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22.07.20, 12:13
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Chuck Norris sein Vater
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Prozess gegen mutmaßlichen Drohmail-Schreiber: Verstörende Sprachnachrichten
Zitat:
Prozess gegen mutmaßlichen Drohmail-Schreiber
Verstörende Sprachnachrichten
André M. soll Hassmails und Bombendrohungen verschickt haben. Der Prozess gegen ihn fördert schreckliche Amokphantasien zutage. Sie kommen nur ans Licht, weil er die Pläne einer Frau gestand - aus Liebe.

Angeklagter André M. vor dem Kriminalgericht Moabit in Berlin
Foto: Jörg Carstensen/ dpa
Sein Zustand ist besorgniserregend. Blass und mager war André M. schon am ersten Verhandlungstag vor drei Monaten. Doch an diesem Montag und Dienstag wirkt er vor Gericht mehr als das. Er wirkt bleich und ausgezehrt. Die paar Schritte, die er im Gerichtssaal macht, scheinen ihn ungeheuer anzustrengen. Seine Augenlider hat er halb geschlossen.
"Haben Sie die Medikamentendosis erhöht, Herr M.?" Psychiaterin Dagny Luther bittet das Gericht um Entschuldigung, dass sie den Angeklagten so unvermittelt anspricht. Sein körperlicher Zustand an diesem Montag im Saal 501 des Kriminalgerichts Berlin-Moabit alarmiert auch sie. Der Vorsitzende Richter blickt von den Akten auf und schaut zu André M. Die Psychiaterin wiederholt ihre Frage. Und André M., der eigentlich schweigende Angeklagte, gibt überraschend Auskunft. Sein Verteidiger hört interessiert zu.
Angst vor Übelkeit
Nein, sagt André M., 32, an Medikamenten liege es nicht. Die Psychiaterin fragt weiter. "Haben Sie getrunken?" Alkohol meint Dagny Luther nicht. André M. ist seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft. Sie meint Wasser oder irgendeine sonstige Flüssigkeit. Denn es ist bekannt, dass André M. sich schwer tut, feste und auch flüssige Nahrung zu sich zu nehmen. Er selbst sprach einmal von einer Phobie. Er fürchte sich vor Übelkeit und meide alles, was sie verursachen könnte: Auto fahren, Bus fahren, auch Essen und Trinken.
"In letzter Zeit habe ich sehr wenig getrunken", sagt er. Der Richter erkundigt sich nach seinem Befinden. "Ich fühle mich benommen", antwortet André M. "Dann trinken Sie doch etwas!", sagt der Richter. Das sei besonders im Sommer wichtig. Sicherlich ein guter Rat. Doch in André M.s Ohren dürfte es ähnlich absurd klingen wie der Rat an einen Herzinfarktpatienten, sich künftig einfach weniger aufzuregen. André M. lächelt schwach. "Das ist ein großes Problem für mich", sagt er. Die Psychiaterin versucht es anders. "Es ist wichtig, dass Sie trinken", sagt sie: "Sie wollen hier doch folgen können. Es geht doch um Sie." Aber möglicherweise will André M. das Geschehen vor Gericht so genau gar nicht mitbekommen.
Die Liebe wurde ihm zum Verhängnis
Das Gericht hat jüngst den Antrag der Verteidigung abgelehnt, den Haftbefehl gegen André M. aufzuheben. In ihrer Begründung haben die Richterinnen und Richter der 10. Großen Strafkammer detailliert dargelegt, warum sie nach bisheriger Beweisaufnahme wenig Zweifel daran haben, dass er es war, der [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] hat. Am Montag sind weitere Indizien hinzugekommen. André M. selbst hat sie geliefert. Man könnte sagen: Die Liebe wurde ihm zum Verhängnis. Denn der Mann, der sich in der Rolle des Psychopathen gefällt, hat sich verliebt.
Über Stunden spielt das Gericht am Montag Sprachnachrichten von André M. vor, die er im November und Dezember 2018 einer Frau geschickt hat. Die beiden tauschten sich über Monate mehrmals am Tag aus. Der Inhalt der Nachrichten ist verstörend.
"Man muss Waffen besorgen"
André M. spricht über erweiterten Suizid. "Wenn man schon abtreten will, dann sollte man der Welt schon noch mal in den Arsch treten", sagt er am 21. November 2018. Er führt aus, dass eine Tat, wie er sie sich vorstellt, monatelanger Vorbereitung bedarf. "Man muss Waffen besorgen, Munition etc. Aber dass Umfeld darf nicht merken, dass man was plant. Man muss nach außen schauspielern." Weiter sagt er: "Und dann stirbt man entweder im Kugelhagel oder man liquidiert sich selbst."
Die Frau, die seine Nachrichten bekommt, scheint das damals nicht zu schrecken. Auch sie erzählt ihm, was sie sich so vorstellen könnte. "Kirchen anzünden, da habe ich auf jeden Fall Bock drauf." Ihm gefällt das. Am 26. November 2018 rät André M. dann zur Vorsicht. "Konkrete Pläne sollte man unter vier Augen machen", sagt er - und schickt ihr doch weiter Sprachnachricht um Sprachnachricht.
André M. klingt wie der Amokläufer aus dem Lehrbuch. In einer Sprachnachricht vom 23. November 2018 fragt er, ob sie ein bestimmtes Computerspiel, einen Ego-Shooter, kennt, das in Deutschland wegen expliziter Gewaltdarstellungen verboten ist. "Das ist richtig krank", freut er sich. Am 8. Dezember spricht er davon, gemeinsam zu sterben. "Ich finde das romantisch." Vorher könne man noch zusammen Spaß haben, beim gemeinsamen "Herumschlachten".
"Enorme Gefühlskälte"
Am 10. Dezember schickt er der Frau gleich mehrere Nachrichten hintereinander, mitten in der Nacht. Die erste um 1.17 Uhr, die letzte gegen 2 Uhr. André M. spricht schleppend. Er ist vollgedröhnt mit "Benzos", wie er Benzodiazepine, starke Beruhigungsmittel, nennt. Erst so traut er sich, ihr seine Gefühle zu offenbaren. "Mein kleiner schwarzer Engel" nennt er sie nun. Er gesteht ihr, dass sie ihn "gefühlsmäßig" durcheinanderbringe. "Ich liebe dich", sagt er endlich, als er kaum noch sprechen kann. Seine Worte sind mehr zu erahnen als zu hören.
Nach seinem Liebesgeständnis kommunizieren sie weiter. Immer noch nacheinander, nicht miteinander. Er schickt ihr Sprachnachrichten. Sie schickt ihm Sprachnachrichten. Auch sie ist in ihn verliebt. "Kann schon sein, ich denke schon", so sagt sie es. Sie wirkt unsicher, fragt, wie das denn bei ihm, dem Psychopathen, mit den Gefühlen so sei. Nun relativiert er seine bisherige Darstellung, sagt, dass er "vor allem gegenüber der Justiz" eine "enorme Gefühlskälte" empfinde. Es ist der 20. Dezember 2018, als er das sagt.
Einen Tag später, am 21. Dezember, soll er laut Anklage damit begonnen haben, Drohmails an Gerichte, Polizeidienststellen, Behörden, Medien, Hotels und Einkaufszentren zu senden. Der Absender droht mit Bombenanschlägen, Hinrichtungen und der qualvollen Tötung kleiner Mädchen. Die Mails enden stets "mit freundlichen Grüßen" und der Unterschrift "Nationalsozialistische Offensive".
André M. sind seine Sprachnachrichten vor Gericht unangenehm. Während seine Liebesbekundungen am Montag im Saal ertönen, sucht er das Gespräch mit seinem Verteidiger. Es ist für die Zuhörer im Saal ein bisschen erleichternd, eine derart normale Reaktion von ihm zu erleben.
Am Dienstag bekommen alle eine Pause von André M.s Innenleben. Sein körperlicher Zustand hat sich indes nicht gebessert. Ein IT-Experte des Berliner Landeskriminalamtes berichtet erneut von verräterischen Spuren auf dem Computer des Angeklagten. Als der Experte vor ein paar Wochen mit seinen Ausführungen begonnen hatte, hatte sich André M. noch eifrig Notizen gemacht. An diesem Tag schreibt er kaum noch etwas mit. Sein Blick ist schläfrig, seine Bewegungen wirken wie in Zeitlupe.
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Quelle:[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
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