[Draalz]

Koalitionsoptionen mit der FDP

Die gelbe Gefahr

Eine Kolumne von [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]



Die FDP könnte Königsmacher sein und Stimme der Vernunft. Aber der Chef müsste halt wollen, statt die Wähler für dumm zu verkaufen.

30.08.2021, 14.42 Uhr


FDP-Wahlplakat in Berlin, August 2021 Foto: John Macdougall / AFP

Dass ich das noch erleben darf: Die Liberalen sind plötzlich richtig gefragt, und ohne sie geht nicht mehr viel, eigentlich gar nichts, wenn es bei dem aktuellen Stand der Umfragen bleiben sollte. Es zeigt sich eine der ganz wenigen guten Seiten der gnadenlosen Nivellierung der Parteienlandschaft: Mit zehn bis zwölf Prozent der Stimmen sieht man nicht mehr aus wie der mehrheitsbeschaffende Wurmfortsatz einer drei Mal größeren Volkspartei, sondern wie einer unter (fast) Gleichen.

Allein: Man darf sich beim neuen aufrechten Gang nicht gleich die Füße brechen oder, schlimmer, aus Angst vor der eigenen Courage stockstarr stehenbleiben. Nach [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] ist das Rennen ums Kanzleramt überraschenderweise immer noch ein Dreikampf. Doch ohne die [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] kommt keiner der drei ins Kanzleramt. Vor allem für [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] und [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] ist die FDP die neue gelbe Gefahr – wenn sie beim jeweils anderen mitmacht. Besser geht für die Liberalen nicht. Eigentlich.

Doch was tut der Partei-Chef? Er wird nicht müde, eine Ampel mit [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] und Grünen allerorten für geradezu des Teufels zu erklären und [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Dem liegt freilich eine frühe Fehleinschätzung zu Grunde, der [url=https://www.spiegel.de/thema/christian_lindner/Christian Lindner[/url] aber nicht allein aufgesessen ist. »Ich glaube, dass in Wahrheit die Frage, Schwarz oder Grün im Kanzleramt, entschieden ist zugunsten der CDU/CSU«, sagte der FDP-Chef vor einigen Wochen. Nun: Das Duell im Triell ist inzwischen das zwischen Schwarz und Rot, weshalb es an der Zeit wäre, die eigenen Argumente neu zu justieren.

Ich verstehe, dass sich der FDP-Chef schwer täte mit einer Grün geführten Ampel. Offenbar gibt es erhärtete demoskopische Erkenntnisse, dass drei Viertel und mehr aller FDP-Anhänger sich sodann mit Grausen wenden würden. Vielleicht ist das so. Eine SPD/Scholz-geführte Ampel hingegen ist etwas anderes und auch nicht so leicht mit dem Verweis auf [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] oder [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] zu verteufeln. Schließlich hat jede Partei eine Saskia Esken, bei der FDP heißt sie halt [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Den Narrensaum einer Partei kauft man immer mit, wenn es in Koalitionen geht, face it.

Und: Wenn Christian Lindner eine Ampel mit der kulturellen Differenz zu den Grünen und der SPD begründet, kann er schlecht im selben Atemzug die Grünen auffordern, ihre kulturellen Vorbehalte zu vergessen und mit CDU/CSU und FDP zu koalieren. Irgendjemand wird über den eigenen Schatten springen müssen, wohl wahr. Aber warum es die anderen sein sollen, braucht ein besseres Argument als: Weil wir es nicht tun werden. Das lässt gleich zwei bürgerliche Tugenden vermissen, Vernunft und Fairness.

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Eine Ampel weiter de facto auszuschließen, zementiert mithin eine öffentliche Erwartung an die FDP, die am Ende doch zu brechen [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Und so, wie die Dinge derzeit liegen, wird es ab dem Wahlabend um die Frage gehen: Kriegen CDU und FDP die Grünen ins Boot – oder kriegen SPD und Grüne die FDP ins Boot?

Wenn es rechnerisch zugleich für eine Rot-Rot-Grüne Mehrheit reicht, wird die Lage für Lindner vollends prekär. Dann kann er entweder das Land auf eine Reise in den ökonomischen und außenpolitischen Wahnsinn schicken oder aber als Stimme der Vernunft in besagte Ampel-Koalition eintreten. Wählt er ersteres – sagt er wieder Nein zum Regieren –, dann hat er aus freien Stücken seiner mittelständischen, familienunternehmerischen Kernklientel [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], die in den Wahlprogrammen von SPD, Grünen und Linkspartei steht. Man wird es ihm bös' vergelten. Schon für den Satz von vor vier Jahren – 'besser nicht regieren als falsch regieren' – musste sich der FDP-Vorsitzende seitdem jeden einzelnen Tag bei seinen Leuten rechtfertigen. Die materiellen Folgen des damaligen Neins waren gleichwohl nicht allzu dramatisch. Wie anders wäre das, wenn Lindner den Weg frei macht für eine veritable Linksregierung. Keine Trauma-Therapie könnte das je heilen.

Eigentlich ist die Lage der FDP also höchst komfortabel. Dass sie trotzdem wie überfordert wirkt, ist überraschend, weil sie doch an die eigenen Erfahrungen aus den 70er, 80er und 90er Jahren anknüpfen könnte – oder sind diese Teile des kollektiven Parteigedächtnisses inzwischen gelöscht? Damals standen sich SPD und CDU/CSU in den Wahlkämpfen genauso gegenüber wie heute, nur waren sie deutlich größer. Nach der Zwischenära der Großen Koalitionen scheinen die bipolaren Verhältnisse vorerst wiederhergestellt. Allerdings braucht jeder Pol jetzt zwei Mehrheitsbeschaffer, und die heißen FDP und Grüne. An Dreier-Koalitionen werden wir uns alle erst gewöhnen müssen, stabiler wird das Ganze gewiss nicht und der gemeinsame Nenner könnte zu klein für die Probleme sein, die anstehen.

Aber was soll’s: Wenn die aktuellen Umfragen das Wahlergebnis vom 26. September tatsächlich vorwegnehmen, dann werden wir einen schwarzen oder roten Sieger sehen, aber die Parteien auf Platz 3 und Platz 4 die eigentlichen Gewinner sein. Gerade die FDP sollte anfangen, sich so zu benehmen. Früher konnten die Liberalen doch auch rechnen.

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[eitch100]

ach DIE gelbe Gefahr, ich hatte mit DER gelben Gefahr gerechnet, wo mir die "Sozialisten und Schlimmere" deren Ungefährlichkeit und antiimperialistische Friedfertigkeit aufschwatzen wollen... Ups... Off Topic... aber wegen zweideutigem Titel...

Ansonsten, ja, mag sein, dass die FDP der Königsmacher sein wird, aber mir persönlich sind die zu glitschig...

[karfingo]

dito eitch, war auch meine Assoziation zur Überschrift