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Jugendamt: Die verlorenen Kinder !

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Ungelesen 27.05.24, 19:13   #1
ziesell
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Standard Jugendamt: Die verlorenen Kinder !

Zitat:
Jugendamt: Die verlorenen Kinder !

Wie stellt man fest, ob Kinder missbraucht werden? Eine Einrichtung, die sie eigentlich schützen soll, steht im Verdacht, gefährliche Methoden anzuwenden. Die Geschichte eines Skandals Von Lena Niethammer



I. Mia wippt

Als wir vor ein paar Wochen telefonieren, erzählt mir der Supermarktverkäufer Peter Vogel, dass er beginne, seine Frau Tatjana zu beneiden. Jeden Abend liegen sie im Bett, er rechts, sie links, und reden darüber, wie es wäre, hätten sie die Kinder zurück: Was würden wir spielen? Was ihnen erzählen? Dann schlafen sie ein, und in ihren Träumen – nicht jede Nacht, aber sicher jede zweite – sieht Tatjana sie.

Morgens erzählt sie Peter von den Träumen. Später erzählt sie auch mir von ihnen. Es seien Alltagsszenen, wie sie sie hätten erleben können. Er, der mit den Älteren durch den Garten tobt, während es regnet. Alle werden nass und schmutzig, und Tatjana jagt sie in die Badewanne. Oder wie sie versuchen, die Kinder mal früher ins Bett zu bringen, sich aber breitschlagen lassen, noch eine kleine Party in der Küche zu schmeißen.

"Ich wünschte, ich könnte sie auch sehen", sagt Peter leise ins Telefon. "Bevor ich einschlafe, sage ich immer: Gute Nacht, Kinder, kommt doch heute in meine Träume. Aber sie kommen nicht."

Es ist schon spät. Er klingt müde, zerbrechlicher als sonst. Im vergangenen Jahr hatte er mehreren Anwälten und einer Beratungsstelle ihren Fall vorgelegt, in der Hoffnung, dass einer erkenne, dass ihnen Unrecht geschehen war. Dass sie keine Kinderschänder waren, sondern Eltern, die ihre Kinder liebten. Nur lehnten alle ab, sobald sie einen Blick in die Akten warfen.

Auch ich erschrak, als ich sie das erste Mal las. So eindeutig erschien, was die Kinder in der Diagnostikeinrichtung KiD ausgesagt hatten. Vermutlich hätte ich die Akten einfach weggelegt, hätten mich die Vogels selbst kontaktiert. Aber mich hatte ein Informant aus der Justiz auf sie hingewiesen, mit der Bitte, mir die Arbeitsweise von KiD, das für Jugendämter überprüft, ob Kindern daheim Leid angetan wird, genauer anzuschauen, etwas stimme dort nicht.

2019 hatte das Jugendamt vier der sechs Kinder der Vogels monatelang dort untergebracht, wie es das oft macht, wenn es nicht sicher ist, wie es mit Kindern weiterverfahren soll. Die Einrichtung beschuldigte dann die Vogels sowie eine weitere Familie, gemeinsam ihre insgesamt elf Kinder sexuell missbraucht und dabei gefilmt zu haben. Alle Kinder werden in Obhut genommen, zwei Sorgerechtsverfahren am Familiengericht Köln eingeleitet. In dem einen Fall entschied das Gericht, die Kinder zurückzugeben. Es glaubt, die Einrichtung hätte sich in etwas hineingesteigert. Im anderen Fall, dem der Vogels, entzieht eine Richterin den Eltern das Sorgerecht.

Zwei Fälle, eine angebliche gemeinsame Tat, und doch erhielt eine Familie ihre Kinder zurück und die andere nicht – wie kann das sein?

Als wir uns im September 2022 zum ersten Mal sehen, sitzen Peter und Tatjana Vogel, er 35, sie 32, an ihrem Küchentisch in einem schmucklosen Einfamilienhaus in Katzwinkel, eine Stunde von Köln entfernt. Ihr Deutsch ist so schlecht, dass wir die Hilfe einer russischen Übersetzerin brauchen.

Während Peter erst mit Wut, dann mit Verzweiflung auf den Verlust der Kinder reagierte, wirkt Tatjana seitdem wie implodiert, ihre Mimik erstarrt, die Augen weit aufgerissen. Beide waren als Teenager, er mit 17, Tatjana mit 13, aus Kasachstan hierhergekommen. Er erzählt, dass sie sich an seinem ersten Tag in Deutschland kennenlernten, in einer Notunterkunft in Köln. Tatjana fiel gleich sein hübsches Gesicht auf, die großen, freundlichen Augen, das warme Lächeln. Am zweiten Tag sprach er sie an. Von da an waren sie immer zusammen. Er begann, in einem russischen Supermarkt zu arbeiten, sie besuchte noch ein paar Jahre die Hauptschule, kann im Gegensatz zu Peter lesen, setzte dann mit 18 ohne sein Wissen die Pille ab, als die Sehnsucht nach einem Kind zu groß geworden war.

Sie führen mich durch die leeren Kinderzimmer im ersten Stock. Sie kauften das Haus mithilfe eines Kredits, als die Kinder schon weg waren, hofften, dem Jugendamt so zeigen zu können, dass sie ihnen nur das Beste bieten. Auf seinem Handy suchen sie Bilder der sechs: Da ist Lydia (heute 14, alle Kindernamen im Text geändert), die Schüchterne, Max (13), der einzige Junge, und Nadja (10), Papas Prinzessin. Da sind Jana (5) und Ewa (4), die beiden Jüngsten, die einzigen, die die Vogels noch alle paar Monate sehen dürfen. Und da ist Mia (11), mit der alles begann. Mit der Frage: Warum wippt sie?

Die Vogels sagen, Mia sei schon immer anders als der Rest gewesen: ein Wirbelwind, draufgängerisch und undurchschaubar. Fotos aus der Zeit vor der Diagnostikeinrichtung zeigen eine Sechsjährige mit schulterlangem braunem Haar und großen grünbraunen Augen. Auf allen Bildern hat sie diesen intensiven Blick direkt in die Kamera, fast so, als würde sie nie blinzeln.

Das mit dem Wippen begann kurz nach ihrer Geburt. Zunächst war es ein sanftes Hin-und-Her-Wiegen beim Trinken. Als sie sich aufrichten konnte, schwankte sie mit dem ganzen Oberkörper, im Sitzen von vorn nach hinten, im Stehen von links nach rechts.

In der Medizin nennt sich solch ein monotones rhythmisches Schaukeln Jactatio corporis. Viele Kleinkinder zeigen es. Es gibt verschiedenste Ursachen, darunter auch schwerwiegende wie Autismus, Vernachlässigung, kognitive Behinderung, manche Kinder entwickeln es in Heimen, um sich selbst in den Schlaf zu wiegen. Oft verschwindet es mit den Jahren wieder.

Als die Vogels einen Kinderarzt danach fragten, beruhigte er sie. Es sei nur eine Gewohnheit, mit der sie sich entspanne, und würde sich verwachsen. Aber sie verwuchs sich nicht, und je älter Mia wurde, desto mehr beunruhigten auch andere ihre Eigenarten.

Manchmal habe sie ohne ersichtlichen Grund aufgelacht, erinnert sich ihre Großmutter, dann wieder andere Kinder geschlagen und sich darüber amüsiert. Die Schule dokumentierte, dass Mia Emotionen "weder äußern noch zuordnen" könne. Ihr Gesicht sei starr, der Blick leer. Und selbst eine Psychiaterin, zu der die Vogels sie brachten, wurde nicht aus ihr schlau. Einerseits sei das Mädchen "innerlich haltlos und verunsichert", andererseits voller "Ressourcen und Kompetenzen", schrieb sie in ihrem Bericht. Neben der Jactatio corporis leide sie an einer Sprachentwicklungsstörung, und ihre Schwingungsfähigkeit, also die Fähigkeit, Gefühle zu zeigen, die einer Situation angemessen sind, sei stark eingeschränkt. Sie sah Mia "von seelischer Behinderung bedroht". Sie schrieb auch: "Es entsteht der Eindruck eines erlittenen Traumas."

Es war die Schule, die das Kölner Jugendamt involvierte. Das wiederum beauftragte zwei Familienhilfen, die sechs Stunden pro Woche bei den Vogels vorbeischauten. Lehrer hatten berichtet, dass auch Mias ältere Geschwister Verhaltensauffälligkeiten zeigten: Lydia sei weinerlich, Max wolle stets auf seine Schwestern aufpassen, außerdem verbrachten die Kinder alle Pausen miteinander, suchten zu anderen kaum Kontakt. Die beiden Frauen sollten die Eltern in Erziehungsfragen anleiten, vor allem aber sollten sie herausfinden: Was genau war mit der Familie los?

Es dauerte nicht lange, bis die Frauen eine Fährte aufnahmen. Eine Integrationshelferin aus Mias Schule hatte dem Jugendamt von einem eigenartigen Gespräch mit dem Mädchen berichtet. Später wird sie auch der Polizei davon erzählen. Sie und Mia seien beim Mittagessen gewesen, heißt es in dem Vernehmungsprotokoll. Da habe das Mädchen erzählt, dass zwei Männer bei ihnen zu Hause geklopft hätten. Die Integrationshelferin fragte, ob Mia die beiden gekannt habe. Mia verneinte und sprach dann von einem Spiel, dass sie mit den Männern gespielt habe. Was sei das für ein Spiel, wollte die Integrationshelferin wissen. Können wir das auch mal spielen? Nein, sagte Mia. Das gehe nicht. Dann, halb auf ihrem Stuhl kniend, machte das Mädchen eine Bewegung, als würde sie ein T-Shirt ausziehen, sie fasste es unten am Bund an, zog dann die Hände am Körper hoch bis zum Kopf. Sie sagte, bei dem Spiel müsse man sich auf den Boden legen, dann passiere etwas mit Seilen, die würden gebunden, und dann seien sie und Lydia von den Männern am Bauch gekitzelt worden.

Der Polizei sagte die Integrationshelferin, sie hätte gleich so ein starkes Gefühl gehabt, "dass da irgendwas nicht stimmt". Und auch die Mitarbeiter des Jugendamtes fragten sich: Kann es sein, dass Mia hier Szenen sexueller Gewalt schilderte? Waren die Kinder deshalb so auffällig?

Die Integrationshelferin dokumentierte noch zwei weitere Gespräche mit Mia, die ihr verdächtig vorkamen – einmal erzählte das Mädchen, ihr Vater hätte die Geschwister geschlagen, nur bei ihr würde er das nie machen; ein anderes Mal, er habe sie auf den Boden gelegt, damit die Hunde sie hätten ablecken können. Aber der Polizei erzählte die Frau auch, dass sie Mia oft beim Lügen erwischt habe, selbst bei Nichtigkeiten. Sie hätte noch versucht, mit ihr daran zu arbeiten, "auch was das für Konsequenzen haben kann".

Die Berichte des Jugendamts aus den Monaten danach lesen sich wie eine Phantomjagd. Mal vermuteten die Familienhilfen, dass "etwas" donnerstags geschehe, da die Eltern den Kindern da häufig Geschenke mitbrachten. Dann erschien ihnen der Schrebergarten der Familie verdächtig, weil Mia verstärkt gewippt habe, als es um den Garten ging. Sowieso bemängelten sie das "wenig emotionale Verhalten" der Eltern. Gerade Tatjana "zügle das Verhalten der Kinder lediglich mit Blicken, auf die die Kinder sofort reagieren würden". Doch keines der anderen Kinder bestätigte Mias Geschichten oder berichtete selbst Verdächtiges. Und als die Familienhilfen Mia und Lydia zu einer Gynäkologin brachten, konnte die nichts Ungewöhnliches feststellen.

Die Vogels, die noch nichts von dem Verdacht wussten, fühlten sich mit der Zeit regelrecht schikaniert. Die Frauen tauchten nun auch unangekündigt auf, selbst spätabends und am Wochenende. Die Eltern reagierten mit Trotz. Bei Gesprächen verließ Peter mehrmals den Raum. Manchmal öffneten die Vogels die Tür nicht. Nach acht Monaten erklärten sie, dass sie nicht weiter mit den Familienhilfen zusammenarbeiten würden. Kurz darauf beantragte das Jugendamt beim Familiengericht, die vier älteren Kinder für sechs Monate stationär in eine Diagnostikeinrichtung zu geben. Es müsse endgültig geklärt werden, ob ihnen daheim etwas passiere.

Die Diagnostikeinrichtung KiD (kurz für "Kind in Düsseldorf") existiert seit 1994. Claus Gollmann, ihr Gründer und Leiter, ein Sozialpädagoge und Kinder- und Jugendpsychotherapeut, wollte mit ihr einen Ort schaffen, an dem Kinder Zeit und ein sicheres Umfeld haben, um sich zu öffnen. Gollmann hatte zuvor in einer Kinderschutzambulanz gearbeitet, aber sich nie daran gewöhnen können, dass er Kinder, nachdem sie ihm von Missbrauch und Misshandlungen erzählt hatten, zurück nach Hause schicken musste.

In knapp 30 Jahren passieren über 600 Kinder aus ganz Deutschland das KiD. Sie bleiben in der Regel sechs bis acht Monate im KiD, gehen in Düsseldorf zur Schule und sollen regelmäßig von ihren Eltern besucht werden können. Der Diagnostikprozess besteht aus fünf Komponenten: Gespräche mit den Eltern, um herauszufinden, welche familiären Dynamiken greifen. Einer Psycho-Diagnostik, bei der die Kinder psychologischen Tests unterzogen werden. Einer Trauma-Diagnostik, bei der ein Therapeut in wöchentlichen Gesprächsterminen versucht, herauszufinden, was den Kindern passiert ist. Einer Therapie, die die Kinder währenddessen stabilisieren soll. Und aus dem Gruppenalltag, der den Pädagogen Aufschluss über Verhaltensauffälligkeiten gibt.

Zusätzlich verfügt KiD über eine Wohngruppe in Düsseldorf, in der einige der Kinder, die nach der Diagnostik nicht zu ihren Eltern zurücksollen, bis zur Volljährigkeit betreut werden. Ab 2009 expandierte Gollmann sein Diagnostik-Konzept, vergleichbar mit einem Franchise. Es entstanden KiD-Häuser in Hannover, Hamburg und Berlin, die mittlerweile wieder geschlossen wurden.

Die Vogels durften ihre Kinder in den ersten Wochen zweimal im KiD besuchen, je für ein paar Stunden. Max und Nadja kamen ins Haupthaus in Düsseldorf. Mia und Lydia in den Berliner Ableger. Nur Jana, damals knappe acht Monate alt, blieb bei ihren Eltern.

Dann, nach nur drei Wochen, verhängten die Mitarbeiter eine Kontaktsperre zu den Eltern, "da die Kinder bisher auf Telefon- und Besuchskontakte sehr aufgewühlt und emotional reagiert" hätten, so ein Protokoll.

Vier Tage später, am 16. Dezember 2019, schrieb das Jugendamt dem Familiengericht, die "Anhaltspunkte für sexuellen Missbrauch verdichten sich". Das Wohl des in der Familie verbliebenen Kindes, die acht Monate alte Jana, könne nicht mehr sichergestellt werden.

Am 19. Dezember 2019 erhielt Tatjana einen Anruf vom Jugendamt Köln. "Sie sagten: Lydia hat Ihnen ein Geschenk gebastelt, kommen Sie vorbei", erzählt sie. Als sie mit Jana eintraf, standen ein Taxi, ein Gerichtsvollzieher und die Polizei vor dem Jugendamt. Peter, der eine halbe Stunde nach Tatjana ankam, sah seine Frau nur noch mit leerem Kinderwagen die Straße entlanglaufen. Jana wurde in eine Pflegefamilie gegeben.

Es folgten Monate, in denen die Vogels immer tiefer fielen. Im Januar leitete die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs gegen sie ein. Im Februar durchsuchte die Polizei ihre Wohnung, beschlagnahmte Handys, Computer, Laptops. Im April, als die damals hochschwangere Tatjana mit geplatzter Fruchtblase ins Krankenhaus eingeliefert wurde, nahm ihr das Jugendamt das Baby noch im Kreißsaal weg. Sie erinnert sich, wie sie nach dem Kaiserschnitt auf dem Operationstisch lag, während eine Pflegerin das Baby in ein Laken wickelte, ihr einen Moment seitlich neben das Gesicht hielt und dann aus dem Raum brachte. Auch Ewa, wie die Vogels ihre Jüngste nennen, wurde in eine Pflegefamilie gegeben. Tatjana sah sie erst Wochen später bei einem Besuch wieder.

Als dann im Juni 2020 ohne Vorwarnung auch die fünf Kinder von Peters Schwester Linda und ihrem Mann Igor Volkov (Namen geändert) in Obhut genommen wurden, erreichte die Eskalation ihren vorläufigen Höhepunkt. Erstmals erfuhren die Vogels, was die Kinder konkret in der Einrichtung gesagt haben sollen.

"Da steht es", sagt Peter bei einem unserer Treffen. Vor ihm liegt ein weißer DIN-A4-Ordner, in dem alle Schreiben von Jugendamt und Gericht abgeheftet sind. Tatjana zieht ein Papier aus der Klarsichthülle und reicht es mir.

Es ist eine Auflistung aller Vorwürfe, aufgeschrieben vom Jugendamt. Ihre Kinder hätten demnach gesagt, dass sowohl sie als auch die Kinder der Volkovs von einem Familienfreund missbraucht worden seien. Es geht um Oral- und Vaginalverkehr, um Fäkalienessen, um Kinderpornografie. Peter und Tatjana Vogel seien dabei gewesen, hätten auch Aufnahmen davon gemacht. Die Volkovs sollen von allem gewusst haben.

Die Vogels sagen, natürlich seien sie keine perfekten Eltern gewesen, hätten auch ihre Fehler gehabt. Er, der immer so ängstlich war, die Fenster im Plattenbau abschloss, nicht wollte, dass die Kinder allein rausgingen, und sich insgeheim freute, dass Lydia nicht gleich eingeschult wurde, weil sie sie so noch etwas länger für sich hatten. Und sie, die immer entweder schwanger war oder ein Kleinkind zu versorgen hatte. Sie frage sich schon manchmal, ob die Älteren zu kurz gekommen seien, sagt Tatjana einmal zu mir.

"Aber davon", Peter zeigt auf das Papier, "davon stimmt nichts."

Die Vogels sind überzeugt, dass das Jugendamt versuche, ihnen etwas anzuhängen. "Weil wir gegen deren Regeln aufbegehrt haben", sagt Peter. Dann wieder überlegen sie, ob an bestimmten Dingen ein Funke Wahrheit sein kann. Haben wir die Kinder vielleicht mal in der Badewanne fotografiert? Könnte ihnen woanders etwas passiert sein?

Noch heute fällt es den Vogels schwer, über die nachfolgenden Wochen zu reden. In dem Plattenbau, in dem damals sowohl sie und Peters Mutter als auch die Volkovs lebten, sprach sich herum, dass sie ihre Kinder missbraucht hätten. Die Volkovs warfen ihnen vor, dass wegen Mias Märchen nun auch ihre Kinder weg seien. Peters Mutter erzählt, dass Tatjana nur noch weinte, während Peter meist apathisch auf der Couch saß. Einmal erwischte sie ihn auf dem Balkon, ein Bein schon über der Brüstung.

Eines Nachts klingelten zwei Männer aus der Nachbarschaft an ihrer Tür. Einer bedrohte Tatjana mit einem Messer, der zweite verprügelte Peter in der Küche. Tatjana, die sich losreißen konnte, holte Hilfe. Die Polizei nahm die Männer fest. Noch zusätzlich verängstigt, weil die Beamten ein Gewehr in deren Auto fanden, legte Peter eine Matratze in ihren Minivan. Über Monate schliefen sie auf dem Parkplatz vor dem russischen Supermarkt und warteten auf Neuigkeiten vom Familiengericht. Ihre Kinder wurden währenddessen in ein Wohnheim in Wolfenbüttel verlegt. Statt ihrer sollten nun drei der fünf Volkov-Kinder im KiD diagnostiziert werden. Nur kam es diesmal anders.

II. Niemand glaubt mir

Im August 2020 erhielt die Rechtspsychologin Lea Golpe (Name geändert) einen Anruf. Eine Richterin vom Kölner Familiengericht wollte sie im Fall der Volkovs beauftragen. Golpe, eine große blonde Frau, die als kompetent und gut vernetzt in ihrem Fach gilt, sollte ein Gutachten über die Familie für deren Sorgerechtsverfahren anfertigen. Sie notierte, dass die Richterin bat, darin "besonders die Frage eines sexuellen Missbrauchs" zu beleuchten.

Da Gutachter an Familiengerichten der Schweigepflicht unterliegen, darf Golpe nicht über ihre Arbeit reden, in ihrem Gutachten aber dokumentierte sie ihr Vorgehen genau, jedes geführte Gespräch, jedes gelesene Dokument.

Nachdem sie den Fall angenommen hatte, las sie demnach die Gerichtsakte. Zwar stützte sich der Verdacht, dass auch die Kinder der Volkovs missbraucht worden waren, bisher allein auf die Aussagen der Vogel-Kinder, doch die hielten die Fachkräfte des KiD für "sehr glaubwürdig". Außerdem wurden die Kinder der Volkovs als überangepasst beschrieben, geprägt von Angst und Geheimhaltungsdruck.

Doch schon als Golpe die Eltern traf, Linda und Igor Volkov, ebenfalls kasachischer Herkunft, einmal bei sich im Büro, zweimal bei ihnen daheim, passte ihr Eindruck nicht zu den Vorwürfen.

Linda Volkov erinnert sich noch, wie Golpe ihre Wohnung mit einer Übersetzerin betrat und prüfend durch die Zimmer schritt, mit einem Finger über die Möbel gleitend. Golpe sei die erste Person gewesen, bei der sie das Gefühl hatte, sie würde sich erst selbst einen Eindruck verschaffen und dann urteilen, sagt sie.

Golpe beschreibt die Volkovs in ihrem Gutachten als Paar, das von Stress und Sorge gezeichnet war. Im Grunde verstünden sie gar nicht, worum es gehe. Von Peter und Tatjana Vogel sprächen sie liebevoll, erzählten, wie nah sich die Familien waren, die Kinder fast wie Geschwister. Sie sagten, die Mitarbeiter der Diagnostikeinrichtung täten, als würde es den Kindern dort gut gehen, aber sie würden doch merken, wie verändert sie seien. Ronja musste schon wegen Luftnot im Krankenhaus behandelt werden. Kira säße nur noch in einer Schutzhaltung da.

Einmal hörte Golpe bei ihnen einen Anruf vom Jugendamt mit. Eine Frau warf der Mutter vor, Druck auf die Kinder ausgeübt zu haben, weil sie ihnen bei einem Besuch versprochen hatte, dass es nicht mehr lange dauere, bis sie zurück nach Hause könnten. Sie müsse den Kindern doch irgendetwas sagen, entgegnete Volkov und weinte. Die Kinder würden sich bei der Verabschiedung an sie klammern, schreien, weinen. "Wie soll man das verkraften?"

Am 30. November 2020 saß Golpe dann erstmals einem Kind der Volkovs gegenüber: Ronja, 11 Jahre, die älteste Tochter. Das Mädchen hatte sich in eine Decke gewickelt, die seine Mutter ihm mit ins KiD gebracht hatte. Es sagte, nach 20 und nach 43 Tagen hätten die Eltern es erstmals dort besuchen dürfen. Es wisse das genau, es sei jetzt seit 173 Tagen nicht mehr zu Hause, es zähle jeden Tag.

Wie es denn daheim gewesen sei, fragte Golpe, die das Gespräch aufnahm und in ihrem Gutachten paraphrasierte.

Ronja erzählte, dass sie gerne male und dass ihre Mutter ("Die Beste, die es gibt!") einen Ordner habe, in dem sie alle Bilder von ihr aufbewahrte, selbst "Krickel-Krakel-Bilder". Sie erzählte von ihrem Hamster Mandarinchen und von den leckeren Spiegeleiern, die ihr Vater morgens mache, die sie liebe, obwohl sie Eier gar nicht so gerne möge. Sie sagte, dass auch Onkel Peter und Tante Tatjana sehr nett seien. Sie hätte sich besonders mit ihrer Cousine Lydia verstanden. Sie sei so traurig gewesen, als der Onkel und die Tante ihre Kinder hätten abgeben müssen. Sie erinnere sich noch genau, dass Lydia eine weiße Jacke und eine Mütze getragen habe, als sie sie wegbrachten. Sie habe ihr gewunken.

Und wie gefalle es ihr im KiD, nun da sie selbst da sei, fragte Golpe.

Das Essen sei nicht gut, sagte das Mädchen, die Zimmer "voll hässlich, bunt und alt", und in der Gruppe sei es immer laut. Sie könne "jede Nacht nicht schlafen", weil sie sich Gedanken mache, wie es weitergehen werde. Manchmal erzähle sie ihren Kuscheltieren, wie sehr sie nach Hause wolle, das helfe ein bisschen. Die Kuscheltiere würden ihr glauben, "nicht wie alle anderen".

Was sie damit meine, fragte Golpe.

Sie habe den Eindruck, niemand glaube ihr im KiD, sagte Ronja, nicht einmal die Psychologin. Wenn sie erzähle, dass zu Hause nichts Schlimmes passiert sei, werde ihr geantwortet, dass das doch jeder sagen würde, um die eigene Familie zu beschützen.

Sie erzählte weiter, dass ihr jemand erklärt habe, dass eine ihrer Cousinen angeblich von Vergewaltigung und Missbrauch erzählt habe. Nun dächten die Erwachsenen, das "passiere echt". Sie habe eine Woche lang geweint, als sie davon erfahren habe. Sie frage sich, wie man solche Lügen erzählen könne.

Ronja führte im KiD Tagebuch, drei Jahre später gibt sie mir die Hefte. Im Laufe ihres Aufenthalts werden die Einträge sporadischer und kürzer, gegen Ende bestehen sie oft nur noch aus wenigen Sätzen, zum Beispiel: "Niemand glaubt mir."

Nachdem auch Ronjas Geschwister vor Golpe beteuerten, dass ihnen niemand etwas getan hätte, beschloss diese, die Eltern im Kontakt mit den Kindern zu beobachten.

In der Akte waren Besuchstermine als "nicht-innig" charakterisiert worden. Golpe aber beschreibt, wie zwei der Kinder, Irina und Paul, freudig nervös durch den Raum tigerten, während sie auf ihre Eltern warteten. Dass sie planten, sich zu verstecken, und sich von ihr dabei helfen ließen, eine Decke über sich auszubreiten. Und dass sie es dann, als die Eltern endlich den Raum betraten, keine Sekunde aushielten, unmittelbar aus dem Versteck sprangen und ihnen in die Arme.

Die Eltern waren mit großen Koffern voller Töpfe mit selbst gekochtem Essen angereist. Nach dem Essen gab es Geschenke, ein Prinzessinnenkleid für das Mädchen, ein Jogginganzug für den Jungen. Später gingen sie auf den Spielplatz, lachten, tobten.

Als die Zeit um war, wandte sich der Vater an die Kinder und sagte, sie würden jetzt einfach ausmachen, nicht zu weinen. Irina weinte trotzdem und konnte nicht getröstet werden. Paul versuchte, seine Tränen durch Wegwischen zu verbergen. Tapfer weiterlächelnd winkten die Eltern dem wegfahrenden Auto hinterher. Dann brachen sie zusammen.

Golpe verstand nicht, wie sich ihr Eindruck so von dem der Fachkräfte unterscheiden konnte. Auf der Suche nach Antworten fuhr sie zuerst nach Berlin, dann nach Düsseldorf ins KiD. Sie traf auf Mitarbeiter, die keine Belege für einen Missbrauch hatten, aber Informationen so interpretierten, dass sie für einen solchen sprachen, selbst wenn sie in eine andere Richtung zeigten.

Wenn Irina beispielsweise ihren Eltern in einem Test nur positive Eigenschaften zuordnete, sahen Fachkräfte in der Berliner Einrichtung darin ein Zeichen, dass sie unter hohem Geheimhaltungsdruck stehe. In Düsseldorf fanden sie auffällig, dass Ronja, als sie sie fragten, ob sie erzählen würde, wenn ihnen daheim etwas passiert wäre, antwortete: "Ja, natürlich. Ich würde mir ja Sorgen um mich und meine Geschwister machen, ich würde die ja dann beschützen wollen." Eine zu perfekte Antwort. Als Kira mal von einem toten Baby und dann einem neuen Baby sprach, spekulierten sie, dass "ritualisierte Gewalt in Kombination mit Kinderpornografie" ein Faktor sein könnte. Bei ritualisierter Gewalt gebe es ja auch "tote Babys und Opfergaben".

Dabei konnte Golpe für all diese Auffälligkeiten andere Erklärungen ausmachen, die mindestens genauso, wenn nicht plausibler erschienen. Zum Beispiel, dass Kira mit dem toten Baby eine Fehlgeburt ihrer Mutter gemeint haben könnte.

KiD-Mitarbeiter aber schienen den Kindern so zu begegnen, als wäre längst sicher, dass etwas passiert sei und sie sie nur noch dazu kriegen müssten, endlich damit herauszurücken. Eine Therapeutin erzählte Ronja zum Beispiel, was Kindern alles passieren könne, laut Akten, um ihr "deutlich zu machen, was sie alles erzählen könne", woraufhin das Mädchen anfing zu weinen. Auch fragte sie Kira, ob jemand sie angefasst habe, ihr vielleicht sogar einen Finger in die Vagina gesteckt habe.

Herauszufinden, ob ein Kind missbraucht wurde, ist eine der schwersten Aufgaben der Rechtspsychologie. Bei sexuellem Missbrauch gibt es oft keine physischen Beweise, und Studien zeigen, dass es anhand von Verhaltensauffälligkeiten unmöglich ist, daraus verlässliche Rückschlüsse zu ziehen, was einem Kind passiert ist. Meist bleibt nur die Aussage des Kindes. Dabei sind Kinder per se schwierige Zeugen, weil sich ihr Erinnerungsvermögen erst mit der Zeit entwickelt. Unter zwei Jahren haben sie noch keine Erinnerungen an spezifische Ereignisse. Zwischen zwei und dreieinhalb erinnern sie sich fragmentarisch an wichtige Erlebnisse, können sich diese aber nicht langfristig merken. Erst ab vier Jahren sind sie meist in der Lage, wichtige Ereignisse, zumindest über einige Monate hinweg, zu behalten, vermischen sie beim Wiedergeben aber noch oft mit späteren Erinnerungen, Gehörtem oder ihrer eigenen Fantasie.

Außerdem zeigt jahrzehntelange rechtspsychologische Forschung, wie leicht Kinder zu beeinflussen sind. Zwischen ihnen und Erwachsenen herrscht ein Machtgefälle, das Gespräche verfälschen kann. Kinder sind gewohnt, dass Erwachsene mehr wissen als sie, erklären die ihnen doch ihr Leben lang die Welt. Vermittelt ein Erwachsener unbedacht, dass er etwas weiß, vielleicht indem er seine Fragen damit beginnt, dass er gehört habe, dem Kind sei dies und jenes passiert, oder auch nur Stichworte einstreut, neigt das Kind dazu, ihm zu glauben und das Gesagte, egal ob selbst erinnert oder nicht, als Gewissheit abzuspeichern. Werden Fragen ohne Begründung wiederholt, denken Kinder, sie hätten eine falsche Antwort gegeben und testen andere Antworten. Sowieso produzieren geschlossene Fragen und vor allem Ja-Nein-Fragen massive Fehler. Bei Kindern bis vier Jahren führen sie sogar zu mehr falschen als richtigen Antworten. Ähnlich beeinflussend sind Suggestivfragen, Aufforderungen zur Spekulation, aber auch simple psychologische Belohnungen oder Bestrafungen, wie Lächeln und Nicken, wenn ein Kind das vermeintlich Richtige gesagt hat, oder beim Gegenteil: seine Antwort übergehen.

Das geht so weit, dass Kinder durch Befragungen mit eben diesen Suggestivtechniken nicht nur Falschaussagen tätigen, sondern auch Scheinerinnerungen entwickeln können, also Erinnerungen an nicht erlebte Ereignisse, die sich nicht von tatsächlichen Erinnerungen unterscheiden. Einer Problematik, derer man sich bewusst wurde, nachdem es in den Achtziger- und Neunzigerjahren zu einer Reihe ungerechtfertigter Massenbeschuldigungen kam. Einige der spektakulärsten Justizskandale gehen darauf zurück. So wurden zwischen 1994 und 1997 bei den Wormser Prozessen, den größten Missbrauchsprozessen der deutschen Rechtsgeschichte, 25 Personen beschuldigt, unzählige Kinder missbraucht zu haben. Später mussten alle freigesprochen werden, weil sich offenbarte, dass die Aussagen durch suggestive Befragungen entstanden waren. Aufgefallen war dies erst, als Kinder unmögliche Details erinnerten, zum Beispiel, dass die Übergriffe stattfanden, als sie noch gar nicht geboren waren.

Zahlreiche Studien haben gezeigt, wie leicht suggestive Prozesse in Gang gesetzt werden. Im Jahr 2001 befragten Rechtspsychologen über mehrere Wochen 67 Erstklässler aus Brandenburg. Erst fragten sie die Kinder nach einem Ereignis, das die tatsächlich erlebt hatten. Dann nach einem fiktiven Ereignis, indem dieses grob umschrieben wurde ("Und dann sollst du schon einmal von einem Pferd gefallen sein. Kannst du dich daran auch noch erinnern?"). Verneinte das Kind, begann der Interviewer subtile Suggestivtechniken anzuwenden: Er tat verwundert, sagte, dass sich das Kind doch an das andere Ereignis so gut habe erinnern können, oder forderte es auf, noch einmal zu überlegen. Bejahte das Kind, fragte er nach Details.

Zu Beginn des ersten Termins verneinten 69 Prozent der Kinder das fiktive Ereignis. Doch schon am Ende der ersten Befragung war mehr als ein Drittel von ihnen umgeschwenkt. Beim vierten Termin hatten sich die Werte sogar gedreht. 76 Prozent bejahten das fiktive Ereignis nun und konnten detailliert davon berichten. Selbst als den Kindern später gesagt wurde, dass die Interviewer sie zu einem Ereignis befragt hätten, das nicht stattgefunden habe, blieb die Hälfte überzeugt, es erlebt zu haben.

Gerichte beauftragen deshalb Aussagepsychologen, um die Glaubhaftigkeit einer Aussage zu prüfen. Sie entscheiden zunächst, ob ein Kind überhaupt aussagetüchtig ist, also fähig zu erinnern und auch wahrheitsgetreu wiederzugeben. Dann untersuchen sie, ob es andere plausible Erklärungen dafür gibt, dass das Kind sagt, was es sagt. Lügt es? Beschreibt es vielleicht eine Szene aus einem Film? Oder könnte die Aussage durch eine suggestive Befragung entstanden sein? Wenn keine der Alternativhypothesen wahrscheinlicher ist, kann die Aussage vor Gericht als Beweis gelten.

Als Golpe Fachkräften des KiD sagte, dass sie sich frage, ob die dreijährige Kira überhaupt schon aussagetüchtig sei, antwortete eine Therapeutin, "dies sei zu bezweifeln". Und: "Einer aussagepsychologischen Begutachtung werde das Kind bestimmt nicht standhalten." Eine zweite Mitarbeiterin ergänzte, dass sie aus Sicht eines Aussagepsychologen "nichts, gar nichts" hätten.

Ob das auch für die Vogel-Kinder gelte, fragte Golpe. Da sei es ähnlich, sagte die Therapeutin, auch die würden kaum einer Begutachtung standhalten.

Irritiert, beruhte doch der ganze Fall auf den angeblich so glaubwürdigen Aussagen der Vogel-Kinder, forderte Golpe beim Jugendamt nun wiederholt deren Aussageprotokolle an. Doch das Jugendamt sendete nur lose Zusammenfassungen, jene stark kondensierten Sätze, die auch den Vogels vorliegen.

Golpe erfuhr außerdem, dass die Polizei bei den Durchsuchungen bis dato nichts gefunden hatte, was die Vorwürfe bestätigte. Eine Mitarbeiterin des Berliner Hauses sagte ihr, dass Mia und Lydia Vogel immer wieder betont hätten, zu Hause sei nichts Schlimmes passiert. Die beiden Mädchen hätten zu Beginn sogar das Essen verweigert. Auch hätten sie jeden Abend ihre Koffer gepackt, in der Erwartung, ihre Eltern vor der Tür vorzufinden und mit ihnen nach Hause fahren zu können. Erst bei einem Besuch bei ihren Geschwistern in Düsseldorf, am Ende der Diagnostik, habe Mia, und auch nur Mia, angefangen zu reden.

Schon bevor sie ihr Gutachten fertig schrieb, schickte Golpe einen Brief ans Gericht und forderte die Richterin auf, die Kinder der Volkovs sofort ihren Eltern zurückzugeben. Nichts spräche dafür, dass sie missbraucht wurden. Es gäbe allein die Aussagen der Vogel-Kinder, bei denen fragwürdig sei, ob sie nicht durch Suggestion entstanden seien.

Die Volkovs bekamen kurz darauf ihre Kinder zurück. Golpe bat außerdem, ihr Gutachten an die Richterin im Fall Vogel weiterzureichen.

III. Kannst du dich erinnern?

Als knapp ein Jahr später, im März 2022, Peter und Tatjana Vogel in Saal 151 des Kölner Familiengerichts auf ihr Urteil warteten, hofften sie, dass es für sie ähnlich laufen würde.

Vor der Verkündung hatte die Richterin die Geschwister in ihren neuen Wohngruppen in Wolfenbüttel besucht. Auf die Frage, ob daheim etwas nicht gut gewesen sei, sagte Mia laut einem Protokoll nur: "Dass der Freund vom Vater gesagt hat, dass wir uns ausziehen und hinlegen sollen und von den Hunden ablecken lassen sollen."

Wer dabei war, fragte die Richterin.

"Ich und Nadja", antwortete das Mädchen. Ihre Eltern seien auf der Arbeit gewesen. Sie hätten dem Mann auch nicht gehorcht, und als ihre Eltern heimkamen, hätten die ihn rausgeschmissen.

Eine Betreuerin, die bei dem Gespräch anwesend war, hakte ein und erinnerte das Mädchen, dass sie doch mal gesagt habe, dass da mehr passiert sei. "Kannst du dich erinnern?"

Mia überlegte, wirkte unsicher.

Mia habe ja schon oft etwas erzählt, sagte jetzt auch die Richterin. Sie wolle nur wissen, woran sich das Mädchen genau erinnern könne.

Mia starrte auf den Boden. "Ich kann mich nicht erinnern."

Die Richterin fragte, was sie sich wünschen würde, hätte sie einen Wunsch frei.

"Heimzudürfen", antwortete das Mädchen.

Max erzählte, ihm gefalle es im Wohnheim, aber als die Richterin fragte, ob er sich vorstellen könne, zu bleiben, stiegen ihm Tränen in die Augen. "Schlecht", sagte er.

Nadja erklärte offensiv: "Ich vermisse meine Eltern." Doof sei daheim nur gewesen, als ihnen gesagt wurde, dass sie von zu Hause wegmüssten.

Auch Lydia erzählte der Richterin, dass die Vorwürfe nicht stimmen würden. Würde sie nicht zurückdürfen, wäre sie traurig.

Die Richterin fragte, ob sie ihren Eltern etwas ausrichten solle.

"Ja, dass ich sie liebe", sagte Lydia. "Dann noch etwas, aber ich traue mich nicht, das zu sagen." Sie zögerte. "Ich sag’s einfach: dass ich sie vermisse."

Trotzdem entzog die Richterin den Vogels das Sorgerecht. Entscheidend war der Abschlussbericht von KiD, 74 Seiten lang und das einzige Dokument, das einen Einblick in die Zeit der Vogel-Kinder dort bietet. Die darin beschriebenen Äußerungen der Geschwister seien "derart detailreich" und würden "von eigenem Empfinden zeugen", dass "von einer Erlebnisfundiertheit auszugehen" sei, schrieb die Richterin in ihrem Urteil.

"Na ja", sagt Susanna Niehaus, Professorin an der Hochschule Luzern und eine Koryphäe im Bereich der Suggestionsforschung. Suggerierte Aussagen ließen sich anhand ihrer Qualität gar nicht von wahren Aussagen unterscheiden. Enttarnen könne man sie nur, wenn man sich anschaue, wie sie entstanden seien und sich im Laufe der Zeit entwickelt hätten.

So seien Suggestionseffekte schon nicht mehr auszuschließen, sobald zwei Dinge zusammenkämen: eine Person, die anfällig für Beeinflussung ist, und eine weitere, die diese ausübt. Anfällig ist, wer einen Mangel erlebt, an Klarheit, an Erinnerung, an Wissen, aber auch an Sicherheit oder Nähe, was bei einem weggenommenen Kind sicher der Fall sei. Suggerieren hingegen würden Menschen, die von einem Missbrauch überzeugt seien und unbewusst versuchten, ihr Bild zu bestätigen.

"Sehr wahrscheinlich", sagt Niehaus, werde das Greifen der Suggestion aber erst, wenn zusätzlich noch einer der folgenden Indikatoren erfüllt sei:
Erstens würden suggerierte Aussagen oft vage beginnen, sich im Verlauf der Beeinflussung ausdehnen und auch im Inhalt verändern.

Zweitens würden sie meist erst mit der Zeit auftreten. Dass Kinder zunächst verschweigen, wenn ihnen etwas passiert sei, oder dies bestreiten zum Schutz der Eltern, sei ein Irrglaube. Zwar sei richtig, das viele Kinder nicht von sich aus von den Taten erzählen, aber Studien hätten gezeigt, dass das vielmehr daran liege, dass sie keine richtigen Ansprechpartner hätten. Der überwiegende Teil öffne sich, sobald jemand signalisiere, dass er da sei. Gerade kleine Kinder wären gar nicht in der Lage zu verheimlichen.

Drittens würden Scheinerinnerungen manchmal gewisse bizarre Details oder auch Unmögliches enthalten. Kleine Kinder sprächen häufig von Fäkalien, dass sie sie hätten essen müssen zum Beispiel – da das in ihrer Welt das Maximum an verbotenem Bösen sei.

Als Niehaus den KiD-Bericht auf die Indikatoren hin untersucht, wird sie mit der Zeit immer stiller. Irgendwann sagt sie: "Es ist schwer erträglich, was sie mit den Kindern machen, das muss ich schon sagen."

Die Fachkräfte hätten sich eines ganzen Spektrums an Suggestivtechniken bedient: Wieder und wieder mutmaßten sie vor den Kindern, was passiert sein könnte, begannen Gespräche damit, dass sie verstanden hätten, dass sie missbraucht würden, und setzten Themen wie "Sex", "Geld erhalten" und "Fotos machen". Sie forderten die Kinder auch auf zu spekulieren, führten Gruppengespräche, bei denen sie sie damit unter Druck setzten, dass ihre Geschwister etwas doch schon gesagt hätten, und stellten schier endlos Ja-Nein-Fragen, mit denen sie immer wieder neue Szenarien ins Spiel brachten. Verneinten die Kinder oder wichen aus, fragten sie weiter. Sobald ein Kind aber nickte, sahen sie das Gefragte als "bestätigt" an.

Mal davon abgesehen, dass Ja-Nein-Fragen, gerade wenn sie wiederholt würden, sogar zu mehr falschen Antworten führen können, so sei auffällig, dass die Kinder keine der angeblich "bestätigten" Situationen selbst schildern könnten, sagt Niehaus. Auch bestreiten sie regelmäßig, dass ihnen daheim etwas passiert sei, erzählen von Heimweh und wie sehr sie die Eltern und einander vermissen. Manchmal versuchten sie auch, etwas, was sie "bestätigt" hatten, im Nachhinein zurückzunehmen.

Erst nach sieben Monaten, kurz vor Ende der Diagnostik, als die Fachkräfte Mia und Lydia zu ihren Geschwistern nach Düsseldorf holten, sie über drei Tage hinweg befragten, begann Mia zu erzählen, dass jemand mit ihnen "Sex gemacht" habe. Dass das Mädchen die Fachkräfte im selben Gespräch fragte, was Sex überhaupt bedeute, schien diese nicht zu stören. Genauso wenig, dass sie gesagt haben soll, sie sei ein Jahr alt gewesen, als der Missbrauch passierte – ein unmögliches Detail, das zwar nicht im KiD-Bericht auftaucht, aber eine KiD-Mitarbeiterin der Polizei erzählte.

Auffällig ist auch, dass die Kinder die Vorwürfe nach ihrer Zeit in der Diagnostikeinrichtung laut Akten nicht mehr wiederholten. Übrig blieb nur Mias Geschichte mit den Hunden, und die klang jedes Mal etwas anders. Mal waren die Eltern anwesend, mal auf der Arbeit, mal ließen die Kinder sich von den Hunden ablecken, mal nicht.

Niehaus ist erschöpft, als sie mit dem Bericht durch ist. "Schlimmer geht’s nicht", sagt sie. Auch diese endlosen Ausführungen über angebliche Auffälligkeiten, die absurden Interpretationen. Sie schlägt eine Seite auf und liest eine Stelle vor, in denen die Fachkräfte Zeichnungen der Geschwister beschreiben. Demnach soll Lydia einen Menschen mit "leer anmutenden Augen ohne Pupillen" gemalt haben – Niehaus: "Was soll das überhaupt bedeuten?" – oder einen Baum, der bei der Therapeutin beim Anschauen Ekel ausgelöst habe, würde er doch "deutlich phallusähnlich" anmuten.

"Die Kinder können tun und lassen, was sie wollen, sie sind immer auffällig", sagt Niehaus. Dabei seien Zeichnungsinterpretationen gar nicht zulässig, um Missbrauch zu diagnostizieren. Studien hätten gezeigt, dass sich die Zeichnungen von Opfern nicht von denen anderer Kinder unterscheiden. "Aber das muss man wissen. Das ist das Gemeine. Die Fachkräfte bedienen jedes Opferklischee."

Wenn das eine Richterin lese, stehe da natürlich die Frage im Raum: Was, wenn doch etwas passiert ist? Will ich das riskieren?

IV. Der Protest

Schon lange werfen Eltern KiD vor, ihre Kinder zu manipulieren. Auf Youtube gibt es einen Account namens @TheStudebaker1955. Er gehört Beata Pokrzeptowicz-Meyer, einer 56-jährigen Frau mit Brille und polnischem Akzent, die 2011 zweifelhafte Berühmtheit erlangte, als sie ihren Sohn nach Polen entführte. Ein Gericht hatte ihr zuvor jeglichen Umgang mit ihm untersagt. Letztlich wurde Pokrzeptowicz-Meyer auf Bewährung verurteilt, durfte ihren Sohn wiedersehen und war in gewissen Kreisen zu einer Galionsfigur im Kampf gegen das Jugendamt avanciert. Scrollt man ihren Account bis ins Jahr 2012 zurück, stößt man auf Videos über KiD.

Pokrzeptowicz-Meyer wurde damals von einer Mutter polnischer Herkunft kontaktiert, deren Sohn in der Einrichtung gelandet war, nachdem er sich untenrum entblößt und versucht hatte, einem Mädchen nah zu kommen. Als die KiD-Mitarbeiter schnell die Mutter als Missbrauchstäterin ausmachten, begann Pokrzeptowicz-Meyer Interviews mit der Frau zu veröffentlichen, in denen sie gemeinsam die Einrichtung kritisierten. Bald wandten sich auch andere Eltern an sie, wollten ebenfalls ihre Geschichten erzählen.

Dabei tat sich ein Muster auf, erzählt mir Pokrzeptowicz-Meyer. Kinder kamen mit Verhaltensauffälligkeiten ins KiD, die dort zu Missbrauchsvorwürfen wurden und sich mit der Zeit oft noch verschärften. Die vermeintlichen Täter: meist die Eltern. Unter Androhung eines Kontaktverbots versuchte KiD sie dazu zu bewegen, den Missbrauch zu gestehen.

Als mehrere Familien begannen, vor der Einrichtung zu protestieren, nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Aber nicht gegen KiD, sondern gegen Pokrzeptowicz-Meyer und die Mutter des Sohnes. Es folgten Anzeigen von Jugendamt und KiD. Durchsuchungen ihres Hauses und Arbeitsplatzes. Später Strafbefehle.

Noch heute ist ein Teil der Videos online. Sie sind einseitig, klingen auf den ersten Blick nach Verschwörungstheorien. Pokrzeptowicz-Meyer redet über systematischen "Kinderklau", Korruption der Jugendämter, sie hält eine Rechnung über 60.561 Euro in die Kamera, Kosten einer neunmonatigen KiD-Diagnostik, und spekuliert, dass es dort nur um Geld gehe.

Allein deshalb wäre es leicht, sie nicht ernst zu nehmen. Außerdem: Wie glaubwürdig sind Eltern schon? Würden sie nicht alles tun, um ihre Kinder zurückzubekommen und sich von Schuld reinzuwaschen?

Mag sein. Aber was, wenn nicht? Wenn die Vogels kein Einzelfall sind, sondern nur eine Familie von vielen?

V. Die Sprache der Kinder

Claus Gollmann, Gründer und Leiter von KiD, beendet in seinem Büro noch kurz ein Telefonat, serviert dann einen Tee und setzt sich auf einen Stuhl. Es ist eines von zwei Gesprächen, die wir miteinander führen. Er ist Mitte 60, ein Mann mit gelassener Autorität und warmer Stimme.

Er hört sich die Vorwürfe gegen KiD eine Weile an, sagt dann, dass er aus Datenschutzgründen nicht über einzelne Fälle sprechen dürfe, nur so viel: "Irgendwas zu suggerieren, damit Eltern schlecht aussehen, ist uns von unserer Ideologie her völlig fremd."

Er erzählt, dass die Herangehensweise seiner Diagnostikeinrichtung auf den Kinderpsychiater Eugen Jungjohann zurückgehe, seinen Mentor. Sie lernten sich in den Achtzigerjahren in einer Klinik in der Nähe von Wuppertal kennen. Es war Gollmanns erster Job als Pädagoge. Jungjohann, der Leiter der Klinik, führte Gollmann dort an die Psychotraumatologie heran, eine Disziplin, die sich mit Traumata und ihren Folgen beschäftigt.

"Jungjohann sagte, diese Symptome, die die Kinder haben, das ist die Sprache der Kinder, und wir müssen diese Sprache verstehen", erzählt Gollmann. "Das hat mir immer sehr eingeleuchtet."

Erst letztens habe ihm zum Beispiel eine Kollegin von einem syrischen Jungen erzählt, der als Flüchtling nach Deutschland gekommen sei und nun die zweite Klasse besuche. Der Junge sei engagiert und integriert. Nur montags würde er regelmäßig aggressiv und schlage andere Kinder. Erst als der Kollegin auffiel, dass an diesem Tag Schwimmen auf dem Stundenplan stand, habe sie verstanden, was los war.

"Der Junge gerät in Panik, wenn er an Wasser denkt", erklärt Gollmann. Er war auf einem Boot nach Europa gekommen, das bei der Überfahrt gekentert war, und seine Mutter sei gestorben. Auf den ersten Blick wirke er vielleicht verrückt, aber was er zeige, sei eine gesunde Reaktion auf ein ungesundes Ereignis. Es passe nur nicht in den Kontext hinein.

Gollmann lehnt sich auf seinem Stuhl zurück.

Was ein Kind sage und was es durch sein Verhalten zeige, könne auch sehr unterschiedlich sein. Im KiD würden sie deshalb erst mal all ihre Beobachtungen sammeln, aus dem Verhalten, aus den Gesprächen, sie dann gemeinsam diskutieren und sich Hypothesen in jede Richtung erlauben.

"Alles darf sein. Und jeder im Team, der irgendeinen Impuls hat, der soll den sagen können", sagt Gollmann. Später überprüfen sie ihre Hypothesen im Gespräch mit dem Kind.

Und es sei schon so, dass sie mit ihrem Ansatz häufig andere Ergebnisse erzielen würden als die Aussagepsychologen, die von den Gerichten geschickt werden, um die Glaubhaftigkeit der Kinderaussagen zu bewerten. Aber das liege nicht daran, dass KiD irgendwas suggeriere, sondern an den Kriterien, an die sich Aussagepsychologen halten. Diese seien nicht am Kind orientiert.

Inwiefern?

"Also", setzt Gollmann an. Unter Diagnostikern gebe es schon länger eine Debatte darüber, was traumatisierte Kinder überhaupt wiedergeben könnten. Denn Psychotraumatologen hätten herausgefunden, dass sich ihr Erinnerungsvermögen von dem anderer Kinder unterscheide. Ihr Gehirn würde das traumatische Ereignis nur fragmentiert speichern, und dadurch seien die Kinder oft gar nicht in der Lage, sich an zusammenhängende Abläufe zu erinnern. Aussagepsychologen würden diese Erkenntnisse aber bei ihren Begutachtungen bis heute nicht berücksichtigen. Wenn also ein traumatisiertes Kind diffuse Andeutungen mache, die man aus psychotraumatologischer Sicht sehr gut nachvollziehen könne, dann käme bei einer Begutachtung heraus, dass die Aussage nicht glaubwürdig sei.

Außerdem würden Aussagepsychologen immer erst mal davon ausgehen, dass, was das Kind sage, gar nicht stimme. Das Gegenteil müsse erst bewiesen werden. "Wenn ich mit so einer Haltung hier mit den Kindern reden würde, dann würden die sagen, der glaubt mir ja sowieso nicht." Und nur weil etwas nicht bewiesen werden könne, hieße das ja nicht, dass nichts passiert sei.

Aber ist es nicht wichtig, erst mal herauszufinden, ob überhaupt etwas passiert ist?

"Doch", sagt Gollmann. "Aber oft ist es utopisch."

Wenn man Gollmann so zuhört, könnte man glauben, es handle sich schlicht um einen Streit der Fachrichtungen. Auf der einen Seite die Aussagepsychologen, Verfechter der Unschuldsvermutung. Auf der anderen die Diagnostiker von KiD, Psychotraumatologen vom Fach, die sich die Kinder im Ganzen anschauen und lieber eins zu viel aus einer Familie nehmen als eins zu wenig. Und vieles, was Gollmann sagt, klingt auch erst mal plausibel, entspricht es doch dem, was man intuitiv selbst vermuten würde. Und was in der populären Traumaliteratur immerzu verbreitet wird.

Begibt man sich aber in den Dschungel der Wissenschaft, nimmt Gollmanns Aussagen mithilfe von Experten auseinander, offenbart sich sein Ansatz als höchst fragwürdig, ja gefährlich.

Ein Beispiel. Gollmann spricht vom sogenannten Traumagedächtnis, das Erinnerungen nur fragmentiert speichern könne und dazu führe, dass traumatisierte Kinder Glaubhaftigkeitsgutachten nicht bestehen. Eine These, die auf ein Konzept der Achtzigerjahre zurückgeht, seitdem vielfach widerlegt wurde – sich jedoch unter praktizierenden Psychotraumatologen bis heute hartnäckig hält.

Susanna Niehaus, die Professorin aus Luzern, erklärt, dass hier eine absolute Ausnahme zur Regel erklärt werde. Denn entgegen der verbreiteten Annahme seien weltweit nur Einzelfälle dokumentiert, in denen Betroffene keinerlei Erinnerungen an die traumatisierenden Ereignisse hätten, den meisten würden sich ihre Erinnerungen geradezu aufdrängen. Die wenigen Ausnahmen seien Personen, die während des Traumas so stark dissoziierten, dass sie das Geschehen nicht mehr wahrnehmen konnten und dementsprechend auch nicht als Erinnerung abspeichern. Da aber, was nicht abgespeichert ist, auch nicht zurückgeholt werden kann, gebe es keine Möglichkeit, die verlorenen Wahrnehmungen doch noch zum Vorschein zu bringen.

Überholt ist auch Gollmanns Ansatz, Kinder anhand ihrer Verhaltensauffälligkeiten diagnostizieren zu wollen. Studien belegen seit Jahrzehnten, dass es keine Symptome gibt, kein Verhalten, keine psychische Störung, anhand derer man eindeutig darauf schließen könne, dass ein Kind missbraucht wurde. Selbst sexuell auffälliges Verhalten – ein Kind, das zum Beispiel vor anderen seine Genitalien entblößt oder übergriffig ist –, das oft als sicherer Indikator für Missbrauch gedeutet wird, ist keiner. Zwar entwickeln viele missbrauchte Kinder diese Verhaltensweisen, aber eben auch andere: misshandelte Kinder, Kinder, deren Eltern zu Hause nackt herumlaufen, Scheidungskinder, solche, die einen Todesfall miterlebt haben.

Je länger man mit Gollmann spricht, desto mehr beschleicht einen das Gefühl, dass er sich der Gefahr, die von Suggestionen ausgeht, nicht bewusst ist.

So sagt er, dass für ihn wissenschaftlich gar nicht geklärt sei, ob sich Aussagen durch Gespräche überhaupt verändern würden. "Es könnte auch das Gegenteil sein", spekuliert er. "Dadurch, dass die Kinder in der Diagnostik sortierter werden, können sie möglicherweise viel glaubwürdigere Aussagen machen."

All das zusammengenommen, sind Suggestionen im Grunde programmiert: Gollmann plädiert implizit dafür, voreingenommen in eine Befragung zu gehen, nimmt zudem an, dass sich traumatisierte Kinder erst nicht an alles erinnern könnten, er ihre Erinnerungen aber durch wiederholte Befragungen aus ihnen herauslocken könne.

Und er ist nicht allein. Forscher beobachten seit Jahren, dass diese Fehlannahmen wieder populär werden, sich vermehrt auf Rechtsprechung und Jugendhilfe auswirken. In einem Aufsatz vom vergangenen September sprach Niehaus gar von einer Renaissance überwunden geglaubter Konzepte aus den Achtziger- und Neunzigerjahren, die suggestive Befragungen fördern.

Nach Jahren voller erschreckender Missbrauchsfälle, die Kirchen, die großen Kinderpornoring-Skandale, scheint eine Zeit der Überkompensation erreicht. Es entsteht eine ähnliche Atmosphäre wie in den Neunzigerjahren. Auch damals ging den Suggestionsskandalen eine Phase voran, in der ein neues Bewusstsein für die Dimensionen von sexuellem Missbrauch entstand. Aus Schock und Unglaube wurde gut gemeinter, aber blinder Aufdeckungseifer.

Niehaus nennt es einen sich verselbstständigenden Opferschutz. Gefordert wird, Opfern bedingungslos zu glauben, jeder Aufruf, innezuhalten und noch einmal zu überprüfen, wird als Plädoyer für die mutmaßlichen Täter gesehen.

Nur, was wäre die Konsequenz?

In ihrem Aufsatz schrieb Niehaus, dass es wohl noch um einzelne Fehlurteile gehe, es aber bald zu einer Wiederholung der Wormser Prozesse kommen könnte. Denn das zusätzliche Emotionalisieren der Debatte durch einige Psychotraumatologen scheint zu wirken. Eine Abschaffung der Aussagepsychologie wird mittlerweile sogar im Familienministerium diskutiert.

VI. Das Dunkelfeld

Das Ausmaß des suggestiven Verfahrens von KiD lässt sich schwer schätzen. Gollmann selbst sagt auf die Frage, wie oft sie zu anderen Ergebnissen als Gutachter kämen: "Ja, doch, das kommt schon häufiger vor."

Hört man sich im Umkreis der Einrichtung um, spricht man mit ehemaligen Mitarbeitern, Menschen aus der Jugendhilfe, verzweifelten Eltern, engagierten Anwälten und Gutachtern, liest man Tausende Seiten Akten, ergibt sich ein düsteres Bild.

Allein Gutachter berichten von 22 Fällen, die insgesamt mehr als 34 Kindern betreffen, in denen sie KiD beschuldigen, Aussagen verfälscht oder ganz eingeflüstert zu haben.

Da ist der Fall eines kleinen Mädchens, das die vergangenen zwei Jahre von seiner Familie getrennt war, nachdem es vor einem Jungen über den Penis seines Vaters geprahlt hatte und KiD monatelang verzögerte, dass die Aussagen von einem Gutachter überprüft werden. Seit ein paar Monaten ist es wieder daheim, sagt mir seine Mutter, nur spreche es kaum.

Da ist der Fall eines Paares, das seine Tochter nach elf Monaten im Dezember 2023 zurückbekam. Beide sind heute wegen des Erlebten in psychiatrischer Behandlung, haben Deutschland sogar verlassen. Sie haben sieben Mitarbeiter von KiD und weitere des Jugendamts angezeigt, werfen ihnen Freiheitsberaubung, falsche Verdächtigung und Verleumdung vor. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Da ist der Fall des Jungen, der, als er nach fünf Jahren das erste Mal begutachtet wird, sich schon so seiner Mutter entfremdet hat, dass die Gutachterin dem Gericht empfehlen muss, ihn bei der Pflegefamilie zu lassen. Obwohl sie überzeugt ist, dass nie etwas passiert war.

"Es ist schlimm", sagt eine andere Gutachterin zu mir, "aber mindestens genauso schlimm sind die Fälle, in denen man dachte, da war was. Doch weil KiD die Aussagen durch Suggestion so verfälscht hatte, dass man nicht mehr trennen konnte, was wahr und was falsch war, wurden sie wertlos, und die Kinder gingen zurück an die Täter."

Hatten Sie so einen Fall?

"Sicher", sagt sie resigniert. "Mehrere."

Für eine Langzeitstudie der Hochschule Koblenz dokumentiert die Einrichtung zwischen 1994 und 2018 ihre Arbeit. Die Daten umfassen 478 Kinder, nicht alle, die seitdem im KiD waren, aber ein Großteil. Sie zeigen: Wer ins KiD kommt, kommt danach so gut wie nie zurück nach Hause. Bei nahezu allen diagnostiziert die Einrichtung, erlebte "Grenzverletzungen unterschiedlicher Art", meist durch Angehörige. In 93 Prozent der Fälle empfiehlt die Einrichtung dem Jugendamt, den Eltern ihre Kinder nicht zurückzugeben.

272 Kinder kamen ins KiD, damit gezielt geprüft werde, ob sie missbraucht wurden. Bei 193 Kindern, darunter auch welchen mit anderem Anfangsverdacht, wird dann ein sexueller Missbrauch diagnostiziert. Bei weiteren 89 hält die Einrichtung ihn für "möglich". Ein Begriff, so erklärt die Professorin Kathinka Beckmann, Schirmherrin der Studie und selbst vor ihrer akademischen Karriere Mitarbeiterin von KiD, den die Fachkräfte häufig benutzen würden, wenn sie zwar dächten, es sei Missbrauch, aber verhindern wollten, dass die Fälle vom Jugendamt angezeigt würden. Wodurch das Kind von einem Aussagepsychologen begutachtet wird.

Bleibt die Frage, warum all das nicht irgendwann gestoppt wurde. Teilweise sagen mir Gutachter, sie hofften, bei ihrem Fall handele es sich um einen Einzelfall. Viele verweisen auf ihre Schweigepflicht. Eine Gutachterin erzählt, sie habe einer Staatsanwaltschaft einen runden Tisch mit KiD vorgeschlagen, um die Problematik anzusprechen, der sei aber nie zustande gekommen.

Man könnte meinen, wenigstens die Jugendämter vor Ort müssten bemerkt haben, dass bei Kindern, die im KiD diagnostiziert wurden, immer wieder Suggestionsvorwürfe eine Rolle spielten, vermittelte doch allein das Jugendamt Düsseldorf über 150 Kinder ins KiD. Nur sind Jugendamtmitarbeiter oft jung, haben wenig Erfahrung und viel Verantwortung. In Nordrhein-Westfalen betreuen sie teilweise über 100 Fälle parallel. Meist fehlt ihnen sowohl Zeit als auch die Möglichkeit einzuschätzen, wie qualifiziert eine Einrichtung ist. Denn Diagnostiker ist in Deutschland keine geschützte Berufsbezeichnung. Jeder kann sich so nennen. Und eine Einrichtung, die sagt, wir nehmen ihnen das Problem erst mal für sechs bis acht Monate ab und können ihnen dann eine fundierte Empfehlung geben, erscheint wahrscheinlich oft wie eine Rettung.

VII. Werde ich jemals wieder Vater sein?

An einem grauen Wintertag, einige Monate nach unserem ersten Treffen, raucht Tatjana Vogel vor ihrer Haustür hastig die letzten Züge einer Zigarette, drückt sie aus und steigt ins Auto. Sie legt die Visitenkarte der Einrichtung, in der sie Jana und Ewa, ihre beiden Jüngsten, sehen darf, in die Mittelkonsole. Die zwei Geschenktüten, die sie in der Küche gepackt hat, darin je ein Weihnachtsmann, ein Überraschungsei und ein Schokoherz, stellt sie behutsam hinter den Sitz. Dann fährt sie los.

Jana ist mittlerweile drei, Ewa zwei Jahre alt. Die Treffen finden unter Aufsicht statt, 60 Minuten pro Kind, alle paar Monate einmal. Die Vogels dürfen mit ihnen kein Russisch reden, sie nur berühren, wenn die Mädchen es initiieren.

Tatjana trägt einen Jogginganzug und die Haare kürzer als sonst. Ab und an lächelt sie nervös, sagt, sie freue sich zu sehen, wie viel größer die beiden geworden seien. Sie hoffe, etwas mit ihnen interagieren zu können. Die beiden hätten sich so an die Pflegefamilien gewöhnt, dass sie bei den Treffen eher zu denen gingen.

Auf die Frage, ob die Mädchen denn beim letzten Treffen mit ihr interagiert hätten, lächelt sie traurig und schüttelt den Kopf.

Immer nur mit der Pflegefamilie?

Sie nickt.

Glauben Sie, die Mädchen verstehen, wer Sie sind?

Tatjana überlegt eine Weile. Bei Ewa, die schon bei der Geburt weggenommen wurde, sei es schwierig, sagt sie. Sobald ihre Pflegeeltern den Raum verlassen, werde sie unsicher und höre auf zu reagieren. Die seien ihre Bezugspersonen.

Mit Jana sei das anders. "Sie kommt auf mich zu, und sie spielt mit mir." Und wenn sie sich erkundige, wie es Jana nach dem Treffen gegangen sei, würde ihr immer gesagt, dass das Mädchen sich zu Hause schlecht benommen habe, Dinge kaputt gemacht oder geworfen habe. "Sie hat acht Monate mit uns verbracht. Ich glaube, sie fühlt, dass sie zu uns gehört."

Ein Jahr nach dem Prozess, im August 2022, war das Urteil in zweiter Instanz bestätigt worden. Über ihre vier älteren Kinder wissen die Vogels seitdem nur, dass sie getrennt wurden und sich alle an unterschiedlichen Orten befinden. Einmal die Woche dürfen die Eltern in einer Einrichtung in Wolfenbüttel anrufen und sich nach ihnen erkundigen. Sie sagen, die Anrufe fallen oft kurz aus, ein paar allgemeine Sätze zu jedem Kind. Fragten sie nach Details, würden die Mitarbeiter schnell abblocken und ans Jugendamt verweisen, dabei wüssten sie so gern jede Kleinigkeit.

Jeder probiert seitdem auf seine Weise, mit der Leere zurechtzukommen. Tatjana versucht, ihr zu entfliehen, hat sich einen Job auf einem Bauernhof gesucht. Peter hat sich eines Tages Tauben gekauft, zehn Tiere. Dann noch mal zehn. Bald waren es 50. Irgendwann folgten Hühner. Dann Kanarienvögel. Zu Höchstzeiten versorgten sie 547 Tauben, 163 Hühner, 26 Wellensittiche, sechs Kanarienvögel, zwei Hunde, eine Katze und fünf Zebrafinken in ihrem Garten.

Tatjana parkt auf dem Parkplatz gegenüber des Bahnhofs von Overath. Sie raucht noch eine Zigarette und schreibt Peter, der nicht freibekommen hat, dass sie da sei. Dann, pünktlich um 14.29 Uhr, betritt sie ein graues Gebäude.

Um 15.32 Uhr verlässt sie es wieder. Sie überquert die Straße und setzt sich auf eine Bank mit Blick auf die Tür. Vier Minuten nach ihr verlassen ein junger Mann und ein kleines blondes Mädchen das Gebäude. Tatjana rückt ganz nach vorn an den Rand der Bank, reckt den Hals und beobachtet, wie die beiden links auf den Gehweg biegen und irgendwann zwischen den Menschen verschwinden. In der Hand des Mädchens baumelt die Geschenktüte. Tatjana lächelt.

Es sei ein schönes Treffen gewesen, erzählt sie. Es habe zwar Momente gegeben, in denen man eine Fremdheit gespürt habe. Zum Beispiel als Jana in der Kinderküche einen Deckel fallen ließ und weinend zum Pflegevater rannte, nachdem Tatjana versuchte, durch Lachen die Situation aufzulockern. Doch das Mädchen habe auch von Anfang an nach ihr geschaut. Sie hätten später zusammen gepuzzelt, und als Tatjana sie um ein Foto bat, sei die Kleine sogar auf ihren Schoß gekrochen.

Das Bild schicken ihr die Mitarbeiter später bei WhatsApp. Während die Tochter verträumt zur Seite schaut, hat ihre Mutter sanft die Arme um sie gelegt.

Im Frühjahr 2023 bestellt das Jugendamt die Vogels ein und teilt ihnen mit, dass die Treffen mit Jana gestrichen würden. Ihre Eltern zu sehen, wühle das Mädchen zu sehr auf. Noch dürfen sie Ewa weitersehen, im Sommer werden auch ihre Treffen ausgesetzt.

Seitdem ist Peter davon besessen, wie es sein wird, wenn die Kinder volljährig werden. Dann, glaubt er, gebe es vielleicht eine letzte Chance, noch einmal ihr Vater zu werden. Aber er ist auch voller Angst. "Wie sollen wir ihnen erklären, was passiert ist? Wir wissen doch gar nicht, was ihnen das Jugendamt über uns sagt. Was, wenn sie denken, wir hätten sie verlassen? Ich weiß nicht, ob ich die richtigen Worte finde, um es ihnen zu erklären." Mehrmals fragt er: "Was sind die richtigen Worte?"

Im Herbst dann die erste gute Nachricht: Die Staatsanwaltschaft stellt das Strafverfahren gegen sie ein. Auch nach jahrelangen Ermittlungen fanden sie keine Beweise für einen sexuellen Missbrauch.

Die Vogels hoffen gleich, dass sie nun die Kinder wiederbekommen, ihr Anwalt dämpft ihre Erwartungen. Straf- und Familienrechtsverfahren laufen unabhängig voneinander, Familienrichter, denen es um das Wohl des Kindes und nicht um Schuld oder Unschuld gehe, seien nicht an Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft gebunden. Vorerst sollten sie erst mal versuchen, sich wieder das Besuchsrecht zu erstreiten. Im Winter reicht der Anwalt bei Gericht einen entsprechenden Antrag ein. Seitdem warten sie.

Und die Kinder?

Laut den Akten können sie sich untereinander selten sehen, telefonieren etwas öfter. Nadja und Max haben ein kleines Ritual. Am Ende jedes Telefonats fragt einer den anderen: "Vermisst du unsere Eltern?" Und dann antworten sie zusammen: "Ja."

Lydia spricht vor den Betreuern kaum noch über Peter und Tatjana. Sie dachten schon, sie hätte ganz damit aufgehört. Aber andere Kinder erzählen, dass sie ihnen ständig sage, daheim sei alles gut gewesen, es wäre doch gar nichts passiert.

Und Mia? Ihre Betreuer berichten, sie hätten sie noch nie von Herzen lachen sehen, sie sei immer etwas gedämpft. Einmal, erzählen sie, erwischten sie sie dabei, wie sie zwei Wörter in ein Auto der Einrichtung geritzt habe. "Finde mich", habe da gestanden.

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ziemlich krasser Artikel den ich euch trotz Paywall nicht vorenthalten wollte
ziesell ist offline   Mit Zitat antworten
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