[Avantasia]

Im amtlichen Register steht eine Restschuldbefreiung sechs Monate lang – bei der Schufa drei Jahre. Das ändert sich nun. Die Auskunftei kommt so einem EuGH-Urteil zuvor.

Vor dem Hintergrund laufender Gerichtsverfahren verkürzt die Schufa ab sofort die Speicherdauer für die Einträge zu abgeschlossenen Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate. So soll "Klarheit und Sicherheit" für Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffen werden, sagte Schufa-Vorstandsmitglied Ole Schröder in Wiesbaden.

Durch eine Verbraucherinsolvenz können sich Privatleute von ihren Schulden befreien, auch wenn sie nicht alles zurückzahlen können. Am Ende steht die sogenannte Restschuldbefreiung. Die Informationen darüber werden in einem amtlichen Register sechs Monate lang gespeichert und veröffentlicht. Auch die Schufa und andere Auskunfteien erheben diese Bekanntmachungen – speichern sie aber bislang drei Jahre lang.

Braucht es eine Extra-Regelung für die Schufa?

Früher war das zulässig – seit Mai 2018 aber gilt die Datenschutz-Grundverordnung der EU, in der es eine solche generelle Norm nicht mehr gibt. Die juristische Frage, die sowohl der Bundesgerichtshof (BGH) als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in derzeit vorliegenden Fällen klären müssen, ist, ob dies ausreicht oder ob eine eigene gesetzliche Regelung speziell für Wirtschaftsauskunfteien notwendig ist.

Dem BGH etwa beschäftigt der Fall eines früheren Selbstständigen aus Norddeutschland, der die Schufa verklagt hatte. Der Mann musste 2013 Insolvenz anmelden. 2019 wurde ihm die Restschuldbefreiung erteilt und in das bundesweite Insolvenzportal eingetragen. Die Schufa rief die Daten ab, speicherte sie aber – wie üblich – drei Jahre lang. Deshalb, so der Kläger, habe er eine Mietwohnung nicht bekommen.

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein gab dem Mann recht. Es entschied, dass die Schufa seine Daten nur ein halbes Jahr lang speichern darf. Dagegen wiederum zog die Wirtschaftsauskunftei vor den BGH. Die Richter in Karlsruhe wollen in dem Fall aber noch nicht entscheiden, bis die grundsätzliche Frage nach einer etwaigen eigenen gesetzlichen Regelung geklärt ist.

EuGH muss grundsätzliche Frage klären

Klären kann dies der EuGH, der dazu bereits vom Verwaltungsgericht Wiesbaden angerufen worden war. Die Richter in Hessen müssen in einem ähnlichen Fall entscheiden und hatten dem EuGH bereits Fragen über die Auslegung des europäischen Rechts vorgelegt. Das Urteil in Luxemburg ist aber noch nicht gefallen, die Fragen sind also noch nicht beantwortet.

Vor knapp zwei Wochen allerdings legte der zuständige Generalanwalt am EuGH sein juristisches Gutachten vor. Darin bezweifelte er, dass die Schufa solche Daten länger speichern darf als das öffentliche Register. Die europäischen Richterinnen und Richter müssen sich bei ihrer Entscheidung zwar nicht an dieses Gutachten halten, sie orientieren sich aber oft daran.

Löschung erfolgt automatisch

Die Schufa erklärte nun, dass sie für den Sommer mit der EuGH-Entscheidung rechnet. Selbst wenn der Gerichtshof den Ausführungen des Generalanwalts folge, müsse aber zunächst das Wiesbadener Gericht den zugrunde liegenden Einzelfall entscheiden "und danach wäre auch noch der abschließende Instanzenzug – im Zweifel bis zum Bundesverwaltungsgericht – abzuwarten." Das will die Wirtschaftsauskunftei verhindern, "weil es noch Jahre dauern könnte, um hier eine eindeutige Klärung herbeizuführen."

Alle Einträge zur Restschuldbefreiung, die aktuell länger als sechs Monate gespeichert seien, werden also bereits jetzt gelöscht. Dies erfolge automatisch, die technische Umsetzung wird nach Angaben der Schufa etwa vier Wochen dauern.

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[csesraven]

Die Verkürzung der PI ist absoluter Hohn. Und ein Schlag ins Gesicht für die Geprellten. Schön, dass Schufa sich da an die Fristen halten muss aber 3 Jahre ist echt ein Witz.

[MunichEast]

Nein sie hatte drei Jahre, nun sechs Monate um rechtskonform zu sein.

[muavenet]

Ich glaube, es geht deinem Vorredner um die Verkürzung des gesamten Privatinsolvenzverfahrens.

[csesraven]

Ja, die Schufa behält die abgeschlossene Privatinsolvenz jetzt nur noch 6 Monate. D.h. nach 3 Jahren und 6 Monaten kann man so weiter machen wie bisher. Immerhin kann man nicht sofort eine neue PI beantragen.

[Melvin van Horne]

Moin,

ich glaube, ganz so ist es nicht. Wenn ich mich nicht irre, kann man nach einer abgeschlossenen Privatinsolvenz erst nach 11 Jahren eine neue Privatinsolvenz beantragen. Trotzdem sehe ich das Instrument Privatinsolvenz kritisch. Ich habe einem Kunden Waren geliefert und für ihn Leistungen erbracht. Der Kunde zahlt nicht und geht nach den vorgesehenen Regularien in die Privatinsolvenz. Nach etwas mehr als sechs Jahren steht er schuldenfrei da und nach weiteren drei Monaten ist dann auch seine Schufauskunft von dem Makel befreit.

Was für den Schuldner eine positive Sache ist, kommt für mich einer vom Staat durchgeführten Enteignung gleich. Natürlich können die Schulden erlassen werden, weil sie den Aufwand nicht Wert sind. Mann kann sich auf einen Teilbetrag, eine Ratenzahlung oder auf sonst irgend etwas einigen. Aber das sollte eine Einigung zwischen mir und dem Schuldner sein.

Mir ist nicht klar, warum der Staat einseitig in dieses Verhältnis eingreift. Um dem Schuldner eine zweite Chance zu geben? Dann soll mir der Staat den offenen Betrag überweisen. Wenn ich meine Kohle habe, kann er Chancen vergeben so viel und so oft er will. Mein Geld zu verschenken kann nicht die Lösung sein.

Ich würde das anders sehen, wenn im Verfahren der Privatinsolvenz eine zwingende Prüfung vorgesehen wäre, ob nicht ein Fall von Eingehungsbetrug vorliegt. Wenn also ein Teil der Schulden entstanden sind, als dem Schuldner schon klar war oder klar sein musste, dass er das nicht bezahlen kann. Zumal diese Regelung die Zahl der angemeldeten Privatinsolvenzen ganz erheblich reduzieren würde.

[csesraven]

Es sind doch nur noch 3 Jahre mittlerweile. Absoluter Witz.

Und ja, nach 11 Jahren nochmal und dann 5 Jahre lang statt 3.

[Neg0]

Ähm ... war bisher nie von PI betroffen, weder als Schuldner noch als Gläubiger. Von daher kann ich diesbzgl kaum mitreden.

Unabhängig davon Richtung topic: WIESO sollten Auskunfteien wie Schufa, creditreform&co denn Sonderrechte bzgl der DSGVO haben? Um nichts Anderes geht es.

Wenn ein Interesse besteht "Sicherheiten" seitens des "potentiellen" Gläubigers zu schaffen, dann wird der Markt das regeln. (Um bei Melvins Bsp zu bleiben: "Vorkasse" wäre mein Stichwort)