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04.09.19, 12:05
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#1
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Chuck Norris sein Vater
Registriert seit: Aug 2010
Beiträge: 6.100
Bedankt: 18.425
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Nach den Landtagswahlen: Die AfD und der Wunsch nach Bürgerlichkeit
Zitat:
Neben anderen Parteien reklamiert auch die AfD für sich, eine bürgerliche Partei zu sein. Aber was soll das eigentlich genau bedeuten? Und steht die AfD tatsächlich für bürgerliche Werte?
Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder
Nach den Landtagswahlen strebt die AfD offenkundig danach, an der Regierungsbildung beteiligt zu werden. Es gebe in Brandenburg und Sachsen "bürgerliche Mehrheiten", verkündete AfD-Chef Alexander Gauland, "nur diese bürgerlichen Mehrheiten kommen noch nicht zum Tragen".
Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel sagte, in Sachsen hätten 60 Prozent der Menschen "konservativ" gewählt. Diesen Wählerwillen zu ignorieren, wäre "undemokratisch", so Weidel mit Bezug auf die Aussage der Sachsen-CDU, die eine Regierungskoalition mit der AfD ausgeschlossen hatte.
"Selber politisch gestalten"
Im Wahlkampf präsentierte sich die AfD deutlich radikaler in der Wortwahl. "Unser Auftauchen entlarvt den Scheinpluralismus und die Fassadendemokratie der Etablierten", sagte Gauland bei einer Wahlkampfrede in Brandenburg - und sprach über eine mögliche Politik nach der "Machtergreifung". Gauland betonte, der Zeitpunkt sei "erreicht, wo wir selber politisch gestalten wollen".
Zwar könne man auch aus der Opposition kraftvoll wirken, betonte AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen in der ARD. Es bleibe der Partei aber auch nichts anderes übrig, denn die AfD könne nur mitregieren, wenn die CDU sie als Juniorpartner akzeptieren würde. Doch das lehnen die Christdemokraten ab. In Brandenburg würde ein solches Bündnis ohnehin nicht für eine Mehrheit reichen: Die AfD erreichte 23,5 Prozent, die CDU 15,6 Prozent; [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ].
Die AfD bedient also auf der einen Seite rechtsradikale Milieus; der Brandenburger Spitzenkandidat Andreas Kalbitz schickte [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Zudem gewinnt der völkisch-nationalistische "Flügel" [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Gleichzeitig möchte man sich aber bürgerlich und konservativ geben, um an die Macht zu kommen.
Lange Geschichte
Doch was zeichnet eine bürgerliche Partei genau aus? Eine eindeutige Definition findet sich dafür nicht. Bürgerlich ist ein Sammelbegriff mit langer Geschichte. [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] schreibt, die Bürger des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit bis etwa 1800 seien Städter gewesen. "Durch Rechtsstellung und Lebensweise unterschieden sich Bürger in diesem Sinn von den Angehörigen des adligen und des geistlichen Standes, von der ländlichen Bevölkerungsmehrheit und der breiten städtischen Unterschicht." Daraus entwickelten sich Begriffe wie Besitz- und Bildungsbürgertum - sowie die Utopie einer Bürgergesellschaft mit Gleichheit, Mündigkeit und Selbstverwirklichung für alle.
Heute ist der BPB zufolge oft von einer Bürger- oder Zivilgesellschaft die Rede - mit einer lebhaften Öffentlichkeit, zahlreichen streitenden und kooperierenden Gruppen und Organisationen, bürgerschaftlichem Engagement zwischen Staat und Markt (Vereine, Stiftungen, Nachbarschaftsinitiativen, NGOs, Netzwerke) und einer Kultur, in der bürgerliche Werte wie Freiheit, Selbständigkeit, Kritik, Leistungsorientierung, Respekt für Wissenschaft und Kunst sowie Verantwortung für das Gemeinwohl eine gewisse Rolle spielen.

Die Teilnehmer der Demonstration von AfD und "Pegida" am 1. September 2018 in Chemnitz. Mit dabei sind unter anderem Björn Höcke und Andreas Kalbitz.
"Keine bürgerliche Partei"
Inwieweit diese Kriterien auf die AfD zutreffen, ist höchst umstritten. Viele Experten meinen, es handele sich um keine bürgerliche Partei. [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], die Grünen seien heute die wahre bürgerliche Partei. Sie zögen ein gebildetes Publikum an, darunter auch viele Frauen. Wer grün wähle, befinde sich oft in einer guten beruflichen Position und habe nicht selten Familie. Auch eher klassische Indikatoren der Bürgerlichkeit, etwa Abitur und ein gewisses Bildungsniveau, fänden sich bei den Wählern der Grünen wieder.
Die AfD hingegen geriere sich als Partei für Recht und Ordnung, weil viele momentan das Gefühl hätten, hier gebe es eine Leerstelle. Am Ende sei sie aber keine bürgerliche, sondern eine rechtspopulistische Partei.
"Toleranz gegenüber anderen Meinungen und Lebensweisen"
Auch der Politikwissenschaftler Andrè Brodocz sieht die AfD "eher nicht" als bürgerliche Partei. Diese würden die Freiheit des Einzelnen schützen. "Das beinhaltet auch Toleranz gegenüber anderen Meinungen und Lebensweisen", [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Das sei bei der AfD nicht so ausgeprägt.
Der Politikberater und Autor Johannes Hillje sagte [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]: "Mittlerweile lässt sich die AfD am ehesten als rechtsradikal bezeichnen. Die AfD ist einst als wirtschaftsliberale Anti-Euro-Partei gestartet, ihre Entwicklung kennt aber seitdem nur eine Richtung: nach Rechtsaußen." Er meint, "Teile der AfD stehen eindeutig außerhalb des demokratischen Spektrums. Dafür hat auch der Verfassungsschutz schon Belege vorgelegt."
Der Politikwissenschaftler Everhard Holtmann sagte in den tagesthemen, mit Bürgerlichkeit verbinde man seit langer Zeit auch das Bekenntnis zu Grundrechten, zu individuellen Freiheiten, zu Zielwerten wie Liberalität und Toleranz. "Und wenn man das mal dem völkischen Credo entgegenhält, das von der AfD propagiert wird, das hat mit dem pluralistischen Demokratieverständnis des Grundgesetzes nichts zu tun. Bürgerlich ist das wahrlich nicht."
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Mehr zum Thema:
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Die folgenden 2 Mitglieder haben sich bei BLACKY74 bedankt:
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04.09.19, 15:13
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#2
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Süchtiger
Registriert seit: Sep 2013
Beiträge: 821
Bedankt: 949
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Es ist mir schon öfters aufgefallen, dass es auch bei ähnlichen Artikeln über die verwendeten Begriffen keine vollständige Klarheit gibt. Man müsste doch entweder von Extremismus oder von Radikalismus sprechen, hier also (AfD-bezogen) rechtsextrem oder rechtsradikal. Beides unterscheidet sich immerhin dadurch, dass es einmal außerhalb und einmal innerhalb unseres demokratischen Spektrums definiert ist, was nun wahrlich nicht egal ist. Da würde "am ehesten als rechtsradikal " also "am ehesten innerhalb unseres demokratischen Spektrums definiert" bedeuten?? Ich finde, es ist unnötig kompliziert zum Ausdruck gebracht (wenn es überhaupt so beabsichtigt ist).
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04.09.19, 16:39
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#3
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Freigeist
Registriert seit: Sep 2010
Ort: München
Beiträge: 11.319
Bedankt: 23.582
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Zitat:
Zitat von parlheinz
Es ist mir schon öfters aufgefallen, dass es auch bei ähnlichen Artikeln über die verwendeten Begriffen keine vollständige Klarheit gibt. Man müsste doch entweder von Extremismus oder von Radikalismus sprechen, hier also (AfD-bezogen) rechtsextrem oder rechtsradikal.
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Es wäre schön wenn ich Dir zustimmen könnte, leider sind beide Definitionen bei der AfD vorhanden. Es ist ein einziger Schmelztiegel. Die konservativ-bürgerlichen sind leider weitgehend ausgetreten oder in's Abseits gedrängt.
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04.09.19, 17:43
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#4
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Chuck Norris
Registriert seit: Sep 2009
Beiträge: 3.738
Bedankt: 5.859
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Bürgerlich ist ein Begriff den man seit einiger Zeit (aber lange vor der AfD) verstärkt in der Politik zur Abgrenzung benutzt hat. Bürgerliche Parteien, Bürgerliche Koalitionen etc pp. Nachdem der Mittelstand immer weiter in den Hintergrund rückte war es wichtig in einer neuen Milieugesellschaft (oder Klassengesellschaft?), sich das Ticket nach oben zu sichern. Eben den bestmöglichen Schnitt zu machen. Diese Denke tritt immer wieder zutage, für diejenigen die nicht wissen wovon ich rede. Wollen wir mal mit Akademikereltern über das veraltete dreigliedrige Schulsystem reden? Die werden einen schnell deutlich machen was "bürgerlich" bedeutet. Ich kann mich noch an den Bürgerentscheid 2010 (?) in HH zu dem Thema erinnern und was diese Eltern mobilisieren konnten.
Aber auch darüber hinaus hat der Rest der Deutschen ein ziemliches Problem mit der Selbstwahrnehmung. Die meisten Deutschen wählen objektiv gegen ihre Interessen, weil sie glauben sie gehören zu dem Club für die diese Politik gemacht wird. Man darf ja wohl träumen...
Das ist alles auch historisch gewachsen. Natürlich führte das Bürgertum die Revoluotionen der Neuzeit an. Als der Rauch sich verziehte haben sie sich ein Stück Land genommen und gesagt "das ist meins" und man verteidigte dies gegen die Hungerleider und Habenichtse bis heute. Deswegen ist es schon traurig, wenn der Professor darauf hinweist, dass die "bürgerlichen Werte" ja die Gewünschten sind, die heute ins Bild passen. Wie stellt man denn Freiheit für jeden her? Gerechtigkeit für alle? Das Ideal der Revolutionen? Damals wie heute findet man entsetzliche und grausame Ausnahmen von diesen Werten. Insbesondere solange man selbst nicht von negativen Auswirkungen betroffen ist, lässt auch die Betroffenheit nach (Wortspiel beabsichtigt).
Zurück zum Abgrenzen: Gauland sieht sich völlig zurecht in der Tradition der "bürgerlichen" Parteien. Denn der Begriff sollte eben Abgrenzen, ja schlussendlich sogar ausgrenzen. Und wer kennt sich damit wohl besser aus als diejenigen die das offen fordern? Auch hinter dem Rassismus findet sich ein zutiefst elitäres Projekt. Die angebliche "Professorenpartei" war auch nur eine Elitenpartei. Ihre wirtschaftlichen Vorstellungen sind für 90% (eher mehr) der Menschen hier von Nachteil.
Die Medien werden mit Gaulands Kommentar mit ihrem eigenem Versagen konfrontiert. Er und die AfD sind die Geister die man rief und die man nicht mehr los wird, und das zeigt sich nicht nur hier. Man benutzte unzulässig einen Begriff der dem Ideal der Bürgergesellschaft widerspricht, nur um weiter teilen und herrschen zu können. Vielleicht hätte man vorher darüber nachgedacht bevor Rechts******* diesen Begriff besetzen.
PS: Bin hier geboren als Bürger dieses Landes, und vermutlich werde ich als Bürger dieses Landes sterben (es sei denn ich gebe die Staatsbürgerschaft ab oder das Land löst sich auf). Bis auf diese zwei Ausnahmen gibt es nichts was daran etwas ändern kann.
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