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02.12.24, 20:31
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Die Palästinenser warten auf einen Sieg, der niemals kommen wird
Zitat:
Die Palästinenser warten auf einen Sieg, der niemals kommen wird
Von Ahmad Mansour
Ich bin Palästinenser, israelischer Araber. Und ich staune über die Linken an Universitäten in Europa oder Amerika, die Leuten wie mir das Land meiner Herkunft erklären wollen. Das bringt keinen Frieden und verhindert im Gegenteil das Umdenken, das mein Volk dringend braucht.
Mein Großvater kämpfte 1948 im Unabhängigkeitskrieg – auf der Seite irakischer Soldaten, gegen Israel. Seine Heldengeschichte über den erbitterten Kampf um mein Dorf war über Jahre hinweg meine liebste Gutenachtgeschichte. Mitte der 90er-Jahre starb er – als israelischer Staatsbürger – in einem jüdischen Krankenhaus. Dort wurde er von einem jüdischen Arzt behandelt. Sein Bett stand direkt neben dem eines Holocaust-Überlebenden.
Mein Vater, geboren 1946, wuchs in einer Welt auf, die von Flucht und Trauma geprägt war. Vor dem Krieg von 1948 zwischen arabischen Nachbarn und Israel machte mein Onkel sein Abitur in Tulkarem im Westjordanland. Nach der Gründung Israels durfte er nicht in sein Heimatdorf zurückkehren. Er wanderte in die USA aus und kam erst 1982 mit einem Touristenvisum zurück, einem Visum, das er jährlich verlängern musste, um in seinem Geburtsort bleiben zu dürfen.
Der Bruder meiner Großmutter floh 1948 nach Jordanien. Jahrzehntelang konnten die Geschwister einander nicht sehen. Einige Mitglieder unserer Familie ließen sich in der Westbank nieder, man konnte sie ab und zu besuchen. Viele Wunden blieben, bei vielen von uns. Israels Staatsgründung bedeutete für meine Familie den Verlust von Land, Besitz, Zusammenhalt.
Meine erste Lebenserinnerung? Eine Versammlung meiner Familie vor dem Fernseher, 1982. Ich war sechs. Es liefen Bilder des Massakers von Sabra und Shatila. Ich sehe noch die Tränen in den Augen meiner Mutter und die Wut auf den Gesichtern der Männer. Diese Emotionen haben mich geprägt.
Am „Tag des Bodens“, jedes Jahr am 30. März, gingen wir auf die Straße. Es war unser Ritual, um an die Landverluste zu erinnern. Ich habe als junger Mensch kaum eine Demonstration verpasst, wenn es um Palästina ging. Ich wurde Islamist und hörte andächtig die Kampflieder der Hamas und der Muslimbruderschaft. Es drehte sich immer um die Befreiung Palästinas, um den Kampf gegen Israel, gegen Juden.
Als Kind war ich oft in Gaza. Unsere Einkäufe erledigten wir samstags in der Westbank. Der Konflikt war nicht nur Teil meines Lebens – er war Teil meiner Identität. In meiner Jugend suchte ich den Konflikt – buchstäblich. Jeden Donnerstagabend fuhr ich nach Jerusalem, um in der Al-Aksa-Moschee zu übernachten, zu beten, und um Israels Soldaten und Polizisten zu provozieren.
Ich hasste Israelis, ich hasste Juden. Mein politischer Traum war, dass der Staat Israel verschwindet. Egal, was in unserem Leben nicht gut lief: Schuld waren immer „Israel und die Juden!“ Immer.
Als Israeli habe ich die Oslo-Abkommen gefeiert. Die Rückkehr von Jassir Arafat, die Entstehung der palästinensischen Autonomiebehörde – all das schien ein neues Kapitel in unserer Geschichte zu eröffnen. Wir sahen Hoffnung im Friedensabkommen mit Jordanien, im Rückzug aus dem Süden des Libanon im Jahr 2000, im Abbau der Siedlungen in Gaza im Jahr 2005.
Als Kind war ich oft in Gaza. Unsere Einkäufe erledigten wir samstags in der Westbank. Der Konflikt war nicht nur Teil meines Lebens – er war Teil meiner Identität. In meiner Jugend suchte ich den Konflikt – buchstäblich. Jeden Donnerstagabend fuhr ich nach Jerusalem, um in der Al-Aksa-Moschee zu übernachten, zu beten, und um Israels Soldaten und Polizisten zu provozieren.
Ich hasste Israelis, ich hasste Juden. Mein politischer Traum war, dass der Staat Israel verschwindet. Egal, was in unserem Leben nicht gut lief: Schuld waren immer „Israel und die Juden!“ Immer.
Als Israeli habe ich die Oslo-Abkommen gefeiert. Die Rückkehr von Jassir Arafat, die Entstehung der palästinensischen Autonomiebehörde – all das schien ein neues Kapitel in unserer Geschichte zu eröffnen. Wir sahen Hoffnung im Friedensabkommen mit Jordanien, im Rückzug aus dem Süden des Libanon im Jahr 2000, im Abbau der Siedlungen in Gaza im Jahr 2005.
Als Premierminister Jitzhak Rabin auf einer Friedenskundgebung von einem radikalen jüdischen Studenten ermordet wurde, weinten wir. Es war nicht nur der Verlust eines Mannes, sondern der Verlust eines Traums. Doch die Realität holte uns ein. Die zweite Intifada habe ich nicht im Fernsehen verfolgt – ich habe sie im echten Leben erlebt.
Die Unruhen im Oktober 2000 erreichten die arabischen Orte in Israel, und 13 arabische Israelis wurden durch Polizeigewalt getötet. Über drei Jahre lang erlebten wir täglich Anschläge. Busse explodierten, und Selbstmordattentäter zerstörten die Orte, die meine Jugend geprägt hatten. Der Terror kam immer näher, bis er schließlich meine Nachbarschaft erreichte. Am Ende blieb mir nur eine Wahl: Ich musste gehen.
Und ich habe Islamismus und Judenhass überwunden. Ich habe studiert, mich mit der Geschichte der Schoah befasst. Durch Begegnungen und durch Dialoge habe ich vieles hinterfragt, meine Vorurteile abgebaut und jüdische Freunde gefunden, die mich bis heute begleiten.
Die Menschen zerbrechen am Hass
Es wurde mir klar, dass ich nicht länger den Weg meines Vaters und meiner Vorfahren gehen möchte. Ich habe gesehen, wie sie am Hass zerbrechen, wie sie ein Leben lang auf einen Sieg warten, der niemals kommen wird. Ich habe beobachtet, wie die Kränkung über den verlorenen Krieg und die bloße Existenz des Staates Israel sie von innen heraus zerfrisst.
Vor allem aber weiß ich heute, dass dieser Weg keinen einzigen Menschen glücklicher gemacht hat, dass er keinem Kind eine bessere Zukunft gebracht hat. Heute verstehe ich, dass islamistischer Hass nicht „revolutionär“ ist, dass Befreiung nicht Terror, sondern Demokratisierung bedeutet. Wenn es heißt: „Befreit Gaza!“, ergänze ich: „Von der Hamas!“ Und staune über die Leute, die mitten in der liberalen Demokratie an mörderische Terrorgruppen glauben wollen.
Mir geht es nicht darum, proisraelisch oder propalästinensisch zu sein. Es geht um eine Vision des Zusammenlebens, der guten Nachbarschaft, des Friedens. Und das sage ich als Palästinenser: ein Frieden, der nicht durch die Hamas, nicht durch Terror, Raketenangriffe oder Antisemitismus an Universitäten entstehen wird.
Dieser Frieden kann nur gelingen, wenn wir, Israelis und Palästinenser, aufeinander zugehen. Die Wege, die die palästinensische Führung und Gesellschaft in den letzten Jahren gegangen sind, halte ich für falsch und zerstörerisch. Es muss einen anderen Weg geben. Doch genau hier sehe ich ein großes Hindernis: die Pro-Palästina-Bewegungen im Westen. Sie leisten keinen nennenswerten Beitrag zum Frieden.
Im Gegenteil: Sie verhindern das Umdenken, das mein Volk dringend braucht. Sie nähren Narrative, die uns in der Opferrolle festhalten, anstatt Verantwortung zu übernehmen und nach Lösungen zu suchen, die wirklich etwas verändern. Der Weg des Hasses und des Krieges ist gescheitert. Wir brauchen neue Wege.
Die Konsequenzen von Kompromisslosigkeit und Hass tragen nicht die „propalästinensischen“ Aktivisten im Westen. Nach jeder Demonstration kehren sie in ihre sicheren, warmen Wohnungen zurück und feiern sich auf TikTok als Helden. Doch die wahren Konsequenzen ihrer Forderungen tragen die Menschen in Palästina und Israel – und beide Seiten haben das Recht auf ein besseres, sichereres Leben.
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Sehe ich auch so.... Durch Kriege wurde noch kein Problem gelöst, sondern der Stärkere unterwarf den Schwächeren
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