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myGully |
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31.10.19, 16:44
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#1
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Unruhegeist
Registriert seit: Sep 2008
Beiträge: 4.051
Bedankt: 5.713
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Wegbereiter für Neonazis: Wo kommen nur all die Rassisten her?
Zitat:
Viele glauben, dass Deutschland seit 2015 einen Rechtsruck erlebe, aber das ist Quatsch. Den Grundstein für den Erfolg der AfD haben andere gelegt. Wir haben das Gelaber vom Aussterben der Deutschen viel zu lange zugelassen.
Menschen haben ja unterschiedliche Zeitrechnungen. Wir leben nicht nur im Jahr 2019 nach Christus, im Jahr 70 der Bundesrepublik oder 30 nach Mauerfall. Wir, die Menschen mit Kanakenhintergrund, wir zählen auch das Jahr 10 nach Sarrazin, kurz n. S.
Vor zehn Jahren gab Thilo Sarrazin, ehemaliger SPD-Finanzsenator in Berliner, der Kulturzeitschrift "Lettre International" ein Interview mit dem Titel "Klasse statt Masse" und plädierte, so kann man das lesen, unterm Strich für eine Einwanderungspolitik auf erbbiologischer Grundlage. Er machte so krude Aussagen wie: "70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin" lebten vom Staat und produzierten "ständig neue kleine Kopftuchmädchen". Und Türken würden Deutschland per Geburtenrate "erobern". Da seien ihm "osteuropäische Juden mit einem um 15 Prozent höheren IQ als dem der deutschen Bevölkerung" lieber.
Nach der Veröffentlichung gab es eine wochenlange, bundesweite Debatte darüber. Das absurde daran: Man war sich - trotz genetisch bedingter Intelligenzzuschreibung und kriegerischer Überfremdungsrhetorik - nicht einig, ob man das schon als "rassistisch" bezeichnen kann. Nochmal: man war sich nicht einig, ob das Rassismus ist. In Deutschland. 2009.
Wir angeblich Schlechtintegrierten mussten fassungslos mit ansehen, wie manche das als berechtigte "Polemik" abtaten. Wir lasen nüchterne Faktenchecks zu den steilen Thesen und erfuhren die genaue Geburtenrate des Einwandererstammes der Türken. Ich arbeitete beim Tagesspiegel und las in meiner Zeitung, Sarrazin habe "mindestens in der Tendenz Recht", was die Geburten angeht.
Die Debatte markiert eine Zäsur, weil sich damals zum ersten Mal zeigte, dass das Gerede von Überfremdung und "Islamisierung" keine rote Linie überschritt. Sarrazin blieb damals ein gern gesehener Gast in Talkshows.
2010, im Jahre eins n. S., erschien das Buch "Deutschland schafft sich ab". Es trug die Überfremdungsthese mal eben in die bürgerliche Mitte und machte Sarrazin zum Millionär. Und alles kreiste um die Frage: wie viele "von denen" verträgt unser Land.
Von den Talkshows wanderte der Rassismus auf die Straße: 2013 traten erst die "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa), 2014 die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands" (Pegida) auf den Plan. Obwohl die Beziehungen von Pegida ins rechts******* Milieu bald offenkundig waren, war der Mythos vom "besorgten Bürger" geboren. Zeitgleich zog die AfD ins Parlament: Im Jahr 5 nach Sarrazin holte sie bereits 10 bis 12 Prozent der Stimmen bei den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen.
Ich zähle das alles auf, damit klar wird: uns, die Mitbürger mit Kanakenkontext, haben die Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland 2019 nicht überrascht oder schockiert. Wir stehen unter Dauerschock. Seit zehn Jahren.
Rassismus ist nicht unfair, es verstößt gegen geltendes Recht
Eigentlich sollte der Umgang mit Rassismus keine Ansichtssache sein, wir leben schließlich in einem Rechtsstaat. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, aber der Schutz von Minderheiten vor Diskriminierung und rassistischer Beleidigung ist es auch. Das Problem: wir setzen Letzteres in Deutschland kaum durch.
Was viele nicht wissen: Es gibt eine völkerrechtlich bindende Erklärung gegen Rassismus, die Deutschland vor 50 Jahren unterzeichnet hat. Allerdings scheint die Bundesregierung diese eher als Empfehlung zu betrachten und weniger als rechtlich bindend. Das zeigte sich auch an der Causa Sarrazin:
Einige Deutschtürken erstatteten 2009 Strafanzeige gegen ihn unter anderem wegen Volksverhetzung und Beleidigung, doch die Berliner Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen zügig ein. Deutschland kassierte dafür 2013 eine Rüge vom UN-Ausschuss, der die Einhaltung der Antirassismus-Konvention überwacht. Die Position des Ausschusses war eindeutig: Sarrazins Aussagen zeigten ein rassistisches Menschenbild, das nicht durch die Meinungsfreiheit geschützt sei. Wenn die deutsche Justiz das anders sehe, müsse Deutschland seine "Grundsätze und Verfahren" bei der Strafverfolgung von Rassismus überprüfen.
Bis heute merkt man davon nichts. Im Gegenteil. Noch immer verhandeln wir Rassismus eher als Meinungssache denn vor Gericht. Das ist falsch. Unsere Justiz lässt das verschwurbelte Gerede über Umvolkung zu, sogar bei Parteien, die für deutsche Parlamente kandidieren. Mit dem Effekt, dass sie als demokratisch legitimiert gelten, wenn sie genug Stimmen erhalten.
Wenn ich jetzt ratlose Gesichter sehe, die völlig perplex fragen, wo auf einmal all die Rassisten und Neonazis herkommen, werde ich wütend. Ernsthaft: wie ignorant muss man sein, um all die Jahre nicht bemerkt zu haben, wie sich - nicht nur im Osten - die Angst vieler Deutscher vor dem Aussterben breitgemacht hat? Oder wie weit Ressentiments gegen Muslime in die Mitte der Gesellschaft reichen?
Ein Millionen-Beststeller mit einer "vulgärdarwinistischen Gesellschaftstheorie", Demonstrationen gegen die "Islamisierung des Abendlands", "besorgte Bürger", die "Lügenpresse" skandieren - da hätten bei Leuten wie Annegret Kramp-Karrenbauer schon die Alarmglocken läuten können.
Das Jahr 10 n. S. begann damit, dass ein Typ in der Silvesternacht im Ruhrgebiet in sein Auto steigt und Ausländer überfahren will. Wir wissen nicht, ob er geistig zurechnungsfähig war, aber wir wissen, dass das Ereignis keine große Empörungswelle ausgelöst hat. Höchste Zeit, den ideellen Unterbau für ethnische Säuberungsversuche rechtlich anzugehen.
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Puh, da hört man ne Menge Frust und Zorn raus ...
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Die folgenden 6 Mitglieder haben sich bei lilprof bedankt:
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31.10.19, 18:45
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#2
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working behind bars
Registriert seit: Apr 2013
Beiträge: 3.216
Bedankt: 13.763
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Rückblickend als ziemlich alter Knacker kann ich sagen, das der Boden für Rassisten immer da war. Es bedurfte nur der Türöffner, um solche Haltungen weiter in die "Mitte" der Gesellschaft zu befördern. Die Klientel war da.
Lange vor der AfD war das schon sichtbar bei News Groups, bei Yahoo Groups, bei "PI" oder dem Vorläufer "Grüne Pest". Sarrazin, Ulfkotte und der Kopp Verlag haben eine beängstigende Entwicklung angestossen. Auch die Unionsparteien haben ihren Anteil, was besonders in der Gestalt von Roland Koch deutlich wurde. Seine Wahlkämpfe unterschieden sich nur marginal von dem, was die AfD heute veranstaltet.
Beispiel aus 2010:
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Dieser Politzombie macht sich gerade wieder bemerkbar.
Vorsicht ist geboten.
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Die folgenden 7 Mitglieder haben sich bei Uwe Farz bedankt:
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31.10.19, 18:59
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#3
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Freigeist
Registriert seit: Sep 2010
Ort: München
Beiträge: 11.319
Bedankt: 23.583
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Das sehe ich wie Du Uwe, der Weg wurde schon lange bereitet. Ein Rassismus in der deutschen Gesellschaft der nie wirklich überwunden wurde, ganz im Gegenteil indirekt gefördert wurde. Made in Germany, die harte DM im Urlaub und viele andere kleine Zahnrädchen. Dieses Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen, wir sind Deutsche , wir sind besser. Dazu die berechtigte Auflehnung der 69er gegen die alten Strukturen die nach dem Krieg in sichere Positionen fielen. Die DVU oder NPD waren zu offen neonazistisch, der erste bundesweite Problelauf waren die Republikaner um NeuRechte politisch fest zu etablieren. Nun mit den großen gesellschaftlichen Veränderung von Globalisierung und Migration und ein föderales Europa als Superstaat schafft es reale und gefühlte Ängste zu mobilisieren.
Diese Angst ist leider eine alte, das Fremde und andere wird zum Sündenbock. Gerade wir Deutschen haben nichts gelernt ...
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Die folgenden 6 Mitglieder haben sich bei MunichEast bedankt:
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31.10.19, 21:17
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#4
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Süchtiger
Registriert seit: Sep 2013
Beiträge: 821
Bedankt: 949
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Per Definition kann es in Deutschland gar keinen "antiweißen bzw. antideutschen Rassismus" geben.
Hier kann man sich belesen:
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Edit: Der Beitrag, auf den ich geantwortet habe, ist schon wieder weg....
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