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02.08.15, 23:56
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#1
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Legende
Registriert seit: Aug 2011
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Netzpolitik.org: Regierung wusste frühzeitig von Verfahren
Zitat:
Die Bundesregierung ist offenbar - anders als bislang dargestellt - frühzeitig über die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Landesverrat gegen den Blog Netzpolitik.org informiert gewesen. Das zeigen Recherchen von NDR, WDR und SZ.
Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass die Bundesanwaltschaft gegen zwei Journalisten von Netzpolitik.org ermittelt. Seitdem steht vor allem Generalbundesanwalt Harald Range in der Kritik. Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei forderten seinen Rücktritt. Range hatte das Ermittlungsverfahren am 13. Mai dieses Jahres eingeleitet. Zwei Wochen später war das Bundesjustizministerium schriftlich darüber informiert worden.
Auch Beamte aus anderen Häusern kannten Einzelheiten des Falls und die Entscheidung, gegen die Journalisten zu ermitteln. Dennoch beteuerten Regierungsvertreter Ende vergangener Woche, von dem Verfahren überrascht worden zu sein. Selbst Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV) hatten gestreut, man habe keine Ermittlungen gegen die Journalisten gewollt. Allerdings finden sich in den Akten Hinweise darauf, dass Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen das Verfahren gezielt in Gang gebracht hat und hätte wissen müssen, dass es sich auch gegen die Journalisten richtet.
Gutachten des Verfassungsschutzes an die Bundesanwaltschaft
Die Verfassungsschützer schickten im April ein Behördengutachten an die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. In dem Schreiben werden die angeblichen Auswirkungen der Veröffentlichungen von Netzpolitik.org als schwere Beeinträchtigung der Arbeit des Verfassungsschutzes geschildert. Das Fazit: Die Blogger hätten ein Staatsgeheimnis nach Paragraph 93 des Strafgesetzbuches veröffentlicht. Damit handele es sich um Landesverrat. Folglich sind auch die Journalisten ins Visier der Ermittlungen geraten. Denn eine solche Tat gilt als Straftat. Die Veröffentlichung normaler Dienstgeheimnisse ist dagegen für Journalisten normalerweise straffrei.
Justizministerium will Bundesanwaltschaft gewarnt haben
Dieses Gutachten lag auch dem Bundesjustizministerium vor. Justizminister Heiko Maas äußerte am Freitag öffentlich Kritik an dem Verfahren. Das Bundesjustizministerium warnte nach eigener Darstellung die Bundesanwaltschaft bereits frühzeitig vor dem Verfahren. Man halte es für falsch. Aus der Bundesanwaltschaft heißt es, man könne sich nicht an solch deutliche Warnungen erinnern. Es habe nur allgemeine Hinweise gegeben, dass ein solches Verfahren problematisch sein könne.
Beamte aus dem Justizministerium arbeiten derzeit an einer Expertise zu der Frage, ob es sich bei den Veröffentlichungen tatsächlich um Landesverrat gehandelt haben könnte. Nach Informationen von NDR, WDR und SZ werden sie in ihrer Stellungnahme zu dem Ergebnis kommen, dass dies nicht der Fall gewesen ist.
Maas lässt den Fall prüfen
Die Bundesanwaltschaft beauftragte selbst einen externen Gutachter zur Erörterung der Frage. Dieser ist jedoch in den Sommerurlaub entschwunden. Deshalb gab Maas nun offenbar die Expertise in seinem Haus in Auftrag. Die Expertise soll bis spätestens Donnerstag fertig sein und dann Generalbundesanwalt Range zugestellt werden. Ob dann die Ermittlungen möglicherweise eingestellt werden, ist unklar.
Das Verfahren geht zurück auf Strafanzeigen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erstattet hat - die erste wegen eines Artikels, der Ende Februar auf Netzpolitik.org erschienen ist. Darin ging es um Pläne des Verfassungsschutzes zur "Massenauswertung von Internetinhalten". Das BfV reichte die Anzeige aber nicht bei der eigentlich zuständigen Staatsanwaltschaft in Berlin ein, sondern beim Staatsschutz im Landeskriminalamt (LKA). Der ist für normale Dienstgeheimnisse gar nicht zuständig - kann jedoch tätig werden, wenn es um den Verrat eines Staatsgeheimnisses geht. Das BfV bat darum, die Sache "unter allen rechtlichen Gesichtspunkten" zu überprüfen.
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Zitat:
§94 StGB: Wann begeht man Landesverrat?
Schon mehrfach in der Geschichte der Bundesrepublik ist die Justiz gegen Journalisten wegen Landesverrats vorgegangen. Der Generalbundesanwalt stützt sich dabei auf Paragraf 94 des Strafgesetzbuchs. Er bewegt sich dabei immer im Spannungsfeld zur Pressefreiheit.
Es geht um Paragraf 94 im Strafgesetzbuch. Wer Landesverrat begeht, dem droht eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. In besonders schweren Fällen sogar fünf Jahre bis lebenslang. Im Falle von Netzpolitik.org ermittelt der Generalbundesanwalt wegen mittlerem Landesverrat, denn es gibt auch noch einen Verrat "light", das Offenbaren von Staatsgeheimnissen. Das war Range aber wohl zu wenig.
Verschlusssache vertraulich- geheim- streng geheim
Range ermittelt, ob die beiden Journalisten von Netzpolitik.org ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen ließen oder veröffentlicht haben, um damit die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen. Zweifel sind angebracht, denn die online veröffentlichten Dokumente trugen den Geheimhaltungsgrad VS-V, also Verschlusssache Vertraulich. Das ist weniger als Geheim oder Streng Geheim. Ein Gutachter prüft nun, ob die Informationen über die aufgerüstete Internet-Überwachung des Verfassungsschutzes ein Staatsgeheimnis sind. Erst dann entscheidet der Generalbundesanwalt, ob er Anklage erhebt.
Spiegel- und Konkret-Affäre
Historisch gesehen gab es extrem wenige Ermittlungen wegen Landesverrats. In Erinnerung sind noch die Spiegel-Affäre und die Konkret-Affäre. Beide liegen Jahrzehnte zurück. Zu riskant erschien wohl den Staatsanwaltschaften, insbesondere bei Ermittlungen gegen Journalisten dem Vorwurf der Einschüchterung der Presse zu begegnen. Gerne wird gegen Journalisten ermittelt, wenn Mitarbeiter aus Ämtern oder Behörden Infos an die Presse "durchstecken", weil ihnen etwas merkwürdig erscheint. Diese Whistleblower wurden bisher nie identifiziert. Die Journalisten, die die zugesteckten Infos veröffentlichen, sehen sich aber immer dem Risiko der Strafverfolgung ausgesetzt.
Cicero-Urteil
Eine ähnliche Konstellation führte auch zum Cicero-Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2007: Weil die Behörden in die Redaktion der Zeitschrift Cicero eindrangen, Unterlagen kassierten, um einen Whistleblower aus dem Bundeskriminalamt zu entlarven, erinnerte Karlsruhe wieder einmal an die Bedeutung der Pressefreiheit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Es erklärte das Vorgehen der Behörden damals für verfassungswidrig.
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03.08.15, 10:42
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#2
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Chuck Norris
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Beiträge: 3.738
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Es deutet sich wieder das übliche Dilemma an.
Als Range wegen der NSA ermitteln sollte konnte er nicht weil die Beweise aus Whistleblowing widerrechtlich erworben wurden. Das heißt geheime Regierungstätigkeit ist, egal wie verwerflich sie sind mag, theoretisch niemals Gegenstand einer Gerichtsverhandlung sofern sie nur geheim genug eingestuft wird.
Im Umkehrschluss machen sich Whistleblower grundsätzlich strafbar wenn sie solche Machenschaften aufdecken. Ebenso die Journalisten die das veröffentlichen.
Ein Ausweg aus diesem Dilemma sind die offiziellen Kontrollinstanzen an deren Berechtigung, Befähigung, Unabhängigkeit und Willen aber zurecht gezweifelt werden darf. Der andere Ausweg war (wie die historischen Beispiele zeigen) der Unmut der Bevölkerung. Nur war der vor 50 Jahren weit deutlicher zu vernehmen als heute.
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03.08.15, 11:06
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#3
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Legende
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Zitat aus den Kommentaren:
Zitat:
Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht (PrStG)
Gesetz vom 25.06.2012 BGBl. I S. 1374 (Nr. 2 ; Geltung ab 01.08.2012
Artikel 1 Änderung des Strafgesetzbuchs
geänderte Normen mit Wirkung vom 01.08.2012: § 353b StGB
Nach § 353b Absatz 3 des Strafgesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 3 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) geändert worden ist, wird folgender Absatz 3a eingefügt:
"(3a) Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken."
Quelle: StGB.de
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