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17.08.23, 17:54
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Akkutechnik: Warum LFP-Akkus von CATL in 10 Minuten laden können
Zitat:
Akkutechnik: Warum LFP-Akkus von CATL in 10 Minuten laden können
CATL sieht es als seine Aufgabe an, die Bevölkerung mit Akkus mit langer Reichweite und hoher Ladegeschwindigkeit bei dennoch niedrigen Preisen zu versorgen.
Ein Bericht von Frank Wunderlich-Pfeiffer

Mit der Shenxing genannten neuen Generation von LFP-Akkus hat der weltgrößte Akkuhersteller CATL die alten LFP-Akkus weiter optimiert und lädt auch mit der kostengünstigen Akkuchemie in unter 10 Minuten von 20 auf 80 Prozent Ladestand, wenn die Ladesäule genug Strom liefert. Die ersten Autos mit den neuen Akkus sollen bereits Anfang 2024 ausgeliefert werden. Der Name Shenxing bezeichnet ursprünglich eine von 72 magischen Kampfkünsten der chinesischen Volksmythologie und bedeutet gottgleiche Bewegungsfreiheit, die metaphorisch noch heute verwendet wird.
Erreicht wurde die hohe Ladegeschwindigkeit durch konsequente Verbesserung der herkömmlichen Technik von Lithium-Eisenphosphat-Akkus (LFP = Lithium Ferrophosphate), die im Vergleich zu anderen Lithium-Ionen-Akkus deutlich sicherer und billiger herzustellen sind. Aber seit ihrer Erfindung im Jahr 1997 haben sie das Problem, dass sie unter vergleichbaren Bedingungen deutlich langsamer laden als NMC-Akkus. Das liegt an den Materialeigenschaften von LFP, aber auch daran, dass der Rest des Akkus möglichst kostengünstig sein soll. Denn darin sieht CATL seine wichtigste Aufgabe.
Um Elektromobilität noch attraktiver zu machen, sollen die niedrigen Kosten von LFP-Akkus mit den hohen Ladegeschwindigkeiten und der großen Packungsdichte der 2022 vorgestellten Qilin-Akkupacks verbunden werden, um dennoch hohe Reichweiten zu ermöglichen. Die Verbesserung der Ladegeschwindigkeit verbessert dabei auch die Leistung in kaltem Wetter, die bisher ein großer Schwachpunkt der LFP-Akkus war.
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Kundenorientierung
Bei der Vorstellung der neuen Shenxing genannten Akkus betonte CATLs Chefentwickler Wu Kai den großen gesellschaftlichen Stellenwert der E-Auto-Technik, die in China inzwischen die Pionierphase verlassen habe. Er bezieht sich dabei explizit auf die Theorie der Technik-Diffusion von Everett Rogers, der sich seit seiner Jugend über die langsame Verbreitung neuer Technik und Getreidesorten unter amerikanischen Landwirten wunderte. Aber CATL interpretiert diese Diffusionstheorie völlig anders, als sie im Marketing von deutschen Universitäten gelehrt wird.
Die Diffusionstheorie beschreibt eigentlich das Verhalten der Kunden. Die ersten Kunden heißen Innovatoren und Early Adopters, dann kommt die Mehrheit und die letzten Kunden werden – eher abschätzig – als Zurückgebliebene (Laggarts) bezeichnet. Der Prozess der Verbreitung besteht aus Information, die sich wie ein Virus verbreitet – der Begriff viral Marketing kommt daher – und sozialem Druck, Techniken zu übernehmen die andere schon benutzen. Wenn das nicht funktioniert, hat die Diffusion der Technik versagt.
Bei CATL steht das Ende der Pionierphase hingegen für den Punkt, ab dem das Produkt weiter verbessert werden muss, weil es für den Großteil der Bevölkerung noch nicht attraktiv genug ist. Die Firma sieht es als ihre Aufgabe an, die unerfüllten Anforderungen ihrer Kunden zu erfüllen, statt sie abschätzig als Zurückgebliebene und Late Adopters abzutun. Wu Kai bezeichnet das in der Präsentation als höchste Aufgabe der Forschung bei CATL. Diese benötigte eine ganze Reihe neuer Techniken, um die Shenxing-Akkus möglich zu machen.
Ummantelte Nanopartikel
Der Grund für die Probleme mit LFP ist die schlechte elektrische Leitfähigkeit des Materials, in dem sich auch Lithium-Ionen nur eingeschränkt in tunnelartigen Freiräumen der Olivin-Struktur des Materials bewegen können. Das Kathodenmaterial der herkömmlichen NMC-Akkus besteht dagegen aus Schichten von Material, das viel freiere Bewegung zulässt. Das wird vor allem bei tiefen Temperaturen ein Problem, wenn den Lithium-Ionen noch weniger Energie zur Verfügung steht, um sich in den ohnehin schon sehr engen Tunneln von LFP zu bewegen.
Um möglichst perfekten elektrischen Kontakt zu garantieren, wird das Lithium Eisenphosphat deshalb mit Kohlenstoff ummantelt. Gleichzeitig müssen die Partikel möglichst klein sein, um trotz der schlechten Leitfähigkeit einen geringen elektrischen Widerstand zu erreichen. Die Entwicklung möglichst dünner Kohlenstoffschichten ist dabei entscheidend für gute Energiedichte, denn sonst besteht die Kathode aus großen Anteilen von Kohlenstoff statt des eigentlichen Kathodenmaterials.
CATL hat es nach eigenen Angaben geschafft, das Herstellungsverfahren so weit zu optimieren, dass alle LFP-Partikel kleiner als Mikrometergröße sind. Damit haben die Lithium-Ionen deutlich kürzere Wege innerhalb des Kathodenmaterials, was alle Lade- und Entladeprozesse beschleunigt. Gleichzeitig muss das Material aber so gebaut sein, dass zwischen den LFP-Nanopartikeln in Kohlenstoff oder im Elektrolyt noch Freiräume sind, in denen sich die Lithium-Ionen möglichst frei bewegen können.
Wenn das alles gelingt, verbessert sich automatisch auch das Verhalten bei tiefen Temperaturen, das vor allem durch die Verlangsamung der Leitungsprozesse im LFP geprägt ist. Kürzere Wege im LFP verringern den Einfluss der Temperatur. So sollen die LFP-Akkus 90 Prozent ihrer Kapazität auch noch bei minus 10 Grad Celsius liefern und sich selbst bei dieser Temperatur in 30 Minuten laden lassen, was die größten Schwachpunkte der LFP-Technik stark abmildert.
Auch die Anode muss besser werden
Aber die Verbesserung des Kathode sorgt allein nicht für hohe Ladegeschwindigkeiten. Beim Ladeprozess müssen die Lithium-Ionen aus der Kathode im Material der Anode gespeichert werden. Die besteht bei den LFP-Akkus nur aus Graphit. Bei teureren Akkus werden der Anode Nanopartikel aus Silizium oder Siliziumoxid zugesetzt, was die Kapazität und Ladegeschwindigkeit erhöht. Das kam für CATL, wohl aus Kostengründen, für die LFP-Akkus nicht in Frage.
Auch Graphit ist aus Schichten aufgebaut, in denen sich das Lithium zunächst recht frei bewegen kann, allerdings nur zwischen energetisch günstig gelegenen Plätzen, wie in einem Kristallgitter. Je voller das Gitter wird, desto mehr Lithium-Ionen müssen sich bewegen, um die letzten freien Plätze noch besetzen zu können. Außerdem ist der Übergang ins Graphit vom Elektrolyt, in dem das Lithium von der Kathode zur Anode kommt, ein Problem.
Wenn sich durch eine hohe Ladespannung mehr Lithium zum Graphit bewegt, als davon aufgenommen werden kann, bildet sich Lithiummetall an der Außenseite des Graphits. Das wäre theoretisch zwar eine perfekte Methode zur Speicherung von Lithium, aber leider kommt es dabei zu chemischen Reaktionen mit dem flüssigen Elektrolyt, die große Mengen des Lithiums dauerhaft binden, statt es zu speichern und wieder freizugeben. Deshalb schadet zu schnelles Laden der Lebensdauer eines Akkus.
Aber es gibt längst bekannte Methoden, um das Verhalten von Graphit zu verbessern, die CATL nun umgesetzt hat.
Gut sortierte Partikel sorgen für weniger verschlungene Pfade
Um die schadlose Ladegeschwindigkeit zu verbessern, muss der Übergang des Lithiums in das Graphit erleichtert werden. Die einfachste Möglichkeit ist wieder, möglichst kleine Partikel zu verwenden. Damit steht im Verhältnis zum Graphit mehr Oberfläche zur Verfügung und das Lithium hat im Graphit kürzere Wege, so dass der Ladeprozess schneller abläuft. Das wird in Hochleistungsakkus längst getan, hat aber Nachteile.
Das Lithium muss im Elektrolyt zwischen dicht gepackten kleinen Partikeln längere Wege zurücklegen. Bei der gleichen Masse Graphit in größeren Partikeln bleiben größere Freiräume für direktere Wege offen. Die Anode muss also entweder dünner werden oder viel mehr Elektrolyt verwenden, damit während des Ladevorgangs überhaupt noch genug Lithium das hintere Ende der Anode erreicht. Ein ähnliches Problem gab es schon mit den Nanopartikeln der Kathode. Kathode und Anode müssten also sehr dünn gebaut werden, was aber hohe Kosten verursacht und durch größere Anteile von Separator- und Metallfolien die Energiedichte senkt.
Das Verhalten der Anode lässt sich aber verbessern, wenn auf die Kupferfolie der Anode zuerst eine dichte Schicht großer Graphitpartikel aufgebracht wird und anschließend weniger dicht gepackte Schichten mit kleineren Partikeln. So kann das Lithium im Elektrolyt leichter bis zum Ende der Anode nahe der Kupferfolie durchdringen, ohne dass Lithium an den Graphitpartikeln als Metall abgeschieden wird. Möglicherweise hat CATL auch eine einfachere Methode gefunden, um diesen sogenannten doppelten Gradienten in der Anode in nur einem Produktionsschritt zu produzieren.
Schnellladung mit weniger Kompromissen
Außerdem spricht CATL von einer Vergrößerung der Graphitoberfläche, durch die das Lithium leichter eintreten kann, und weiterer Optimierung des Elektrolyts. Die ist mit einer größeren Graphitoberfläche auch notwendig, weil sich dort aus dem Elektrolyt beim ersten Ladevorgange eine stabile Schicht aus Lithiumsalzen und anderen Verbindungen bildet.
Je dicker die Schicht ist, desto mehr Lithium wird in der Schicht gebunden und desto größer ist auch der Widerstand beim Übergang in das Graphit. Die dicke und Stabilität der Schicht lässt sich durch fast immer geheimgehaltene Zusätze im Elektrolyt verändern. Wobei die Firma auch die Ionenleitfähigkeit des Elektrolyts als Ganzes verbessert haben soll, was der Ladegeschwindigkeit ebenso zugutekommt oder eine dickere Anode ohne weitere Verluste ermöglicht.
Schnell ladbare Akkus zu bauen, selbst mit Ladezeiten von nur 2 Minuten, ist technologisch längst kein Problem mehr. Die Schwierigkeit besteht darin, das alles zu niedrigen Kosten und ohne Verlust von Energiedichte zu tun. Durch die Verbesserung der Technik können dabei immer bessere Kompromisse erreicht werden, die dafür sorgen, dass schnellladende Elektroautos kein Luxusgut bleiben werden.
Der Start der Massenproduktion der neuen Akkuzellen ist noch in diesem Jahr geplant. Sie sollen in neuen Qilin-Packs verwendet und im ersten Quartal 2024 in Autos ausgeliefert werden. Eine Reihe wichtiger Autohersteller in China hat bei der Vorstellung der neuen Akkus ihre Unterstützung ausgedrückt. Tesla, das von CATL bis vor kurzem fast alle LFP-Akkus bezog, war nicht dabei.
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