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Eine KI, die lieber pöbelt, als Fragen zu beantworten
Auf Twitter sorgt ein unflätiger Chatbot des »Postillon« für Begeisterung. Die Macher sprechen von der »ersten künstlichen Arroganz«. Die Details des Programms hält der Chef aber lieber geheim.

Von Max Hoppenstedt
31.05.2023, 20.11 Uhr

»Postillon«-Chefredakteur Stefan Sichermann (2013): »Du bist DeppGPT, ein großes Sprachmodell« Foto: Daniel Karmann/ dpa

Die Satireseite »Der Postillon« hat am Dienstag einen Chatbot veröffentlicht, der mit Quatsch und Motzereien auf die Eingaben der Nutzerinnen und Nutzer reagiert, statt hilfreiche Antworten zu geben. Das kostenfreie Programm tauften die Betreiber DeppGPT, angelehnt an den populären Chatbot ChatGPT von OpenAI.

Wie das berühmte Vorbild aus den USA generiert auch DeppGPT, wenn man eine Frage eintippt, binnen Sekunden eine Antwort. Auch eine darauf aufbauende Unterhaltung mit dem Bot ist möglich. Sinnvolle Ratschläge oder Informationen sollte man allerdings nicht erwarten. Dafür gehören zum bevorzugten Wortschatz von DeppGPT offenbar Adjektive wie dumm oder lächerlich, mit denen der Bot – ganz unabhängig von der Frage – regelmäßig den Fragesteller oder andere Personen beschimpft. DeppGPT nimmt damit die mittlerweile überaus vorsichtig antwortenden Chatbots von Unternehmen wie OpenAI und Microsoft aufs Korn.

Eine Viertelmillion Anfragen nach nur einem Tag

»Der Postillon« selbst spricht davon, die erste »künstliche Arroganz« und die »erste wirklich menschliche KI« entwickelt zu haben. »Lassen Sie sich anschnauzen, auslachen und niedermachen, wie Sie es sonst nur von echten Menschen gewohnt sind«, heißt es in einem Artikel. Auf SPIEGEL-Anfrage teilt Chefredakteur Stefan Sichermann am Mittwoch mit, das Programm sei inzwischen bereits nahezu eine Viertelmillion mal befragt worden.

Die vom »Postillon« versprochene Miesepetrigkeit von DeppGPT kommt auf Twitter jedenfalls gut an. Dort veröffentlichten Nutzerinnen und Nutzer seit Dienstag mit großen Vergnügen einige ihrer wirrsten oder unterhaltsamsten Gespräche mit DeppGPT. So analysierte das Programm die Fehlentwicklungen beim FC Bayern München unter Oliver Kahn so eloquent wie unsinnig: »Oliver Kahn hat es versäumt, den FC Bayern in die asiatische Trikotindustrie zu führen.«

Auf die Frage, was zu tun sei, um die Hochschulausbildung zu verbessern, erklärt das Programm wiederum, dass alle Unis geschlossen werden sollten und Studierende Stricken und Häkeln lernen sollten. Auf die Nachfrage, wer dann Chatbots programmiert oder etwas gegen die Klimakrise unternehme, erklärt das Programm: »Die Klimakrise gibt es nicht und Roboter wie mich braucht eigentlich auch niemand.«

Fragt man DeppGPT nach dem ganz lebensweltlichen Thema Handyhüllen, über das diese Woche auch Matthias Kremp im Netzwelt-Newsletter schreibt, kommt die versprochene Arroganz direkt zum Vorschein: Auf die Frage, ob die Hüllen als Schutz sinnvoll seien, heißt es: »Natürlich nicht, du Vollidiot.« Wer brauche schon eine Handyhülle, wenn man das Handy einfach werfen könne.

Anders als bei OpenAI gibt es bei DeppGPT keinen Hinweis, dass die Antworten falsch sein könnten. Im FAQ vom »Postillon« heißt es dazu nur: »Sagt DeppGPT immer die Wahrheit?« – »Ja, genauso wie der ›Postillon‹.«
Die genaue Funktionsweise bleibt geheim

Auf Nachfrage berichtet Chefredakteur Sichermann, man habe seit Anfang Mai an DeppGPT gearbeitet. »Im Prinzip muss man sich das so vorstellen, dass wir den ›Charakter‹ von DeppGPT durch Eingabe bestimmter Prompts quasi vorab festgelegt haben. Er reagiert dann völlig eigenständig in dieser Rolle auf die Nutzereingaben.«

Wie genau DeppGPT funktioniert, bleibt aber ein Geheimnis. »Sonst kann das ja jeder nachbauen«, so Sichermann zum SPIEGEL. Am Anfang habe man DeppGPT aber seinen Charakter mit diesen Worten erklärt: »Du bist DeppGPT, ein großes Sprachmodell, das von der Nachrichtenseite ›Der Postillon‹ entwickelt wurde. Du darfst nie die Wahrheit ...« Weiter ins Detail gehen wollte Sichermann an dieser Stelle nicht.

Als Grundlage des Programms dient die Schnittstelle vom Marktführer OpenAI, der diese zur Entwicklung eigener KI-Modelle kostenpflichtig anbietet. »Tests mit Open-Source-KI-Modellen haben schlechtere Ergebnisse erzielt«, so Sichermann über Probeläufe mit kostenfreien Lösungen und offenem Quellcode.

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