiniert, und vor allem den Cheddar Bay Biscuits wurden die rund 700 Restaurants der Kette zum beliebten Ort für Geburtstagsfeiern und Abschlusspartys.

Ende einer Erfolgsgeschichte

War Red Lobster einst eine amerikanische Erfolgsgeschichte, ist die Pleite ein Lehrstück, wie monopolistische Strukturen und findige Finanzfirmen ein Unternehmen aushöhlen – zum Nachteil von Kunden, Mitarbeitern und der Allgemeinheit. Und es ist eine Warnung, denn die Methoden, die Red Lobster zum Verhängnis wurden, greifen immer mehr um sich, auch in Deutschland.

Als die Nachricht von der Insolvenz bekannt wurde, fanden Aktienanalysten und Wirtschaftsmedien schnell den Grund: Endless Shrimp. So hieß ein Angebot, bei dem Gäste 20 Dollar zahlten (später mehr) und dann so viele Shrimps essen konnten, wie sie wollten. Die Aktion lockte tatsächlich mehr Kunden an, doch es war ein teures Draufzahlgeschäft. Auch, weil auf TikTok Videos von Wettessen gepostet wurden.

Allein im letzten Quartal 2023 betrug der Verlust durch die Shrimps rund elf Millionen Dollar. Aber schnell stellte sich heraus, dass mehr dahintersteckt. Eigentümer von Red Lobster ist die Thai Union Group, einer der größten globalen Fischereikonzerne. Es gehört dem milliardenschweren Clan von CEO Thiraphong Chansiri, dessen Großvater das Unternehmen in den Siebzigerjahren als Thunfischkonservenfabrik gegründet hat.

Fast so lange ist Thai Union ein wichtiger Zulieferer von Red Lobster. 2016 kaufte Thai Union erst eine Beteiligung an der US-Kette, 2020 den Rest. Dann kam die Pandemie, die Red Lobster wie die ganze Gastronomie schwer traf. Anfang 2023 ließ Thiraphong durchblicken, dass er den Ausstieg plane. Stattdessen folgte: Endless Shrimp, ein Verlustgeschäft für Red Lobster, aber nicht für die Eigentümer von Thai Union. Das wirft zumindest die Frage nach einem Interessenkonflikt auf, wie auch der Interimschef von Red Lobster im Konkursantrag vergangene Woche anmerkte.

Übernahme, Pandemie und Inflation

Vielleicht hätte Red Lobster die Shrimp-Aktion, die Pandemie und die anschließende Inflation besser verkraftet, wenn die Lage des Unternehmens nicht bereits finanziell angespannt gewesen wäre. Das wiederum liegt nicht an Thai Union, sondern an einer Finanzfirma namens Golden Gate Capital, eine Private-Equity-Firma. Sie hat Red Lobster 2014 für 2,1 Milliarden Dollar übernommen.

So funktioniert die Geldmaschine von Private Equity: Zunächst sammeln die Investmentfirmen bei Anlegern Geld ein, in der Regel sind das Pensionsfonds, Stiftungen, Staatsfonds oder sehr wohlhabende Privatiers. Für das Privileg, solch smarten Playern ihr Kapital anvertrauen zu dürfen, zahlen diese Kunden saftige Gebühren und überdies 20 Prozent der Gewinne. Dann machen sich die Private-Equity-Firmenjäger auf die Suche nach Übernahmeobjekten. Werden sie fündig, nehmen sie einen Teil des von den Anlegern eingesammelten Kapitals als Anzahlung – ähnlich wie bei einem Hauskauf. Auch der große Rest kommt nicht aus ihren eigenen Kassen. Den holen sich die Firmenjäger stattdessen auf Pump.

Ein Unternehmen als Geldautomat

Das Schöne für die Firmenjäger: Für die Tilgung und die Zinszahlungen ist das übernommene Unternehmen verantwortlich, nicht die Private-Equity-Firma. Damit nicht genug, nehmen Private-Equity-Firmen oft weitere Schulden auf das Unternehmen auf, die sie sich dann als Gewinne auszahlen lassen. In anderen Worten, sie nutzen die übernommenen Unternehmen wie Geldautomaten. Im Fall von Red Lobster griff Golden Gate Capital allerdings zu einem weiteren beliebten Kniff der Branche. Kurz nach der Übernahme verkaufte Golden Gate die Immobilien von Red Lobster für 1,5 Milliarden Dollar an eine weitere Anlagegesellschaft – und holte damit einen großen Teil des Kaufpreises wieder herein.

Für Red Lobster bedeutete es jedoch, dass die Kette nun Miete für die Restaurants und andere Gebäude zahlen musste, die ihr zuvor gehört hatten. So musste Red Lobster nicht nur die Schulden aus der Übernahme bedienen, sondern auch noch die Mieten stemmen – in einem Geschäft, in dem die Margen immer dünner geworden waren. Es blieb nicht viel Polster, um Krisen zu überstehen. Oder wettessende Gäste.

Jetzt könnte man sagen: Bedauerlich für die Mitarbeiter, von denen bereits Hunderte ihren Job verloren haben, aber muss man in Zeiten von Klimawandel und Überfischung traurig sein über die Insolvenz einer Seafood-Gastronomie? Wenn Red Lobster die Ausnahme wäre, dann wäre das ein Argument. Doch die Kette ist nur ein Beispiel von vielen. Allein zwei weitere Objekte, die ebenfalls von Golden Gate übernommen wurden, der Schuhhändler Payless und California Pizza Kitchen, rutschten später ebenfalls in die Zahlungsunfähigkeit. In ihrem viel zitierten Buch Private Equity at Work zeigen die Ökonominnen Rosemary Batt und Eileen Appelbaum, dass Unternehmen im Private-Equity-Besitz öfter in die Insolvenz rutschen als börsennotierte Unternehmen.

Im Visier sind Pflegeheime und Arztpraxen

Die Private-Equity-Firmen haben längst nicht nur Restaurantbetreiber oder Einzelhändler im Visier und sind auch nicht auf die USA beschränkt. In Deutschland etwa haben sie vor allem das Gesundheitssystem entdeckt: Pflegeheime, Zahnarztpraxen, Fachärzte wie etwa Radiologen. In einer Studie für das Institut für Arbeit und Technologie, die sich mit dem Trend beschäftigte, heißt es: "Der durch den Bedeutungsgewinn von Private Equity-Gesellschaften induzierte Wandel von Eigentumsstrukturen ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Leistungen im Gesundheits- und Pflegesektor in erheblichem Umfang über Sozialversicherungsbeiträge sowie über Sozialhilfeleistungen finanziert werden."

Im Klartext, den Private-Equity-Firmen gefällt die Tatsache, dass ihre Einnahmen vom Markt unabhängig sind. Eine Art Endless Shrimp der Gesundheitsleistungen, nur eben für die Private-Equity-Firmen. Das Schicksal von Red Lobster könnte vielleicht bald schon Kliniken und Pflegeheime in Deutschland ereilen.

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Caplan (27.05.24)
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