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[Wirtschaft] Warum in der Fleischbranche nun vielleicht doch nicht aufgeräumt wird

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Ungelesen 28.10.20, 13:30   #1
BLACKY74
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Standard Warum in der Fleischbranche nun vielleicht doch nicht aufgeräumt wird

Zitat:
Streit über Werkverträge und Leiharbeit
Warum in der Fleischbranche nun vielleicht doch nicht aufgeräumt wird

Leiharbeit und Werkverträge sollten in der Fleischbranche eigentlich verboten werden. Doch die Lobby versucht, das geplante Gesetz aufzuweichen - die Gewerkschaften halten dagegen.



Kühlhaus des Fleischunternehmens Tönnies (2017)
Foto: Bernd Thissen/ DPA
Von Nils Klawitter
27.10.2020, 13.44 Uhr

So viel Einigkeit war selten: Nach den Corona-Ausbrüchen in der Fleischindustrie und den Bildern der oft erbärmlich engen Unterkünfte der osteuropäischen Arbeiter hatte die Große Koalition im Sommer angekündigt, in der Branche aufzuräumen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) brachte ein Arbeitsschutzkontrollgesetz auf den Weg, das große Unternehmen künftig zwingen soll, Mitarbeiter direkt anzustellen, statt sie über Werkverträge oder Leiharbeitsfirmen zu beschäftigen. Man müsse den Sumpf in der Fleischindustrie "austrocknen", sagte Heil damals. Sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Karl-Josef Laumann (CDU) assistierte: In Strukturen ohne Transparenz, wie in der Fleischindustrie, könne es kein Vertrauen geben.

Doch nun, wenige Monate später, bröckelt die Einigkeit: Das Gesetz, das eigentlich an diesem Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden sollte, wurde kurzerhand von der Tagesordnung gestrichen. Es gebe noch Gesprächsbedarf, heißt es aus der Unionsfraktion. CDU und CSU würden von der Industrie bearbeitet, heißt es dagegen aus der SPD, die Union stelle Lobbyinteressen über die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten.

Ein Name, der fällt, ist der von Max Straubinger (CSU), Mitglied im Ausschuss Arbeit und Soziales. Ja, sagt Straubinger, er sei kontaktiert worden und habe sich auch Schlachtbetriebe angesehen - aber nur, um sich zu informieren. "Die Betriebe brauchen Beweglichkeit", sagt Straubinger. Saisonspitzen könnten nur durch zerifizierte Werkverträge oder Zeitarbeit aufgefangen werden: "Wir stehen dafür, dass diese Flexibilität erhalten bleibt." Nach Schätzungen von Gewerkschaften arbeiten derzeit rund 30.000 Werkvertragsbeschäftigte und gut 5000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in der Branche.

"Mit heißer Nadel gestrickt"

Was der Bayer Straubinger nun sagt, hört sich weder nach einem Aufräumen an, noch entspricht es den Eckpunkten, auf die sich das Kabinett geeinigt hatte: Werkverträge sowie Arbeitnehmerüberlassung durch Leih- oder Zeitarbeit sollten in den Kernbereichen der Fleischbranche nicht mehr möglich sein. Diese Eckpunkte, entgegnet Straubinger, seien "mit heißer Nadel gestrickt" worden, "in höchster Emotionalität und Erregung". Er sehe die Sache nüchterner: Für eine Gesamtverantwortung des jeweiligen Fleischbetriebs sei er zwar auch, aber in Randbereichen wie der Verpackung oder zu Saisonspitzen sollte man nach Arbeits- und Gesundheitsnormen zertifizierte Werkvertragler oder Zeitarbeiter einsetzen können.

Auch die Abgrenzung des Gesetzes gegenüber Handwerksbetrieben mit weniger als 50 Angestellten hält er für "zu plump", das diskriminiere die großen Betriebe, bei denen es oft besser laufe als behauptet. Folgt man Straubinger, scheint das Verbot von Werkvertrags- und Leiharbeit kippen zu können.

Zwei aktuelle Untersuchungen zum Fleischsektor lassen allerdings Zweifel an Straubingers Bild der Branche aufkommen. Die eine stammt von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG). Sie nimmt sich die Zahlen zum Leiharbeitsbedarf in Fleischunternehmen vor, die offenbar von der Fleisch- und Zeitarbeitsbranche lanciert wurden und auch in der CDU-Fraktion kursierten. "Die Werkverträge hat man wohl schon abgeschrieben, aber die Leiharbeit als hübsche Schwester der hässlichen Werkverträge soll um jeden Preis gerettet werden", sagt Johannes Specht, Leiter der NGG-Tarifabteilung.

Tatsächlich haben Leiharbeiter auf dem Papier mehr Rechte als Werkvertragler und sind quasi in das Unternehmen eingegliedert. Generalunternehmer wie Tönnies müssen zudem seit 2017 darauf achten, dass auch ihre beauftragten Subunternehmer sauber arbeiten, eine direkte Verantwortlichkeit gibt es dennoch nicht. "Zuständig sind die Leiharbeitsfirmen, die oft auch Werkverträge anbieten und ein Geschäftsmodell daraus gemacht haben, Arbeitnehmerrechte zu unterlaufen, wo es geht", sagt Specht. Die von der Lobby lancierten Statistiken, die in der Grillsaison einen enormen Mehrbedarf an Personal suggerieren, seien "höchst manipulativ".

Nehme man den schwächsten Monat als Berechnungsbasis, erscheine der Bedarf in Spitzenzeiten natürlich enorm groß, so Specht. Gehe man dagegen von dem Jahresmittel aus, schrumpfe der Mehrbedarf auf maximal zehn Prozent in der Grillsaison. "Das kann leicht durch flexible Arbeitskonten ausgeglichen werden." Werkvertrag und Leiharbeit nutzten die Fleischunternehmen nicht, um Produktionsspitzen abzufangen, sondern "um mit diesem Personalmix Kosten zu drücken".

Billiglohnland Deutschland


Wie beispielhaft das hierzulande gelang, zeigt eine zweite Untersuchung. Sie stammt vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung und verdeutlicht, wie Deutschland nach der EU-Osterweiterung zum Billiglohnland wurde.

"Anders als in den meisten west- und nordeuropäischen Nachbarstaaten, existieren in der deutschen Fleischbranche kaum noch Tarifstrukturen", sagt der Politikwissenschaftler und Studienautor Thorsten Schulten. Während in Belgien, Frankreich und den Niederlanden allgemein verbindliche Tarifverträge gelten, operierten die meisten großen deutschen Unternehmen weitgehend tariflos. Einzige Ausnahme sei der Genossenschaftskonzern Westfleisch. Diese Entwicklung wirkt sich auch auf die Arbeitskosten je Beschäftigten aus, die in Deutschland laut Studie mit knapp 32.000 Euro pro Jahr so günstig sind, dass Belgien wegen unlauteren Wettbewerbs bereits bei der EU-Kommission in Brüssel intervenierte.

Besonders extrem fällt der Vergleich mit Dänemark aus, wo die Arbeiter traditionell hochgradig organisiert sind, inklusive der dort arbeitenden Osteuropäer: Hier sind die Arbeitskosten in der Branche mit 69.000 Euro doppelt so hoch wie in Deutschland. "Durch diese Billigstrukturen hat sich Deutschland von einem Nettoimporteur zu einem mächtigen Fleischexporteur gewandelt, der andernorts gewachsene Strukturen zerstört", so Schulten. Mehr als vier Millionen Tonnen Fleisch wurden im Jahr 2019 exportiert, meist in die EU, aber auch nach China. Der Exportanteil des größten deutschen Fleischkonzerns Tönnies liegt mittlerweile sogar bei 50 Prozent des Fleischvolumens.

Trotz einer Selbstverpflichtung der Branche, die Stammbelegschaften zu erhöhen und die Zahl der Werkvertragsarbeiter zu reduzieren, gehen Gewerkschaften davon aus, dass in manchen Betrieben inzwischen 90 Prozent Werkvertragsarbeiter beschäftigt sind. Auch die in der Vergangenheit zugesagten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen scheinen eher eine PR-Maßnahme gewesen zu sein: Nach Schwerpunktkontrollen der Arbeitsschutzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen zwischen Juli und September 2019 wurden in 120 Schlachtbetrieben und Werkvertragsfirmen fast 9000 Rechtsverstöße registriert. Meist, so Schulten, seien dies unangemessene Lohnabzüge, etwa für persönliche Schutzausrüstung oder irgendein vermeintliches Fehlverhalten gewesen: "So wird dann de facto der Mindestlohn umgangen."

Und das geplante Arbeitsschutzgesetz?

Bundesarbeitsminister Heil warnt davor, den Versuchen von Lobbyisten zu erliegen und "Schlupflöcher in das Gesetz zu formulieren". Erst vor wenigen Wochen hätten 800 Polizeibeamte bundesweit Zeitarbeitsfirmen der Fleischindustrie durchsucht und festgestellt: "Die Missstände sind real und dauern an."

>Grafiken im [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]:
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