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17.12.20, 10:28
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Das «unterschätzte Virus»: Wie Deutschland sehenden Auges in die «Corona-Katastrophe»
Zitat:
Kommentar
Das «unterschätzte Virus»: Wie Deutschland sehenden Auges in die «Corona-Katastrophe» schlitterte
Seit zehn Monaten grassiert die Pandemie, seit zehn Monaten debattieren deutsche Politiker über Massnahmen dagegen. Effiziente Prävention blieb dabei auf der Strecke. Das Resultat ist der zweite harte Lockdown.
Christoph Prantner, Berlin
13.12.2020, 20.24 Uhr
Bernd von Jutrczenka / Reuters Der Regierende Bürgermeister Berlins Michael Müller, Kanzlerin Angela Merkel, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und Finanzminister Olaf Scholz am Sonntag in Berlin.
Vor knapp zwei Wochen hat der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer im «Morgenmagazin» des ZDF einen Satz geprägt, der für die Bewertung des gegenwärtigen Pandemie-Managements in Deutschland zentrale Bedeutung hat: «Wir haben dieses Virus unterschätzt – alle miteinander.» Damals waren sein Freistaat und die Bundesrepublik noch weit entfernt von dem harten Lockdown, wie er diesen Sonntag beschlossen worden ist. Bis zur jetzigen Korrektur der so offen zugegebenen Fehleinschätzung infizierten sich weitere Zehntausende Menschen. Tausende starben mit dem Coronavirus.
Die wohlfeile Einschätzung, dass alle im Nachhinein immer klüger seien, ist nicht nur in Corona-Zeiten banal. Politik kann grundsätzlich nur mit Annäherungswerten operieren. Sie muss bei der Bekämpfung einer Pandemie auf Virologen hören, aber ebenso auf Ökonomen, Juristen, Seniorenverbände oder Eventveranstalter. Dass sich in diesem institutionalisierten Interessenausgleich nicht immer maximal wirksame Lösungen realisieren lassen, liegt in der Natur der Dinge. Aber auch die grössten Schwierigkeiten, eine ausgewogene, gesellschaftlich akzeptable Therapie zu finden, entschuldigen Schlampereien in der Prophylaxe nicht.
«Die ruhigen Monate im Sommer wurden nicht genutzt»
Solche müssen sich Bund und Länder – und zwar ungeachtet der zuweilen schwierig einzuschätzenden Sachlage – tatsächlich vorhalten lassen: Das Virus mag von allen unterschätzt worden sein, aber selbst im Kampf gegen diesen unterbewerteten Gegner wurden «die Prävention in den vergangenen Monaten sträflich vernachlässigt, die ruhigen Monate im Sommer nicht genutzt». Das sagte der Bremer [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Auch Innenminister Horst Seehofer liess mit «Wut im Bauch» wissen, dass es zehn Monate nach Beginn der Pandemie viele Versäumnisse anzuprangern gibt.
Noch immer sind die Testkapazitäten in Deutschland nicht ausreichend, die Teststrategie ist erratisch. In den meisten Gesundheitsämtern ist die Nachverfolgung von Kontakten Infizierter nicht mehr – oder nicht mehr lückenlos – möglich. Die deutsche Corona-App ist womöglich unter Gesichtspunkten des Datenschutzes Weltklasse, für eine effiziente Bekämpfung der Pandemie allerdings so gut wie unbrauchbar. In Alters- und Pflegeheimen kommt es, obwohl diese seit März als Hotspots mit besonders schwerwiegenden Folgen bekannt sind, noch immer zu höchsten Ansteckungsraten. Die Einschränkungen des «Lockdown light» aus dem November wurden in Grossstädten wie in ländlichen Regionen bestenfalls lasch kontrolliert.
Wenn es ein Symbolbild für das Versagen der deutschen Politik gibt, dann sind es die Schüler, die mit Mützen, Schals und dicken Jacken bei offenen Fenstern in den Klassenzimmern sitzen müssen, weil eine der weltweit führenden Industrienationen es nicht geschafft hat, den Sommer zu nutzen und einen einigermassen pandemiegerechten Schulbetrieb sicherzustellen.
Nicht wegen des unterschätzten Virus, sondern wegen dieser Versäumnisse wird neben einer Welle von neuen Infektionen auch eine enorme Welle von Kosten über Deutschland hereinbrechen – menschlich wie wirtschaftlich. Finanzminister Olaf Scholz hat am Sonntag von 11 Milliarden Euro gesprochen, die nun pro Monat zusätzlich nötig sind, um die ärgsten Konsequenzen der Corona-Katastrophe abzufedern. Den vielen Menschen, die spätestens mit dem zweiten harten Lockdown vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, ist damit nicht mehr geholfen. Den vielen Menschen, die ihre Lieben verloren haben oder noch verlieren werden, ebenso wenig.
Politiker bezeichnen Corona gerne als «Katastrophe». Dass nicht alles unternommen wurde, um diese zu beschränken, ist ebenso eine.
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