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18.03.21, 15:34
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Legende
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Die Neuen Deutschen Medienmacher fordern Diversität, aber fördern Einfalt
Zitat:
Mit einem «Diversity-Guide» will der Verein Neue Deutsche Medienmacher den Medien erklären, was sie zum Überleben brauchen. Dabei geht es keineswegs um die Vielfalt der Meinungen: Die Fixierung auf Hautfarbe, Herkunft und Geschlecht beschneidet vielmehr die Freiheit, die Demokratie und die Unabhängigkeit des Journalismus.

Ferda Ataman ist Vorsitzende des Vereins Neue Deutsche Medienmacher.
«Es ist eine Weltpremiere», sagt die Journalistin Ferda Ataman, als sie an diesem Mittwoch den «Diversity-Guide» ihres Vereins vorstellt. Die Neuen Deutschen Medienmacher wollen deutschen Medienhäusern mit Anleitungen und Checklisten unter die Arme greifen. Schliesslich steige der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in der Gesellschaft, im Journalismus werde dies allerdings noch nicht hinreichend abgebildet. «Unser Vorschlag: eine 30-Prozent-Quote für Journalist:innen aus Einwandererfamilien, für Schwarze Journalist:innen und Medienschaffende of Color», ist in den Presseunterlagen zum Handbuch zu lesen.
Was fehle, schreiben die Neuen Deutschen Medienmacher, sei die Einsicht, dass sich die Welt von heute nicht mit Journalismus von gestern erklären lasse. Das ist korrekt. Und die Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund im Journalismus ist ein fraglos unterstützenswertes Ziel. Aber ist die Rückkehr zur Beurteilung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft oder ihres Geschlechts tatsächlich fortschrittlich oder nicht doch eher «von gestern»? Ferda Ataman ist vom Gegenteil überzeugt. Eine Einteilung von Menschen nach äusseren Merkmalen sei ja schon da, wie Studien über Diskriminierung belegten. Quoten, sagt sie, könnten eine Massnahme dagegen sein.
Die Forderung, Diversität im Journalismus müsse sich auch in unterschiedlichen Meinungen ausdrücken, sucht man bei den Neuen Deutschen Medienmachern indes vergeblich. Vielmehr wird an vielen Stellen versucht, die Medienvielfalt einzuschränken, sobald es um Positionen geht, die keine politisch linke Einstellung vermuten lassen. So liest man in einem Beitrag der langjährigen Vorsitzenden der Neuen Deutschen Medienmacher, Sheila Mysorekar, von Liberalen als Faschismus-Apologeten. Wenn Ferda Ataman der CDU nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg auf Twitter die rhetorische Frage stellt, ob ihr Rechtsruck denn Früchte trage, klingt das nicht anders.
Dass dieses neue Handbuch und die Einstellung, die sich dahinter verbirgt, von Relevanz sind, liegt daran, dass der Verein im deutschen Journalismus durchaus einflussreich ist. 2008 gegründet, zählt er nach eigenen Angaben 500 Mitglieder, dem gesamten Netzwerk gehören rund 2000 Menschen an. Alle Mitglieder sind Netzwerker, nicht alle Netzwerker sind auch Vereinsmitglieder. Ferda Ataman, die Vorsitzende der Neuen Deutschen Medienmacher, ist eine bekannte Journalistin. Sie veröffentlicht unter anderem beim «Spiegel».
Geschäftsmodell (Anti-)Rassismus
Die Neuen Deutschen Medienmacher sind überzeugt davon, dass die deutsche Gesellschaft ein strukturelles Rassismusproblem hat. Nicht zuletzt deshalb finden sie Rassismus auch überall. In einer Untersuchung fand der Verein heraus, dass nur etwa 6 Prozent der Chefredaktoren einen Migrationshintergrund haben. Daher nun der Tipp: «Verschaffen Sie sich als Medienhaus ein Bild über den Anteil migrantischer Journalist:innen in Ihren Reihen, legen Sie diese Diversitäts-Daten transparent offen und formulieren Sie klare Zielvorgaben (softe ‹Quoten›), die überprüft werden können.» Die Chefetagen sollen also fortan ihre Mitarbeiter befragen, wo sie wirklich herkommen. Dabei trägt Atamans jüngstes Buch den Titel «Hört auf zu fragen – ich bin von hier!». Dort liest man: «Irgendwie halten mich alle für eine Türkei-Expertin und eine Islam-Gelehrte. Nur wegen meines Namens und dem Geburtsland meiner Eltern. Ist das nicht verrückt?» Eine berechtigte Frage – auch an die eigene Adresse.
Solche Doppelmoral prägt die Arbeit der Neuen Deutschen Medienmacher. Ein weiteres Beispiel, bei dem der Verein in seiner vermeintlich antirassistischen Arbeit selbst rassistisch agiert, ist die «Goldene Kartoffel». Seit 2018 verleiht er diesen Negativpreis «für besonders unterirdische Berichterstattung». Der Begriff «Kartoffel» gilt als despektierlicher Slangbegriff für Deutsche ohne Migrationshintergrund. Weil es keine historische Unterdrückung und Diskriminierung, die mit Kartoffeln in Verbindung steht, gebe, sei die Bezeichnung «Kartoffel» nicht rassistisch. Dass sie damit im vergangenen Jahr «Spiegel TV» wegen angeblich verzerrender, stigmatisierender und rassistischer Berichterstattung über Clan-Kriminalität auszeichneten, vermag kaum zu überraschen.
Bleibt die Frage: Wie finanziert sich ein solcher Verein?
Die Neuen Deutschen Medienmacher sind hauptsächlich mit Projektarbeit beschäftigt. Momentan laufen laut der Geschäftsführerin Konstantina Vassiliou-Enz Arbeiten an zwölf Projekten, wie etwa der Informationsplattform für Geflüchtete und Drittstaatsangehörige «Handbook Germany», dem «No Hate Speech Movement» oder einem Mentoring-Programm. 2019 arbeitete der Verein an elf Projekten, die Fördermittel beliefen sich insgesamt auf 1 550 000 Euro. Der grösste Teil davon, 917 068 Euro, floss in das Projekt «Handbook Germany». 2020 nahm der Verein weitere Projekte auf, die öffentlichen wie privaten Fördermittel beliefen sich in diesem Jahr auf insgesamt 1 892 800 Euro. Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Preisgelder lagen 2019 bei 32 000 und 2020 bei 43 000 Euro.
Die Geschäftsführerin schätzt, dass die Mittel des Vereins insgesamt zu etwa einem Drittel aus privaten und zur Hälfte bis zu zwei Dritteln aus öffentlichen Mitteln bestehen. Es gebe kein Projekt, das zu hundert Prozent öffentlich finanziert werde und ganz ohne Eigenmittel oder Leistungen Dritter laufe. Um einen Überblick über die Förderer zu bekommen, hilft ein Blick auf die Partner auf der Website. Einige davon sind bereit, Auskünfte über ihre Zuwendungen an die Neuen Deutschen Medienmacher zu geben. Es zeigt sich: Steuergeld fliesst reichlich.
Mit freundlicher Unterstützung vom Staat
Aus dem Innenministerium kamen 2019 insgesamt 194 455 Euro und 2020 insgesamt 204 039 Euro für die Projekte «Wir bleiben im Gespräch» und «Wir sind Gesprächsthema!» sowie für den Aufbau einer Communityplattform für bleibeberechtigte Drittstaatsangehörige zum Leben in Deutschland.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, förderte in den Jahren 2019 und 2020 die zentrale Informationsplattform für Neuzugewanderte «Handbook Germany» mit rund 850 000 beziehungsweise rund 900 000 Euro sowie das Trainee-Programm «Wege in den Journalismus» mit rund 150 000 beziehungsweise rund 100 000 Euro.
Vom Familienministerium erhielt der Verein 2019 insgesamt 121 000 Euro im Rahmen des Bundesprogramms «Demokratie leben». 2020 flossen 191 896 Euro für das Projekt «No Hate Speech».
Von der Bundeszentrale für politische Bildung erhielten die Neuen Deutschen Medienmacher in den beiden vergangenen Jahren insgesamt 75 888 Euro für interaktive Animationsvideos zum Grundgesetz («Was wäre, wenn . . .?»).
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg arbeitete in den vergangenen beiden Jahren im Rahmen eines Mentoringprogramms mit den Neuen Deutschen Medienmachern zusammen. Dieses wurde «mit einem niedrigen fünfstelligen Betrag unterstützt» und gerade zu ähnlichen Konditionen neu aufgelegt.
Auch in den Jahren davor kam es zu Förderungen. So steckte das Familienministerium im Jahr 2017 unter anderem rund 46 000 Euro in das Projekt «Erstellung eines Dossiers zur Abbildung der Diskussionen zu Gleichstellungsdaten». Dort liest man in einem Beitrag von dem Problem, dass alle Männer der Innenministerkonferenz weiss seien. Zudem seien weisse Menschen auch im Bundestag überrepräsentiert. Gleichstellung, so die Autoren, dürfe sich nicht auf die Geschlechter beschränken.
Eine solche Argumentation – sie fand sich ebenso in der Präsentation des neuen «Diversity-Guides» – verdeutlicht, wie wenig die Neuen Deutschen Medienmacher von Wahlfreiheit und den Spielregeln repräsentativer Demokratie halten. Für diese ist es konstitutiv, dass nicht äusserliche und unveränderliche Merkmale einen Menschen massgeblich prägen, sondern vielmehr das, was sich in seinem Kopf abspielt. Anders formuliert: Zum Bundestag wählt man denjenigen, der die eigenen politischen Vorstellungen vertritt – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht oder Alter.
Viele Vereinsmitglieder mögen das anders sehen. Und das ist im Sinne der Meinungsfreiheit ihr gutes Recht. Die Bundesregierung und andere öffentliche Institutionen müssen sich dagegen fragen lassen, weshalb sie eine Organisation unterstützen und fördern, die zumindest grobe Schwierigkeiten im Verständnis der grundlegenden Prinzipien der repräsentativen Demokratie hat. Immerhin beraten die Neuen Deutschen Medienmacher deutsche Medien. Und sie beeinflussen den journalistischen Nachwuchs.
Auf die Frage, ob die journalistische Tätigkeit der Neuen Deutschen Medienmacher nicht Gefahr laufe, ihre Unabhängigkeit zu verlieren, wenn sie in grossem Ausmass von öffentlichen Stellen gefördert wird, antwortet Vassiliou-Enz schlicht: Der Verein sei nicht journalistisch tätig. Die Neuen Deutschen Medienmacher seien eine gemeinnützige Initiative für mehr Vielfalt in den Medien. Im Rahmen der Pressekonferenz zur Vorstellung des «Diversity-Guides», dessen Autorin Vassiliou-Enz ist, klang das noch anders: «Wir sind jetzt nicht eine Diversity-Management-Agentur», sagte die Geschäftsführerin dort, «wir sind Journalisten.»
Das neue Handbuch ist übrigens nicht verkäuflich. Medienhäuser können es nur erhalten, wenn die jeweilige Chefredaktion dem Verein eine Stunde Zeit schenkt, in der ihr erklärt wird, warum Diversität Chefsache ist. Womöglich wäre es bei den Neuen Deutschen Medienmachern im Gegenzug hilfreich, wenn diese die Grundprinzipien der repräsentativen Demokratie und der journalistischen Unabhängigkeit zur Chefsache machten.
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