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[Other] Loveparade-Prozess - Wieviel wert sind Schmerz und Trauer?

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Ungelesen 08.12.17, 01:53   #1
mikebike58
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Standard Loveparade-Prozess - Wieviel wert sind Schmerz und Trauer?

Zitat:
Loveparade-Prozess - Wieviel wert sind Schmerz und Trauer?
von Thadeus Parade

Datum:
07.12.2017 22:58 Uhr

Beim Loveparade-Unglück in Duisburg kamen 21 Menschen ums Leben. Wie lebt man damit, wenn das eigene Kind stirbt? Wieviel sind Schmerz und Trauer wert? Freitag beginnt der Prozess.

Kreuze stehen am 28.12.2013 in Duisburg. 21 Menschen kamen bei Loveparade-Unglück ums Leben.
Quelle: dpa

21 Tote und mehr als 600 körperlich und seelisch Verletzte: das ist die schreckliche Bilanz der Loveparade-Katastrophe. Bis heute ist der Anspruch dieser Menschen auf Schmerzensgeld nicht geklärt. Viele von ihnen warten immer noch auf eine angemessene, finanzielle Entschädigung. Das deutsche Recht lässt Betroffene bei der Klärung im Stich.
Den Verlust der Tochter nicht verkraftet

Es ist der Morgen des 24. Juli 2010 als Gulia Minola und ihre Freundin spontan entscheiden, die Loveparade in Duisburg zu besuchen. Die beiden jungen Frauen aus Italien sind eigentlich auf der Durchreise nach Amsterdam. Doch die Verlockung, mit hunderttausenden anderen Menschen zu Techno-Beats im Ruhrpott zu feiern, lässt sie anders entscheiden. Auf dem Festivalgelände aber kommen sie nie an. Gulia wird in der Menschenmenge, die sich vor dem Eingang angestaut hat, zu Tode gequetscht. Ihre Freundin überlebt die Katastrophe nur mit Glück. Laut Obduktionsbericht ist Gulias Leiche übersät mit blauen Flecken und Einblutungen. Es ist ein langsames Ende, das die junge Studentin am Boden liegend erleidet. Schließlich erstickt sie an ihrem eigenen Erbrochenen.

Als Gulias Mutter vom Tod ihrer Tochter erfährt, bricht für sie alles zusammen. Schwere Depressionen und jahrelange Arbeitsunfähigkeit sind die Folge. Mittlerweile geht sie zwar wieder arbeiten, die psychischen Probleme aber sind geblieben. Der Kölner Anwalt Daniel Hennecke-Sellerio versucht seit sechs Jahren, die Schmerzensgeldansprüche seiner Mandantin gegenüber der Axa-Versicherung geltend zu machen. Über die Axa war die Loveparade-Veranstaltung angeblich mit bis zu 250.000 Besuchern versichert. Doch die Versicherung zeigt wenig Entgegenkommen. "Wir haben materielle und immaterielle Ansprüche angemeldet", sagt er, "man muss unterscheiden zwischen vererbtem Schmerzensgeld und dem Schmerzensgeld für Hinterbliebene."
Für Trauer ist kaum Geld vorgesehen

"Grundsätzlich tut sich das deutsche Recht noch immer sehr schwer damit, das Leid, das durch den Tod eines Angehörigen entsteht, zu bemessen", sagt Andreas Slizyk, ein auf Schadensrecht spezialisierter Anwalt und Fachbuchautor. Bei unmittelbaren Verletzungen ist das anders. Dafür gibt es Tabellen. Ein gebrochener Oberarm ist etwa 6.000 Euro wert, ein Schädelhirntrauma mit dauerhaften Folgen bis zu 70.000 Euro.

Grundsätzlich tut sich das deutsche Recht noch immer sehr schwer damit, das Leid, das durch den Tod eines Angehörigen entsteht, zu bemessen.

Andreas Slizyk, Anwalt

"Für die bloße Trauer um einen Angehörigen gab es in Deutschland - anders als im Ausland - jahrzehntelang kein Geld", so Slizyk. Die Gesetzeslage hat sich zwar seit kurzem geändert. Doch die Fälle der Loveparade sind davon ausgeklammert. Für sie gilt altes Recht. Eine Entschädigung für Hinterbliebene gibt es nur dann, wenn das Opfer vor dem Tod Schmerzen erlitten hat. Diese können quasi "vererbt" werden. Oder aber der Hinterbliebene ist in Folge des Verlustes "schwer erkrankt". Diese "schwere Erkrankung" muss er allerdings aufwendig per Gutachten beweisen.

Eine pauschale Vergütung für diesen "vererbten" Schmerz ist nicht festgelegt, die Summe ist immer individuell vom Richter zu bestimmen. "Ein Urteil des Karlsruher Landgerichts aus dem Jahr 2009 sprach einem Unfallopfer, das seine schweren Verletzungen bei vollem Bewusstsein erlebte und nach zwei Stunden im Krankenhaus verstarb, 4.000 Euro Schmerzensgeld zu", erzählt Slizyk, "das Geld ging an die Erben".
2.500 Euro pauschal für den Tod der Tochter

"Beide Szenarien treffen im Fall von Gulia zu", sagt Anwalt Hennecke-Sellerio, "Gulia hat ihren Tod qualvoll miterleben müssen, ihre Mutter sei jahrelang arbeitsunfähig gewesen und leidet bis heute unter psychischen Problemen." Als sich der Anwalt 2011 zum ersten Mal bei der Axa-Versicherung meldet, um Schmerzensgeld-Ansprüche geltend zu machen, bietet die Versicherung zunächst 2.000 Euro als Entschädigung an. Dieses Angebot empfindet Gulias Mutter als blanken Zynismus. "In einem Telefonat, das darauf folgte, wollten die Axa noch mal 500 Euro draufzulegen", erinnert sich Hennecke-Sellerio, "damit sollten dann aber sämtliche Ansprüche abgegolten sein." 2.000 Euro für den vererbten Schmerzensgeldanspruch, 500 Euro für den sogenannten Schockschaden der Mutter.

Vor sieben Jahren kamen bei der Loveparade in Duisburg 21 Menschen ums Leben, mehrere Hundert wurden verletzt.

Beitragslänge:
2 min
Datum:
24.07.2017

Auch dieses Angebot hielt seine Mandantin für völlig inakzeptabel und lehnte ab. Bis heute wartet sie auf eine angemessene Entschädigung. "Grundsätzlich sei die Axa bereit mehr zu zahlen, aber nur unter Berücksichtigung deutscher Rechtsprechung, in denen in vergleichbaren Fällen höheres Schmerzensgeld bezahlt wurde", so Hennicke-Sellerio, "aber diese Fälle gibt es nicht - und das weiß auch die Axa." Rechtlich betrachtet ist die Versicherung auch nicht zu einer Zahlung verpflichtet, solange die Haftungsfrage nicht geklärt ist. Um diese Frage wird es unter anderem auch im Strafprozess gehen. Dem ZDF gegenüber wollte sich die Axa-Versicherung zu dem konkreten Fall nicht äußern mit Verweis auf das laufende Verfahren.

"Insgesamt müssten Entschädigungen in Deutschland aber viel höher ausfallen. In Italien zum Beispiel haben die Hinterbliebenen der Opfer, die beim Untergang der Costa Concordia ertrunken sind, eine siebenstellige Summe erhalten.

Anwalt Hennecke-Sellerio

Auf öffentlichen Druck hin ist die Versicherung zwar in die Schadensregulierung eingetreten, bleibt aber mit 2.500 Euro am untersten Rand der Summen, die bei Vergleichsfällen in Deutschland gezahlt werden. "Diese Summen bewegen sich in der Regel zwischen 2.000 Euro und 20.000 Euro", sagt Schmerzensgeld-Experte Andreas Slyzik. "Insgesamt müssten Entschädigungen in Deutschland aber viel höher ausfallen", fordert der Anwalt von Gulias Mutter, "in Italien zum Beispiel haben die Hinterbliebenen der Opfer, die beim Untergang der Costa Concordia ertrunken sind, eine siebenstellige Summe erhalten".
Hinterbliebene haben Anspruch auf "angemessene" Entschädigung

Davon ist man in Deutschland noch meilenweit entfernt. Hier hat es Jahrzehnte gedauert, bis sich alle Beteiligten endlich zu einem Gesetz durchringen konnten, das erst seit wenigen Monaten in Kraft getreten ist. Mitte Mai hatte der Bundestag die Einführung eines Anspruchs auf "Hinterbliebenengeld" beschlossen. Wer durch einen Unfall oder eine Straftat einen nahestehenden Menschen verliert, kann nun eine "angemessene" Entschädigung "für sein seelisches Leid" verlangen. Als generelles Richtmaß schlägt der Gesetzgeber 10.000 Euro vor. Letztlich aber obliegt die Entscheidung bei den Gerichten. "Man kann davon ausgehen", so Schmerzensgeld-Experte Slizyk, "dass sich die Rechtsprechung künftig an den Urteilen der Vergangenheit orientieren wird." Im Klartext: Entschädigungen von 20.000 Euro und mehr sind auch in Zukunft wohl nicht zu erwarten.

Und dennoch: es ist ein Zeichen, eine Anerkennung der Trauer. Denn es war schon lange nicht mehr nachvollziehbar, dass in Deutschland Schadensersatz für eine leichte Prellung zu leisten ist, nicht aber für den Verlust des eigenen Kindes oder Geliebten.
Die Loveparade

Bei dem Loveparade-Unglück im Sommer 2010 in Duisburg wurden am einzigen Ein- und Ausgang der Technoparade in einem Gedränge 21 Menschen erdrückt. Sie waren im Alter zwischen 17 und 38 Jahren und kamen aus Deutschland (15), Australien (1), den Niederlanden (1), Spanien (2), Italien (1) und China (1). Mindestens 652 Loveparade-Besucher wurden damals verletzt. Viele von ihnen leiden bis heute körperlich und seelisch unter den Folgen.
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Ist leider unwahrscheinlich, dass auch nur einer der Verantwortlichen verurteilt wird, weil schon 7 Jahre vergangen sind, und die Verjährungsfrist 2020 endet.
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Zu viel Kontrolle ist erdrückend.
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Die Polizei muss beobachtet werden.
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Doch wäre hier mehr Kontrolle im Vorfeld sinnvoll gewesen.
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Zitat:
Loveparade-Prozess Sind die Falschen angeklagt?

Wer war verantwortlich für die Katastrophe bei der Duisburger Loveparade im Juli 2010? Das wird nun vor Gericht verhandelt. Der Prozess beginnt enttäuschend für die Hinterbliebenen. Armin Lehmann
Für die erwartete große Zahl der Besucher wurde ein Gerichtssaal auf dem Düsseldorfer Messegelände eingerichtet.

Für die erwartete große Zahl der Besucher wurde ein Gerichtssaal auf dem Düsseldorfer Messegelände eingerichtet.Foto: Ina Fassbender/AFP

Als der Student T. sich in Sicherheit wähnte, als sich Notärzte und Psychologen um ihn kümmerten, an jenem unglückseligen Sommertag im Juli vor sieben Jahren, blickte er an sich herab. Er sah tiefe Kratz- und Beißspuren, und in diesem Moment wurde ihm klar: K., der der jüngste der insgesamt 21 Toten der Loveparade-Katastrophe sein würde, musste direkt neben ihm gestorben sein. Zuvor hatte er sich offenbar an ihm festkrallen wollen, irgendwie an ihm dran bleiben wollen, muss gebissen und gezogen haben, um nicht unterzugehen. Vergeblich.

T. kann an diesem Freitagmorgen nicht auf dem Messegelände in Düsseldorf sein, wo in einem eigens für die große Zahl der zu erwartenden Besucher eingerichteten provisorischen Gerichtssaal nach so vielen Jahren die juristische Aufarbeitung der Ereignisse beginnt. 21 Tote, die meisten von ihnen sind erstickt, mehr als 550 Verletzte und eine ungewisse, größere Anzahl an Traumatisierten hat diese Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg hinterlassen. Und die Frage, die das Gerichtsverfahren nun beantworten soll: Wie konnte es dazu kommen?

T. gehört zu den schwer Traumatisierten. In Gebäuden oder vollen Räumen bekommt er Angstzustände.
Die lange Zeit seit 2010 ist an niemandem spurlos vorbeigegangen

Jürgen Widera dagegen steht schon mitten im großen Saal der sogenannten Außenstelle des Landgerichts hier in Düsseldorf. Er hat mit anderen im Auftrag der Staatsanwaltschaft dafür gesorgt, dass Notfallseelsorger an jedem Prozesstag psychologische Betreuung anbieten. Für die Hinterbliebenen oder Opfer genauso wie für die Angeklagten und deren Familien. Widera ist gut zu erkennen unter all den Leuten, die sich hier versammeln, denn er ist groß und hat schlohweißes Haar. Im Saal rechts sitzen die vielen Verteidiger in einem abgetrennten Bereich, links ebenfalls abgetrennt die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger, und in der Mitte ist noch Platz für rund 385 Zuschauer.

Widera ist nicht nur evangelischer Pfarrer, sondern seit 2013 der Opferbeauftragte, Ombudsmann und Mitinitiator einer Nachsorgestiftung, die das Gedenken wach hält. Der 63-Jährige erzählt nicht nur von T., er kennt alle Geschichten, mit denen sich die Hinterbliebenen seit Jahren quälen. Unterhält man sich mit ihm, dann versucht er stets diskret und sachlich zu bleiben, obwohl man an seinen Augen ablesen kann, dass die lange Zeit seit 2010 und das Warten auf den Prozess auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen sind.

Aber jetzt, gegen 8.30 Uhr am Freitagmorgen, ist er irritiert, denn der erwartete Andrang ist weitgehend ausgeblieben, sehr viele Plätze bleiben leer. Dort, wo sich die Hinterbliebenen und Opfer in kleinen Gruppen unterhalten, ist die große Enttäuschung darüber deutlich herauszuhören.
Am frühen Nachmittag verlassen die ersten Zuschauer das Gebäude

Sie wird im gesamten Verlauf des ersten Tages nicht mehr weichen, sondern immer größer werden, am frühen Nachmittag verlassen die ersten Zuschauer das Gebäude. Im Gerichtssaal liefern sich Verteidiger und Nebenkläger mit dem Vorsitzenden Richter eine erste Verfahrensschlacht. Befangenheitsanträge gegen Schöffen, deren Kinder bei der Loveparade waren, werden gestellt und diskutiert; Verteidiger versuchen Besetzungsrügen anzubringen, durch die das gesamte Gericht in Frage stehen würde. Erst am späten Nachmittag wird überhaupt die Anklage verlesen.

Widera schüttelt zwischendrin immer wieder den Kopf und muss diejenigen trösten, die aus anderen Ländern angereist sind, eine Mutter aus Italien, Eltern aus Spanien und Holland. Er selbst hat zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn, damals waren sie 17 und 20 Jahre alt, und die Mutter drängte beide, unbedingt zur Loveparade zu gehen, denn wann würde wieder mal ein so großes Ereignis in Duisburg stattfinden – dieser Stadt ohne Geld, mit hohen Schulden. Doch Wideras Kinder entschieden sich überraschend für die Familienfeier, die zeitgleich in Köln stattfand, von wo Widera vor 30 Jahren nach Duisburg-Rheinhausen zog. Als sie aus Köln wiederkamen und erfuhren, was passiert war, blieb der Mutter kurz das Herz stehen: „Stell’ dir nur vor, die Kinder wären gegangen, ich hätte mir mein Leben lang Vorwürfe gemacht.“

Bis heute ist nicht klar, was genau passiert ist zwischen 16 und 18 Uhr, die ersten Toten wurden um 17.02 Uhr gemeldet. Bisher ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass zu viele Menschen auf das Gelände strömten. Das hatte auch ein erstes Gutachten eines britischen Panikforschers angedeutet. Das Landgericht jedoch lehnte es zunächst ab, weil man dem Gutachter Parteinahme attestierte. Deshalb wurde der Prozess erst ein Jahr später nach Anordnung des Oberlandesgerichts Düsseldorf eröffnet.
Nur durch einen Tunnel kam man auf das Festivalgelände

Ein neuer Gutachter kommt nun zu dem Schluss, dass viel weniger Menschen als angenommen zur Loveparade kamen, maximal 118.000 bis 17 Uhr, obwohl der Chef des Veranstalters am Tag noch von mehr als einer Million Besuchern sprach. Das aber bedeutet, dass am Tag selbst sehr viel schief gelaufen sein muss, allein was die Führung der Masse durch Polizei und Veranstalter angeht. Die Besucher konnten ausschließlich über den 400 Meter langen und 18 Meter breiten Karl-Lehr-Tunnel zum umzäunten Festivalgelände gelangen.

Einer, der das Nadelöhr überlebt hat, ist D. Er sagt, er habe die ganze Zeit ein schlechtes Gefühl gehabt, denn die Veranstaltung sei miserabel vorbereitet gewesen, niemand wusste, wo es langgeht. Auch er sitzt im Gerichtssaal, früh am Morgen ist er aus Braunschweig angereist, um pünktlich zu sein. Er weiß noch nicht, dass auch er auf der Zeugenliste der Staatsanwaltschaft steht.

D. hatte damals gar nicht feiern wollen, sondern für ein Uni-Projekt fotografiert und Videos gedreht, seine Aussage gehört zu den, wie die Polizei ihm selbst sagte, „konkretesten“ in den Tagen nach der Katastrophe. Der Vorsitzende Richter aber wird ihn und die als freie Journalistin akkreditierte Sprecherin des Loveparade-Veranstalters Rainer Schaller später auffordern, freiwillig den Saal zu verlassen, weil beide als potenzielle Zeugen sonst beeinflusst werden könnten.

Auf 111 Tage hat der Richter den Prozess angesetzt, spätestens bis zum 24. Juli 2020 muss ein Urteil in erster Instanz fallen, sonst greift die Verjährungsfrist. Neben der Staatsanwaltschaft begleiten 60 Nebenkläger und ihre Anwälte das Verfahren. Die Angeklagten sind keine bekannten Gesichter, nicht Rainer Schaller, der bis heute sein Unternehmen McFit führt, nicht der Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) und auch keine Vertreter der Polizei sind unter ihnen; direkt nach dem Unglück hatte der gerade ins Amt gekommene Innenminister Ralf Jäger (SPD) gesagt, die Polizei habe nichts falsch gemacht. Auch darüber ärgern sich die Betroffenen bis heute. Nun müssen sich sechs Mitarbeiter des Bauamtes und vier Mitarbeiter von Lopavent verantworten. Der Vorwurf lautet auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung.
"Es geht zunächst um Klarheit, das ist die ganz große Hoffnung“

Widera selbst ist hin- und hergerissen, er weiß, wie sehr sich die Hinterbliebenen einen Prozess gewünscht haben, aber er weiß auch, dass die Erwartungen sehr hoch sind. Es sind vollkommen verständliche Erwartungen, aber sie könnten enttäuscht werden. Widera sagt: „Es geht zunächst vor allem um Klarheit, das ist die ganz große Hoffnung.“

Die Eltern wollen genau wissen, wie ihre Kinder gestorben sind. Nur wenige haben von ihren Anwälten oder in Gesprächen mit den Pathologen durch glaubhafte Schilderungen Gewissheit bekommen. Eine Familie wurde damit getröstet, dass ihr Kind mit großer Wahrscheinlichkeit schnell tot war, nicht gelitten habe: Genickbruch. Trotz der monströsen Tragik einer solchen Schilderung – genau das hat den Eltern geholfen.

Dann, sagt Widera, gehe es aber auch um Gerechtigkeit. Nicht unbedingt eine Verurteilung von Angeklagten sei das Ziel der Familien, sondern die Frage: Wer war verantwortlich, wer hat Fehler gemacht? Viele Eltern seien vor allem aus diesem Grund überhaupt Nebenkläger, „weil sie das Gefühl haben, sie sind das ihren Kindern schuldig“. Eine Mutter sagte: „Ich muss die Ehre meines Kindes wiederherstellen.“

Im Gerichtssaal, neben den Angeklagten, sitzt einer, der diese Intentionen versteht. Volker Römermann ist Rechtsanwalt und Vorstand von fünf Kanzleien für Wirtschaftsrecht in deutschen Städten. Er lehrt zudem an der Berliner Humboldt-Universität, etwa im Bereich Verhandlungsführung. Mit seiner Kanzlei vertritt er einen der Angeklagten aus der Firma Lopavent. Einen Tag vor dem Prozess fährt Römermann von Hannover nach Köln und nimmt sich viel Zeit für ein Telefonat. Er sagt, dass er das Interesse an einer Aufklärung des tragischen Geschehens absolut nachvollziehen könne. Aber: „Strafverfahren sind jedoch weder dazu da, historische Geschehen objektiv aufzuarbeiten noch moralische Fragen zu beantworten.“ Im Gericht sitzt sein Mandant ganz in schwarz gekleidet neben ihm.
Es gibt Verantwortliche, die gar nicht im Gericht sitzen

Römermann und Widera kennen sich nicht, sind sich nie begegnet. Im Gerichtssaal sitzen sie rund 20 Meter voneinander entfernt, und wenn man so will, stehen sie auch auf gegnerischen Seiten. Dennoch machen sie sich unabhängig voneinander ähnliche Gedanken. Beide sagen, dass es sicherlich Verantwortliche gebe, die gar nicht im Gericht sitzen, die mindestens „moralische Schuld“ auf sich geladen haben. Jeder weiß, wen sie meinen. Sie sagen auch sinngemäß: Sollten am Ende für die Angeklagten nur sehr kleine Strafen herauskommen, die sich auf technische, organisatorische Details beziehen – wem ist dann damit gedient?

Die Strafverteidiger, wie Römermann oder auch der Kölner Rechtsanwalt Björn Gercke, der ebenfalls einen Lopavent-Mitarbeiter verteidigt, wissen um die große emotionale Dimension. Sie wollen vermeiden, die eigenen Mandanten auch noch als Opfer darzustellen. Aber womöglich sind sie es. Römermann sagt: „Ich habe die Hoffnung, dass die Sachaufklärung im Vordergrund stehen wird und nicht überlagert wird durch die auf allen Seiten verständlicherweise vorhandenen Emotionen.“

Doch emotional wird es allein deshalb schon, weil es für die Hinterbliebenen kaum nachvollziehbar ist, wieso der erste Prozesstag so verwirrend ist.

Zwischen Angeklagten und Verletzten oder Hinterbliebenen ist es nie zu einer direkten Begegnung gekommen, aber Widera ahnt, dass auch auf Seiten der Angeklagten nichts mehr so ist wie es mal war. „Die tun mir leid“, sagt er. Einer der Angeklagten lebt gar nicht im Ruhrgebiet, und bevor er im Jahr 2010 für die Lopavent-Firma als Freelancer gearbeitet hat, war er deutschlandweit ein anerkannter Fachmann für die Organisation von großen, auch politischen Events. Nach der Katastrophe von Duisburg war der Mann, wie es aus seinem Umfeld heißt, „vollständig gebrochen“. Da war bald keine Wut mehr auf die womöglich eigentlichen Schuldigen oder auf das Schicksal, sondern nur noch Leere. In der Kita wurden seine Kinder gefragt, ob ihr Vater ein Mörder sei, bis heute wacht er nachts auf, weil die Träume nicht aufhören wollen.
Seine größte Sorge: „eine zweite Traumatisierung“ durch den Prozess

Ähnlich erging es auch Römermanns und Gerckes Mandanten, beide Verteidiger geben sich von deren Unschuld vollkommen überzeugt. Römermann sagt: „Unser Mandant hat volles Verständnis für die Betroffenen. Das, was geschehen ist, beschäftigt auch ihn seit sieben Jahren, Tag und Nacht, und es wird auch nicht enden. Aus meiner Sicht, gerade weil er zu Unrecht angeklagt wurde.“ Auch Pfarrer Jürgen Widera weiß um das tief sitzende Gefühl von denen, die am Freitag im Gericht sitzen: Es werden die Falschen angeklagt!

Der Prozess wird lange dauern, und wenn schon am ersten Tag das Zuschauerinteresse eher klein ist, wie wird es erst in den nächsten Wochen und Monaten aussehen? Widera antwortet gar nicht erst auf diese Frage, die ihm ein Vater in einer der zahlreichen Sitzungspausen stellt. Seine größte Sorge könnte eintreffen, „eine zweite Traumatisierung“ durch diesen Prozess.

Volker Römermann sagt, dass es in einem Strafprozess nicht darum gehe, ob bestimmte Personen strafrechtlich verurteilt werden oder nicht. Es gehe gerade nicht um allgemeine politische, technische oder historische Wahrheiten. Deshalb findet er, dass sich „eher ein Untersuchungsausschuss geeignet“ hätte, um die Geschehnisse aufzuarbeiten. Ähnlich sieht das auch Widera. Sein Vorbild: die unabhängige Kommission, die sich viele Jahre nach der tödlichen Massenpanik 1989 im Hillsborough Stadion im britischen Sheffield gegründet hatte. Die strafrechtliche Relevanz sei den meisten Hinterbliebenen egal, sie wollten nur wissen, „wer was zu verantworten hat“.

Der Student T. hatte mit seiner Freundin den Loveparade-Besucher K. im Zug kennengelernt, T. war Anfang 20, K. 17. Nach der Katastrophe und den Vorwürfen, die sich T. wegen K. machte, war kein Studium mehr möglich, seine Freundin trennte sich von ihm, bis heute hat er große Mühe, die eigene Wohnung zu verlassen. Die Therapeutin sagt, sie hoffe ihn bald so stabil zu bekommen, dass er endlich einen längeren Klinikaufenthalt durchstehen könne.
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Zitat:
NSU- und Loveparade-Prozess bringen die Gerichte an ihre Grenzen

Die Erwartung ist hoch: Beim NSU- und beim Loveparade-Prozess soll einer Gerechtigkeit genüge getan werden. Aber das kann das Strafrecht nicht leisten. Eine Analyse. Jost Müller-Neuhof

Material zur Aufarbeitung: die Ordner der Anklagebehörde zum Loveparade-Prozess.Foto: Reuters

Ehe mit dem NSU-Prozess der eine Großprozess sein Ende findet, hat in Duisburg mit der Anklage wegen des Loveparade-Unglücks das nächste Mammutverfahren angefangen. Aus dem ersten sind bereits enttäuschte Bilanzen zu hören. Die erwartete Aufklärung sei ausgeblieben, heißt es. Es gibt zwar eine mutmaßlich Schuldige, aber keine Gewissheit über Taten und Beteiligte des Mordkomplotts.

Auch das Duisburger Verfahren wird nun als „juristische Aufarbeitung“ geschildert, die in diesem Fall nötig sein soll angesichts des Ausmaßes der Katastrophe und der Leiden der Opfer. Bereits im Sprachgebrauch offenbaren sich Erwartungen, die kaum zu erfüllen sind. Strafprozesse sind Verfahren, um individuelle Schuld festzustellen. Daraus mag sich ein Ertrag ergeben, der Geschädigten und einem erschütterten Gemeinwesen helfen kann, das Geschehen zu bewältigen und vielleicht künftiges Unheil zu vermeiden. Aber es gibt keine Garantie dafür.

Es handelt sich wohl auch eher nicht um eine „Aufarbeitung“. Terror und Tragödien, Katastrophen und Verluste kann nur jeder für sich „aufarbeiten“, je nach Mitteln, Möglichkeiten und Seelenzustand. Staatliche Institutionen können dazu eine Beitrag leisten, mit Geld, Verständnis, Fürsorge und, ja, auch Aufklärung und Ursachenforschung. Ein Strafprozess jedoch vermag all dies nicht zu ersetzen. Die sich häufiger einstellende allgemeine Enttäuschung, die mit dem Umfang der modernen Großverfahren ebenfalls zu wachsen scheint, gehört folglich zum Programm.
Die erste Instanz sah keine Chance für eine Verurteilung

Das Loveparade-Verfahren war schon vor dem Start der Hauptverhandlung ein Beleg dafür. An politisch Verantwortlichen wie dem früheren Oberbürgermeister ging der strafrechtliche Vorwurf ebenso vorbei wie an dem Chef der Veranstalterfirma. Gegen Verdächtige aus der zweiten Reihe, die jetzt auf der Anklagebank sitzen, scheiterte die Staatsanwaltschaft im ersten Anlauf, weil das damals noch zuständige Gericht nur geringe Chancen für eine Verurteilung sah. Zu komplex erschien ihm das Zusammenspiel der Faktoren, die in das Verhängnis geführt hatten. Ein Ergebnis, das als unerträglich empfunden wurde, weshalb es nach Protesten und Unterschriftenlisten mit Zehntausenden Namen korrigiert wurde.

Ob diese Hartnäckigkeit belohnt wird, erscheint fraglich, schon angesichts des Termindrucks. In drei Jahren droht Verjährung. Der Bürgermeister ist abgewählt, eine Loveparade wird es in Deutschland nie mehr geben. Konsequenzen wurden also gezogen. Es mangelt auch nicht an Tatsachenfeststellungen. Wer möchte, kann sich bis ins Detail in öffentlich zugänglichem Material über Fehler und Versäumnisse der Zuständigen informieren. Geheimdienste sind nicht involviert. Anders als im NSU-Komplex gibt es daher Wahrheit satt. Was also wird von der nunmehr endlich stattfindenden juristischen Aufarbeitung eigentlich noch erhofft?
Gerechtigkeit?

Gerecht könnten auch Freisprüche sein, die absehbar, wie die erste Weigerung des Landgerichts, die Anklage zur Verhandlung zuzulassen, als „Schlag ins Gesicht der Opfer“ interpretiert würden. Insofern geht es wohl um anderes als nur Aufarbeitung oder Gerechtigkeit. Tatsächlich hat sich der öffentliche Umgang mit dem Strafrecht in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Aus der Entdeckung des Täters, die rund um die siebziger Jahre in liberalen Strafrechtsreformen und therapeutischen Konzepten mündete, ist eine Hinwendung zum Opfer geworden. Das Instrument der Nebenklage wurde geschärft und leichter verfügbar gemacht, zugleich das Strafrecht als Schutzversprechen etabliert. Nicht die Ahndung von Schuld, sondern die Abwehr von Gefahr rückte in den Vordergrund. Erkannte Lücken sind umgehend zu schließen, vom „Nein heißt Nein“ bei der Vergewaltigung über illegale Autorennen bis zu Anti-Terror-Tatbeständen.
Auch Strafrecht muss sich wandeln


Dass vieles, was zur Straftat erklärt wird und strafwürdig ist, ohnehin bereits sanktioniert wird, fällt unter den Tisch. Strafrecht ist wieder so politisch geworden wie in den siebziger Jahren, nur unter neuen Vorzeichen. Damals wurde um Verständnis für Täter und das Verstehen von Taten geworben (nicht um Entschuldigung), heute wird das Mitgefühl für Opfer verstärkt. Die Strategie der Kriminalisierung kann sich indes nur als effektiv erweisen, wenn Schuldige präsentiert werden. Schuld bedeutet aktuell, ein Risiko oder ein Missstand in den Griff bekommen zu haben. Ein Freispruch oder die Einstellung eines Verfahrens heißt, das Risiko bleibt.

Auch Strafrecht muss sich wandeln. Die Dialektik aus immer höheren Erwartungen und immer größeren Enttäuschungen könnte jedoch auf Abwege führen. Auf welche, lässt sich am Loveparade-Verfahren ebenso zeigen: Es war Wahnsinn, Hunderttausende durch einen Tunnel zu lotsen, dessen Aus-und Eingangsrampe zum Festplatz tanzende Massen an kreisenden Umzugswagen verstopfen würden. Trotzdem haben alle mitgemacht und sehenden Auges Verantwortung von sich weggeschoben. Warum also eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung? Warum nicht wegen Mord und Totschlag?
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