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Von Crashtest bis WC: Männliche Normen „vergessen“ Frauen

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Standard Von Crashtest bis WC: Männliche Normen „vergessen“ Frauen

Zitat:
Eine gleiche Grundfläche von Damen- und Herrentoiletten ist ein Nachteil für Frauen, Autodesigns machen Unfälle für Frauen gefährlicher, und in der Medizin gilt der männliche Körper als Standard. Mit diesen und Hunderten weiteren wissenschaftlich untermauerten Beispielen löste Autorin Caroline Criado-Perez im englischsprachigen Raum eine Welle der Entrüstung aus. Jetzt ist ihr Buch „Unsichtbare Frauen“ auch auf Deutsch erschienen.

Schon Aristoteles bezeichnete den weiblichen Nachwuchs als Abweichung des männlichen. Wo also beginnen, wenn nicht am Anfang? Über 100 Jahre lang wurde etwa ein Wikingerskelett aus dem zehnten Jahrhundert, bekannt als „Birka-Krieger“, für männlich gehalten – trotz eindeutig weiblichen Beckens. Grund für den Irrglauben war die Tatsache, dass neben dem Skelett Waffen gefunden wurden.

Und obwohl eine Waffe keinerlei evolutionsbiologische Aussagekraft über das Geschlecht eines Menschen hat, haben sich die Verfechterinnen und Verfechter der Beckenknochentheorie nicht durchsetzen können. Die Diskussion unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist ad absurdum geführt worden: So wurde sogar noch vor dem Durchführen eines DNA-Tests angenommen, dass die Knochen vertauscht worden sein könnten. Schließlich belegten DNA-Tests dann aber, dass es sich um eine „Birka-Kriegerin“ handelt.

Die männliche unausgesprochene Selbstverständlichkeit

Freilich beweist ein Beispiel alleine noch kein System, doch führt Criado-Perez unzählige weitere Fälle aus und vermittelt so anschaulich, dass Männer, angelehnt an die Theorien der Philosophin Simone de Beauvoir, die „unausgesprochene Selbstverständlichkeit“ seien. Besonders problematisch sei das heute deshalb, so die britische Autorin, da in einer Welt, die immer mehr auf Daten basiere und von ihnen beherrscht werde, Diskriminierung digitalisiert und somit systematisch werde. Big Data kontrolliere heute die Welt, schreibt die Autorin: „Aber wenn Big Data von umfassendem Schweigen korrumpiert wird, bekommen wir bestenfalls Halbwahrheiten – die auf Frauen oft gar nicht zutreffen.“

Und so sei es kaum verwunderlich, dass allgemein gültige Entscheidungen getroffen würden, die bis ins Private reichen. Als alltägliches Beispiel führt die Autorin öffentliche Toiletten an: Herrentoiletten haben zumeist sowohl Kabinen als auch Urinale und können so pro Quadratmeter von mehr Personen gleichzeitig benutzt werden als Damentoiletten. Selbst bei der gleichen Anzahl von Kabinen wäre das Problem nicht gelöst, da Frauen für die WC-Benutzung aus anatomischen, biologischen und gesellschaftlichen Gründen statistisch gesehen zwei- bis dreimal so lange brauchen wie Männer.

Das ist ungerecht, aber nicht lebensbedrohlich – anders als im Autodesign, wie Criado-Perez ausführt. So werden die meisten Autos mit Hilfe von Crashtestpuppen konstruiert, die dem „durchschnittlichen Mann“ entsprechen. In der EU muss ein Auto fünf Tests durchlaufen, ehe es auf dem Markt zugelassen wird. In keinem wird eine anthropometrisch korrekte weibliche Puppe verlangt. Wenn eine Frau an einem Autounfall beteiligt ist, wird sie, laut Criado-Perez’ Recherchen, deshalb mit 47 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit als ein Mann schwer verletzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie stirbt, sei um 17 Prozent höher.

Studie: Herzinfarkte bei Frauen bleiben oft unerkannt

Über eine weitere lebensgefährliche Ungleichheit berichtet die Autorin aus der Medizin. Forschungen aus Großbritannien zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit von Fehldiagnosen nach Herzinfarkten bei Frauen um 50 Prozent erhöht ist. Als Gründe fanden die Forscherinnen und Forscher heraus, dass vor allem bei jungen Frauen oft gar keine Brustschmerzen auftreten, dafür aber als „atypisch“ bezeichnete Symptome wie Bauchschmerzen, Kurzatmigkeit, Übelkeit und Müdigkeit.

Ein Herzinfarkt wird traditionell durch ein Angiogramm diagnostiziert, das die blockierten Arterien zeigt. Doch die Arterien von Frauen sind oft nicht blockiert, sodass die Aufnahme keine Abweichung zeigt. Immer wieder erleiden Frauen mit „normalen“ Angiogrammen kurz nach der Entlassung aus dem Krankenhaus Herzinfarkte oder Schlaganfälle.

Anschaulich wird die systematische Ungleichheit nicht zuletzt auch beim Bruttoinlandsprodukt (BIP), das laut Criado-Perez eine verfälschte Darstellung der Realität ist: Schätzungen zufolge könnte unbezahlte Pflege- und Hausarbeit, die zu 75 Prozent von Frauen geleistet wird, in Ländern mit hohen Einkommen bis zu 50 Prozent des BIP ausmachen, in Ländern mit niedrigen Einkommen bis zu 80 Prozent.

„Ein Buch über die ganze Welt“

In ihrem wissenschaftlich-historischen Abriss zeigt Criado-Perez die Missstände der patriarchalen Gesellschaft auf, die „die Hälfte der Bevölkerung ignoriert“, wie auch der Untertitel des Werks lautet. Damit gewann die Autorin letztes Jahr sogar den „Royal Society Science Book Prize“, einen renommierten Preis für wissenschaftliche Bücher. Im Original auf Englisch verfasst, könnte das Buch zwar etwas mehr Beispiele abseits der Anglosphäre vertragen, dennoch liest sich „Unsichtbare Frauen“ auch auf Deutsch spannend wie ein Krimi – fernab jeder trockenen Wissenschaftsliteratur.

Die Autorin, die sich in der Vergangenheit bereits erfolgreich dafür eingesetzt hatte, dass Jane Austen auf dem britischen Zehn-Pfund-Schein abgebildet wird, beschrieb ihr Buch im „Guardian“ selbst als „höllisch“. „Es hat meine mentale Stärke wirklich auf die Probe gestellt, auch weil es ein sehr emotionales Buch ist, das ich schreiben musste, weil es Auswirkungen auf das Leben von Frauen hat“, so Criado-Perez. Es sei sehr ärgerlich gewesen, immer wieder auf Lücken in den Daten zu stoßen.

Diesen Ärger vermag die Autorin auch bei ihrer Leserschaft hervorzurufen. Geschickt führt sie von einem gesellschaftlichen Missstand zum nächsten und lässt den Leser bzw. die Leserin erstaunt, entsetzt, sprachlos oder wütend zurück. Jede Seite füllt Criado-Perez dabei mit Fakten und Daten, die ihre fundamentalen Behauptungen stützen. „Es war auch eine große Herausforderung, denn es ist ein Buch über die ganze Welt“, sagte die Autorin, als ihr der „Royal Society Science Book Prize“ verliehen wurde. Ein Buch über die ganze Welt – und eine Pflichtlektüre für die ganze Welt.
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Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert
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