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10.08.18, 19:08
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#1
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Profi
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Ausbeutung bei Ryanair
Zitat:
Verwerflich bestimmt - aber so schön billig
Wirtschaft
Auf dem Rücken der Angestellten feiert Ryanair immer neue Umsatzrekorde. Der Kunde drückt beide Augen zu.(Foto: CLODAGH KILCOYNE)
Freitag, 10. August 2018
Ein Kommentar von Benjamin Konietzny
Nach dem aktuellen Streik wird Ryanair seine menschenverachtende Personalpolitik verändern müssen. Dass sie sich überhaupt so lange halten konnte, ist ein Armutszeugnis für die Konsumgesellschaft.
Immer, wenn Supermarktketten mal wieder Hähnchenschenkel für 15 Cent das Stück verkaufen oder 600 Gramm Schweine-Nackensteak für 1,99 Euro, gibt es einen kleinen Aufschrei. Sittenwidrig sei das, unethisch, heißt es dann. Allerdings haben die Discounter in der Regel kein Problem damit, die Ware loszuwerden. Die Aussicht, ein Schnäppchen zu machen, vernebelt den meisten Menschen die Vorstellung davon, welchen Preis ein solcher Preis hat.
Pilotenstreit startet Tausende Ryanair-Passagiere kommen nicht ans Ziel
Ryanair verkauft keine Hähnchenschenkel und Nackensteaks, doch bei der Billig-Airline geht es um dasselbe. Wer sich etwa für die Strecke von Köln nach Berlin in eine der blau-gelben Röhren des irischen Unternehmens setzt und die 500 Kilometer für rund 15 Euro fliegt, muss sich darüber im Klaren sein, dass irgendjemand anderes den Preis für diesen Preis bezahlt. Einzig: Ryanair hat in aller Regel kein Problem damit, die Tickets an den Mann zu bringen. Wer kann bei solchen Schnäppchen schon widerstehen?
Mit seinem Ultra-Billig-Kurs hat Airline-Chef Michael O'Leary aus einer hochdefizitären Regionalfluggesellschaft die größte Airline Europas gemacht - oder nach Anzahl der Passagiere die viertgrößte der Welt. In den vergangenen sechs Jahren hat das Unternehmen seinen Umsatz verdoppelt, seinen Gewinn knapp verdreifacht. Keine Nachricht aus dem Inneren des Unternehmens konnte die Verbraucher davor abschrecken, der Firma derartige Erfolge zu ermöglichen.
Und die gab es zuhauf. Wer etwa für O'Leary fliegt, ist in der Regel nicht angestellt, sondern muss ein Unternehmen irischen Rechts gründen und sich dann als Freiberufler für Flüge "bewerben". Einstiegsgehalt als Pilot: rund 39.000 Euro, Co-Piloten bekommen etwa 25.000 Euro - brutto. Die mehrere zehntausend Euro teure Pilotenausbildung muss der Nachwuchs davon meist abbezahlen. Flugbegleiter verdienen zwischen 700 und 1300 Euro netto. Auch sie müssen ihre knapp 3000 Euro teure Ausbildung selbst bezahlen. Sie sind zwar angestellt, allerdings meistens in Leiharbeitsverträgen - befristet und ohne Grundgehalt. Überstunden werden nicht bezahlt, eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es nicht. Nicht wenige Ryanair-Flugbegleiter haben Nebenjobs, um über die Runden zu kommen.
"Mit nackten Eiern über Glasscherben robben"
Als er wieder einmal für seine menschenverachtende Personalpolitik in die Kritik geraten ist, sagte O'Leary einmal, es zwinge ja niemand die Menschen, bei Ryanair zu arbeiten. Seine Piloten nennt er nach deren Angaben mal "überbewertete Taxifahrer" oder "Busfahrer". Als vergangenen Herbst Forderungen nach mehr Gehalt laut wurden, sagte er, seine Angestellten hätten ein überzogenes Selbstwertgefühl. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" sagte er einmal, die Umwelt interessiere ihn "einen Dreck", was ihn interessiere, seien die Ölpreise. Das Beste, was man seiner Ansicht nach mit Umweltaktivisten machen könne, sei es, sie "abzuknallen", ein weiteres Zitat von ihm. Und was sein eigenes Auskommen angeht, sagte er einmal: "Ich verdiene etwa das 20-Fache dessen meiner Angestellten. Ich denke, diese Lücke sollte größer sein."
Und auch über seine deutschen Kunden sagte O'Leary einmal etwas, das erklären könnte, warum die Airline einen Umsatzrekord nach dem nächsten einheimst - trotz aller Skandale. "Die Deutschen würden mit nackten Eiern über Glasscherben robben, nur um günstige Preise zu bekommen." Freilich macht nicht nur die schlechte Bezahlung der eigenen Leute derartige Schnäppchen möglich. Ryanair spart auch, indem kleine Flughäfen angesteuert werden oder weil die Maschinen fast immer ausgebucht sind. Aber Dumpinglöhne sind eben auch zentraler Bestandteil der Preisstrategie.
Dass sich nun höchstwahrscheinlich doch etwas ändern wird bei Ryanair, haben die Piloten selbst bewirkt. Nach dem Ausstand in vier europäischen Ländern kann O'Leary kaum etwas anderes übrigbleiben, als sich mit den Gewerkschaften zu einigen. Auch wenn er zuvor ankündigte, dass "eher die Hölle zufrieren" würde. Der aktuelle Streik hat Dimensionen, die neu sind für die Airline: Europaweit fallen 400 Flüge aus, 55.000 Passagiere sind betroffen. Schon im vergangenen Quartal knickte der Umsatz wegen Streiks um 20 Prozent ein. Werden die Ausstände noch größer, würde O'Leary seine Anleger verprellen, die er all die Jahre auf dem Rücken seiner unterbezahlten Angestellten mit Traumrenditen verwöhnt hat.
Dass sich jedoch grundsätzlich etwas am Klima bei der Billigst-Airline ändert, ist unwahrscheinlich. Das beweist auch die Drohung des Unternehmens an die in Irland streikenden Piloten, ihre Jobs demnächst nach Polen zu verlagern. Ryanair wird sich immer einen Weg suchen, seine Angestellten wie Halbsklaven des Frühkapitalismus zu behandeln. Es ist ekelerregend. Aber das letzte Wort darüber, ob ein solches Geschäftsmodell überlebensfähig bleibt, haben nicht O'Leary oder seine Angestellten, sondern die Verbraucher. Ebenso wie an der Kühltruhe mit dem Billigfleisch.
Quelle: n-tv.de
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Zitat:
Dass sie sich überhaupt so lange halten konnte, ist ein Armutszeugnis für die Konsumgesellschaft.
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Eher eine Konsequenz aus der Konsumgesellschaft.
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Die folgenden 2 Mitglieder haben sich bei betaalpha bedankt:
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11.08.18, 00:22
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#2
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gta v O__O
Registriert seit: Feb 2010
Ort: In Austria
Beiträge: 1.221
Bedankt: 869
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An der Kritik ist sicherlich einiges Wahres dran. Und es ist gut, dass die Missstände so deutlich angeführt werden.
Ich persönlich fliege regelmäßig mit Ryanair und unterstütze damit auch zu einem gewissen Teil die prekären Beschäftigungskonditionen. Wenn ich nicht mit Ryanair fliegen würde, könnte ich gar nicht in den Urlaub fliegen, die restlichen Airlines sind bis auf ein paar wenige saisonale Ausnahmen unbezahlbar. Und auch für Ryanair muss ich mich noch knapp 3h mit dem Auto auf den Weg machen, da der Flughafen irgendwo in der Pampa liegt. Da ich dann fliege, wenn die meisten fliegen, zahle ich in der Regel ca. 120€ pro Person pro Flug zzgl. ca. 10€ p.P. für einen reservierten Sitzplatz.
Vor 15 Jahren konnte ich Airberlin noch bezahlen und ich frage mich ernsthaft, warum die Preispolitik so den Bach runtergehen musste.
Haben die Airlines Jahrzehnte lang rote Zahlen geschrieben, ist das Kerosin plötzlich deutlich teurer geworden oder woran mag das liegen?
Zuletzt hab ich dann mal die Billigairline vom Niki ausprobiert, die organisatorisch ähnlich vorgeht wie Ryanair: Einstieg über angedockte Treppen statt Schleuse, keine Angaben zu Verspätungen  , wenig Service... Wobei ich nicht weiß, wie dort die Beschäftigungsverhältnisse aussehen.
Ansonsten ist Ryanair eine der komfortabelsten Airlines überhaupt für den Reisenden, abgesehen vom häufig günstigen Preis. Wenn Ryanair überhaupt für Slots bezahlt, dann so kurzweilig wie möglich, was bedeutet, dass die Maschinen häufig (nicht immer) recht pünktlich sind. Das liegt am simplen Ablauf: alle müssen ihre Boardkarte vorab selbst ausdrucken, vor Ort wird man dann schnell durch den Check-in gewunken (trotzdem erneute, gute Passkontrolle) und entweder rennt man direkt zum Flugzeug, wo man dann ggf. dem Gepäcktypen seinen Trolley in die Hand drückt, oder wird erstmal im Bus geparkt. Boarding per Schleuse direkt am Flughafen ist teuer also darf man bei Ryanair das Flugzeug selbst mit Hilfe einer Treppe erklimmen und betreten  .
Beim Ausstieg das selbe: parken, vorne und hinten die Klapptreppen dran fahren und raus raus raus.
Mir gefällt die Schnelligkeit  .
Ich hab auch nichts gegen grundsätzlich höhere Preise als dem Durchschnittsniveau von Ryanair. Gerne alles immer >100€,
Ich denke höhere Ticketpreise würden den Angestellten bei der Unternehmenskultur aber auch keinen Vorteil bringen. Ryanair hat im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn von 1.45mrd € erwirtschaftet und die Mittel, seine Piloten, Stewardessen und Co angemessen zu bezahlen.
Als Kunde hat man tatsächlich nur die Möglichkeit, selbst Ryanair zu boykottieren oder den Flug während der legitimen Streiks zu wagen.
__________________
Tschüss, es war schleunigst Zeit, [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ].
Frohes Fetzen noch  .
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