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[Wissenschaft] Mega-Feuer am Polarkreis: Der andere arktische Klima-Teufelskreis

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Ungelesen 09.07.19, 19:35   #1
Wornat1959
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Standard Mega-Feuer am Polarkreis: Der andere arktische Klima-Teufelskreis

Zitat:
Mega-Feuer am Polarkreis
Der andere arktische Klima-Teufelskreis

Tausende Quadratkilometer Torflandschaft brennen. Die Feuer gefährden auch den Permafrost - und könnten dadurch einen sich selbst verstärkenden Prozess in Gang setzen.

von Lars Fischer


© NASA Earth Observatory, Jesse Allen (Ausschnitt)

In der Arktis, rund um den Polarkreis, wüten seit einigen Wochen die wohl größten Brände des Planeten. Vermutlich mehr als 100 Feuer zeigen Satellitenaufnahmen in entlegenen Regionen der sibirischen Tundra – einige von ihnen sind möglicherweise mehr als 1000 Quadratkilometer groß. In der Arktis brennt es immer wieder mal, aber Größe und Zeitpunkt dieser Megafeuer sind sehr ungewöhnlich. Und obwohl die betroffenen Gebiete so abgelegen sind wie kaum eine andere Region des Planeten, betreffen die Auswirkungen der Brände die ganze Welt.

Globaler Klimawandel und arktische Erwärmung sind über mehrere Effekte miteinander verbunden, und große Feuer in den weiten, mit Torf bedeckten Ebenen Sibiriens und Nordamerikas greifen stark in dieses System ein. Einerseits begünstigt der globale Klimawandel Feuer in der Arktis – die enormen Torfmoore werden im Sommer nach und nach immer wärmer und trockener. Gleichzeitig erhöht ein eigentlich wünschenswerter Effekt die Brandgefahr: Durch die steigenden Temperaturen wird die Arktis grüner, Büsche wachsen in der Tundra und binden Kohlendioxid. Die zusätzliche Biomasse bietet Feuern aber auch mehr Nahrung.


Immer mehr Brände in der Arktis

Was Fachleute schon seit langer Zeit vermuten, zeigt sich inzwischen deutlich: Im 21. Jahrhundert brennt es rund um den Polarkreis immer häufiger und wohl auch früher im Jahr. Arktische Feuer brennen normalerweise im Juli und August. Welche Faktoren bestimmen, ob ein Jahr viele oder wenige Feuer in der Arktis bringt, ist unklar, 2019 jedenfalls ist ein Ausnahmejahr. Der Atmosphärenforscher Mark Parrington nennt die Brände »beispiellos«. Der weltweit ungewöhnlich warme Juni sei wohl dafür verantwortlich, dass die Feuersaison diesmal so früh und so heftig eintreffe, spekulieren Fachleute.

Zitat:
Unprecedented [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] activity in the [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] Circle in June 2019, with notable widespread fires in Sakha Republic, Russia for much of the last 3 weeks, as estimated with [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] Atmosphere Monitoring Service GFAS data based on MODIS obs

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— Mark Parrington (@m_parrington) [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
Doch die Brände werden nicht nur durch den Klimawandel häufiger, sie verstärken ihn auch – eine positive Rückkopplung, die seit einigen Jahren bereits in Fachkreisen diskutiert wird, doch sich nun möglicherweise zu beschleunigen beginnt. Feuer in der Arktis wirkt auf mehrere Arten auf die globale Temperatur. Zum einen stoßen die großen Feuer sehr viel Kohlendioxid direkt aus; mit 50 Millionen Tonnen CO2 gaben die Brände allein im Juni so viel Klimagas ab wie eine mittelgroße Industrienation in einem ganzen Jahr.

Anders jedoch als Brände in den gemäßigten Breiten erfassen diese Feuersbrünste jedoch nicht nur Baum und Busch – in großen Teilen der Arktis bedeckt eine wenige Dezimeter dicke Schicht Torf den Permafrostboden, organische Materie, die sich über Jahrhunderte und Jahrtausende ansammelte. Untersuchungen zeigen, dass normale arktische Feuer diesen Torf meist nur oberflächlich ankokeln, so dass schon bald wieder neues Moos wächst.

Doch je wärmer und trockener die Arktis ist, desto höher ist die Chance, dass diese Torfschichten selbst beginnen zu brennen und dabei ihren gespeicherten Kohlenstoff freisetzen. Allein der Torf der Arktis enthält je nach Schätzungen zwischen 40 und 500 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Studien an einem früheren 1000-Quadratkilometer-Megafeuer, dem Anaktuvuk River fire in Alaska, zeigen, dass selbst ein oberflächlich brennendes Feuer große Mengen des im Boden gebundenen Kohlenstoffes freisetzt. Mehr als die Hälfte des abgegebenen Kohlendioxids, so die Schlussfolgerung, kam aus dem Torf.

Teufelskreis am Polarkreis

Der weit größere Teil des arktischen Kohlenstoffs jedoch steckt im Permafrost selbst – und auch dort haben die oberflächlichen Feuer wohl größere Auswirkungen als vermutet. Wie Untersuchungen zeigen, verursachen die Feuer lang anhaltende Temperaturanomalien, die tief in den Boden hineinreichen. Neben der Hitze des Feuers selbst ist dafür vor allem die verkohlte Oberfläche der Brandzone verantwortlich – sie absorbiert bis zu 70 Prozent mehr Sonnenlicht als unverbrannte Torfflächen.

Zitat:
Wildfires near Batagay, Verkhoyansky District, Sakha Republic, [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] 11 June 2019 Enhanced natural colors with IR highlights [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]-2A
Full-size: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
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— Pierre Markuse (@Pierre_Markuse) [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
Das hat Folgen bis tief ins Erdreich. Eine Arbeitsgruppe berichtete auf der Basis von Messungen, dass die im Jahresgang frierende und auftauende Oberflächenschicht im Sommer nicht mehr in bis zu 50 Zentimeter Tiefe auftaut, sondern in bis zu 85 Zentimeter. Zwischen dieser aktiven Schicht und dem tiefen Permafrost bilden sich außerdem Talik genannte Bereiche, die ganzjährig aufgetaut bleiben. Bis zu 20 Jahre nach dem Feuer weitet sich diese Wärmeanomalie im Boden aus, bevor sie sich langsam zurückbildet. Doch mit der voranschreitenden Erwärmung der Arktis ist fraglich, ob die Temperaturanomalie nach dieser Phase überhaupt wieder zurückgeht oder ob jede Feuerepisode eine Art Zwischenspurt im tiefen Auftauen des Permafrostes darstellt.

Indizien deuten darauf hin, dass das der Fall ist und die Feuer den Zerfall des Permafrostes deutlich beschleunigen. Bei diesem Vorgang entsteht eine Landschaftsform namens Thermokarst, eine unebene Sumpflandschaft, die viel Kohlendioxid und Methan aus dem organischen Material im Boden freisetzt. Etwa ein Viertel des in den letzten drei Jahrzehnten verlorenen Permafrosts in Kanada sei durch diesen durch Feuer eingeleiteten Prozess getaut, errechnete 2018 eine Arbeitsgruppe.

Rauch und Ruß ziehen derweil hunderte Kilometer durch die Arktis und setzen sich auf mit Schnee und Eis bedeckten Flächen ab und absorbieren Wärme. Bereits jetzt zeigen Satellitenbilder, dass Meereis und Schnee dunkler sind und dadurch schneller schmelzen. Kommt Wasser oder Boden zum Vorschein, wird das Sonnenlicht absorbiert statt zurückgestrahlt, und heizt die ganze Region auf – was wiederum wärmere Sommer, mehr Pflanzenmasse und damit höhere Brandgefahr bedeutet.

Zitat:

Auch in Deutschland sorgen dieser Tage Brände für Schlagzeilen: In Mecklenburg-Vorpommern standen vergangene Woche hunderte Hektar Wald in Flammen. Spektrum.de interviewte hierzu den renommierten Feuerökologen [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] vom Max-Planck-Institut für Chemie in Freiburg, der die Einsatzleitung Anfang Juli mit taktischen Empfehlungen unterstützt hat.


Spektrum.de: Herr Professor Goldammer, wie genau ist es gelungen, den Brand in Mecklenburg-Vorpommern einzudämmen?

Goldammer: Die Einsatzkräfte konnten das Feuer durch Schneisen eingrenzen. Dadurch brannte es im inneren Bereich aus und glüht jetzt noch aus.

Drohen dieses Jahr durch die fortgesetzte Dürre im Nordosten noch mehr Waldbrände in der Region?

Ja, und auch in den kommenden Jahren drohen weitere Brände. Aufgrund des Klimawandels und der Veränderung unserer Natur- und Kulturlandschaften müssen wir damit rechnen.

Sollten wir deshalb auch unsere Wälder umbauen?

Die Waldlandschaften in Mittel- und Nordeuropa stehen vor einer großen Transformation, die durch den Klimawandel herbeigeführt wird. Auf das gemäßigte, ausgeglichene Klima folgt ein Klima der *******n Ausreißer, das von Wetter*******n beziehungsweise Klimavariabilität bestimmt sein wird: So wie es jetzt schon der Fall ist, werden wir weiterhin häufigere und längere Dürreperioden und Hitzewellen erleben. Dazu kommen Starkniederschläge und ******* Windereignisse. Darauf muss der Wald umgestellt werden.


Müsste sich Deutschland besser für große Waldbrände rüsten – etwa mit der Anschaffung von Löschflugzeugen?

Zunächst sollten wir unserer Kultur- und Naturlandschaften in Deutschland umbauen und sie dadurch widerstandsfähiger gegenüber *******n Wetterereignissen machen. Damit lassen sich auch Landschaftsbrände vermeiden. Als zweite Priorität wäre es gut, Kapazitäten im Management von Landschaftsbränden am Boden aufzubauen. Erst dann macht es Sinn, Feuerlöschflugzeuge zu beschaffen oder einzusetzen. Die Diskussion hierzu ist im Gang.

Die Fragen stellte Bea Riebesehl per Email.
Quelle: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
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Ungelesen 19.07.19, 14:13   #2
Wornat1959
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Standard

Als Update ein Interview aus der Zeit:

Zitat:
Klimawandel
"Die Arktis brennt so stark wie seit Jahren nicht"

Buschfeuer im Polarkreis? Das kommt vor, sagt Mark Parrington, der Satellitenaufnahmen der aktuellen Feuer auswertet. Das Ausmaß in diesem Sommer sei aber extrem.

Interview: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

19. Juli 2019, 10:44 Uhr 220 Kommentare


Die Satellitenaufnahme vom 9. Juli 2019 zeigt einen Brand nordwestlich von Fairbanks in Alaska. © Maxar Technologies via AP

In der Arktis brennt es seit Wochen. Auch innerhalb des Polarkreises. Im Norden Kanadas und Alaskas, in Sibirien und in Grönland sind Feuer ausgebrochen. Mit dem Rauch gelangen klimaschädliche Treibhausgase in die Atmosphäre. Wie Feuer in Polargebieten entstehen und ob das, was gerade geschieht, eine Folge der Erderwärmung ist, erklärt Mark Parrington. Er wertet die Feuer anhand von Satellitendaten aus.

ZEIT ONLINE: In den letzten Tagen berichteten einige Medien, die Brände in der Arktis seien die schlimmsten, die [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]. Stimmt das?

Mark Parrington: Mir scheint das eine etwas ******* Beschreibung, aber die Feuer sind durchaus die schlimmsten, die wir jemals in der Arktis gemessen haben. Grundsätzlich sind Feuer dort nicht komplett ungewöhnlich. Allerdings ist dieses Jahr ein Rekordjahr verglichen mit den letzten 17 Jahren. Die Feuer sind außergewöhnlich intensiv für diese Jahreszeit und dauern länger an als sonst. Vor allem der Juni war speziell.

ZEIT ONLINE: Warum kann es in der Polarregion überhaupt zu Buschfeuern kommen? Sollte der Boden da nicht gefroren sein?


Mark Parrington ist Physiker und Senior Scientist am Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage in Reading nahe London. Er befasst sich vor allem mit Emissionen, die bei Bränden entstehen. © privat

Parrington: Wenn es taut und die Vegetation trocken genug ist, kann Feuer selbst auf eisigem Boden bestehen. Im Zuge der globalen Erwärmung hat sich die Temperatur an der Erdoberfläche des nördlichen Polarkreises im Durchschnitt über die Jahrzehnte kontinuierlich erhöht – das wissen wir aus Satelliten-Temperaturauswertungen, die seit 1981 gemacht werden. Dieses Jahr sind die Temperaturen in der nördlichen Polarregion außergewöhnlich hoch – genau dort, wo jetzt auch viele Feuer ausgebrochen sind. Im sibirischen Teil der Arktis liegen sie bis zu zehn Grad Celsius über dem Durchschnitt von 1981 bis 2010.

ZEIT ONLINE: Wie muss man sich die Beschaffenheit des Bodens in den Polargebieten, die jetzt in Flammen stehen, vorstellen? Was wächst dort, was dem Feuer Zunder liefert?

Parrington: Dort wachsen vor allem Gräser und Sträucher. Sie werden nicht sonderlich hoch, aber für ein Feuer reicht das aus. Unsere Messinstrumente zeigen, dass es vor allem die Vegetation ist, die brennt. Das können wir über die Temperatur des Feuers bestimmen. Der Torfboden, der große Teile der arktischen Landmasse bedeckt, brennt allgemein mit niedrigerer Temperatur, die unterhalb der Messgrenze unserer Satelliten liegen kann. Ob der Torfboden selbst aber schon brennt, können wir deshalb nicht genau sagen.

ZEIT ONLINE: Wenn das geschehen würde – was wären die Folgen?

Parrington: Wird der Torfboden infolge des Klimawandels generell trockener, friert er auch nicht mehr so umfassend ein. Dann wäre das der perfekte Brennstoff. Torfböden bilden sich über Zehntausende von Jahren und sind sehr kohlenstoffreich. Geraten sie in Brand, würde ein Großteil davon in Form von Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Methan und anderen Schadstoffen in die Atmosphäre freigesetzt.

ZEIT ONLINE: Wie viele Tonnen an Treibhausgasen haben die Feuer in diesem Sommer schon sicher in die Luft gepustet?

Parrington: Wir können anhand der Feuertemperatur und der Menge der verbrannten Vegetation abschätzen, wie viel Kohlenstoff freigesetzt wird. Daran wiederum lässt sich die Menge an CO2 ableiten, die in die Luft gelangt. Allein im Juni waren es um die 50 Megatonnen, so viel wie Schweden in einem Jahr ausstößt. Bis Mitte Juli waren es schon 31 Megatonnen, der Jahresausstoß von Kuba. Schon jetzt sind die Juli-Emissionen höher, als sie 2017 und 2018 waren.

ZEIT ONLINE: Sind die direkten Folgen dieser Emissionen schon spürbar?

Parrington: Der Rauch wirkt sich auch auf die Luftqualität aus, Winde können ihn Tausende Kilometer transportieren, teilweise bis nach Europa. Allerdings landen nicht all diese Gase in der Atmosphäre. Am nördlichen Polarkreis ist gerade Wachstumsphase, die Pflanzen nehmen einiges von dem CO2 auf. Wie viel das ist, können wir nicht exakt sagen.

Zitat:
Transport of smoke emitted by many boreal and #Arctic #wildfires from Siberia, Alaska and Canada in #Copernicus Atmosphere Monitoring Service [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] organic matter AOD analyses between 15 June-15 July
@CopernicusECMWF @ECMWF @CopernicusEU [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

— Mark Parrington (@m_parrington) [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
ZEIT ONLINE: Wie weit haben sich die Brände ausgebreitet?

Parrington: Im Juni waren die meisten Feuer im russischen Sakha. Mittlerweile haben sich auch Brände in Alaska ausgebreitet, sogenannte Megafeuer. So wird ein Feuer genannt, das mehr als 100.000 Hektar verbrennt. Insgesamt haben Mitte Juli am nördlichen Polarkreis 270 Feuer am Tag gebrannt, zum Vergleich: 2003 bis 2018 waren es zur gleichen Zeit nur etwa 55 am Tag.

ZEIT ONLINE: Ist diese Extremsituation nachweislich eine Folge des Klimawandels?

Parrington: Der Anstieg der Oberflächentemperatur und die stärkere Trockenheit sind Folgen des Klimawandels. Forscher haben schon vor Jahren vorhergesagt, dass die Feuer im Norden zunehmen werden, und sie hatten recht ([ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]). Die Bedingungen sind einfach gut für Feuer. Die Arktis erwärmt sich insgesamt viel schneller als der globale Durchschnitt.

"Noch ist es möglich, dass die Feuer auch wieder abnehmen"

ZEIT ONLINE: Klimaforscherinnen und -forscher warnen jetzt: Infolge der Feuer könnte ein gefährlicher [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] kommen, der Permafrostboden, der sich unter der Oberfläche versteckt, könnte dauerhaft auftauen – mit unaufhaltsamen Folgen für die weitere Aufheizung der Erde. Wie groß ist die Gefahr?

Parrington: Mir sind bisher keine Daten bekannt, die belegen, dass diese konkreten Feuer den Permafrostboden weiter tauen lassen, aber das ist auch nicht mein Spezialgebiet. Ein Rückgang der Permafrostgebiete und eine dünner werdende Frostschicht in einigen Regionen ist im Zuge der Erderwärmung aber zu erwarten, darauf weisen auch Studien hin. Wie stark diese Effekte im Einzelfall sind, hängt auch davon ab, wie tief der Permafrost im Boden liegt. Wird die permanent gefrorene Schicht dünner, kann ich mir vorstellen, dass Feuer das Tauen noch weiter beschleunigen können. Für andere vergangene Feuer haben Forscher so einen Effekt auch schon beobachtet ([ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]).

ZEIT ONLINE: Welche weiteren Effekte tragen zur Erwärmung der arktischen Gebiete bei?

Parrington: Eine andere Gefahr ist schwarzer Kohlenstoff, der von den Feuern emittiert und aufgewirbelt wird und sich auf gefrorenen Böden und dem arktischen Meereis niederschlägt. Das Eis färbt sich schwarz, absorbiert in der Folge mehr Sonnenlicht und erwärmt sich schneller. Und je mehr Eis schmilzt und je wärmer es wird, desto besser sind die Bedingungen für weitere Brände.

Zitat:
Wildfires in the E. coast of Greenland , bring fresh smoke (ie black #soot) to nearby ice caps , which carry the risk to accelerate melting rates by turning a bright reflecting surface into an absorbing one [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

— Santiago Gassó (@SanGasso) [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
ZEIT ONLINE: Schon länger beschreiben Klimaforscher Kippelemente – Veränderungen im Klima also, die eine Kettenreaktion in Gang setzen und zu irreversiblen Klimafolgen führen können. Gehören die aktuellen Brände dazu?

Parrington: Wir können noch nicht sagen, ob diese Feuer wirklich ein Kippelement sind, es ist ein Balanceakt, so etwas zu bestimmen. In den vergangenen drei Jahren waren sie ungewöhnlich stark, aber noch ist es möglich, dass sie auch wieder abnehmen. Wenn sie im nächsten Jahr noch häufiger werden und mehr Fläche erfassen, kann man sie schon eher als mögliches Kippelement für das Klima bezeichnen.

Nicht nur die Permafrostböden sind im Zuge der globalen Erwärmung gefährdet – auch Gletscher und Polkappen schmelzen. ZEIT ONLINE hat [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], wie das Eis seit Jahrzehnten schwindet. Lesen Sie hier auch unseren [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], seinen Ursachen und Folgen.
Quelle: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
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