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Draalz
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Standard Löst Transmutation das Atommüll-Problem?

Zitat:


Europamagazin Forschung in Belgien

Löst Transmutation das Atommüll-Problem?

Stand: 04.09.2021 09:02 Uhr

Wissenschaftler in einem Forschungsreaktor in Belgien sind zuversichtlich: Sie glauben, eine Lösung für das Atommüll-Problem gefunden zu haben. Im Zentrum ihrer Arbeiten steht ein Teilchenbeschleuniger.

Von Michael Grytz, ARD-Studio Brüssel

Es ist ein Gelände, das aus Sicherheitsgründen nicht gezeigt werden darf: Rund 70 Kilometer nordwestlich von Brüssel steht in der kleinen Ortschaft Mol die belgische Atomforschungsanlage Myrrha, das Areal ist eingezäunt mit Stacheldraht.

Zitat:
Michael Grytz
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Im Gelände ist der Empfang aber sehr offen. Der Direktor der Anlage, Hamid Ait Abderrahm, zeigt gern das europäische Forschungs- und Vorzeigeprojekt, denn hier wollen sie nicht weniger als ein großes Menschheitsproblem lösen: "Wir haben Atommüll auf dem Tisch und zwar für die nächsten 300.000 Jahre, und unsere Aufgabe ist, Lösungen zu finden. Wir nennen sie Transmutation!"

Und das geht so: Protonen werden in einen Teilchenbeschleuniger geschossen, dort entwickeln sie eine ungeheure Geschwindigkeit, und in einem Kernreaktor befeuern dann Neutronen den langlebigen Atommüll und zerlegen ihn in weniger gefährliche Bestandteile. Damit, so Abderrahm, "verkürzen wir die Zeit der Lagerung im Untergrund von 300.000 Jahren auf 300, also um den Faktor 1000. Und die Menge reduzieren wir auch - um das Hundertfache."

Lösung für ein altes Problem?

Seit Jahrzehnten arbeiten Forscher an der Technik. Nun glauben sie, es könnte tatsächlich funktionieren. Um den Atommüll loszuwerden braucht man neue Kernreaktoren. Andere als bislang üblich. Die Forscher sagen, dieser Typ Reaktor sei sicher. Abderrahm erläutert es so: "In einem Bruchteil einer Sekunde, nachdem wir den Teilchenbeschleuniger abgeschaltet haben, fährt der Reaktor herunter, weil er nicht genug spaltbares Material enthält. Und dieser Teilchenbeschleuniger ist der fundamentale Teil, um die Sicherheit des Reaktors zu gewährleisten."

"Thema politisch aufgeladen"

Dieser Teilchenbeschleuniger, der die Anlage vor allem sicher machen soll, steht noch in der Universität Louvain La Neuve. Spezialisten auf diesem Gebiet sind die Wissenschaftler der Universität für angewandte Physik in Frankfurt am Main.

Klaus Kümpel führt die jahrzehntelange Forschung zusammen mit anderen fort. Jetzt sind sie soweit - fast jedenfalls. "Das ist nicht zu beschreiben", sagt Kümpel mit Blick auf die jahrelange Arbeit, die Bedeutung des Vorhabens und die Breite der Kooperation in ganz Europa. "Es ist wirklich etwas Besonderes, wenn man sieht, es kann funktionieren".

Er weiß aber auch, dass es neben den technischen Herausforderungen noch andere Schwierigkeiten gibt: "Uns ist bewusst, dass das Thema politisch aufgeladen und die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht da ist. Dennoch sollte Forschung immer möglich sein."


Die Zwischen- und Endlagerung von Atommüll ist weltweit ein Problem - hier treffen Behälter aus Großbritannien im hessischen Biblis ein. Bild: dpa

Ein Mittel gegen den Klimawandel?

Aber mit Myrrha gibt es tatsächlich die Chance, wesentliche Teile des Atommülls loszuwerden. Mehr noch: Der Reaktor erzeugt dabei sogar Strom, erläutert der Direktor. Wenig überraschend, dass er Atomenergie auch im Kampf gegen den Klimawandel einsetzen will: "Eine Kombination aus Erneuerbaren Energien und Nuklearenergie ist eine rationale Antwort auf die Herausforderungen durch den Klimawandel."

Tatsächlich setzen nicht nur in Europa viele Länder weiterhin auf die Atomenergie - allen voran Frankreich sowie einige osteuropäische Länder. Einige Reaktoren sollen neu gebaut werden oder sind in Planung. Streit gibt es in der EU um die Frage, ob alte und neue Atomenergie auch ein Mittel gegen den Klimawandel sein kann, als Teil des sogenannten Green Deal. Und ob sie zudem mit europäischen Geldern finanziert werden soll.

Manche Länder "sehr antinuklear"

Auf dem EU-Gipfel im Dezember 2019 machte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron klar: "Frankreich macht 60 Prozent seiner Energie aus Atomkraft. Für andere Länder mit Kohleenergie ist klar, dass sie nicht über Nacht auf Erneuerbare umsteigen können, das ist unmöglich."

Aber Macron registrierte auch, dass manche Länder "sehr antinuklear" sind, und verwies gleich auf Österreich und Luxemburg, die nicht wollten, dass Atomenergie in Zusammenhang mit Klimaneutralität gebracht werde.

Wieviel EU-Gelder für die Atomkraft?

Der Streit schwelt, und Präsident Macron verlangte vor kurzem unter anderem zusammen mit Ungarn und Polen: Atomenergie solle nicht nur anerkannt, sondern auch gefördert werden. Womöglich landet bald doch europäisches Geld im Bau von Atomanlagen.

In das europäische Forschungsprojekt in Mol ist bereits EU-Geld geflossen. 1,6 Milliarden Euro sollen es insgesamt werden. Viel zu viel, sagen Kritiker. Zumal noch nicht klar ist, ob das Projekt funktioniert. Doch im kommenden Jahr soll der Bau der echten Anlage beginnen. 2030 könnte es dann so weit sein. Und vielleicht gibt es dann genau hier die Chance, den Atommüll zu reduzieren, von dem bislang niemand weiß, wohin damit.

Diese und andere Reportagen sehen Sie im Europamagazin - am Sonntag um 12.45 Uhr im Ersten.
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Im Artikel findet man Videobeiträge, die ich nicht verlinken kann.
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Ist doch wunderbar, wenn es funktioniert.
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Ungelesen 15.02.22, 16:32   #3
Draalz
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Und hier noch ein sehr viel umfangreicherer und 'beleuchtenderer' Artikel:

Zitat:
Die Ewigkeit bekommt ein Ablaufdatum

Radioaktiver Abfall, der nur noch 300 statt 300 000 Jahre strahlt? In Belgien arbeiten Wissenschafter an einer nachhaltigen Lösung für das Atommüll-Problem. Das könnte die Gleichung im politischen Streit um die Kernenergie entscheidend verändern.

Daniel Steinvorth, Mol
12.02.2022, 05.30 Uhr



Prototyp eines Linearbeschleunigers in Louvain-la-Neuve: Noch nie war es so realistisch, Atommüll zu entschärfen.

Der Ort, der die Menschheit von einem ihrer grossen Probleme befreien will, ist mit Stacheldraht eingezäunt und nur über eine einsame Landstrasse zu erreichen. An diesem Morgen verschwindet er fast im Nebel. An einer Sicherheitsschranke stehen Soldaten. Sie verlangen Papiere und klären auf, dass auf dem Areal nicht fotografiert werden darf.

Der Besucher des nuklearen Forschungsinstituts SCK CEN nahe der belgischen Kleinstadt Mol fühlt sich wie in einem Agentenfilm, in dem es um ein gut gehütetes Geheimnis geht. [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] heisst passenderweise das Motto der hier arbeitenden Leute. Erkundung eines besseren Morgens. Das hört sich nach James Bond an.

Ein Reaktor mit wohlklingendem Namen

Hinter dem Stacheldraht ist die Atmosphäre jedoch entspannt. Eine junge Forscherin empfängt in einer mehrgeschossigen Werkhalle voller Röhren und Behälter, Kabel und Monitoren. Die Belgierin Katrien van Tichelen ist es gewohnt, Laien in die Geheimnisse der Atomphysik einzuweihen. Geduldig zeigt die Nuklearingenieurin dem Besucher das Miniaturmodell eines neuartigen Kernreaktors und erklärt, was es damit auf sich hat.

«Wir bauen hier einen Forschungsreaktor, in dem ein Teilchenbeschleuniger mit einem Kernreaktor gekoppelt ist», sagt van Tichelen. «Damit verfolgen wir mehrere Ziele. Zum Beispiel die Herstellung von medizinischen Radioisotopen zur Behandlung von Krebs. Am wichtigsten aber wird die Umwandlung von radioaktiven Abfällen in Substanzen mit deutlich kürzerer Halbwertszeit sein.»

Transmutation heisst das Verfahren. Im Mittelalter stand der Begriff für die [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Vergeblich suchten die Alchemisten dafür nach dem Stein der Weisen. Weitaus erfolgreicher sind da die Wissenschafter im Atomzeitalter, denen es gelungen ist, gefährliche Stoffe wie Plutonium in harmlosere Elemente umzuwandeln.

Bereits in den Neunzigern wurde die Technik im Labor erprobt. In Mol wollen die Wissenschafter den Beweis erbringen, dass die Entschärfung von Atommüll auch im grossen Massstab funktionieren kann. Mittlerweile, glauben sie, ist dies nur eine Frage von wenigen Jahren. Noch in diesem Herbst soll mit dem Bau des sogenannten multifunktionalen hybriden Forschungsreaktors für Hightech-Anwendungen, kurz: Myrrha, begonnen werden.

Inspiriert von sowjetischen U-Booten

Wie aber funktioniert die Anlage mit dem wohlklingenden Namen? Die Forscher erklären es so: Ein Teilchenbeschleuniger erzeugt einen Strahl aus Protonen. Dieser wird auf einen Tank mit einer geschmolzenen Legierung aus Blei und Wismut im Inneren des Kernreaktors geleitet. Die Protonen bringen die Atome der Legierung dazu, Neutronen abzuspalten. Diese Neutronen sind extrem schnell und somit fähig, auch den langlebigsten Atommüll zu spalten. Bestrahlen sie die Brennelemente mit den radioaktiven Abfällen, wird deren Zerfall radikal beschleunigt.

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NZZ / cke.

Dabei dient das flüssige Metall aber nicht nur als Neutronenquelle. Es wird auch als Kühlmittel für den Reaktor benutzt. «Herkömmliche Kernreaktoren kühlen mit Wasser. Wir verwenden Blei und Wismut», sagt van Tichelen und verweist den Besucher auf einen Behälter, dessen reflektierende Oberfläche wie dunkle Tinte aussieht. Doch es ist eine 180 Grad Celsius heisse Metallschmelze, in die van Tichelen einen Löffel taucht.

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NZZ / cke.

Auf die Idee, das Gemisch als Kühlflüssigkeit zu benutzen, seien erstmals die Russen gekommen, erzählt sie. In den 1960er Jahren, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Wegen des hohen Siedepunkts der Legierung, der bei 1670 Grad liegt, erwiesen sich diese als wesentlich effizienter gegenüber wassergekühlten Reaktoren.

Die Ingenieurin erklärt, dass die Wärme, die bei der Transmutation entsteht, über das Kühlmittel nach aussen transportiert werden kann. So würde Energie frei werden, und diese liesse sich nutzen, um Strom zu erzeugen. Das Myrrha-Konzept wäre also nicht nur für den Bau von Anlagen zu gebrauchen, die Atommüll als Brennstoff verwenden und so das Erbe abgeschalteter AKW beseitigen. Es könnte die überschüssige Energie auch in die Stromnetze einspeisen.


Die Blei-Wismut-Legierung spielt eine wichtige Rolle bei der Transmutation. © SCK CEN

Wen wundert es da, dass Hamid Ait Abderrahim, der «Vater» des Myrrha-Projekts und stellvertretende Generaldirektor von SCK CEN, ein äusserst gut gelaunter Mann ist? Wir treffen uns in der Katholischen Universität in Louvain-la-Neuve. Hier wird der Teilchenbeschleuniger getestet, und hier hält «Monsieur Nucléaire» einmal in der Woche Vorlesungen zur Nukleartechnik. Er habe sich schon als Schüler in Algerien in das Gesetz des radioaktiven Zerfalls verliebt, erzählt Ait Abderrahim und lächelt. 1979 wanderte er nach Belgien aus, wo er studierte [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ].

«Ein Super-GAU? Unmöglich»

Er habe keinen Zweifel, sagt der 61-Jährige, dass die Kernenergie mit Myrrha nachhaltiger werde und dass sie deswegen eine neue Bewertung verdiene. «Machen wir uns die Dimension klar. Es gibt radioaktive Abfälle, die 300 000 Jahre strahlen. Sie können diese Abfälle tief in der Erde vergraben, wo sie wahrscheinlich die Menschheit überleben werden. Sie können den Müll aber auch umwandeln und damit seine Menge auf ein Hundertstel reduzieren. Was übrig bleibt, hat nur noch eine Radiotoxizität von 300 Jahren.»

Tatsächlich gibt es für den wachsenden Berg an abgebrannten Brennstäben bis heute keine zufriedenstellende Lösung. Weltweit suchen die Staaten [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. In Europa wird derzeit nur in Finnland eines fertiggestellt. Für Länder, die an der Kernenergie festhalten, sowie für solche, die aussteigen, klingt die Transmutation also verlockend.

Was aber ist mit der Sicherheit, dem anderen wichtigen Einwand der Kernkraftgegner? Schliesslich müssen für das Atommüll-Recycling ja neue Reaktoren gebaut werden. Ait Abderrahim hat auf dieses Stichwort nur gewartet. «In Reaktoren nach dem Vorbild von Myrrha wird ein Super-GAU unmöglich sein. Warum? Weil es im Reaktor selber nicht genügend spaltbares Material gibt. Die Kernreaktion wird nur durch den Teilchenbeschleuniger aufrechterhalten. Schaltet man ihn ab, hört der Prozess auf. Und zwar sofort. In weniger als einer Millionstelsekunde.»

Seit die belgische Regierung vor drei Jahren beschlossen hat, Mittel in Höhe von 558 Millionen Euro für Myrrha bereitzustellen, arbeiten die Forscher mit Hochdruck an der Sicherheit des Systems. Beträgt die Länge des Testbeschleunigers in Louvain-la-Neuve nur 10 Meter, so sind für den Bau des echten Linearbeschleunigers in Mol 400 Meter geplant. 1,6 Milliarden Euro werden für das Gesamtprojekt benötigt. Vorerst sind an der Stelle, wo die Anlage künftig stehen wird, nur gefällte Bäume zu sehen.

Im Land des Atomiums

Ist es ein Zufall, dass sich die Zukunft der Kernenergie ausgerechnet im kleinen Belgien entscheiden könnte? Bergleute hatten schon in den 1920er Jahren in der ehemaligen Kolonie Belgisch-Kongo Uranerz geschürft, das für die Herstellung von Radium gebraucht wurde. Für das Manhattan Project, also für den Bau der Atombombe, benötigten die USA in den 1940er Jahren grosse Mengen an Uran. Die anglo-belgische Bergbaugesellschaft lieferte es, wofür Belgien nach dem Krieg Zugang zur Nukleartechnologie für zivile Zwecke erhielt. Das führte 1952 zur Gründung des SCK CEN in Mol.

In dem für die [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] spiegelte sich der damalige Fortschrittsoptimismus. Der erste Druckwasserreaktor, der ausserhalb der USA Strom produzierte, stand 1962 in Mol. Belgien gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Cern in Genf und zu den Erstunterzeichnern des Euratom-Vertrags, der eine Säule der europäischen Einigung wurde. Kommerzielle Kraftwerke baute das Land jedoch erst ab 1974, an den Standorten Tihange und Doel. Kurz darauf entstanden die ersten Anti-AKW-Gruppen.


Atommüll wird aus dem Forschungsreaktor in Mol Anfang der 1970er verladen. AP

2003 beschloss die belgische Regierung, in der zum ersten Mal auch grüne Politiker sassen, bis zum Jahr 2025 aus der Atomkraft auszusteigen. Das blieb lange Zeit Konsens. Doch die globale Klimakrise veränderte die Debatte. Warum auf einen Energieträger, der stabil Strom liefere und kaum CO2 erzeuge, verzichtet werden sollte, fragte das wachsende Lager der Ausstiegsskeptiker. Und woher den Ersatz für die fossilen Brennstoffe nehmen, wenn der Energiebedarf noch wachsen werde?

Ende Dezember rettete Belgiens liberaler Ministerpräsident Alexander De Croo seine in dieser Frage völlig zerstrittene Sieben-Parteien-Koalition mit einem Kompromiss ins neue Jahr: Beim Abschalttermin für Doel und Tihange werde es bleiben. Zugleich solle der Staat aber in die Forschung an neuen Minireaktoren, [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], investieren. Ein Wiedereinstieg in die Kernenergie wäre damit keineswegs ausgeschlossen.

Gespaltener Kontinent

Dreht sich auch im Rest von Europa der Wind? Die EU-Kommission erzeugte jedenfalls zu Jahresbeginn einen grossen Wirbel, als sie ihr [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Die Kommission kann den Mitgliedstaaten zwar nicht vorschreiben, wie sie Strom erzeugen sollen. Die Behörde hat sich aber vorgenommen, gezielt Investitionen in nachhaltige Bahnen zu lenken. Dass die Kernenergie auf dieser Liste als klimafreundlich eingestuft wurde, war ein klares Signal. Frankreich und eine Reihe ostmitteleuropäischer Staaten, die verstärkt in die Atomkraft investieren, reagierten entzückt. Deutschland, das in diesem Jahr seine letzten Meiler abschaltet, protestierte.

Zitat:

Atomphysiker Hamid Ait Abderrahim
Klaas De Buysser
Der belgische Nuklearforscher Ait Abderrahim hat die Diskussion verfolgt. Er sagt, die Deutschen hätten eine demokratische Entscheidung getroffen, die er nicht infrage stellen wolle. Er stelle aber fest, dass die Forschung in der Lage sei, auf das Abfall- und Sicherheitsproblem eine Antwort zu geben. Seine persönliche Meinung? «Nur durch eine Kombination aus erneuerbaren Energieträgern und Kernreaktoren der nächsten Generation können wir die globale Klima- und Energiekrise bewältigen.»

Für die Zukunft hat sich «Monsieur Nucléaire» einige Gedanken gemacht. Er stellt sich die Gründung eines europäischen Transmutationssektors vor, in dem die Staaten ihre Kräfte bündeln. Und er rechnet vor, dass zur Verarbeitung des Atommülls aus derzeit 144 europäischen Kernkraftwerken eine «Flotte» aus 15 Transmutationsreaktoren notwendig wäre, welche eine Leistung von 6 Gigawatt an thermischer Energie erbringen müsse. Investitionen in der Höhe von 10 bis 15 Milliarden Euro seien für die Industrialisierung dieser Technologie notwendig. «Es ist meine Vision, dass die Atomkraft ihren Schrecken verliert und nachhaltig wird», sagt Ait Abderrahim.
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Geändert von Draalz (15.02.22 um 16:43 Uhr) Grund: falschen Linktag korrigiert
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Na, denne brauch'n se den Atommüll ja nüch' mea inde Sonne zu schießen.
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Draalz (16.02.22)
Ungelesen 16.02.22, 01:14   #5
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Ist doch wunderbar, wenn es funktioniert.
Mit Betonung auf wenn, denn beim Klimawandel tickt die Uhr und bisher konnte noch kein solches System so hochskaliert werden, dass es rentabel gewesen wäre. Nur vernünftig reicht ja leider nicht.
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Draalz (16.02.22)
Ungelesen 16.02.22, 15:34   #6
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… tickt die Uhr …
Oho, du hast meinen zynischen Sarkasmus auch in diesem kurzen Satz entdeckt, prima!
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Draalz (16.02.22)
Ungelesen 18.02.22, 13:15   #7
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Wäre schön, wenn die Belgier da mehr liefern als Werbeaussagen, aber ich bin da genauso skeptisch wie bei jeder Jubelmeldung über Fortschritte bei der Kernfusion.

In Russland gibts das ja schon seit 2014, im BN-800 kann man pro Jahr mehrere dutzend Kilogramm langlebigen Atommüll in kurzlebigere Produkte umwandeln. Wird aber bisher nicht genutzt, da es sich wirtschaftlich nicht rechnet.

Abgesehen davon ist Atomstrom auch ohne die Lagerung extrem teuer. Deshalb bauen auch fast nur noch Atommächte neue Meiler, bei denen fällt der Brennstoff nämlich als Nebenprodukt bei der Produktion von atomwaffenfähigem Plutonium an. Klar, als Übergangslösung um fossile Brennstoffe abzulösen denkbar - aber der Bau eines einzelnen Kraftwerkes dauert mindestens zehn Jahre und nur wenige Firmen haben das entsprechende know-how. Bis da nennenswerte Kapazitäten aufgebaut werden können, sind auch schnell mal hundert Jahre rum.

Nicht falsch verstehen, ich bin schon der Meinung, dass man da weiter forschen sollte und
gerne auch solche Meiler - wenn sie den funktionieren - bauen sollte. Aber ich glaube nicht dran, dass das in naher Zukunft einen entscheidenden Beitrag zu unserer Energieversorgung beitragen kann.
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Draalz (18.02.22)
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