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17.11.16, 16:50
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Legende
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Boden-GPS: So lassen sich Handynutzer in jeder Gebäudeecke orten
Zitat:
Die US-Mobilfunkprovider müssen in wenigen Jahren die Ortung von Notrufen in Gebäuden garantieren. Das US-Startup Nextnav will mit Funksignalen und Luftdrucksensoren dieses Ziel erreichen. Doch die Technik lässt sich noch für ganz andere Zwecke nutzen.
Wie lassen sich Handynutzer innerhalb eines Gebäudes präzise orten? Für dieses Problem müssen US-Mobilfunkprovider in wenigen Jahren eine praktikable Lösung bereitstellen. Denn die US-Regulierungsbehörde FCC verlangt von den Anbietern künftig, dass eingehende Notrufe über Mobilfunkgeräte auch innerhalb von Häusern genau lokalisiert werden können. Das US-Startup Nextnav habe dazu ein System entwickelt, das mit Hilfe von geeigneten Smartphones und verhältnismäßig wenig Funksendern in kompletten Städten eine Ortung ermögliche, erläuterte Firmengründer Ganesh Pattabiraman am Mittwoch vor Journalisten in Sunnyvale.
Während die Ortung von Notrufen im Freien über GPS ermöglicht wird, scheitert diese Technik innerhalb von Gebäuden. Zum einen ist das GPS-Signal in vielen Gebäuden nicht zu empfangen. Zum anderen sollten Rettungskräfte wissen, in welchem Stockwerk sich ein Anrufer befindet, wenn sie ihm möglichst schnell helfen wollen. Zwar gibt es Möglichkeiten, mit Hilfe von WLAN oder Bluetooth Low Energy (BTLE) einen Handynutzer recht genau zu orten. Doch diese Konzepte haben den Nachteil: Sämtliche Räume eines Gebäudes müssten mit Sendern und Ortungstechnik ausgestattet werden. Ein enormer Aufwand.
Andere Verfahren, wie das sogenannte Radio Frequency Pattern Matching von Polaris Wireless erreichen nur eine Genauigkeit von 50 Metern. Allerdings sind dafür keine Änderungen an der Hardware von Telefonen und Mobilfunkstationen erforderlich.
Luftdrucksensoren für Höhenmessung
Nextnav verfolgt daher einen anderen Ansatz. Das 2008 gegründete Unternehmen hat Sender entwickelt, die mit 920 bis 928 MHz ein GPS-synchronisiertes Zeitsignal ausstrahlen. Metropolitan Beacon System (MBS) heißt das Konzept, eine Art Boden-GPS. Die Sender, Beacons genannt, funken mit 30 Watt und verfügen über eine Reichweite von rund zehn Kilometern. Die Handys können diese Signale auch in Gebäuden empfangen und so über Triangulationsverfahren ihre Position orten. Für die genaue Höhenbestimmung setzt Nextnav auf präzise Luftdrucksensoren, wie sie bereits in vielen Smartphones eingebaut sind.
Allerdings sind solche Sensoren nicht in der Lage, eine ausreichend genaue Höhenortung in einem Gebäude zu ermöglichen. Denn je nach Luftdruck variiert die ermittelte Höhe um Dutzende Meter. Zu diesem Zweck verfügen die Sender von Nextnav über eine eigene Wetterstation, die einen Referenzluftdruck misst. Mit Hilfe dieser Kalibrierung habe das Startup die Genauigkeit in 80 Prozent der Fälle auf 1,9 Meter steigern können, sagte Pattabiraman. Genau genug, um das Notrufsignal einem bestimmten Stockwerk zuordnen zu können.
Strukturdaten von allen Gebäuden erforderlich
Es gibt jedoch noch eine weitere Hürde zu überwinden. Denn schließlich sind fast alle Gebäude unterschiedlich konstruiert. Nextnav muss daher über eine Datenbank verfügen, die für jedes Haus in einer Stadt die Höhe der Stockwerke enthält. Firmengründer Pattabiraman geht davon aus, dies in 80 Prozent der Fälle auf der Basis von externen Daten wie hochauflösenden Fotos ermitteln zu können. In anderen Fällen sollen die Grundrisse und Pläne der Gebäude in eine Cloud hochgeladen werden. Entscheidend seien dabei die unteren Stockwerke. Denn nach oben hinaus ändere sich die Deckenhöhe meist nicht.
Schon jetzt ist abzusehen, dass nicht nur Rettungskräfte Interesse an MBS haben werden. Wenn die Nutzer beispielsweise in einem Einkaufszentrum präzise geortet werden können, wären IT-Konzerne wie Google oder Facebook in der Lage, die Werbung eines in unmittelbarer Nähe befindlichen Ladengeschäfts auszuliefern. Zudem könnten Apps auf Basis der Daten sogar ermitteln, welche Läden die Nutzer tatsächlich wie lange besucht haben. Das Webseiten-Tracking könnte damit in das reale Leben übertragen werden. Pattabiraman hält in diesem Fall eine Umsatzbeteiligung von Nextnav für denkbar.
Die totale Ortung aller Nutzer per MBS?
Es gibt noch viele weitere Anwendungsfälle. So sei es möglich, Mobilfunksender innerhalb von Gebäuden mit Hilfe der Beacons mit einem GPS-Zeitstempel zu versorgen, sagte Pattabiraman. Dadurch könnte man die teure Verbindung solcher Sender mit einem GPS-Empfänger auf dem Dach zur Netzwerksynchronisierung einsparen. Gerade für den neuen 5G-Standard würden Sender innerhalb von Gebäuden, sogenannte Mikrozellen, benötigt. Das System könne zudem dazu genutzt werden, um beispielsweise autonome Autos innerhalb von Parkhäusern zu orten. Denkbar sei auch eine Steuerung von Drohnen mit Hilfe der Signale.
Laut Nextnav hat das System mehrere Vorteile gegenüber GPS. So brauche die Lokalisierung in den Handys deutlich weniger Energie, zudem dauere die Ortung nur rund eine Sekunde. Damit würde sich die Technik beispielsweise auch für Systeme eignen, um gestohlene Fahrräder innerhalb von Städten zu orten. Ein Test der Berliner Tageszeitung hatte vor einigen Monaten gezeigt, dass Diebstahlsicherungen, die nur auf GPS beruhen, in Städten rasch an ihre Grenzen stoßen. Auch die präzise Ortung gestohlener Handy könnte auf diesem Weg einfacher werden.
Sicherheitsbehörden dürften großes Interesse zeigen
Es stellt sich jedoch die Frage, ob mit Hilfe von MBS nicht die totale Überwachung von Handynutzern ermöglicht wird. Eltern könnten dadurch sogar überprüfen, ob ihre Kinder gerade im richtigen Klassenzimmer sitzen. Von den Möglichkeiten der Geheimdienste und Ermittlungsbehörden ganz zu schweigen. Solche Bedenken hat Nextnav jedoch nicht. Das System sei sehr datenschutzfreundlich, sagte Pattabiraman. Schließlich funktioniere die Ortung ähnlich wie GPS: Nur diejenige App erhalte die Daten, die vom Nutzer dazu autorisiert werde.
Man braucht jedoch nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass Sicherheitsbehörden alles daran setzen werden, um in bestimmten Fällen eine solche MBS-Ortung auslösen zu können. Als deutlich genaueren Ersatz für eine sogenannte stille SMS oder eine Positionsbestimmung per Imsi-Catcher. Pattabiraman erwähnte die Terroranschläge von Paris im November 2015: "Wenn sie genau gewusst hätten, wo sich die Personen befinden, hätten Polizei und Feuerwehr viel effizienter und schneller eingesetzt werden können."
Nutzungslizenz erforderlich
Das Unternehmen sieht sich dabei als neutraler Dienstleister, der lediglich das Signal liefert. Die Positionsdaten selbst sammelt das Nextnav nicht. Anders als bei GPS brauchen die einzelnen Anwendungen jedoch eine Nutzungslizenz, da das Signal verschlüsselt ist und von Nextnav ein Schlüssel erworben werden muss.
Nach Ansicht von Nextnav kann das System in ein bis zwei Jahren einsatzbereit sein. Es gebe bereits Gespräche mit Providern sowie den Herstellern von Prozessoren und Handys. Der Chiphersteller Broadcom erwarb bereits vor drei Jahren eine Nutzungslizenz. Andere seien inzwischen gefolgt. Das Unternehmen geht davon aus, dass sich die Telekommunikationsfirmen im kommenden Frühjahr für einen Standard entscheiden.
Die FCC habe die Gebäudeortung im vergangenen Jahr auch deswegen verpflichtend gemacht, weil Nextnav mit Hilfe von Bosch-Sensoren die Möglichkeit der genauen Höhenbestimmung habe demonstrieren können, sagte Pattabiraman. Entscheidend sei für FCC gewesen, dass die Bauteile nur wenig kosteten und für den Massenmarkt geeignet seien. Laut Bosch verfügen drei von vier Handys inzwischen über sogenannte MEMS-Sensoren (Micro Electro Mechanical System) aus der 1995 gestarteten MEMS-Produktion bei Bosch. Eine Kooperation mit Nextnav war im vergangenen Jahr vereinbart worden.
Einsatz in anderen Ländern möglich
Sollte Nextnav den Zuschlag bekommen, würde das Unternehmen in städtischen Gebieten der USA die MBS-Sender aufstellen. Schon jetzt sei das Unternehmen in 47 US-Regionen präsent und habe bereits 170 Millionen Dollar in Entwicklung und Aufstellung der Sender investiert. Die Geräte zum Stückpreis von 10.000 Dollar verfügen über eine eigene Atomuhr sowie Batterien. Damit soll sichergestellt werden, dass die Ortung auch dann funktioniert, wenn das GPS-Signal gestört ist oder der Strom ausfällt. Der Einsatz in ländlichen Regionen mit wenigen komplexen Gebäuden ist hingegen nicht geplant.
Inwieweit das MBS-System auch in anderen Ländern eingesetzt werden wird, ist derzeit unklar. Pattabiraman räumte ein, dass sich Regierungen anderer Staaten bereits für das System interessierten. Voraussetzung für den Einsatz sei die Bereitstellung des erforderlichen Frequenzbereichs von 900 MHz. Einige Länder aus dem Nahen Osten hätten bereitwillig angeboten, das benötige Band zur Verfügung zu stellen. In anderen Ländern sei das schwieriger.
Eine Verpflichtung von Mobilfunkprovidern zur Notrufortung gibt es in Deutschland nicht. Sollte die erforderliche Hard- und Software jedoch in allen Smartphones zur Verfügung stehen, wäre der Aufbau eines Sendernetzes auch hierzulande umzusetzen. Das Standardisierungsgremium 3GPP hat die entsprechenden Anforderungen in seine Spezifikationen (Release 13) bereits aufgenommen. Nextnav verweist darauf, dass die Verpflichtung der FCC zur Notrufortung im Jahr 2001 zur weiten Verbreitung von GPS beigetragen habe. Das Gleiche erhofft sich das Unternehmen auch von MBS.
Hinweis: Golem.de hat auf Einladung vom Bosch im Silicon Valley verschiedene Startups besucht.
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