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29.11.22, 17:13
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Streuner
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LNG-Lieferungen für Deutschland
Zitat:
Gaspakt mit Katar – Fluch oder Segen?
Fußballfans boykottieren die WM in Katar, die Bundesregierung schließt mit dem Land Verträge über Flüssigerdgas. Wie problematisch ist das? Und was wären die Alternativen? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Deal.
Von Susanne Götze
29.11.2022, 16.18 Uhr
Seit Beginn der Fußballweltmeisterschaft in Katar reißt die Kritik an dem Land nicht ab. Während viele Fans auch in Deutschland die Spiele boykottieren, hat die Bundesregierung nun ein Gasgeschäft mit dem Golfstaat abgeschlossen. Der Deal kommt nicht überraschend, seit Monaten versuchen Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck, die ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland durch andere Lieferverträge zu ersetzen. Denn fehlt Gas, könnten die Produktion deutscher Unternehmen einbrechen und Heizungen kalt bleiben, so die Befürchtung.
Nun gab der Energieriese Qatar Energy erstmals ein Abkommen über Flüssigerdgaslieferungen nach Deutschland bekannt. Die Lieferung soll 2026 beginnen und mindestens 15 Jahre laufen. Jährlich sollen bis zu zwei Millionen Tonnen geliefert werden.
Mit dem nun beschlossenen Gasdeal muss die deutsche Regierung gleich zwei unangenehme Wahrheiten in Kauf nehmen: Staaten wie Katar sind autoritär , ihre Regierungen halten nicht viel von Menschenrechten, Pressefreiheit oder westlichen Werten. Außerdem ist die Gasförderung- und Verbrennung klimaschädlich, neue Verträge und fossile Infrastruktur können die Energiewende ausbremsen.
Hier finden Sie die wichtigsten Antworten, ob es Alternativen gibt und was der Deal für Klimaschutz und Menschenrechte bedeutet.
Wie viel Erdgas erhält Deutschland aus Katar?
Die Menge ist recht überschaubar: Zwei Millionen Tonnen entsprechen etwa 2,7 Milliarden Kubikmeter Erdgas. In Deutschland werden pro Jahr rund 90 Milliarden Kubikmeter verbraucht, durch Nordstream 1 flossen zuletzt 55 Milliarden Kubikmeter pro Jahr, allerdings davon auch ein Teil an die Nachbarländer.
Wie problematisch sind solche Gasdeals für den deutschen Klimaschutz?
Deutschland will im Jahr 2045 klimaneutral werden. Dafür gibt es eine Vereinbarung zum Kohleausstieg, dem klimaschädlichsten Energieträger. Bis 2038 sollen spätestens alle Meiler vom Netz gehen. Einen Gasausstieg gibt es hingegen noch nicht. »Erdgas ist für eine Übergangszeit unverzichtbar«, steht dazu im Koalitionsvertrag der Ampelregierung. Gas ist also erst mal im deutschen Klimaplan »eingepreist«.
Außerdem kommt es durch die Gasknappheit derzeit zu klimapolitischen Rückfällen: So erlebt die Kohle eine Renaissance. In der ersten Hälfte des Jahres stammte fast ein Drittel des in Deutschland erzeugten Stroms aus Kohlekraftwerken. Weniger Gas bedeutet deshalb erst mal mehr Kohle und damit auch mehr Emissionen. Teilweise ersetzt die Industrie auch Gas durch Heizöl . Das Katar-Gas soll aber nur die Lücke der russischen Lieferungen füllen, beruhigt die Bundesregierung.
Gefährden neue Gasdeals langfristig die Klimaziele?
Dennoch könnten Verträge mit Staaten wie Katar den Gasausstieg verzögern. Erdgas ist ebenso wie Kohle eine fossile Energiequelle, seine Emissionen sind je nach Berechnung und Herkunft teilweise ähnlich hoch wie bei der Kohleverbrennung. Grund dafür sind Lecks in den Gasleitungen, aus denen extrem klimaschädliches Methan entweicht. Aber auch bei der Förderung sowie dem Transport fallen Emissionen an. Solche Leckagen sind enorm klimaschädlich. Jedes Methanmolekül wirkt vielfach stärker als Kohlendioxid, der Treibhauseffekt ist bis zu 86-mal so hoch.
Die Gaslieferungen aus Katar sollen ab 2026 »mindestens« 15 Jahre laufen, wie es heißt. Das vorläufige Ende der Lieferungen wäre damit 2041 – rund vier Jahre, bevor Deutschland klimaneutral sein will. Zudem sollen für die Flüssigerdgasimporte neue Terminals an der Nordseeküste gebaut werden, teils auch mit Steuergeldern. Erst vergangene Woche wurde bekannt , dass Anschaffung und Unterhalt schwimmender Flüssigerdgas-Terminals Deutschland mindestens dreieinhalb Milliarden Euro mehr kosten als bislang geplant. Das sind Milliarden, die in fossile Infrastruktur fließen statt in die Energiewende.
Ist Erdgas wirklich unverzichtbar?
Rund die Hälfte aller Haushalte in Deutschland heizt mit Gas. Für einen Verzicht auf Gasimporte müssten die Gasheizungen in Deutschland durch Wärmepumpen oder Pelletheizungen ersetzt werden. Teilweise könnte auch die Erhöhung des Anteils von Biogas aus Abfällen den Gasverbrauch senken. Zudem müssten ältere Häuser besser gedämmt werden, damit sie weniger Energie verbrauchen. Auch Passivhäuser sind eine klimafreundliche Alternative. Die sogenannte Wärme-Wende wurde allerdings in den vergangenen Jahrzehnten verschlafen, auch in diesem Jahr wurden wieder mehr Gasheizungen als Wärmepumpen in Deutschland eingebaut.
In der Industrie ist die Umstellung ebenfalls mühsam. Der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Gerald Haug, rechnet damit, dass sich Deutschland trotz Energiewende einen schnellen Verzicht auf Erdgas »nicht leisten« könne. Es bräuchte aber mehr Gaskraftwerke, die »Wasserstoff-ready« sind. Derzeit stellen etwa Chemiekonzerne von Gas auf Heizöl um, Düngerfabriken suchen ebenfalls nach Alternativen. Langfristig muss Gas durch grünen, aus Ökostrom gewonnenen Wasserstoff ersetzt werden. Doch dafür müssten riesige Produktionsanlagen gebaut, Leitungen verlegt und riesige Mengen grünen Stroms eingekauft werden.
Sind Gasimporte aus anderen Ländern klimafreundlicher?
Wie klimaschädlich Erdgas ist, hängt davon ab, wo und wie es gefördert, über welche Strecke es mit dem Schiff oder Pipeline transportiert wird und wie es dann weiterverarbeitet wird. Größtes Klimaproblem sind laut Experten die Methanlecks in Leitungen und an Bohrstellen.
Das klimaschädlichste Gas ist sogenanntes Schiefergas. Es befindet sich in tiefen Tonschichten und wird mit der Frackingtechnologie an die Oberfläche geholt, bei der unter hohem Druck Wasser und Chemikalien in tiefe Gesteinsschichten gepresst werden. Das hat etwa in den USA zu erheblichen Umweltschäden geführt, beispielsweise haben Chemikalien Wasser vergiftet. Laut Messungen der US-Umweltorganisation Environmental Defense Fund entweichen allein in den USA 1,4 Millionen Tonnen Gas aus Förderstätten.
Gas aus Katar ist kein Schiefergas. Der US-Konzern ConocoPhillips wird das Gas im östlichen und südlichen North Field vor der Küste Katars fördern und nach Brunsbüttel liefern. Trotzdem muss es als Flüssigerdgas mit Schiffen transportiert werden (ebenso wie das Schiefergas aus den USA). Dafür ist viel zusätzliche Energie notwendig. So wird das Gas auf minus 163 Grad Celsius heruntergekühlt, bis es flüssig wird und nur noch ein Sechshundertstel seines ursprünglichen Volumens hat. Anschließend muss es wieder in Pipelinegas umgewandelt oder »regasifiziert« werden.
Allein vom Transport her gedacht hat reines Pipelinegas – wie einst aus Russland – eine etwas bessere Klimabilanz als Flüssigerdgas, heißt es in einer Studie des Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung
zur Klimabilanz von Flüssigerdgas. Das liege an den geringeren Vorkettenemissionen. Allerdings verschlechtere sich mit zunehmender Transportstrecke auch die Klimabilanz von Pipelinegas. Zur Erinnerung: Allein die Ostseepipelines Nord Stream I und II sind über 1200 Kilometer lang. Die Landwege in Russland und Europa noch nicht eingerechnet. Zudem ist beim russischen Gas noch weniger bekannt, wie viel Methan schon bei der Produktion und dann beim Transport entweicht.
Ist Deutschland wirklich auf Gas aus autoritären Staaten wie Katar angewiesen?
Weltweit ist ein Wettrennen um Gasreserven entbrannt. Viele Alternativen gibt es nicht, wenn Deutschland weiterhin einen so hohen Verbrauch hat. Das Frackinggas aus den USA ist klimapolitisch fragwürdig, außerdem verbrauchen die Vereinigten Staaten selbst enorm viel. Andere Länder haben oft langfristige Lieferverträge mit Abnehmern, größere Mengen sind kurzfristig nicht zu haben. Auch sind Länder wie Katar an Verträgen über mehrere Jahrzehnte interessiert, das Land hat vor Kurzem mit China ein langfristiges Gasabkommen über 27 Jahre unterzeichnet.
Neben Katar sind auch viele andere Förderländer autoritär regiert, Alternativen gibt es da wenige. Russland fällt als einer der größten Produzenten wegen seines völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine weg, Iran, Saudi-Arabien und China sind ebenfalls nicht für demokratische Werte bekannt. Bleiben noch Förderländer wie Algerien, Kanada, Norwegen oder die Niederlande. Doch diese Länder haben sich oft schon auf Jahre an andere Abnehmer gebunden. Sie können keine größeren Mengen freimachen.
Deshalb versucht die deutsche Regierung nun auch, Geschäfte mit afrikanischen Staaten wie dem Senegal zu machen. Dort liegen bisher noch unerschlossene Gasvorkommen. Das würde bedeuten, völlig neue Felder mit deutscher Hilfe aufzuschließen. Klimapolitisch ist das hochumstritten, weil dadurch jahrzehntelange fossile Abhängigkeiten geschaffen werden.
Die einzige Möglichkeit, solche Erdgasdeals zu umgehen, ist eine schnellere Energiewende und massives Energiesparen in Deutschland. Dafür müsste die Regierung jedoch erst einmal die Versäumnisse der vergangenen 20 Jahre aufholen.
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