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03.12.19, 08:44
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Legende
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PISA-Studie: Deutschlands Schüler wieder schlechter
Zitat:
Anders als noch im Jahr 2000 liegt Deutschland in der aktuellen PISA-Studie über dem OECD-Durchschnitt. Ernüchternd ist jedoch: Im Großen und Ganzen verbesserte sich seither kaum etwas.
Den "PISA-Schock" aus dem Jahr 2000 hat Deutschland zwar hinter sich gelassen - dennoch sind auch die Ergebnisse der aktuellen Studie kein Grund zu frohlocken. Auch wenn Deutschlands Schüler - anders als damals - bei Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaften über dem OECD-Durchschnitt liegen, im Vergleich zu 2015 schnitten sie in allen drei Bereichen wieder schlechter ab.
Die durchschnittlichen Leseleistungen sind - nach zwischenzeitlichen Verbesserungen - im Jahr 2018 wieder auf das Niveau von 2009 zurückgefallen. 2015 erreichten deutsche Schüler noch 509 Punkte, 2018 waren es nur noch 498. Damit liegt Deutschland beim Lesen unter den insgesamt 79 teilnehmenden Ländern auf Platz 20.
Naturwissenschaften: Platz 15
Auch bei den Naturwissenschaften gingen die Leistungen zurück: von 509 Punkten auf 503. Damit fielen sie noch unter das Niveau von 2006. Im Ranking aller teilnehmenden Länder liegt Deutschland hier auf Platz 15 - gemeinsam mit Australien und den Niederlanden.
Auch bei Mathematik liegen die Ergebnisse 2018 (500) leicht unter denen von 2015 (509), und deutlicher unter denen von 2012 (514). Damit landen die deutschen Schüler auf Platz 20.
"Praktisch keine Verbesserungen seit erster Erhebung"
Obwohl in den vergangenen zehn Jahren im OECD-Raum die Ausgaben je Schüler im Primar- und Sekundarbereich um mehr als 15 Prozent gestiegen sind, sei es "enttäuschend, dass sich die Schülerleistungen in den meisten OECD-Ländern seit der ersten PISA-Erhebung im Jahr 2000 praktisch nicht verbessert haben", schreibt OECD-Generalsekretär Angel Gurr�*a im Geleitwort zur Studie.
Alle drei Jahre werden in der PISA-Studie die Kompetenzen der 15-jährigen Schüler in mehr als 70 Ländern getestet. In der aktuellen Erhebung lag der Schwerpunkt auf der Lesekompetenz, untergeordnete Erhebungsbereiche waren Naturwissenschaften und Mathematik. 2018 nahmen 79 Länder und Volkswirtschaften teil. In Deutschland waren es etwa 5450 Schüler von 226 Schulen.
Chancengleichheit in Deutschland besonders schlecht
Besonders augenfällig sind in Deutschland die Leistungsunterschiede in Abhängigkeit zum sozioökonomischen Hintergrund der Schüler. Die privilegiertesten 25 Prozent der Schüler haben bei der Lesekompetenz gegenüber den sozioökonomisch am stärksten benachteiligten 25 Prozent einen Leistungsvorsprung von 113 Punkten. Das sind 24 Punkte mehr als im OECD-Durchschnitt (89 Punkte).
Dieser Abstand nimmt sogar noch zu: Im Jahr 2009 belief er sich noch auf 104 Punkte (gegenüber 87 Punkten im OECD-Durchschnitt). Deutschland weist außerdem eine stärkere Konzentration leistungsschwacher und leistungsstarker Schüler an bestimmten Schulen auf als im OECD-Durchschnitt der Fall. Grund dafür ist laut Studienautoren die frühe Selektion und Aufteilung in verschiedene Schultypen.
Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen
Die Mädchen schneiden in Deutschland bei der Lesekompetenz deutlich besser ab als die Jungen. Sie erzielten im Schnitt 26 Punkte mehr (OECD-Durchschnitt: 30 Punkte). Diese Tendenz ist allerdings rückläufig, im Jahr 2009 lag der Leistungsvorsprung der Mädchen noch bei 40 Punkten.
In Mathematik hingegen schneiden Jungs leicht besser ab: Sie lagen im Schnitt sieben Punkte vor den Mädchen, mehr als im OECD-Durchschnitt (fünf Punkte). In Naturwissenschaften haben Jungen und Mädchen allerdings ein ähnliches Leistungsniveau.
Während die Leistungstrends der Mädchen in Mathematik und Naturwissenschaften zwischen 2015 und 2018 stabil geblieben sind, ist der Trend bei den Jungen rückläufig: In Mathematik ist ihre mittlere Punktzahl um 11 Punkte, in Naturwissenschaften um 12 Punkte zurückgegangen.
Mobbing und Zufriedenheit
Insgesamt 23 Prozent der deutschen Schüler geben an, mindestens einmal im Monat von Mitschülern drangsaliert zu werden. Das entspricht dem OECD-Durchschnitt. 67 Prozent der Schüler sind mit ihrem Leben zufrieden. 92 Prozent geben an, manchmal oder immer glücklich zu sein, vier Prozent bezeichnen sich als immer traurig.
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03.12.19, 19:53
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#2
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Chuck Norris sein Vater
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Mehr zum Thema:
Zitat:
Internationale Bildungsstudie
"PISA wird überinterpretiert"

Von "alarmierenden Zahlen" oder einem "neuen PISA-Schock" sprechen manche Kommentatoren. Dabei sei gar nicht klar, wie aussagekräftig PISA überhaupt ist, sagt Bildungsforscher Barz im tagesschau.de-Interview.
tagesschau.de: Zwar schneiden deutsche Schüler bei der aktuellen Erhebung nicht mehr so schlecht ab wie beim allerersten PISA-Test im Jahr 2000. Dennoch gehen die Leistungen in allen getesteten Bereichen wieder zurück. Warum ist das so?
Heiner Barz: PISA ist kein Instrument mit hundertprozentiger Messgenauigkeit. Deshalb muss man an die Ergebnisse, gerade wenn es sich hier um ein paar Punkte hoch oder runter dreht, eine ganze Reihe von Fragezeichen machen. Ob diese Ergebnisse wirklich so aussagekräftig und interpretierbar sind, dass man daraus Schlussfolgerungen für das deutsche Bildungssystem ziehen kann, bezweifeln viele Experten inzwischen.
"PISA-Ergebnisse nicht besonders aussagekräftig"
tagesschau.de: Das heißt, die Schwankungen, die wir seit 2000 sehen, haben überhaupt nichts zu bedeuten?
Barz: Zumindest muss man damit sehr vorsichtig sein. Man kann aus geringfügigen Unterschieden natürlich dramatische Unterschiede machen. Man kann auch von alarmierenden Zahlen sprechen. Man kann vom neuen PISA-Schock sprechen, wie manche Kommentatoren das jetzt tun. Man kann aber auch fragen, inwieweit die Messmethode, die Art der Stichprobenziehung und die Auswahl der schulischen Bereiche, die bei PISA erfasst werden, tatsächlich aussagekräftig für das Bildungssystem eines Landes sind. Meines Erachtens werden die Ergebnisse überinterpretiert.
tagesschau.de: Was ist das Problem bei Auswahl und Methode?
Barz: Die Kritik, die seit der ersten PISA-Erhebung immer lauter geworden ist, entzündet sich zum Beispiel an der Ausschöpfung der Stichproben. In Deutschland wird die Stichprobenziehung traditionell sehr gewissenhaft gemacht.
Das heißt, in anderen Ländern kann es vorkommen, dass am Tag der PISA-Erhebungen den schlechteren Schülern vielleicht nahegelegt wird, sich krank zu melden. In Deutschland nimmt man auch die Repräsentanz von Schülern aus allen verschiedenen Schulformen sehr ernst, bezieht also nicht nur Gymnasiasten und Gesamtschüler ein, sondern auch Realschüler, Hauptschüler, Sonder- und Förderschüler. Das tun andere Länder nicht immer in der gleichen Weise.
Man muss also fragen: Ist das wirklich ein fairer Vergleich? Haben diese deutlichen Unterschiede gerade im Vergleich zu den sehr guten chinesischen Städten und Provinzen nicht auch damit zu tun?
Eine andere Frage ist, inwieweit deutsche Schüler gerade bei Multiple-Choice-Tests benachteiligt sind, weil sie das nicht so gewöhnt sind. Und es gibt eine inhaltliche Engführung auf Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften.
Beim Lesen liegt der Fokus auf Informationsgewinnung: wie erfahre ich aus einem Fahrplan, wann der nächste Bus abfährt, oder wie hoch war die Temperatur im Jahr X? Ein Leseverständnis, wo es um Interpretation und Einordnung von Texten geht, kommt nicht vor. Ganz zu schweigen davon, dass Bereiche wie Politik, Wirtschaft, Geschichte, Kultur oder Musik gar nicht einbezogen werden. Dabei sind das Bereiche, die für das Heranwachsen von jungen Menschen sehr wichtig sind.
"Migrationshintergrund eine Erklärung für schlechteres Lesen"
tagesschau.de: Aber auch, wenn man nur auf die Informationsgewinnung blickt: Ist es nicht alarmierend, wenn 21 Prozent der 15-Jährigen, also in etwa jeder fünfte, kaum in der Lage ist, einen Text zu verstehen?
Barz: Mit Alarmismus bin ich, wie gesagt, vorsichtig. Zur Lesekompetenz sind zwei Dinge zu sagen. Das Thema Migrationshintergrund wurde bei diesem Befund zwar betrachtet, allerdings nicht besonders systematisch. Zumindest ein Teil der Ergebnisse lässt sich vielleicht auch damit erklären, dass wir hohe Zahlen von Schülern mit Migrationshintergrund haben, die naturgemäß größere Schwächen beim Lesen aufweisen, wenn sie noch nicht so lange in Deutschland sind.
Das andere ist die Tatsache, dass laut PISA 2018 die Hälfte der Schüler überhaupt nur noch liest, um benötigte Informationen aus Texten heraus zu ziehen. Das kann man auch positiv sehen: Immerhin die Hälfte liest noch aus Spaß an der Auseinandersetzung mit Texten. Das ist ja fast überraschend, angesichts der Tatsache, dass wir heute häufig davon ausgehen, die jungen Leute sitzen rund um die Uhr nur noch am Computer oder Handy.
"Schule ist keine Allzweckwaffe"
tagesschau.de: Ein anderes Ergebnis ist, dass die soziale Herkunft in Deutschland immer noch extrem wichtig für den Bildungserfolg ist. Warum bekommt man das nicht in den Griff?
Barz: Man darf von der Schule nicht alles erwarten. Das Bildungssystem ist nicht die Allzweckwaffe gegen alle Probleme, die unsere Gesellschaft hat. Dass allein die Schule eine Gesellschaft mit sehr unterschiedlichen sozialen Gruppen, Schichten und Milieus durch ihr Angebot und ihre Inhalte gleicher machen kann, das ist eine unrealistische Erwartungshaltung.
tagesschau.de: In anderen Ländern gibt es diese Unterschiede aber auch, dennoch scheinen sie im Bildungssystem nicht so durchzuschlagen?
Barz: Da kommen wir in den Bereich der Spekulation. Es gibt Forscher, die sagen, das liegt am gegliederten Schulsystem in Deutschland. Weil es die sozialen Unterschiede eher zementiert, statt sie aufzubrechen. Das mag eine Rolle spielen. Andererseits gibt es Länder mit einem Gesamtschulsystem, die trotzdem große soziale Unterschiede und schlechte PISA-Ergebnisse haben. Das ist ein Streit, bei dem die Bildungsforscher bislang zu keinem Konsens gekommen sind.
"Alle zehn Jahre würde auch reichen"
tagesschau.de: Gibt es irgendeine Lehre, die Sie aus diesen PISA-Ergebnissen ziehen? Oder ist die Erkenntnis, dass man sich PISA komplett sparen kann?
Barz: Es gibt mittlerweile eine Reihe von Leuten, die das so sehen. Eigentlich liefert PISA immer mehr vom Selben. Hinzu kommt: PISA kostet viel Geld, erfordert viel Aufwand und versetzt die beteiligten Schulen in entsprechende Aufregung. Es gibt seit PISA eine deutliche Zunahme an Tests, Prüfungen und Dokumentationsverpflichtungen, Stichwort Monitoring. Daher wäre durchaus eine sinnvolle Überlegung, zu fragen: Würde PISA nicht vielleicht statt alle drei Jahre auch alle zehn Jahre ausreichen?
Das Gespräch führte Sandra Stalinski, tagesschau.de
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03.12.19, 21:52
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#3
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Unruhegeist
Registriert seit: Sep 2008
Beiträge: 4.039
Bedankt: 5.694
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Zitat:
Es gibt mittlerweile eine Reihe von Leuten, die das so sehen. Eigentlich liefert PISA immer mehr vom Selben. Hinzu kommt: PISA kostet viel Geld, erfordert viel Aufwand und versetzt die beteiligten Schulen in entsprechende Aufregung. Es gibt seit PISA eine deutliche Zunahme an Tests, Prüfungen und Dokumentationsverpflichtungen, Stichwort Monitoring. Daher wäre durchaus eine sinnvolle Überlegung, zu fragen: Würde PISA nicht vielleicht statt alle drei Jahre auch alle zehn Jahre ausreichen?
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Das ist in meinen Augen der wichtigste Abschnitt zu diesem Thema.
So eine Untersuchung + Auswertung kostet ne Menge Geld, das man sicher effektiver sofort in die Bildung stecken könnte, z.B. in Lehrereinstellungen oder Gebäudesanierungen.
In meinen Augen lassen sich die Bildungssysteme verschiedener Länder nicht ohne weiteres vergleichen. Was da bei diesen Prüfungen herauskommt ist von vielen Mosaikteilchen abhängig: Erfahrungen während der frühen Kindheit im Elternhaus, Erziehungs- und Bildungsarbeit in Tageseinrichtungen für Kinder, Zusammensetzung des jeweiligen Lern- und Erfahrungsgruppen, Rahmenbedingungen - all diese Einflussfaktoren sind unterschiedlich und daher m.E. nicht zu vergleichen.
Schon in der Vergangenheit haben die Pisa-Ergebnisse zu viel Aufregung geführt, die sich dann in Aktionismus und Bürokratie niedergeschlagen haben. Ich nenne als herausragende Beispiele die Vergleichsarbeiten und die Qalitäts Analyse.
In beiden Fällen wird ein Batzen Geld und Energie (letzteres von allen Beteiligten) auf Überprüfungen verschleudert, ohne dass wirklich greifbare Ergebnisse dabei herauskommen (außer vielleicht noch mehr Prüfung und Bürokratie)
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Geändert von lilprof (04.12.19 um 06:10 Uhr)
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