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[Recht & Politik] Schweden: Wenn der Lkw mit Sägemehl fährt

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Ungelesen 06.10.19, 12:34   #1
TinyTimm
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Standard Schweden: Wenn der Lkw mit Sägemehl fährt

Zitat:
115 Euro kostet in Schweden eine Tonne CO2. Seit die Steuer in den 1990er-Jahren eingeführt wurde, hat sich im Land viel verändert. Wie lebt es sich mit der höchsten CO2-Abgabe der Welt?

Die Provinz Dalarna gilt als das Herz Schwedens. Einst war die Region die Schatzkammer des Landes - von hier wurde einmal ganz Europa mit Kupfer versorgt. Aus Falun stammt auch die typisch rote Farbe, mit der so viele Häuser in Schweden gestrichen sind, und in Sundborn lebte und arbeitete Schwedens berühmtester Maler - Carl Larsson. Es ist eine Region mit viel Vergangenheit, aber auch eine Region, in der man einen Blick in die Zukunft werfen kann.

An einem verregneten und kalten Oktobertag ist Per-Ove Torstensson im Wald unterwegs. Er ist Forstingenieuer. Für ihn liegt der Schlüssel zu einer klimafreundliche Zukunft tief in den Wäldern: "Der Wald ist eine ausgezeichnete Ressource: Wenn wir statt mit Beton mit Holz bauen oder die Holzreste statt fossiler Energie zum Heizen nutzen, dann ist das gut fürs Klima."

Heizen mit Blättern und Zweigen

Torstensson ist mit Lars Franzén verabredet. Er bedient den gelben Harvester - eine riesige Erntemaschine für Holz. Nicht einmal 60 Sekunden dauert es bis eine 100 Jahre alte Fichte gefällt und in vier Meter lange Stämme zerteilt ist. Das sei gut fürs Klima. Die Rechnung ist einfach: Für jeden gefällten Baum wächst in Schweden mindestens ein neuer nach. Die Wälder sind ein riesiger, wachsender CO2 Speicher.

Und die Zweige und Äste, die beim Fällen der Bäume übrig bleiben, werden zu riesigen Haufen aufgeschichtet. Wenn sie einen Sommer lang getrocknet sind, werden sie gehäckselt und verladen. Per Bahn und und Schiff gelangen so jede Woche mehr als 1000 Tonnen Holzreste in die schwedischen Hauptstadt. Das Värtaverket ist Stockholms Vorzeige-Wärmekraftwerk. Früher wurde es mit Gas betrieben, heute mit Biomasse aus den Wäldern. Das reicht für 150.000 Elektroautos und rund 190.000 Wohnungen pro Jahr.

Filteranlagen für noch weniger CO2

"Schweden ist ein kaltes Land. Wir brauchen Wärme", sagt Ulf Wikström. Er kümmert sich um Nachhaltigkeit beim Stockholmer Engerieunternehmen Exergi, der das Kraftwerk betreibt. In den 1960-er Jahren wurde die Fernwärme in Schweden ausgebaut. Mit Einführung der CO2-Steuer im Jahr 1991 begann dann der Umstieg. Erst lag die Steuer bei umgerechnet 30 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Heute sind es rund 115 Euro. Je höher die Abgabe, desto weniger lohnt es sich, fossile Brennstoffe für die Produktion von Wärme und Strom zu nutzen.

"Seit die CO2-Steuer eingeführt wurde, hat man nach und nach alle Anlagen auf Biobrennstoff umgestellt," erklärt Wikström. Allein im Värtaverket wurde der CO2-Ausstoß so um fast 130.000 Tonnen pro Jahr reduziert. Derzeit ist eine Pilotanlage im Bau, die den Kohlenstoff beim Verbrennen aus dem Rauchgas herausfiltern soll, damit künftig noch weniger CO2 in die Atmosphäre entweicht.

Ölheizungen ausgemustert

Wenn Forstingenieur Torstensson in den Wäldern von Dalarna unterwegs ist, fährt er meist elektrisch. Nur bei Strecken, die länger als 50 Kilometer sind, springt der Benzinmotor seines Hybrid-Kombi an. Die höchste Kohlendioxid-Steuer der Welt macht sich auch beim Tanken in Schweden bemerkbar. Umgerechnet etwa 25 Cent beträgt die Abgabe pro Liter Benzin. "Wenn ich die Batterie auflade, kostet das etwa zehn Kronen. Das reicht für 50 Kilometer. Mit Benzin ist es das Dreifache", erklärt Torstensson.

Wenn er nach einem kalten Herbsttag im Wald nach Hause kommt, sorgt ebenfalls Strom dafür, dass die Zimmer angenehm warm sind. Wärmepumpen sind inzwischen die am meisten genutzte Art, um Einfamilienhäuser zu heizen. Ölheizungen gibt es in Schweden praktisch nicht mehr. Auch das ist eine Folge der CO2-Steuer. So ganz auf den Strom verlassen will sich Torstensson beim Heizen dann aber doch nicht. Ein Kamin sorgt zusätzlich für Wärme. "Für den Fall, dass der Strom ausfällt," meint er. Außerdem sei es so abends gemütlicher.

Schweden braucht Strom, sehr viel Strom. Aber die Produktion ist schon heute praktisch "fossilfrei", wie man hier sagt. 40 Prozent stammen aus Wasserkraft - ein alte und zuverlässige Technik. Viele der kleinen Kraftwerke liefern schon seit mehr als 100 Jahren CO2-freien Strom.

Atomkraft? Ja bitte

Aber auch die Atomkraft spielt in Schweden nach wie vor eine große Rolle. Wenn man das größte Kernkraftwerk Schwedens besichtigen will, muss man nach Forsmark fahren. Der erste Checkpoint liegt mitten im Wald. Danach geht es noch einen Kilometer weiter, bevor die drei Reaktorblöcke zwischen dem Herbstwald auftauchen. Forsmark ist jenes Kraftwerk, das im April 1986 vorsorglich evakuiert wurde, weil aus unerklärlichen Gründen Radioaktivität gemessen wurde. Erst danach stellte man fest: Die radioaktive Wolke kam aus Tschernobyl.

Aber schon vorher war die Atomkraft in Schweden umstritten. Per Volksabstimmung hatte das Land 1980 für den Ausstieg gestimmt. Dieser Beschluss wurde allerdings nie umgesetzt und 2010 vom Parlament offiziell aufgehoben. Heute ist von einem Ausstieg keine Rede mehr. Im Gegenteil: "Vattenfall hat in den vergangenen Jahren Milliarden in die Erneuerung und Modernisierung seiner Kernkraftwerke gesteckt. Wir können sie noch Jahrzehnte betreiben", sagt Josef Nylén, Sprecher des AKW in Forsmark.

Ursachen und Folgen des Klimawandels

Wie sehr weicht die Durchschnittstemperatur vom langjährigen Mittelwert ab? Diese Grafik zeigt die jährlichen Temperaturabweichungen weltweit seit 1900. Die Nulllinie wurde aus den Durchschnittstemperaturen im Zeitraum von 1901 bis 2000 errechnet.

40 Prozent des Stroms kommen in Schweden heute aus der Kernkraft. Für das Ziel, Schwedens bis 2045 CO2-neutral zu machen, braucht man auch diese Energiequelle. Mittlerweile ist das Genehmigungverfahren für ein Endlager, in dem der radioaktive Abfall gelagert werden soll, weit fortgeschritten. Schon im kommenden Jahr könnte die endgültige Genehmigung folgen. Der strahlende Abfall soll in Zukunft ganz in der Nähe des Kernkraftwerks in Forsmark im 500 Meter tiefen Granitgestein eingelagert werden. Gleichzeitig entstehen im Schweden mehr und mehr Windkraftanlagen. Die Einnahmen aus der CO2-Steuer sollen den Ausbau der regenerativen Energien fördern.

Sägemehl als Kraftstoff der Zukunft?

Aber Schweden bleibt auch ein Holzland. Die Holzindustrie ist nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig. Nun hat man das Sägemehl als Energieträger der Zukunft entdeckt. Mit ihm sollen einmal Lkw und Flugzeuge angetrieben werden. Deshalb haben sich in Schweden der größte Mineralölkonzern Preem und einer der großen Sägewerksbetreiber Setra zusammengetan und ein gemeinsames Unternehmen gegründet.

Pyrolyse heißt das Verfahren, bei dem aus Sägespänen durch Erhitzen Öl entsteht. Eigentlich ist es eine alte Methode, die mit moderner Technologie weiter entwickelt wurde. Bisher gibt es nur Testanlagen. In Gävle wird nun die erste kommerziell genutzte Produktionsstätte Europas gebaut. "Für uns ist das Neuland, eine echte Herausforderung. Da überschreiten wir unsere alten Grenzen als holzbverarbeitender Betrieb," sagt Pontus Friberg, Chef der jungen Firma Pyrocell. Natürlich lohne sich das nur, wenn fossile Energieträger teurer werden. Aber man spüre eine steigende Nachfrage nach Bio-Treibstoffen, so Friberg. Deshalb lohne sich auch die Millioneninvestition in die Anlage. Nach Schätzungen von Experten könnte beispielsweise der gesamte innerschwedische Flugverkehr mit Resten der Forstindustrie betrieben werden.

CO2-Steuer hat Schweden verändert

Aber an Fliegen denken die Torstenssons in Falun derzeit nicht. Per-Oves Frau Sara ist Ärztin, gemeinsam haben sie drei Kinder. Selbst die typisch schwedischen Köttbullar, die in der Pfanne brutzeln, sind hier vegetarisch. Nicht erst seit Greta Thunberg machen sich die Torstenssons Gedanken über die Zukunft. "Flugscham - das ist auch etwas, worüber wir viel reden," meint Sara. Aber ansonsten führten sie doch ein ganz normales Leben. Das werde hoffentlich so auch bleiben. Die höchste CO2-Steuer der Welt - irgendwie ist sie im Alltag von Familie Torstensson kaum zu spüren. Und trotzdem hat sie Schweden in knapp 30 Jahren deutlich verändert.

Mehr zu diesem und anderen Themen sehen Sie im Weltspiegel, am Sonntag um 19.20 im Ersten
Über dieses Thema berichtet das Erste in der Sendung "Weltspiegel" am 06. Oktober 2019 um 19:20 Uhr.
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