[Melvin van Horne]

Moin,

das eine Extrem: Um zu verhindern das auch nur ein einziger deutscher Risikopatient an Corona stirbt, wird alles wirklich alles unternommen um weitere Infektionen zu verhindern. Es gibt keinerlei Rücksichten auf Wirtschaft, Schule, Kita oder sonst etwas anderes. Es wird alles in Kauf genommen um dem Ziel "keine weiteren Infektionen" so nahe wie möglich zu kommen.

das andere Extrem: Nichts. Überhaupt nichts wird zum Schutz der Risikogruppen unternommen. Wer erkrankt bekommt die bestmögliche Behandlung. Solange es eben Kapazitäten gibt. Sind die erschöpft, dann ist auf Glück angewiesen wer überleben will. Es werden keine Abstriche bei der Schulbildung und keine Verschlechterung der Einkommenssituation der Bevölkerung hingenommen.

Beides natürlich keine echten Alternativen. Irgendwo dazwischen liegt der richtige Weg. Aber wo? Berechtigt nicht jedes Abweichen vom ersten Extrem zu dem Vorwurf man würde Menschenleben wirtschaftlichen Interessen opfern? Muss nicht jeder, der ein Abweichen vom anderen Extrem fordert mit dem Vorwurf leben, er würde die Zukunft von hunderttausenden opfern um einige ein paar Monate länger am Leben zu halten?

In dieser Diskussion wird oft mit begriffen wie "moralisch", "vernünftig" oder "menschlich" hantiert. Alles gut und schön. Aber was sie bedeuten legt doch jeder für sich fest.

Es geht in diese Diskussion um Menschenleben. Das macht es schwierig mit etwas anderem zu argumentieren. Und so ist die Empörung über das, was Palmer da gesagt hat recht weit verbreitet. Warten wir mal ein paar Monate. Ich würde wetten das man ähnliches und krasseres öfter hören wird, wenn die Arbeitslosenzahl steigt. Hier, wo ich lebe ist der Tourismus fast der einzige Wirtschaftszweig. Eine komplett ausgefallene Saison wäre wohl das wirtschaftliche Aus für die gesamte Region. Wie werden die Leute dann zu dem Thema und zu Palmers Worten stehen? Ich habe da so einen Verdacht.

Ich finde die Äusserungen Palmers von der Wortwahl schlecht. Aber ich denke das man bei der Wahl des Weges zwischen den *******n auch unangenehme Gedanken aussprechen soll. Das hat Palmer getan. Und das, obwohl er sich des Shitstorms wohl bewusst war. Vielleicht hätte er seine Äusserungen auch im Nachhinein als Satire deklarieren sollen. Bei "Warum reden uns die Großeltern eigentlich immer noch jedes Jahr rein? Die sind doch eh bald nicht mehr dabei." von FFF hat es funktioniert. Denen habe die Grünen nicht jede Unterstützung entzogen wie sie es bei Palmer für den Fall einer erneuten Kandidatur zum OB gemacht haben. Sie werden wissen warum. Wenn sich das mal nicht als Bumerang herausstellt. Nach meiner Einschätzung braucht Palmer die Grünen nicht um in Tübingen wieder OB zu werden.

[muavenet]

Zitat von KevinMarx

Edit: Vergessen, was ich damit bezüglich Palmer sagen wollte: Er hat ganz recht damit, dass das Extrem: "Alle Retten, koste es, was es wolle", nicht gut ist.

Außer der Liga der Strohmannbefruchter will niemand "Alle Retten, koste es, was es wolle".

[Kirkwscks4eva]

Zitat von KevinMarx

Jemanden über Jahre an Apparaten am Leben zu halten, der das ausdrücklich nicht wollte, den quält man nur. Ich für mich würde aber wiederum lieber an Apparaten leben als "in Frieden" sterben. Die Grenze ist also nicht nur sehr kompliziert, sondern auch sehr individuell.

Darum geht es nicht. Es geht darum ob Risikopatienten (das sind nicht nur Ältere) geopfert werden können/sollen damit die Wirtschaft wieder läuft, der Rubel wieder rollt und die jungen Leute wieder Party feiern können.

Das schlimme ist dass diese Forderer glauben dass sie nicht angesteckt werden können und somit auch nicht erkranken werden. Dies ist aber eine fatale Annahme wie sich bereits herausgestellt hat. Es ist trotzdem weiterhin in den Köpfen der Menschen drin.

[MunichEast]

Palmer schießt über das Ziel hinaus. Eine Verhältnismäßigkeit ist wichtig und er, aber auch Schäuble, vergessen oft die Tragweite des Grundgesetzes. Gerade Schäuble mußte oft seine Aussagen revidieren, ich erinnere an seine Auffassung zum Abschuß von entführten Passagierflugzeugen. Er hätte sie runter geholt und berief sich auf das Grundgesetz, das Gericht sah es dann anders.

Palmer hat in einem Punkt recht, der totale Ruin steht nicht im Verhältnis. Eine Schwächung der Wirtschaft sehr wohl und die Bundes- und Landesregierungen helfen mit verschiedenen Programmen um das ganze abzufedern. Wirtschaft und Geld verdienen um jeden Preis, hier um den Preis von höheren Ansteckungen und Todeszahlen, ist keine gute Rechtfertigung.

Die Grundrechte von nur wenigen einzuschränken, hier die ältere Generation exemplarisch genannt, um damit den Rest munter weiter machen zu lassen keine Verhältnismäßigkeit.
Viele Vergessen es gilt der Gleicheitsgrundsatz im Grundgesetz. Ausnahmen müßen da sehr genau begründet und definiert werden. In Deutschland leben rund 18 Millionen Menschen die über 65 Jahre sind. Diese Gruppe langfristig einzuschränken und den Rest frei walten zu lassen, das sieht das Grundgesetz zu Recht nicht vor.

Nein lieber Boris und Wölfgang, ihr macht es euch da ein wenig zu einfach. Im übrigen keine Lösung und sehr kurz gedacht. Das Pflegepersonal und Angehörigen tragen das Virus munter weiter in die Alten- und Behindertenheime.

Der umfassende Lockdown und Etappenöffnung das sinnvollste.

[Melvin van Horne]

Moin,

Zitat von Kirkwscks4eva

Es geht darum ob Risikopatienten (das sind nicht nur Ältere) geopfert werden können/sollen damit die Wirtschaft wieder läuft, der Rubel wieder rollt und die jungen Leute wieder Party feiern können.

Die Formulierung "damit die Wirtschaft wieder läuft, der Rubel wieder rollt" ist etwas missverständlich. Wo rollt der Rubel in der Wirtschaft denn hin? Rollt er nicht auch in die Lohntüten der Arbeitnehmer? Wenn BMW seine Werke schliesst, dann verdient Frau Klatten nichts mehr. Aber die über 100.000 Angestellten der BMW Group auch nicht.

Wirtschaft bedeutet eben nicht nur finsterer Imperialismus, reiche Aktionäre und Umweltzerstörung. Wirtschaft heisst auch Arbeit und Einkommen und Auskommen für viele von uns. Wir sind betroffene von Corona. So oder so.
Jede Entscheidung über Lockerung oder Straffung ist am Ende eine Abwägung. Wie viele Menschenleben bin ich bereit zu riskieren um eine Zahl von Existenzen zu retten.
Die Öffnung der Gastronomie wird zu Ansteckungen führen und damit sehr wahrscheinlich auch zu Todesopfern. Lässt man die Gastronomie geschlossen wird es weniger Ansteckungen geben und sehr wahrscheinlich weniger Todesopfer. Dafür aber sehr viele, bis an ihr Lebensende ruinierte Gastwirte. Wovon es wie viel geben wird vermag niemand seriös zu sagen. Gott bin ich froh, dass ich diese Entscheidung nicht fällen muss.

Ich habe keine Zahlen die das belegen können. Aber ich vermute das in der Gastronomie viele am unteren Rand der Einkommen angesiedelt sind. Und nur die wenigsten haben wohl einen Plan B auf den Sie ausweichen können, wenn es in der Gastro nicht mehr läuft.

Und so wird über die schrittweise Wiedereröffnung der Gastronomie eben nicht gemacht damit die jungen Leute Partys feiern können. Sie ist der ganz bewusste Tausch von infiziert gegen ruiniert. Oder, um es überspitzt darzustellen x gesicherte Einkommen gegen y Menschenleben. Und merkwürdigerweise darf man das machen. Aber aussprechen darf man es nicht. Offenbar war das dem Palmer egal. Er hat das gesagt was er dachte. Eigentlich doch keine schlechte Angewohnheit bei einem Politiker.

[Kirkwscks4eva]

In der Gastronomie kann man auf Abstand und Hygiene achten. Auch in der Küche. Weniger Gäste und weniger Küchenpersonal.

[user4mygully]

Palmer: "...Und wir wissen, über 80 sterben die meisten irgendwann"

Wie hoch liegt eigentlich die Lebenserwartung eines heute lebenden 80jährigen deutschen Mannes.
Sprich: "Durchschnittliche Lebenserwartung im Alter x in Jahren"

Ich habe mal bei "genesis" nachgeschaut und die Sterbetafel meint (2016/18 ):


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Falls jemand bessere, aussagekräftigere, aktuellere Zahlen hat

[Uwe Farz]

Zitat von user4mygully

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